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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 7 U 163/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 286
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7
BGB § 823 Abs. 1
1. Bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen (hier: mehrere Operateure) ist ein Teilurteil wegen der Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse unzulässig, wenn es nicht alle für die Durchführung der Operation verantwortlichen Ärzte erfasst und deshalb bei der Entscheidung über deren Haftung über diese Frage erneut zu entscheiden ist.

2. Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und die damit korrespondierende eingeschränkte Vortragslast beider Parteien setzt der Verwertung von Darlegungen, die sich auf medizinischem Gebiet bewegen, Grenzen, soweit sie nicht durch ärztliche Gutachten bestätigt sind. Welches typische Risiko einem Eingriff anhaftet, kann deshalb regelmäßig nicht ohne sachverständige Beratung getroffen werden.

3. Auch die Feststellung, es habe eine andere Behandlungsmethode mit gleichwertigen Erfolgschancen und/oder andersartigen Risiken zur Verfügung gestanden und deshalb eine Wahlmöglichkeit des Patienten bestanden, kann in der Regel nicht ohne sachverständige Beratung getroffen werden.


Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 163/03

Verkündet am 08. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1, 3 und 5 wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 16.07.2003 - 9 O 55/03 - samt dem Verfahren aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsrechtszugs an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten zu 1, in deren Klinikum die Beklagten zu 2 bis 6 als Ärzte bei der Behandlung des Klägers tätig waren, Ersatz materiellen und immateriellen Schadens, weil nach Vorstellung bei dem Beklagten zu 3 in der Ambulanz am 21.07.1999 bei der operativen Resektion einer Zyste an der linken Niere des Klägers am 04.08.1999 (Operateur: Beklagter zu 3 unter Assistenz der Beklagten zu 4) der Harnleiter durchtrennt und nach ohne Erfolg von dem Beklagten zu 2 verordneter Harnleiterschiene bei der Revisionsoperation vom 10.08.1999 (Operateur der Beklagte zu 2 unter Assistenz der Beklagten zu 4) die Niere entfernt worden ist.

Der Kläger wirft den Beklagten ungenügende Aufklärung schon am 21.07.1999, bei dem Gespräch vor der ersten Operation mit dem Beklagten zu 5 und bei dem Gespräch mit dem Beklagten zu 6 vor der zweiten Operation sowie grobe Behandlungsfehler vor. Das Landgericht hat mit Teilurteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug und der getroffenen Feststellungen verwiesen wird, die Beklagte zu 1 als Trägerin des Krankenhauses und die Beklagten zu 3 und 5 wegen unzureichender Aufklärung zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,00 €, von materiellem Schaden in Höhe von 2.004,16 € verurteilt und die Pflicht dieser Beklagten zum Ersatz materiellen und immateriellen Schadens nach Maßgabe von Ziff. 3 des Urteilsausspruch ausgesprochen.

Die Berufungen der Beklagten zu 1, 3 und 5 rügen mit den Anträgen auf Abweisung der Klage und hilfsweise auf Zurückverweisung der Sache eine Unzulässigkeit des Teilurteils und die Annahme des Landgerichts, der Kläger - den das Landgericht persönlich nicht gehört hat - habe einen Entscheidungskonflikt plausibel dargelegt. Sie wenden sich weiter gegen die Ansicht des Landgerichts, die Aufklärung sei unzureichend gewesen und tragen erstmals vor, der Beklagte zu 3 sei nach Beurteilung und Überprüfung durch Vorgesetzte für seine gründlichen und richtigen Aufklärungsgespräche bekannt gewesen, sodass sich die Beklagte zu 4 auf richtige und umfassend erfolgte Aufklärung und wirksame Einwilligung des Klägers in den Eingriff vom 04.08.1999 habe verlassen können.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1, 3 und 5 haben zunächst Erfolg. Das Verfahren des Landgerichts leidet an mehreren Fehlern, die die Zurückverweisung der Sache unter Aufhebung des bisherigen Verfahrens begründen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1, 7 ZPO).

1. Die Berufung rügt mit Recht, dass das Landgericht ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat.

a) Nach der gefestigten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, sodass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Das gilt auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn die bloße Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt (BGH VersR 2004, 645, 646 mit zahlreichen Nachweisen).

b) Hier ist diese Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht auszuschließen. Das Landgericht verurteilt die Beklagten zu 1, 3 und 5, weil es die Aufklärung des Klägers vor der Operation vom 04.08.1999 für unzureichend hält; denn der Kläger sei über das Risiko eines Verlusts der Niere und auch über die alternative Behandlungsmethode einer bloßen Zystenpunktion nicht unterrichtet worden. Das Landgericht hält - von diesem Standpunkt aus zutreffend - nicht nur den Beklagten zu 5 als den Arzt, dem das Aufklärungsgespräch übertragen war, für haftbar, sondern auch den Beklagten zu 3 als den operierenden Arzt. Denn der Arzt, der wie der Beklagte zu 5 die Aufklärung und damit einen Teil der ärztlichen Behandlung übernommen hat, ist dafür verantwortlich, dass die Einwilligung des Patienten in die Operation wirksam ist, haftet deshalb für die Folgen des rechtswidrig durchgeführten Eingriffs (BGH VersR 1981, 456, 457). Für die Rechtmäßigkeit einer Operation wie hier haben aber auch die Ärzte einzustehen, die das Aufklärungsgespräch nicht selbst geführt und also nicht selbst die Einwilligung des Patienten eingeholt haben, den Eingriff aber tatsächlich durchführen. Ihnen obliegt gleichfalls als Teil der ärztlichen Behandlung die Prüfung und Feststellung, dass der Patient hinreichend aufgeklärt seine Zustimmung gegeben hat (BGH VersR 1984, 539; OLG Karlsruhe - 13. Zivilsenat - NJW-RR 1998, 459/461 = VersR 1998, 718).

Diese Verantwortlichkeit trifft aber nicht nur den vom Landgericht verurteilten Beklagten zu 3, sondern auch die Beklagte zu 4, die bei der Operation assistiert hat. Denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist mangels getroffener gegenteiliger Feststellungen von der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten auszugehen, dass die Beklagte zu 4 als Oberärztin, auch wenn sie nur als Assistentin eingeteilt war, für die Durchführung der Operation zusammen mit dem Beklagten zu 3 (der unstreitig im vierten Jahr der Facharztausbildung zum Urologen stand) verantwortlich war (OLG Karlsruhe a. a. O.). Dies folgt im übrigen schon daraus, dass sie mit der Assistenz einen Teil der Behandlungsaufgabe übernommen hatte und damit auch für die Prüfung mitverantwortlich war, ob der Kläger der Operation wirksam zugestimmt hatte.

Hieraus folgt, dass im weiteren Verfahren bzgl. der Beklagten zu 4 die Frage erneut zu beurteilen ist, ob der Kläger vor der Operation vom 04.08.1999 im erforderlichen Umfang über die Risiken dieses Eingriffs aufgeklärt war. Damit ist nicht auszuschließen, dass diese Frage vom Landgericht oder im Instanzenzug anders beurteilt wird, sodass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Das Teilurteil ist danach unzulässig.

2. Eine eigene Entscheidung durch den Senat auch bzgl. einer Haftung der Beklagten zu 4 ist nicht veranlasst. Der Sachverhalt ist vom Landgericht nicht ausreichend aufgeklärt, sodass sich gegenwärtig die Frage einer Haftung wegen unzureichender Risikoaufklärung nicht beantworten lässt.

a) Selbst unter der Annahme, es fehle an einer wirksamen Einwilligung des Klägers in die Operation vom 04.08.1999 durfte das Landgericht nicht aufgrund des schriftsätzlichen Vortrages davon ausgehen, er hätte in Kenntnis der aufklärungsbedürftigen Risiken vor einem Konflikt gestanden, ob er seine Einwilligung geben solle oder nicht. Diese Frage kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung der Klagepartei entschieden werden (BGH VersR 1998, 766, 767 = NJW 1998, 2734 f. m. N.).

b) Einer der Ausnahmefälle, in denen die unstreitigen äußeren Umstände von vornherein eine sichere Beurteilung des Entscheidungskonflikts erlauben (BGH a. a. O.), liegt nicht vor. Denn die Frage, ob ein solcher Konflikt plausibel dargetan ist, kann erst nach Feststellung beantwortet werden, mit welchen Folgen der Patient bei einem Hinausschieben der Entscheidung zu rechnen hat und welche Dringlichkeit er selbst wegen des weiteren Verlaufs der Krankheit und der bereits eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Schmerzen dem Eingriff beimisst. Diese Punkte sind zwischen den Parteien umstritten. Die Beklagten behaupten einen erheblichen Funktionsverlust der befallenen Niere mit Schmerzsymptomatik (Klageerwiderung S. 2, I 55). Das Landgericht ist dem nicht nachgegangen, hat nicht einmal - wie im Arzthaftungsprozess grundsätzlich veranlasst - die Krankenunterlagen vollständig und im Original sich vorlegen lassen.

c) Das Landgericht bejaht die Frage, ob der Kläger schon vor der ersten Operation hätte über das Risiko eines Nierenverlusts aufgeklärt werden müssen, weil dieser seine unmittelbare Ursache in der Zystenresektion vom 04.08.1999 und den dabei geschehenen Verletzungen der Niere (richtig: von Blutgefässen und Harnleiter) gefunden habe und weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten diese Verletzungen eine Komplikation darstellten, die auch bei Einhaltung größter Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen sei.

Diese Frage durfte das Landgericht - das medizinische Kenntnisse nicht ausweist - nicht ohne sachverständige Beratung entscheiden. Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und die damit korrespondierende eingeschränkte Substantiierungspflicht und Vortragslast beider Parteien (also auch der Arztseite, vgl. BGH NJW 1985, 676, 677; zuletzt hierzu BGH VersR 2004, 1177, 1179) setzt der Verwertung von Darlegungen, die sich auf medizinischem Gebiet bewegen, Grenzen, soweit sie nicht durch ärztliche Gutachten bestätigt sind. Schon von daher erscheint nicht unbedenklich, dass das Landgericht aus dem Vortrag der Beklagten entnimmt, schon der ersten Operation vom 04.08.1999 habe die Gefahr eines Nierenverlusts spezifisch angehaftet (Urteil S. 12).

Dass schon bei der Resektion der Zyste am 04.08.1999 das aufklärungsbedürftige Risiko bestanden habe, die Niere müsse möglicherweise bei diesem Eingriff entfernt werden, ist nicht festgestellt und auch von keiner der Parteien angesprochen. Nach bisherigem Sachstand kommt es deshalb für die Bejahung einer Aufklärungspflicht vor der ersten Operation darauf an, ob der Kläger auf das Risiko einer zweiten, durch die erste veranlasste Operation mit einem dabei möglichen Verlust der Niere hinzuweisen war. Dies setzt aber voraus, dass der erste Eingriff mit einem solchen Risiko typischerweise verbunden war (vgl. BGH VersR 1996, 1239, 1240; VersR 1996, 330, 331); dass nämlich die Beklagten für die Entfernung der Niere - obwohl nicht aufklärungsbedürftiges Risiko - schon wegen Fehlens einer Grundaufklärung einzustehen hätten, ist nicht ersichtlich (dazu BGH VersR 2001, 592, 593). Zu einem solchen typischen Risiko ist nichts festgestellt, weil das Landgericht ohne sachverständige Beratung und damit fehlerhaft im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO medizinischen Sachverhalt beurteilt hat. Es hat nämlich zugleich ohne Erhebung eines Gutachtens zur Grundlage seiner Auffassung gemacht, es ergebe sich aus dem Operationsbericht vom 10.08.1999 und dem Vortrag der Beklagten, gerade die Gefäßverletzungen aus der ersten Operation vom 04.08.1999 seien für die Entscheidung ursächlich gewesen, die Niere zu entfernen. Dies ist von den Beklagten schon im ersten Rechtszug in Abrede gestellt; danach sind die Blutungen, die am 10.08.1999 zu dem genannten Entschluss geführt hätten, intraoperativ aufgetreten (Klageerwiderung S. 3, I 56; Schriftsatz vom 24.04.2003 S. 2, I 70; ebenso Berufungsbegründung S. 5, II 35). Darüber durfte sich das Landgericht - wie die Berufung zu Recht rügt - nicht ohne sachverständige Beratung hinwegsetzen.

d) Das Landgericht bejaht eine Aufklärungspflicht und deren Verletzung auch insoweit, als der Kläger vor der ersten Operation nicht darüber unterrichtet worden sei, es komme statt der Zystenresektion eine Punktion der Niere (wohl eher: der Zyste) in Betracht. Dies ist in mehrfacher Hinsicht nicht richtig.

aa) Das Landgericht geht im Ansatz zutreffend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, dass der Patient über Alternativen der vom Arzt vorgesehenen Behandlung aufzuklären ist, wenn es mehrere medizinisch indizierte und übliche Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen gibt, sodass der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat (BGH NJW 2000, 1788, 1789 = VersR 2000, 766, 767). Es übersieht aber, dass nach dieser ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a. a.O.; VersR 1988, 179, 180 = BGHZ 102, 17; VersR 1996, 293; vgl. auch VersR 1982, 771, 772) und des Senats (OLGR 2002, 20; OLGR 2002, 363 =VersR 2003, 224, 225; MedR 2003, 229; zuletzt Urteil vom 26.11.2003 - 7 U 63/02) die Wahl der Behandlungsmethode zunächst Sache des Arztes und über Behandlungsalternativen dann aufzuklären ist, wenn die Methode des Arztes nicht diejenige der Wahl ist oder konkret eine echte Alternative mit gleichwertigen Chancen aber andersartigen Risiken besteht (vgl. auch Senat OLGR 2003, 233, 234; Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 9. Aufl., Rn . 381; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 4. Aufl., C II, Rn. 21 ff., 23, S. 171). Dann nämlich bestehen im Sinn der vom Landgericht zitierten Entscheidung des BGH in NJW 2000, 1788 mehrere medizinisch indizierte und übliche Behandlungsmethoden und eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten.

Dass im Streitfall in diesem Sinn die Punktion der Zyste eine Behandlungsmethode mit gleichwertigen Erfolgschancen oder andersartigen Risiken und einer deshalb bestehenden Wahlmöglichkeit des Klägers gewesen sei, bejaht das Landgericht verfahrensfehlerhaft ohne sachverständige Beratung und in Übergehung des Vortrags der Beklagten (Klageerwiderung S. 2 und 4, I 55, 57), dass die Zystenentfernung in laparoskopischer Technik bei dem Kläger die Methode der Wahl war, weil in diesem Fall wegen der Eigenart und Größe der Zyste die Erfolgsrate einer Punktion nicht über 50 % liege. Die weitere Annahme des Landgerichts, diesem Vortrag sei nicht zu entnehmen, dass die Punktion medizinisch unvertretbar und von vornherein aussichtslos gewesen wäre, geht nach alledem von einer rechtlich nicht richtigen Beurteilung aus. Auch bei unterschiedlichen Belastungen - die hier nicht näher festgestellt sind - entfällt die Pflicht zur Aufklärung nicht erst dann, wenn diese andere Methode unvertretbar oder gar aussichtslos ist wie umgekehrt die bloße Vertretbarkeit oder geringe Erfolgschancen nicht geeignet sind, die Pflicht zur Aufklärung über Behandlungsalternativen zu begründen.

4. Unter diesen Umständen ist bei völlig ungeklärtem medizinischen Sachverhalt und unzulässigem Teilurteil angebracht, die Sache unter Aufhebung des Verfahrens und des Urteils zurückzuverweisen. Das Landgericht wird nunmehr die Originalkrankenunterlagen beizuziehen und nach entsprechender sachverständiger Beratung auch über den zwischen den Parteien umstrittenen Punkt, wie dringlich die Operation vom 04.08.1999 gewesen ist (vgl. oben Ziff. 2 b), der Frage nachzugehen haben, welche typischen Risiken die Nierenzystenresektion mit sich brachte und ob dazu auch die Gefahr einer zweiten Operation mit der Notwendigkeit, ggf. die Niere entfernen zu müssen, gehörte. Erst dann wird die Frage, ob die Beklagten den Kläger hinreichend aufgeklärt haben, zu entscheiden sein. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Voraussetzungen für die Vernehmung des Beklagten zu 3 zu der Behauptung, er habe den Kläger über die Behandlungsalternativen einer bloßen Punktion aufgeklärt, nach dem bisherigen Stand nicht vorliegen. Ein Anhalt dafür findet sich in den bisher vorliegenden Unterlagen nicht. Ein unter Beweis gestellter Vortrag, dass der Beklagte zu 3 in ständiger Übung so aufkläre, fehlt (dazu Senat OLGR 2004, 520, 521; OLGR 2003, 334, 335; NJW 1998, 1800; BGH VersR 1985 361, 363).

Bzgl. der Behauptung des Klägers, die Aufklärung sei zu spät vor dem Eingriff am 04.08.1999 erfolgt, wird das Landgericht zu beachten haben, dass damit bisher zu Unwirksamkeit der Einwilligung nichts gesagt ist (vgl. BGH NJW 2003, 2012, 2014).

Sollte das Landgericht erneut Mängel der Aufklärung annehmen, wird eine Verurteilung der Beklagten nicht ohne persönliche Anhörung des Klägers zur Frage eines Entscheidungskonflikts erfolgen können. Dieser erscheint von vornherein fraglich, soweit es um die Einwilligung in eine evtl. Entfernung der Niere bei der Operation vom 10.08.1999 geht, sofern die Darstellung der Beklagten zutrifft, diese sei vital indiziert gewesen.

Nicht zuletzt wird das Landgericht nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob die Beklagten zu 3 und 4 bei der Operation vom 04.08.1999, der Beklagte zu 2 bei der operativen Nachbehandlung und die Beklagten zu 2 und 4 bei der Operation vom 10.08.1999 Fehler gemacht haben. Dazu gehört auch die Frage, ob entsprechend der Behauptung des Klägers eine Änderung der Operationsmethode von der Laparoskopie auf offene Operation am 04.08.1999 geboten war.

Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

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