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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 14.05.2008
Aktenzeichen: 7 U 43/07
Rechtsgebiete: SpruchG, AktG
Vorschriften:
SpruchG § 13 | |
AktG § 99 Abs. 5 S. 2 a.F. | |
AktG § 306 Abs. 2 |
Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 7 U 43/07
Verkündet am 14. Mai 2008
In dem Rechtsstreit
wegen Abfindung
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2008 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. Januar 2007 - 24 O 115/06 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt als ehemalige Aktionärin der SEN AG von der Beklagten eine Abfindung aufgrund eines mit dieser am 24.01.1990 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, nachdem durch Beschluss des OLG Karlsruhe vom 05.05.2004 - 12 W 12/01 - der Abfindungsbetrag auf 199,84 DM (= 102,17 EUR) festgesetzt wurde. Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitsstands im ersten Rechtszug und der getroffenen Feststellungen verwiesen wird, hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr Klagabweisungsbegehren weiter verfolgt. Die Klägerin verteidigt das Urteil.
II.
Die zulässige Berufung hat aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, keinen Erfolg.
1. Die Klägerin, die unstreitig Inhaberin von 14 Aktien der zwischenzeitlich durch Verschmelzung mit der KHS AG erloschenen SEN AG war, ist als solche nach § 305 Abs. 1 AktG berechtigt, die in § 5 (1) des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der SEN AG und der Beklagten vom 24.01.1990 vorgesehene Abfindung zu fordern, die sich nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 05.05.2004 (12 W 12/01) auf 199,84 DM bzw. 102,17 EUR je Aktie der SEN AG im Nennbetrag von 50 DM beläuft. Allerdings ist nach § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG a.F. (insoweit identisch mit § 305 Abs. 4 S. 3 AktG n.F.) ein solches Verlangen in Verbindung mit § 5 (1) des Vertrages innerhalb von 2 Monaten nach der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger zu stellen. Diese Veröffentlichung erfolgte am 26.08.2004, wie sich aus der durch die Beklagte vorgelegten Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom November 2004 (im AH II) ergibt, so dass die Frist am 26.10.2004 ablief.
Diese Frist hat die Klägerin gewahrt. Zwar hat sie ihr Zahlungsverlangen an die KHS AG adressiert (Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.10.2004, Anl. K 1 , I 43), obwohl es nach einhelliger Meinung an den Partner des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags und damit an die Beklagte zu richten ist. Allerdings war diese nach dem unwidersprochenen und von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich zugestandenen Vortrag mit der Abwicklung der Zahlungen betraut und damit als Bevollmächtigte zulässiger Adressat des Verlangens.
2. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung beträgt aufgrund der durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 05.05.2004 (12 W 12/01) auf 199,84 DM (= 102,17 EUR) je Aktie der SEN AG im Nennbetrag von 50 DM festgesetzten Abfindung 1.430,38 EUR.
Diese Entscheidung wirkt sowohl nach den zum Zeitpunkt der Einleitung des Spruchverfahrens geltenden § 306 Abs. 2 i.V. mit § 99 Abs. 5 S. 2 AktG als auch nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 05.05.2004 geltenden § 13 (i.V.m. § 17 SpruchG) des am 01.09.2003 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens - Spruchverfahrensgesetz (BGBl I 2003, 838) auch für die Klägerin. Diese Wirkung für und gegen alle tritt unabhängig davon ein, ob ein außenstehender Aktionär zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Höhe des Abfindungsvertrages noch an diesem Verfahren beteiligt war. Deshalb kann ein Abfindungsangebot auch noch nach einer Entscheidung angenommen werden (Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 305 Rn. 31).
Die mit der Berufung vorgebrachten Einwendungen der Beklagten dagegen überzeugen nicht. Sie finden in den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen keine Grundlage und stehen zum Teil sogar in Widerspruch zu diesen:
a) Die ausdrücklich gesetzlich angeordnete Wirkung der Entscheidung für und gegen alle (§§ 306 Abs. 2, 99 Abs. 5 S. 2 AktG a.F, §13 SpruchG) steht nicht zur Disposition des Gerichts, weshalb das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluss vom 05.05.2004 diese Wirkungen nicht beschränken konnte und dies ausweislich des Tenors auch nicht getan hat. Dem würde auch entgegen stehen, dass diese gerichtliche Entscheidung den Vertrag vom 24.01.1990 rückwirkend umgestaltet, sodass sich die Rechtslage nach der Entscheidung so darstellt, als habe der Vertrag mit Wirkung für alle von Anfang an ein den Vorgaben des § 305 Abs. 1 bis 3 AktG entsprechendes Abfindungsangebot enthalten (allg. M., Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 305 Rn. 31; Anh zu § 305 § 13 SpruchG Rn. 3; Bilda in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 305 Rn. 123, 124; § 306 Rn. 125; Volhard in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 13 SpruchG Rn. 3; Koppensteiner in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, § 305 Rn. 150). Angesichts dieser gesetzlich fixierten und nicht zur Disposition stehenden Wirkung der Entscheidung kommt es auf die Überlegungen der Beklagten zur Deutung des Wortlauts des Beschlusses nicht an.
b) Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Klägerin aus dem Verfahren zur Festsetzung der Höhe der Abfindung zum Zeitpunkt der Entscheidung schon rechtskräftig ausgeschieden war. Denn die Beteiligung an dem Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung (§ 305 Abs. 3 AktG) ist nicht Voraussetzung für einen Abfindungsanspruch nach Abschluss des Verfahrens, wie sich auch aus der Regelung in § 305 Abs. 4 S. 3 AktG ergibt. Diese wäre überflüssig, wenn zu diesem Zeitpunkt lediglich die noch am Spruchverfahren beteiligten Aktionäre eine Abfindung fordern könnten. Die Entscheidung des Gerichts in dem Verfahren nach § 306 AktG a.F. bzw. nach § 1 ff. SpruchG gewähren dem einzelnen Aktionär weder einen individuellen Abfindungsanspruch noch wird ihm durch die Zurückweisung seines Antrags ein solcher genommen. Dies ergibt sich nunmehr eindeutig aus der Regelung in § 16 SpruchG und folgt im übrigen schon aus dem gänzlich unterschiedlichen Streitgegenstand. Das Spruchverfahren dient allein dazu, die Höhe eines angemessenen Ausgleichs je Aktie festzusetzen. Es führt hingegen nicht zu einer Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Ausgleichsbetrags (vgl. Koppensteiner in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, § 306 Rn. 1). Deshalb sind die Überlegungen der Beklagten zum Ablauf und zur Verfahrensbeteiligung in diesem Verfahren unerheblich.
c) Unerheblich ist auch, dass die Klägerin aufgrund der Verschmelzung mit der KHS AG nicht mehr Inhaberin von SEN-Aktien und aufgrund der Eingliederung der KHS AG in die K. AG auch nicht mehr Aktionärin dieser Gesellschaft ist. Denn es ist anerkannt, dass durch diese Vorgänge ein außenstehender Aktionär seinen Abfindungsanspruch nicht verliert (BGH, NJW 1997, 2242, 2243; NZG 2001, 603, 604; Erste Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1999, 1699, 1701 und NJW 1999, 1701, 1702; Volhard in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 13 SpruchG Rn. 7; Koppensteiner in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, § 305 Rn. 18, 22, 23;). Der Schutzzweck der gesetzlichen Bestimmungen würde unterlaufen, wollte man zulassen, dass die beteiligten Gesellschaften es durch gesellschaftsrechtliche Umgestaltungen wie Verschmelzungen und Eingliederungen während eines Spruchverfahrens in der Hand hätten, die Abfindungsansprüche der außenstehenden Aktionäre entfallen zu lassen.
3. Die geltend gemachte Verzinsung entspricht der gesetzlichen Regelung, Einwendungen erhebt die Beklagte dagegen nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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