Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: 7 U 160/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 480 Abs. 2
HGB § 377
Ein Schadensersatzanspruch wegen des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft ist wegen Verletzung der handelsrechtlichen Rügepflicht auch bei einem Streckengeschäft ausgeschlossen, wenn das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft anhand der der Ware beiliegenden Produktbeschreibung ohne weiteres erkennbar ist.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

7 U 160/00

Verkündet am: 27.06.2001

In Sachen

wegen Schadensersatz

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 23.05.2001 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2000 - 8 0 47/00 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

(abgekürzt nach § 543 Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zu.

1. Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB, 373 ff. HGB) zustande gekommen, wonach die Beklagte verpflichtet war, der Klägerin Wärmedämmplatten in der bestellten Menge zu liefern, die zum Einbau in ein Wärmedämm-Verbundsystem geeignet waren. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es schon vor der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 25.08.1999 zu einer mündlichen Vereinbarung zwischen den Parteien mit dem Inhalt der von der Klägerin in das Angebot der Beklagten vom 30.06.1999 handschriftlich eingefügten Änderungen der Mengen und (insoweit ggf. Klarstellung) der Eignung ("Wärmedämm-Verbundsysteme" bzw. "für WDVS!") gekommen ist, ob also mit der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 25.08.1999 ein bereits mündlich abgeschlossener Vertrag bestätigt wurde oder ob das nicht der Fall war, das Schreiben der Beklagten vom 25.08.1999, wie sie zuletzt vorgetragen hat, die Antwort auf das ihr von der Klägerin zurückgeschickte, mit der Überschrift "Bestellung!" und den obigen Eintragungen versehene Angebot vom 30.06.1999 war. In diesem Fall hat die Klägerin dieses neue Vertragsangebot (§ 150 Abs. 2 BGB) der Klägerin mit ihrer "Auftragsbestätigung" vom 25.08.1999 angenommen. In beiden Fällen spielt es keine Rolle, dass in dem als Auftragsbestätigung bezeichneten Schreiben der Beklagten vom 25.08.1999 ein Hinweis auf die Eignung für Wärmedämm-Verbundsysteme fehlt. Denn die Klägerin durfte das Schreiben der Beklagten vom 25.08.1999 mangels jeglichen Hinweises auf Abweichungen dahin verstehen, dass der Kaufvertrag entsprechend ihren handschriftlichen Vermerken auf dem Angebot der Beklagten vom 30.06.1999 ohne jede Änderung zustande gekommen ist. Auch wenn die Beklagte ihr mit den handschriftlichen Eintragungen der Klägerin versehenes Angebotsschreiben vom 30.06.1999 erst nach dem 25.08.1999 zurückerhalten haben sollte, durfte die Klägerin dem Schweigen der Beklagten hierauf entnehmen, dass der Kaufvertrag, so wie bei seinem etwa bereits mündlich erfolgten Abschluß abgesprochen, gemäß den handschriftlichen Eintragungen über die Eignung der Platten zustande gekommen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor der umstrittenen Lieferung von der Beklagten, auch wenn sie mit ihr in ständiger Geschäftsbeziehung über andere Waren stand, noch nie Dämmplatten gekauft hatte, so dass ihr vor dem ersten Angebot der Beklagten vom 30.06.1999 nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste, wie die Beklagte diese Artikel bezeichnet. Wenn sie auf das erste Angebot der Beklagten vom 30.06.1999 hin nach entsprechenden Erkundigungen nach der Eignung dieser Platten für Wärmedämm-Verbundsysteme die WDVS-Zulassung (Wärmedämm-Verbundsystem) des Artikels BS 15 SE von der Herstellerin bestätigt erhielt, dann durfte sie die gegenüber dem Angebot vom 30.06.1999 ungeändert gebliebene Artikelbezeichnung im Schreiben der Beklagten vom 25.08.1999 "Polystyrol-Hartschaumplatten BS 15 SE" aus ihrer maßgebenden Sicht nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (vgl. BGH NJW 1992, 1446) dahin verstehen, dass die im Schreiben der Beklagten vom 25.08.1999 bezeichneten Platten für Wärmedämm-Verbundsysteme geeignet sind, auch wenn die Bezeichnung "WDVS" gefehlt hat.

2. Die Beklagte hat die Eignung der verkauften Platten für Wärmedämm-Verbundsysteme auch zugesichert i.S.d. §§ 459 Abs. 2, 480 Abs. 2 BGB. Die Beklagte stellt selbst nicht in Abrede, dass die Klägerin sich bei ihr über die obige Eignung der Platten erkundigt hat. Sie hat die Herstellerin, wie sich aus deren Schreiben vom 28.07.1999 ergibt, sogar veranlasst, der Klägerin Kopie der WDVS-Zulassung und eines Zertifikats zu übersenden. Sie wusste also, dass die Dämmplatten für ein Wärmedämm-Verbundsystem geeignet sein mussten. Zwischen den Parteien bestand somit gemäß den handschriftlichen Vermerken "Wärmedämm-Verbundsysteme" und "WDVS!" in der "Bestellung" der Klägerin Übereinstimmung, dass die Platten diese Eigenschaft unbedingt haben müssen. Mit ihrer Zustimmung zu diesem Verlangen hat die Beklagte erklärt, für die Folgen des Fehlens dieser Eigenschaften einstehen zu wollen, und damit die Tauglichkeit der Platten für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch stillschweigend (vgl. BGB NJW 1996, 836; NJW-RR 1996, 1951) zugesichert.

3. Diese Eigenschaft hat den gelieferten Platten unstreitig gefehlt.

Gleichwohl kann die Klägerin die Beklagte nicht nach § 480 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Denn der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist wegen Verletzung der bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft auch im Streckengeschäft bei Lieferung an seinen Abnehmer (wie hier gegeben) dem Käufer obliegenden Rügepflicht (§ 377 HGB) ausgeschlossen.

a) Allerdings heißt es in VI Abs. 1 der unstreitig Vertragsinhalt gewordenen AGB der Beklagten, dass Mängelrügen unverzüglich nach Empfang der Ware ..., spätestens aber binnen 8 Tagen schriftlich oder fernschriftlich oder fernmündlich mit schriftlicher Bestätigung zu erheben sind. Diese Regelung steht aber unter dem Vorbehalt, dass der Käufer die gelieferte Ware vor Untersuchung und darauf veranlasster Rüge nicht verwendet. Bei einem anderen Verständnis der Klausel würde die im Interesse beider Vertragsparteien liegende alsbaldige Klärung, ob die Ware vom Käufer gebilligt wird, und der im Interesse des Handelsverkehrs an einfacher und schneller Abwicklung liegende Schutz des Verkäufers vor Inanspruchnahme noch nach längerer Zeit wegen dann nur noch schwer feststellbarer Mängel nicht gewahrt. Für Kaufleute ist es eine selbstverständliche Obliegenheit, offene Mängel der erhaltenen Ware unverzüglich, jedenfalls vor deren Verwendung zu rügen. Dass diese Obliegenheit durch VI Abs. 1 ausgeschlossen werden sollte, kann der Regelung nach dem maßgebenden Verständnis von Kaufleuten nicht entnommen werden. Damit in Übereinstimmung bestimmt zudem Ziff. VI Abs. 3 AGB, daß die mangelhafte Ware ... in dem Zustand, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Entdeckung des Mangels befindet, unverändert ... bereitzuhalten ist, insbesondere nicht be- oder verarbeitet werden darf.

b) Die fehlende Eigenschaft der gelieferten Dämmplatten war vor Einbaubeginn ohne weiteres anhand der der Ware beigefügten Produktbeschreibung feststellbar. In der Produktbeschreibung heißt es unter "Hinweis" u.a: "Nicht für WDV-Systeme". Dieser Hinweis war auch nach dem Schriftbild noch ausreichend deutlich, so dass er im Rahmen der der Klägerin obliegenden Untersuchungspflicht nicht hätte übersehen werden dürfen. Mit zutreffender Begründung, der der Senat beitritt und auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht ausgeführt, dass sich die Klägerin das Versäumnis des Abnehmers nach § 278 BGB zurechnen lassen muß.

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück