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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 01.12.2009
Aktenzeichen: 7 W 34/09
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 66 | |
ZPO § 70 | |
ZPO § 71 | |
ZPO § 485 |
Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 7 W 34/09
1. Dezember 2009
In Sachen
wegen Beweissicherung
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen das Zwischenurteil des Landgerichts Baden-Baden - 3 OH 10/07 - vom 27. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten über den Beitritt zu einem selbständigen Beweisverfahren, das die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, seit August 2007 betreibt, um Baumängel an der von der Antragsgegnerin geteilten und veräußerten und von deren Streithelfern sanierten Wohnanlage feststellen zu lassen. Nachdem der Beweisbeschluss vom 21. Januar 2008 bereits mehrfach erweitert worden war, erklärten am 28. April 2009 zwölf Wohnungseigentümer ihren Beitritt zu dem Beweisverfahren, "soweit die Antragstellerin aus Rechtsgründen nicht bevollmächtigt und befugt sein sollte, Gewährleistungsansprüche am Sondereigentum der einzelnen Wohnungen geltend zu machen." Gleichzeitig beantragten sie ergänzende Feststellungen zu Mängeln ihres jeweiligen Sondereigentums. Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Landgericht die Nebenintervention durch Zwischenurteil vom 27. Juli 2009 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Wohnungseigentümer seien keine Dritten i.S.v. § 66 ZPO, weil sie nicht die Antragstellerin als Hauptpartei unterstützten, sondern ausschließlich eigene Anträge verfolgten. Gegen dieses am 29. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Antragstellerin am 5. August 2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie erstrebt die Aufhebung des Urteils und macht geltend, der Beitritt sei nur fürsorglich für den Fall fehlender Prozessführungsbefugnis erklärt worden. Dieser Fall sei jedoch nicht eingetreten, weil sie grundsätzlich befugt und durch Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16. April 2009 auch ermächtigt worden sei, als Prozessstandschafterin der Wohnungseigentümer Ansprüche wegen Mängeln des Sondereigentums geltend zu machen. Eine Entscheidung über den Beitritt sei daher nicht veranlasst.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 2 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin beschwerdebefugt, weil sie als unterstützte Hauptpartei ein eigenes Interesse an dem Beitritt der Nebenintervenienten hat und deshalb durch dessen Zurückweisung beschwert ist (h.M., vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 71 Rdn. 6 m.w.N. auch für die Gegensansicht).
2. In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Nebenintervention der Wohnungseigentümer im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
a) Zutreffend hat das Landgericht durch Zwischenurteil nach § 71 ZVG über den Antrag der Antragsgegnerin auf Zurückweisung der Nebenintervention entscheiden. Die Vorschriften über Nebenintervention und Streithilfe (§§ 66 ff. ZPO) sind im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden (BGH, NJW 2009, 3240, 3241; NJW-RR 2006, 1312 f.). Das gilt auch für die Regelungen zum Zwischenstreit über die Nebenintervention in § 71 ZPO (so zutreffend LG Hannover, BauR 2009, 687, 688). b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass die das Sondereigentum betreffenden Anträge nicht nur für die beitretenden Wohnungseigentümer gestellt wurden, sondern zugleich für die - durch denselben Rechtsanwalt vertretene - Antragstellerin. Das wird in der Beitrittsschrift zwar nicht ausdrücklich klargestellt. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen darf eine Partei aber nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Erklärungen festgehalten werden. Vielmehr ist stets davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BGH, NJW 2007, 769, 770). Danach sind die das Sondereigentum betreffenden Anträge auch und primär im Namen der Antragstellerin gestellt worden. Denn zum einen weist die Beschwerde zu Recht darauf hin, dass die Wohnungseigentümer dem selbständigen Beweisverfahren nach dem eindeutigen Wortlaut der Beitrittsschrift nur hilfsweise für den Fall beigetreten sind, dass die Antragstellerin nicht befugt sein sollte, Gewährleistungsansprüche am Sondereigentum geltend zu machen. Diese Bedingung setzt einen das Sondereigentum betreffenden Antrag der Antragstellerin voraus. Zum anderen ging es der Antragstellerin ersichtlich darum, das Beweisverfahren - dem Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16. April 2009 entsprechend - zu erweitern, um die drohende Verjährung zu verhindern.
Die Nebenintervention hätte deshalb nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden dürfen, die Wohnungseigentümer verfolgten ausschließlich eigene Anträge (zu den insoweit zu beachtenden Grenzen Senat, MDR 2008, 1354). Sie betrifft nämlich Ansprüche der Wohnungseigentümer, welche auch die Antragstellerin als deren gewillkürte Prozessstandschafterin geltend macht. In derartigen Fällen ist der Beitritt des Nebenintervenienten grundsätzlich zulässig (vgl. nur OLG Karlsruhe, Urt. v. 27. November 2007, 8 U 164/06, Juris Tz. 57). Ob dies auch dann gilt, wenn die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft nicht vorliegen, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Antragstellerin hat zwar nur den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16. April 2009 vorgelegt und nicht einmal behauptet, dass sie auch über die - zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln des Sondereigentums erforderliche (BGH, NJW 2007, 1952, 1955) - Ermächtigung der einzelnen Wohnungseigentümer verfüge. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil die Nebenintervention aus den nunmehr darzustellenden Gründen ohnehin zurückzuweisen ist. c) Der Beitritt der Wohnungseigentümer ist schon deshalb unzulässig, weil er nur hilfsweise für den Fall erklärt wurde, dass die Antragstellerin nicht befugt sein sollte, Gewährleistungsansprüche am Sondereigentum geltend zu machen. Dass es gerade in diesem Eventualfall an einem wirksamen Antrag der unterstützten Hauptpartei fehlt, ist dabei ohne Bedeutung. Denn ein bedingter Beitritt ist - unabhängig vom Inhalt der Bedingung - stets zurückzuweisen. Prozesshandlungen sind grundsätzlich bedingungsfeindlich. Sie können allerdings von einem innerprozessualen Vorgang abhängig gemacht werden, der auch in einer bestimmten Entscheidung des Gerichts oder in der Beurteilung einer dafür erheblichen Rechtsfrage bestehen kann (vgl. nur BGH, NJW-RR 1989, 1099 und Zöller/Greger, a.a.O., vor § 128 Rdn. 20 m.w.N.). Das gilt aber nur für Vorgänge im Prozessverhältnis zwischen den Parteien (BGH, a.a.O.; OLG Hamm, MDR 2005, 533). Prozesshandlungen, die ein solches Verhältnis erst begründen sollen, können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden, und zwar auch nicht von Vorgängen in einem anderen, bereits anhängigen Prozess. Denn das Bestehen eines Prozessverhältnisses darf im Interesse der Rechtssicherheit nicht in der Schwebe bleiben. Der hilfsweise erklärte Parteiwechsel (dazu OLG Düsseldorf, Urt. v. 25. Oktober 2000, 5 U 55/00, Juris Tz. 32), die hilfsweise Klagerhebung gegen einen Dritten (dazu OLG Hamm, a.a.O.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 26. September 2001, 1 U 69/01, Juris Tz. 22; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 59 Rdn. 10) und der bedingte Beitritt des Aufsichtsrats zu einem Rechtsstreit der Gesellschaft (OLG München, NJW-RR 2003, 983) sind daher ebenso unzulässig wie die bedingte Erhebung einer Klage und die - auch innerprozessual - bedingte Einlegung oder Rücknahme eines Rechtsmittels im allgemeinen (dazu BGH, NJW 1952, 102; 1999, 2823; NJW-RR 1990, 67, 68; 2008, 85, 86; Zöller/Greger, a.a.O., § 253 Rdn. 1).
Nichts anderes gilt für den Beitritt zu einem selbständigen Beweisverfahren. Auch er kann nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden, weil sonst in der Schwebe bliebe, ob der Nebenintervenient an diesem Verfahren beteiligt ist. Dass der Beitritt hier von einer für das Beweisverfahren erheblichen Rechtsfrage abhängig gemacht wird, ändert daran nichts. Denn zum einen sind die Wohnungseigentümer (noch) nicht an dem Verfahren beteiligt, so dass es sich bei der Entscheidung dieser Rechtsfrage im Verhältnis der Parteien nicht um einen innerprozessualen Vorgang handelt. Zum anderen könnte die Begründung eines Prozessverhältnisses ohnehin nicht von einer solchen innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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