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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 7 W 18/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 494 a Abs. 1
ZPO § 494 Abs. 2
Erhebt der Antragsteller trotz der Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO die Hauptsacheklage nicht, ist in dem sich hieran anschließenden Verfahren nach § 494 a Abs. 2 ZPO den Einwand der Erfüllung des dem Beweisverfahren zugrunde liegenden Anspruchs nicht zu prüfen.
Oberlandesgericht Karlsruhe

7. Zivilsenat

Beschluss

Geschäftsnummer: 7 W 18/06

27. April 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Beweissicherung

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 13.02.2006 - 2 OH 17/01 - geändert.

Die Antragstellerin hat die der Antragsgegnerin zu 2 entstandenen Kosten zu tragen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerderechtszugs.

III. Streitwert: 1.536,00 €

Gründe:

Im Bauvorhaben der Antragstellerin, in dem die Antragsgegnerin zu 2 die Blechnerarbeiten ausgeführt hatte, hatten sich Undichtigkeiten gezeigt. Zur Frage der Ursache dieser Undichtigkeiten und der Verantwortlichkeit der am Bau beteiligten Unternehmer hierfür sowie Mängel der Planung hat das Landgericht im selbstständigen Beweisverfahren die Erhebung eines Sachverständigengutachtens angeordnet.

Nach Abschluss des Verfahrens hat der planende und überwachende Architekt (Streithelfer der Antragstellerin) die Kosten der Mängelbeseitigung ersetzt. Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 2 hat das Landgericht am 02.11.2005 die Erhebung der Klage binnen einer Frist von vier Wochen angeordnet. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat die Antragsgegnerin zu 2 begehrt, der Antragstellerin ihre Kosten aufzuerlegen. Gegen die Zurückweisung dieses Antrags richtet sich ihre sofortige Beschwerde.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. § 494 a Abs. 2 ZPO betrifft entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch den Fall, dass der Antrag zurückgewiesen wird (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 494 a Rn. 9); dies ergibt sich im übrigen anderenfalls auch aus § 567 Abs. 1 ZPO. Auch ist der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO erreicht, weil die Antragstellerin die Antragsgegnerin zu 2 neben den anderen Antragsgegnern für alle Undichtigkeiten und Folgeschäden verantwortlich gemacht hat (vgl. S. 13 der Antragsschrift: Es sei davon auszugehen, dass die Undichtigkeiten auch auf eine fehlerhafte Ausführung der Blechnerarbeiten zurückzuführen seien) und danach bei einem zutreffend festgesetzten Streitwert von 26.700,00 € der Wert des Beschwerdegegenstands weit über 200,00 € liegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist begründet.

a) Nachdem das Landgericht unanfechtbar (vgl. § 567 Abs. 1 ZPO) und damit bestandskräftig die Erhebung der Klage angeordnet hat, musste die Antragstellerin Hauptsacheklage erheben, um die Kostenfolge des § 494 a Abs. 2 ZPO zu vermeiden.

b) Wegen dieser Bestandskraft des Anordnungsbeschlusses ist ohne Bedeutung, ob er hätte ergehen dürfen. Es kommt nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin zu 2 - wie die Antragstellerin behauptet - als Gesamtschuldnerin mit anderen Bauunternehmen oder dem Architekten für die zur Undichtigkeit des Bauwerks führenden Mängel einzustehen hatte oder ob sie - wie sie vorträgt - ihre Leistung insoweit mangelfrei ausgeführt hat. Unerheblich ist deshalb auch, ob durch die Leistung von Schadensersatz durch den Architekten ein Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 2 erfüllt und danach ein Gewährleistungsanspruch gegen sie erloschen ist (§ 425 BGB).

§ 494 a Abs. 2 ZPO will den Antragsgegner so stellen, als habe er im Hauptsacheverfahren obsiegt. Er gibt ihm einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch und schützt ihn vor den kostenrechtlichen Nachteilen einer Inanspruchnahme im selbstständigen Beweisverfahren auch dann, wenn er - wie regelmäßig - einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch nicht geltend machen kann (BGH, BGHReport 2004, 854 = NJW-RR 2004, 1005). Erhebt der Antragsteller trotz der Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO die Hauptsacheklage nicht, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen. In dem sich hieran anschließenden Verfahren nach § 494 a Abs. 2 ZPO ist der Einwand der Erfüllung des dem Beweisverfahren zugrunde liegenden Anspruchs nicht zu prüfen. Der Auffassung (OLG Karlsruhe BauR 1998, 1278; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 494 a Rn. 5, der sich zu Unrecht auf BGH BauR 2003, 575 beruft; die Entscheidung betrifft nur die Frage, ob der Anordnungsbeschluss ergehen darf), dass dieser Einwand in einschränkender Anwendung der Bestimmung noch im Verfahren nach § 494 a Abs. 2 ZPO zu prüfen ist und zur Versagung des Anspruchs führen kann, ist der BGH (BGHReport 2004, 1522, 1523 = NJW-RR 2004, 1580) mit Hinweis auf die Unanfechtbarkeit und Bestandskraft des Beschlusses zu Recht entgegen getreten. Jedenfalls kann ein Streit über die Frage, ob und in welchem Umfang die Antragsgegnerin zu 2 für die Undichtigkeiten des Bauwerks einzustehen hat, nicht im vereinfachten Verfahren nach § 494 a Abs. 1, Abs. 2 ZPO entschieden werden (vgl. BGH, BGHReport 2004, 404 = NJW-RR 2003, 454). Hierfür ist vielmehr das Verfahren vorgesehen, das durch die Hauptsacheklage eingeleitet wird und in dem auch die Kosten des Beweisverfahrens von der Kostenentscheidung erfasst werden (BGH, BGHReport 2004, 1522, 1523 = NJW-RR 2004, 1580/1581; NJW-RR 2003, 1322, 1323).

Der Umstand, dass - nach Behauptung der Antragstellerin - der Gewährleistungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2 durch Erfüllung erloschen ist, hindert die Erhebung dieser Hauptsacheklage nicht; denn dem konnte sie dadurch Rechnung tragen, dass sie statt der Leistungsklage Feststellung begehrte, dass die Antragsgegnerin zu 2 zur Beseitigung der Mängel oder zum Ersatz von Mängelbeseitigungskosten verpflichtet gewesen war (BGH NJW-RR 2004, 1581; NJW-RR 2004, 1005).



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