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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 25.02.2000
Aktenzeichen: 7 W 3/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127
1. Wurde das Begehren des Beschwerdeführers in der Hauptsache rechtskräftig abgewiesen, kann ihm auf seine Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe keine Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt werden, da feststeht, dass seine Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

2. Dies gilt auch dann, wenn das Erstgericht die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert hat, solange nicht feststeht, dass die Partei durch die verspätete Entscheidung über nachgesuchte Prozesskostenhilfe in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt wurde.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 7. Zivilsenat BESCHLUSS

7 W 3/00

Karlsruhe, 25. Februar 2000

Rechtsstreit

Tenor:

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts Karlsruhe vom 17.12.1999 - 3 0 199/99 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, obwohl sie erst nach Erlaß des vom Beklagten nicht angefochtenen Urteils eingelegt ist, das in vollem Umfang der Klage durch Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils stattgegeben hat. Jedenfalls wenn wie hier der angefochtene Beschluß am selben Tag wie das Urteil ergeht und die Beschwerde alsbald eingelegt wird, eröffnet § 127 Abs. 2 ZPO die Beschwerde (OLG Frankfurt, OLGR 1998, 33; MDR 1983, 137; OLG Köln NJW-RR 1998, 511; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1465; BFH BB 1984, 2249; vgl. auch Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 127 Rdn. 50, 51; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 127 Rdn. 3).

Das Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg.

Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung (§ 114 ZPO) ist nach ganz herrschender Auffassung derjenige der Beschwerdeentscheidung (vgl. Zöller/Philippi, § 127 Rdn. 52; § 119 Rdn. 46 m.w.N.). Wird wie im Streitfall der Beklagte verurteilt, so erweist sich seine Rechtsverteidigung als erfolglos. Derartiges muß auch das Beschwerdegericht grundsätzlich beachten, wenn der Beschwerdeführer wie hier ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache nicht eingelegt hat, diese rechtskräftig ist und also feststeht, daß die Voraussetzungen des § 114 ZPO nicht gegeben sind (herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG München OLGR 1994, 46; OLG Düsseldorf OLGR 1993, 281; OLG Hamm JB 1988, 645; Zöller/Philippi, § 127 Rdn. 52, § 119 Rdn. 47; Thomas/Putzo, a.a.O.).

Eine rückwirkende Bewilligung auf den Zeitpunkt, zu dem über den Antrag hätte entschieden werden können, kommt - soweit es die Beurteilung der Erfolgsaussicht angeht - auch dann nicht in Betracht, wenn das Erstgericht die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert hat. Allerdings meinen Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 114 Rdn. 41, in solchen Fällen sei der Kenntnisstand bei Entscheidungsreife über den Antrag zugrunde zu legen, weil die Rechtskraft in der Hauptsache weder den Verfahrensfehler noch den Schaden der Partei beseitige (im Ergebnis wohl ähnlich OLG Frankfurt MDR 1983, 137). Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Der Verfahrensfehler (gegen den - ist die Verzögerung gravierend - sich die Partei mit der Beschwerde wehren kann) muß sich zumindest ausgewirkt haben, die Partei auch wirklich in der Wahrnehmung ihrer Rechte beeinträchtigt worden sein. Ein Urteil, dessen Richtigkeit infolge eingetretener Rechtskraft feststeht, tut der unterlegenen Partei kein Unrecht, wenn es nicht - soweit hier von Interesse - auf dem genannten Verfahrensfehler beruht. Voraussetzung einer rückwirkenden Bewilligung von Prozeßkostenhilfe in Fällen wie dem hier zu entscheidenden ist deshalb, daß die Beschwerde begründet geltend macht, die Partei sei durch die verspätete Entscheidung über die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt, etwa weil sie gehindert gewesen sei, einen Beweis anzutreten, eingeforderte Kosten zu zahlen oder weil ihr Prozeßbevollmächtigter wegen der Verzögerung und dem Ausbleiben seines Honorars nicht - wie sonst geschehen - tätig geworden sei. Derartiges ist im Streitfall weder ersichtlich noch vorgetragen.

Es kommt deshalb nicht darauf an, daß das Landgericht Beweis erhoben hat, daß das Verteidigungsvorbringen im übrigen von Anfang an eher unsubstantiiert erscheinen mußte, zum Teil (vgl. die Angaben des nach § 141 ZPO gehörten Beklagten über die Art der Abrechnung) eingestandenermaßen unrichtig gewesen war und auch nicht darauf, ob das Zuwarten des Landgerichts mit seiner Entscheidung bis zur Vorlage des Sozialhilfebescheids vom 12.11.1993 trotz der bereits mit dem Antrag vom 26.08.1999 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung richtig war und also überhaupt von einer verzögerten Entscheidung gesprochen werden kann.

Ende der Entscheidung

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