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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: 7 U 6/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 831
BGB § 847
1. Eventuelle Fehler bei der Durchführung der Anästhesie (hier: Wirkungslosigkeit der Narkose) fallen allein in den Verantwortungsbereich des Anästhesisten und können eine Haftung des Operateurs nicht begründen, solange der Patient nicht beweist, dass der Operateur den Fehler erkannt hat oder nach seinem Kenntnisstand hätte erkennen müssen.

2. Eventuelle Mängel der die Anästhesie betreffenden Aufklärung stellen die Wirksamkeit der ordnungsgemäßen Aufklärung über den vom Operateur durchgeführten Eingriffs nicht in Frage, denn beide Eingriffe sind selbstständig zu beurteilen.


Geschäftsnummer: 7 U 6/02

Verkündet am 08. Oktober 2003

Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat

Im Namen des Volkes Urteil

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz und Schmerzensgeld

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 08. Oktober 2003 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.12.2001, 11 O 110/01, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

(Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.)

Die Klägerin, die mit ihrer zulässigen Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags unter Erweiterung der Klage auf ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000,00 € und einen Haushaltsführungsschaden von 22.413,76 €, im übrigen unter Beibehaltung der früheren Anträge die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift (wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz und der vom Landgericht getroffenen Feststellung wird auf das angegriffene Urteil verwiesen), Indizien für die Richtigkeit ihrer Behauptung, sie sei ohne Narkose operiert worden, aufzuzeigen versucht und erstmals das Fehlen einer ordnungsgemäßen Aufklärung rügt, hat keinen Erfolg, denn weder ist es der Klägerin gelungen, einen Behandlungsfehler des Beklagten nachzuweisen noch hat sie Aufklärungsversäumnisse ausreichend dargelegt.

I. Das Landgericht hat sich zu Recht nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Beklagte die Operation vom 23.11.1999 begonnen und durchgeführt habe, obwohl für ihn erkennbar gewesen sei, dass die von dem Zeugen Dr. L. vorgenommene Anästhesie nicht gewirkt habe (so die Zusammenfassung des Vorwurfs ausweislich des Protokolls des Landgerichts vom 29.05.2001, I 44). Die Beweiswürdigung des Landgerichts, die der Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung teilt, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Was die Klägerin dagegen vorbringt, rechtfertigt keine andere Beurteilung:

1. Die Angriffe gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. L. überzeugen nicht. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Zeuge ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat, dies allein macht den Zeugen jedoch nicht unglaubwürdig, zumal die übrigen Erwägungen, aus denen die Klägerin Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage herleiten will, nicht stichhaltig sind.

a) Ein Widerspruch zwischen der Zeugenaussage und dem Aufklärungsbogen zur Anästhesie besteht nicht. Zwar ist in diesem Aufklärungsbogen erwähnt, dass es mit Regionalanästhesieverfahren nicht immer gelinge, eine vollständige Schmerzfreiheit zu erzielen. Dies hat der Zeuge auch nicht behauptet. Er hat lediglich berichtet, dass nach seiner Erfahrung die von ihm angewandte Spinalanästhesie immer zu 100 % wirke. Dass der Zeuge damit, wie die Klägerin darzutun versucht, zum Ausdruck gebracht habe, es sei medizinisch ausgeschlossen, dass die in dem Aufklärungsbogen aufgeführten verschiedenen Formen der Lokal - bzw. der Regionalanästhesie nicht oder nicht vollständig wirkten, lässt sich der Aussage des Zeugen nicht entnehmen, wie sich aus der Bezugnahme auf seine eigene Erfahrung ergibt. Ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage, ob es medizinisch anerkannt sei, dass es solche "Versager" gebe, wie die Klägerin beantragt hat, ist deshalb nicht einzuholen.

b) Soweit die Klägerin einen Widerspruch daraus herleiten will, dass der Zeuge - angeblich - ihr gegenüber bei einem Telefongespräch am 22.12.1999 erklärt habe, er habe nachspritzen wollen, der Beklagte habe jedoch abgewunken, da die Operation gleich vorbei gewesen sei, er bei seiner Vernehmung hingegen ausgesagt habe, die Operation sei bereits beendet gewesen, überspannt sie die Anforderungen an die realistischerweise zu erwartende Präzision einer Zeugenaussage 21 Monate nach dem Vorfall.

c) Im Übrigen übersieht die Klägerin, dass selbst dann, wenn dem Zeugen Dr. L. nicht zu glauben wäre, nicht positiv feststünde, dass die Spinalanästhesie für den Beklagten erkennbar nicht gewirkt habe, der behauptete Behandlungsfehler des Beklagten also auch dann nicht bewiesen wäre.

2. Das Landgericht hat auch nicht die Aussage der Zeugin F. übergangen. Hinweise auf eine fehlerhafte (unzureichende) Anästhesie ergeben sich aus dieser Aussage nicht. Zwar hat die Zeugin davon berichtet, die Zeugin R. habe erklärt, bei der Klägerin sei ein Phänomen festzustellen gewesen, das sie noch nicht erlebt habe (Protokoll S. 2, I 81). Daraus ergibt sich aber nicht, um welches Phänomen es sich dabei gehandelt hat, insbesondere lässt sich der Zeugenaussage nicht entnehmen, dass diese Aussage die ihr von der Klägerin beigemessene Bedeutung hatte. Die Klägerin zeigt auch keine Anhaltspunkte auf, die dies zu stützen geeignet gewesen wären. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Zeugin berichtet hat, die Klägerin habe ihr gesagt, bei der Operation habe das Schlafmittel nicht gewirkt (Protokoll S. 2, I 81), ist zweifelhaft, ob die Aussage der Zeugin R. sich auf die Wirkungen der Spinalanästhesie bezogen hat. Naheliegender wäre, dass sich die Aussage auf die Wirkung des Schlafmittels bezogen hat. Dafür spricht auch, dass die Zeugin weiter ausgesagt hat, das Gespräch sei dann weiter gegangen und habe sich auch um Narkose gedreht, sie wisse aber keinen weiteren Wortlaut mehr (Protokoll S. 3, I 82). Nach der von der Zeugin wiedergegebenen Schilderung hat die Klägerin auch am Tag nach der Operation nichts von Schmerzen und unzureichender Gefühlsausschaltung sondern nur davon berichtet, das Schlafmittel habe nicht gewirkt, sie habe die Operation mitbekommen. Aufgrund dieser Umstände ergeben sich aus der Aussage der Zeugin F. keine Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf eine unzureichende Anästhesie zulassen. Erst recht ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte dies gemerkt haben könnte.

3. Auch die von der Klägerin angeführten Indizien ergeben nicht, dass die Operation ohne eine wirksame Anästhesie durchgeführt wurde.

a) Dem Vermerk "keine Narkose gewirkt", der im Krankenblatt des Beklagten unter dem 03.12.1999 eingetragen ist, kommt nicht die von der Klägerin ihm zugesprochene Bedeutung zu. Gegen die Annahme, damit werde das Ergebnis einer Befunderhebung durch den Beklagten beschrieben, spricht schon, dass nicht recht verständlich wäre, warum der Beklagte unter dem 03.12.1999 einen Befund dokumentiert haben sollte, der den 23.11.1999 betrifft, zumal das Krankenblatt für diesen Tag eigenständige Eintragungen enthält und es deshalb nahe gelegen hätte, eine diesen Tag betreffende Feststellung auch am 23.11.1999 zu vermerken. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die vom Beklagten vorgebrachte Erklärung durchaus plausibel, denn die Klägerin behauptet im Rechtstreit durchgängig, die Narkose habe nicht gewirkt, sodass alles dafür spricht, dass sie diese Behauptung auch gegenüber dem Beklagten aufgestellt hat. Es wäre im Gegenteil ungewöhnlich, wenn die Klägerin den Beklagten nicht mit diesem Vorwurf konfrontiert hätte. Angesichts dieser Umstände steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Eintrag die von der Klägerin behauptete Bedeutung zukommt. Sie hat auch keine Beweismittel für die Richtigkeit ihrer Deutung benannt.

b) Ihre Behauptung, der Beklagte habe bei der Untersuchung am 03.12.1999 eingeräumt, dass es durchaus möglich gewesen sein könne, dass die Narkose nicht richtig gewirkt habe (S. 4 des Schriftsatzes vom 13.06.2002, II 119), konnte sie nicht beweisen. Abgesehen davon, dass die Schilderung des Vorfalls durch die Klägerin bei ihrer Anhörung durch den Senat sich mit dem schriftlichen Vorbringen nicht vollständig deckt, hat der Beklagte dies bei seiner auf Antrag der Klägerin erfolgten Parteivernehmung nicht bestätigt. Er hat in Abrede gestellt, gesagt zu haben, die Narkose habe nicht so gewirkt (Protokoll S. 2, II 159). Weitere Beweismittel für ihrer Behauptung bringt die Klägerin nicht vor. Die Vernehmung der Klägerin als Partei kommt nicht in Betracht, denn der nach der allein in Frage kommenden Vorschrift des § 448 ZPO erforderliche Anfangsbeweis ist nicht geführt. Es sind keine Umstände vorgetragen und erkennbar, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit ("einiger Beweis", vgl. BGH NJW 1989, 3222, 3223) für die Richtigkeit ihrer Behauptung ergeben würden. Die Darstellungen des Vorfalls durch die Parteien (durch die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung, durch den Beklagten im Rahmen der Parteivernehmung) stehen einander unvereinbar gegenüber, ohne dass sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass die Darstellung der Klägerin richtiger wäre als die des Beklagten. Auch der Vermerk "keine Narkose gewirkt" im Krankenblatt erbringt aus den bereits dargelegten Gründen keine ausreichende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Nichts anderes ergäbe sich im übrigen dann, wenn die Klägerin ihre Angaben nicht im Rahmen einer Anhörung sondern im Rahmen einer förmlichen Parteivernehmung gemacht hätte. Nicht entscheidend kommt es deshalb auch darauf an, dass auch unter Zugrundelegung der Aussage der Klägerin zweifelhaft bleibt, ob der Beklagte den ihm zur Last gelegten Behandlungsfehler (Operation trotz Kenntnis einer wirkungslosen Anästhesie) begangen hat, denn ihrer Formulierung lässt sich nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen, dass der Beklagte auch eingeräumt hätte, dass er die Wirkungslosigkeit der Spinalanästhesie vor oder im Verlauf des Eingriffs gemerkt hätte.

c) Auch der Umstand, dass (entgegen der Behauptung der Klägerin nicht im Operationsprotokoll sondern) im Anästhesieprotokoll (dem die Klägerin jeden Beweiswert abspricht; Schriftsatz v. 13.06.2003, S. 6, II 123) unter der Rubrik "Komplikationen während der Narkose" eine Eintragung über die Gabe von Carbostesin enthalten ist, belegt nicht, dass der Beklagte behandlungsfehlerhaft die Operation ohne ausreichende Anästhesie durchgeführt hat. Aus welchen Gründen der Beklagte aufgrund der diesem Eintrag zugrunde liegenden Maßnahme erkannt haben soll, dass die Anästhesie nicht wirkt, wird von der Klägerin nicht ausgeführt und dafür ist auch nichts ersichtlich. Soweit die Klägerin im übrigen anführt, es sei unzutreffend, dass es im Anästhesieprotokoll aufgeführt worden wäre, wenn die Anästhesie nicht gewirkt hätte, weil in das Protokoll nur dasjenige eingetragen worden sei, was der Beklagte geduldet habe, führt dies nicht zu Bedenken gegen die Richtigkeit der Eintragungen in dem Anästhesieprotokoll. Diese Behauptung (II 119) entbehrt jeder Grundlage. Sie widerspricht den Grundsätzen der Vereinbarung der Berufsverbände der deutschen Anästhesisten und Chirurgen über die Zusammenarbeit bei der operativen Patientenversorgung (abgedruckt z.B. MedR 1983, 21), ist nicht unter Beweis gestellt und die Klägerin legt auch nicht im Ansatz dar, woraus sich dies ergeben sollte.

Im übrigen sind aufgrund des Inhalts der Eintragung die von der Klägerin gezogenen Schlussfolgerungen äußerst zweifelhaft, was in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde. Carbostesin 0,5% ist nach der Roten Liste das bei der Spinalanästhesie verwandte Anästhetikum. Dessen Gabe ist - wenn auch an dafür nicht vorgesehener Stelle - pflichtgemäß einschließlich der Dosierung und der Injektionsstelle (L4 - L5) dokumentiert.

d) Soweit die Klägerin darüber hinaus allgemein Bedenken gegen den Beweiswert des Anästhesieprotokolls vorbringt (II 123), beruht dies auf der unzutreffenden Annahme, der Zeuge Dr. L. habe eingeräumt, erst am Ende der Operation anwesend gewesen zu sein. Dies ergibt sich jedoch aus dessen Aussage nicht. Der Zeuge hat über das Verhalten der Klägerin im Rahmen der Vorbereitung der Anästhesie und auch über die Durchführung der Anästhesie berichtet (Protokoll S. 4/5, I 60), sodass er nach seiner Aussage entgegen den Behauptungen der Klägerin infolge der Beobachtung der Monitore während der Anästhesie zugegen war, z. T. (zu Beginn der Anästhesie und zum Ende der Operation) im Operationssaal. Er war deshalb auch in der Lage, die für diese Zeitpunkte im Anästhesieprotokoll festgehaltenen Befunde zu erheben.

e) Soweit die Klägerin die Ausführungen des Landgerichts zur Aussagekraft von Puls und Blutdruck angreift, kommt dem für die Frage, ob dem Beklagten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, keine Bedeutung zu. Selbst wenn sich aus den aus den Krankenunterlagen ersichtlichen Werten Hinweise auf eine nicht ausreichende Wirkung der Narkose ergeben sollten, könnte damit allein ein Behandlungsfehler des Beklagten nicht begründet werden, denn die Klägerin behauptet noch nicht einmal, dass der Beklagte während der Operation diese Werte kannte oder dass er sie hätte kennen müssen. Die Überwachung dieser Parameter fällt nicht in den Aufgabenbereich des Operateurs sondern in den des Anästhesisten (vgl. BGH NJW 1991, 1539), was im Verhandlungstermin ebenfalls erörtert wurde, sodass es der Darlegungen besonderer Umstände zur Begründung der Verantwortlichkeit des Beklagten bedurft hätte.

f) Auch der Umstand, dass die Beklagte (nach ihrer Darstellung) selbst auf den Operationsstuhl bzw. -tisch "geklettert" ist (II 35), begründete für den Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Spinalanästhesie nicht richtig wirkt. Die Spinalanästhesie in der Form des Sattelblocks führt nicht zu einer Lähmung der unteren Extremitäten, der Patient kann die Beine vielmehr weitgehend normal bewegen. Dies ist dem ständig mit Arzthaftungssachen befassten Senat aus andern Verfahren bekannt, worauf die Klägerin bei Anberaumung des Termins (vgl. die Terminsbestimmung vom 16.09.2003, II 135) hingewiesen wurde und was in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert wurde, ohne dass die Klägerin Einwendungen dagegen erhoben hätte. Die Beweglichkeit der Beine war demnach für den Beklagten kein Hinweis auf eine unzureichende Wirkung der Anästhesie. Ohne Bedeutung ist das Bestreiten der Klägerin, dass die Regionalanästhesie in der Form des Sattelblocks durchgeführt worden sei, denn sie ist für alle Umstände, aus denen sie den Behandlungsfehler herleiten will, darlegungs- und beweispflichtig. Sie müsste deshalb nachweisen, dass eine Anästhesiemethode gewählt wurde, bei der die Beweglichkeit der Beine auf eine unzureichende Wirkung hingewiesen hätte.

4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Klägerin der Nachweis eines Behandlungsfehlers des Beklagten weder aufgrund der Zeugenaussagen noch aufgrund von Indizien gelungen ist. Mit ihren Hinweisen auf die (angebliche) Unglaubwürdigkeit der Zeugen übersieht sie, dass selbst dann, wenn man den Zeugen nicht glauben würde, nicht feststünde, dass der Beklagte ohne ausreichende Anästhesie operiert hat. Anhaltspunkte dafür, dass sie (so ihre Behauptung, II 119) vor Schmerzen geschrieen habe, ergeben sich weder aus einer der Zeugenaussagen noch im Umkehrschluss bei Annahme der Unglaubwürdigkeit der Zeugen. Dieser Annahme steht das Anästhesieprotokoll entgegen, dessen Richtigkeit nicht so pauschal in Abrede gestellt werden kann, wie die Klägerin dies tut. Gegen die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin spricht die Aussage der Zeugin F. , wonach die Klägerin der Zeugin R. lediglich vorgehalten habe, das Schlafmittel habe nicht gewirkt, was - gerade im Hinblick auf das von der Klägerin geschilderte Ausmaß der angeblichen Schmerzen - nicht verständlich wäre, wenn nicht nur das Schlafmittel sondern auch die Spinalanästhesie nicht gewirkt hätte. Selbst wenn man der Klägerin insoweit zugute halten wollte, dass sie nicht ausreichend zwischen Schlafmittel und Narkosemittel unterschieden haben sollte (was im Hinblick darauf, dass die Klägerin im Rechtsstreit zwischen den beiden Mitteln durchaus zu unterscheiden weiß, nicht nahe liegt), so bliebe es doch bei der Auffälligkeit, dass die Klägerin nach den Angaben der Zeugin F. lediglich berichtete, sie habe die Operation mitbekommen, jedoch nichts von irgendwelchen Schmerzen sagte. Da die Klägerin aus der Schmerzhaftigkeit des Eingriffs ihren Vorwurf an den Beklagten herleitet, wäre es nicht nachvollziehbar, dass sie ausgerechnet diesen zentralen Punkt ihrer Beanstandung nicht geäußert haben sollte. Schon dieser Umstand allein begründet durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin, zumal durch die Aussage der Zeugin Freihaut widerlegt ist, dass sie der Zeugin von unerträglichen Schmerzen berichtet habe (so aber II 123).

II. Offen bleiben kann, ob dem Zeugen Dr. L. bei der Durchführung der Anästhesie Fehler unterlaufen sind, was die Klägerin behauptet, denn die dafür darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht dargetan, dass der Zeuge Dr. L. als Verrichtungs- oder Erfüllungsgehilfe des Beklagten tätig wurde. Inwieweit sich dies aus dem (von der Klägerin nicht in Abrede gestellten, II 117) Umstand, dass der Zeuge als selbstständiger Facharzt tätig geworden sei, ergeben soll, ist nicht nachvollziehbar. Der von der Klägerin eingeräumte Umstand, dass der Zeuge Dr. L. seine Leistungen ihr gegenüber selbstständig abgerechnet hat, deutet auf einen eigenständigen Arztvertrag zwischen der Klägerin und dem Zeugen hin und lässt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Beklagte diesen Arztvertrag mit dem Zeugen Dr. L. in eigenem Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen haben könnte. Im übrigen läge es auch fern, annehmen zu wollen, der Beklagte habe die für ihn fachfremden Leistungen eines Anästhesisten als eigene gegenüber der Klägerin erbringen wollen. Die sich danach ergebende rechtliche Trennung der Verantwortungssphären kann nicht durch die unsubstantiierte Behauptung einer faktischen wirtschaftlichen Abhängigkeit des Anästhesisten von dem Beklagten überwunden werden. Danach verbleibt es bei dem - von der Klägerin auch anerkannten - Grundsatz, dass eventuelle Fehler bei der Durchführung der Anästhesie allein dem Verantwortungsbereich des Zeugen Dr. L. zuzuordnen sind und keine Haftung des Beklagten begründen können (vgl. BGHZ 89, 263 ff. = NJW 1984, 1400, 1401; NJW 1989, 1539, 1540; VersR 1999, 579, 580 = NJW 1999, 1779, 1780).

Der Beklagte durfte daher darauf vertrauen, dass der Zeuge Dr. L. die Spinalanästhesie ordnungsgemäß durchgeführt hat. Umstände, die insoweit Zweifel bei dem Beklagten hätten wecken können und müssen, zeigt die Klägerin nicht auf. Dass sie zu Beginn der Operation mehrfach darauf hingewiesen habe, dass sie große Schmerzen habe und die Narkose nicht wirke, hat sie nicht bewiesen. Dafür finden sich weder in Zeugenaussagen noch in den Krankenunterlagen Anhaltspunkte. Die Annahme der Klägerin, aus diesen Klagen ergebe sich, dass der Beklagte auf die ordnungsgemäße Durchführung der Spinalanästhesie nicht habe vertrauen dürfen, findet demnach keine Grundlage. Der Umstand allein, dass der Zeuge Dr. L. während der Operation nicht ständig im Operationssaal selbst anwesend war, musste den Beklagten nicht veranlassen anzunehmen, dass die vom Anästhesisten vorgenommene Spinalanästhesie nicht wirkte. Dies begründet die Klägerin auch nicht näher.

III. Aufklärungsversäumnisse, auf die sich die Klägerin in dieser Form erstmals im Berufungsrechtszug stützt, sind nicht erkennbar.

1. Die pauschale Behauptung, sie sei über die Risiken der Operation (wohl die durch den Beklagten durchgeführt Operation) nicht ausreichend aufgeklärt worden, entbehrt jeder Substanz. Angesichts des unstreitig erfolgten Aufklärungsgesprächs und des umfänglichen und durch handschriftliche Eintragung ergänzten Aufklärungsbogens, den die Klägerin unstreitig unterschrieben hat, bleibt unklar, in welcher Weise sie noch hätte aufgeklärt werden müssen. In einem solchen Fall ist es Sache des Patienten vorzutragen, über welche Risiken er hätte aufgeklärt werden müssen ( vgl. Senat, OLGR 2002, 20; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 4. Aufl., S. 216).

Das gleiche gilt, soweit die Klägerin pauschal und ohne Substanz behauptet, sie habe keine ausreichende Bedenkzeit gehabt. Auch insoweit fehlt es an der erforderlichen Darlegung dazu, weshalb die unstreitige Aufklärung am Morgen des Vortags der Operation zu spät war. Es ist nicht ersichtlich und die Klägerin trägt dazu auch nicht vor, dass dadurch ihre Entscheidungsmöglichkeiten beeinträchtigt wurden (vgl. BGH MDR 1992, 748 = VersR 1992, 960, 961; MDR 1996, 367 = VersR 1996, 195, 197; MDR 1998, 716 = VersR 1998, 766, 767; NJW 2003, 2012, 2014; Senat, OLGR 2003, 313).

2. Auch soweit die Klägerin Aufklärungsversäumnisse hinsichtlich der Anästhesie rügt, entbehrt ihr Vortrag angesichts des unstreitig von ihr unterschriebenen, ausführlichen und durch handschriftliche Eintragung ergänzten Aufklärungsbogen ausreichender Substanz. Insoweit ist ebenfalls nicht ersichtlich, weshalb der Klägerin nicht ausreichend Bedenkzeit zur Verfügung gestanden haben könnte. Dies gilt umso mehr, als ausweislich der Eintragungen im Krankenblatt die Klägerin seit dem 17.11.1999 von der anstehenden Operation wusste. Der Umstand, dass die Klägerin ausweislich der Eintragungen im Aufklärungsbogen auf die - aus ihrer Sicht gegebene - Notwendigkeit einer erhöhten Dosierung bei einer Lokalanästhesie hingewiesen habe, könnte allenfalls einen Behandlungsfehler begründen, nicht jedoch Aufklärungsversäumnisse, und schon gar nicht die Haftung des Beklagten für den Anästhesisten.

Ohne Bedeutung für eine ordnungsgemäße Aufklärung über die Risiken der Operation ist auch die Behauptung der Klägerin, der Zeuge Dr. L. habe ihr "zugesichert, sie werde von der Operation nichts mitbekommen und keine Schmerzen spüren" (II31) und "ihr werde ein Schlafmittel vor der Operation verabreicht" (II 115)." Dass eine solche Aussage im Sinne einer Garantie der Schmerzfreiheit zu verstehen wäre, wie die Klägerin dies darzutun versucht, und nicht lediglich eine allgemeine Beschreibung der Wirkungen einer Anästhesie ist mehr als zweifelhaft, denn nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont kann ein Patient eine solche Äußerung im Hinblick auf die Unwägbarkeiten der Funktionsweise des menschlichen Organismus nicht als eine solche Garantie verstehen. Unabhängig davon hat die Klägerin nicht bewiesen, dass der Zeuge Dr. L. entsprechende Äußerungen von sich gegeben hat. Die Zeugin F. hat die Behauptung der Klägerin nicht bestätigt, sie hat von einer entsprechenden Zusicherung des Zeugen nichts berichtet (Protokoll S. 2, I 81). Auch der Zeuge Dr. L. hat dies nicht bestätigt. Weitere Beweismittel, die ihre Behauptungen bekräftigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgebracht. Im übrigen widerspricht ihre Behauptung, ihr sei keine Schlafmittel verabreicht worden, ihrem Vortrag erster Instanz, denn dort hat sie in der Klage ausdrücklich zugestanden (I 4), dass ihr vor der Operation ein "intravenöses Schlafmittel" injiziert worden wäre. Diese Widersprüchlichkeit ihres Vortrags konnte die Klägerin nicht erläutern, sodass durchgreifende Zweifel an der Schlüssigkeit des Vortrags bestehen und der Verdacht aufkommt, diese neuerliche Behauptung der Klägerin diene allein dazu, eine Haftung wegen Aufklärungsversäumnissen begründen zu wollen.

Im übrigen könnte die den eigenständigen Eingriff im Rahmen der Anästhesie betreffende Aufklärung durch den Zeugen Dr. L. die Wirksamkeit der ordnungsgemäßen Aufklärung hinsichtlich des von dem Beklagten durchgeführten Eingriffs nicht in Frage stellen. Beide Eingriffe sind selbstständig zu beurteilen.

IV. Da somit eine Haftung des Beklagten schon dem Grunde nach ausscheidet, kommt es nicht darauf an, dass eine ausreichend substantiierte Darlegung des geltend gemachten materiellen Schadens weder hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten (zu welchen Behandlungszwecken wurden diese Fahrten unternommen?) noch hinsichtlich des Haushaltsführungsschadens (eine ausreichende Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse der Haushaltsführung durch die Klägerin fehlt, die abstrakte Bezugnahme auf eine zusammenfassende Beurteilung in einer Tabelle genügt nicht) bislang nicht substantiiert dargelegt ist, wie der Beklagte bereits im ersten Rechtszug und auch im zweiten Rechtszug zu Recht gerügt hat.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO; die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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