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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 8 U 228/06
Rechtsgebiete: GWB, BGB
Vorschriften:
GWB § 98 Nr. 1, Nr. 2 | |
GWB § 100 Abs. 1 | |
GWB § 127 Nr. 1 | |
BGB § 280 | |
BGB § 823 Abs. 2 |
2. Den Anspruchsteller trifft die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 280 BGB i. V. mit den Schutzvorschriften des GWB.
Oberlandesgericht Karlsruhe 8. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 8 U 228/06
Verkündet am 17. April 2008
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes wegen Verstoßes gegen Vergaberecht
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2008 unter Mitwirkung von
Vors. Richterin am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim - 7 O 345/05 - vom 07.07.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung durch Bürgschaft i. S. des § 108 Abs. 1 ZPO in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit in Höhe von 120% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Berufungsstreitwert wird auf 96.307,93 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin, die als Versicherungsmaklerin tätig ist, nimmt die Beklagte, ein kommunales Wohnungsbauunternehmen, auf Schadensersatz wegen unterbliebener Ausschreibung von Versicherungsleistungen in Anspruch.
Die Beklagte wurde 1926 mit dem Ziel gegründet, dem Wohnungsmangel insbesondere bei sozial Schwachen abzuhelfen. Sie ist heute als GmbH organisiert, die Geschäftsanteile werden fast ausschließlich von der Stadt M. zu einem kleinen Teil von der Beklagten selbst gehalten. Wegen des Gesellschaftsvertrages wird auf Anlage B 1 Bezug genommen.
Die Beklagte benötigte 2005 Versicherungsleistungen für den von ihr verwalteten Immobilienbestand. Sie sprach deswegen eine Reihe von Unternehmen - mehrheitlich Versicherungsmakler, nach ihrem Vortrag aber auch Versicherungsunternehmen - an mit der Bitte, Angebote zu unterbreiten. Auch die Klägerin wurde angesprochen, ihr Angebot wurde allerdings zunächst von einem Mannheimer Versicherungsmakler unterboten. Als ihr das mitgeteilt wurde, besserte die Klägerin ihr Angebot zweimal nach. Die Beklagte teilte ihr jedoch mit, sie habe sich für das Angebot des Mannheimer Versicherungsmaklers entschieden.
Die Klägerin stützt ihre auf entgangenen Gewinn in Höhe von 96.307,93 EUR gestützte Klage im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte als Normadressatin des § 98 GWB versäumt habe, die benötigten Leistungen europaweit auszuschreiben, wobei der Klägerin der Zuschlag zu erteilen gewesen sei.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Parteivorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsbegründung wird auf das von der Klägerin mit der Berufung angegriffene Urteil des Landgerichts vom 07.07.2006 (I 78 ff.) Bezug genommen, durch welches das Landgericht die Klage abgewiesen hat.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Vorbringen in vollem Umfang weiter und trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor, das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin überspannt und das von ihm herangezogene Urteil des Kammergerichts falsch verstanden. Zumindest hätte das Landgericht bei richtiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage die angebotenen Beweise der Klägerin erheben müssen. Selbstverständlich sei die Beklagte Adressat der §§ 97 ff. GWB, was das Landgericht zu Recht unterstellt habe. Zu Unrecht sei das Landgericht jedoch der Ansicht gewesen, die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass sie im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten hätte. Die Klägerin habe alle überhaupt in Betracht kommenden Versicherer angesprochen und in ihr Angebot einbezogen. Ausländische Versicherer hätten sich, wie die Klägerin aus vielfältiger Erfahrung wisse, nicht an der Ausschreibung beteiligt. Alle Darlegungen der Klägerin seien unter Beweis gestellt und einem Beweis zugänglich gewesen. Die Beklagte habe sich rein substanzlos verteidigt. Der Klägerin müsse deshalb zu Gute kommen, dass sie eine Negativtatsache darlegen und beweisen müsse, mithin die Anforderungen nicht überspannt werden dürften. Die Erwägungen des Landgerichts zu möglichen günstigeren Bietern stellten reine Spekulationen dar. Damit habe das Landgericht auf einem Gebiet, auf dem es nicht die erforderliche Sachkunde besitze, eine unzulässige Vorabbeweiswürdigung vorgenommen.
Etwaige Direktangebote von Versicherern wären sicher nicht günstiger ausgefallen. Die Betreuung des Versicherungsnehmers vor Ort stelle einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar, den auch Versicherer hätten einkalkulieren müssen. Dort sei dies nur ein Vertriebskostenanteil. Außerdem habe die Beklagte nach ihrer Anfrage eine Betreuung durch Versicherungsmakler ausdrücklich gewünscht. Im Fall des Kammergerichts sei ohne jede Ausschreibung einfach einem Beteiligten der Auftrag erteilt worden, während vorliegend die Beklagte zumindest eine informelle Ausschreibung vorgenommen habe. Das von der Klägerin abgegebene Angebot sei dabei das wirtschaftlich Günstigste gewesen.
Die Angebotseinholung der Beklagten sei entgegen der Ansicht des Landgerichts umfassend gewesen. Es gehe nicht an, dass die Beklagte das Ergebnis ihrer eigenen "Ausschreibung" schlicht unterlaufe.
Hinzu komme, dass der zum Zuge gekommene Versicherungsmakler im Verdacht der Korruption stehe. Unverständlich sei der Klägerin bis heute, dass die Beklagte ein wesentlich teureres Angebot angenommen habe.
Weitere von der Klägerin vorgebrachte Begründungen habe das Landgericht nicht beachtet. Der Vortrag der Klägerin zur Schadenshöhe sei schlüssig.
Die Klägerin beantragt zur Berufung,
abändernd die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 96.307,93 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor, dass, obwohl das Landgericht die eindeutig zu Gunsten der Beklagten zu entscheidende Frage des Fehlens der Eigenschaft einer Normadressatin gemäß den §§ 97 ff. GWB mit nicht tragenden Gründen unterstellt habe, sich das Urteil jedenfalls im Ergebnis als richtig erweise. Bei sachgerechter Prüfung habe das Landgericht bereits das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des EuGH für die Eigenschaft als öffentliche Auftraggeberin bei der Beklagten vermissen müssen. Die Beklagte handle rein gewerblich, mit Gewinnerzielungsabsicht und ohne originäre staatliche Zwecke.
Im Übrigen wäre die Klägerin auch bei einem - unterstellten - Ausschreibungsverfahren an zwingenden vergaberechtlichen Vorschriften gescheitert.
Die Beklagte habe die Klägerin nur mit einem Vermittlungsauftrag betraut. Der Ausgang eines formellen Ausschreibungsverfahrens, das nicht fingiert werden könne, sei völlig offen.
Die Angebote der Klägerin seien unspezifiziert und für eine abschließende Beurteilung ungeeignet gewesen. Die Praxis der Klägerin, jeweils Angebote nachzuschieben, sei eindeutig ausschreibungswidrig.
Die Klägerin habe noch nicht einmal darlegen können, dass sie für den Fall einer Beauftragung über die erforderlichen Mittel zu dessen Durchführung verfügt hätte.
Zu Recht habe das Landgericht eine schlüssige Darlegung der Höhe des behaupteten Schadens der Klägerin vermisst. Völlig offen sei zudem, welche "Pakete" an Versicherungsleistungen andere Anbieter vorgelegt hätten. Es sei reine Spekulation der Klägerin, dass sich ausländische Versicherer nicht an einer europaweiten Ausschreibung beteiligt hätten.
Angesichts des substanzlosen Vortrags der Klägerin treffe die Beklagte der Anwurf substanzloser Verteidigung nicht.
Bestritten werde, dass ein Angebot der Klägerin - von mehreren - je das Günstigste gewesen sei. Der Fall des Kammergerichts sei sehr wohl vergleichbar.
Die Klägerin wolle sich nur die " Form" einer europaweiten Ausschreibung zu Nutze machen, um sich, ohne sich selbst an die Form zu halten, zu Lasten der Beklagten zu bereichern. Die Korruptionsspekulationen der Klägerin hätten mit der Beklagten nichts zu tun.
Die Schadensdarstellung der Klägerin sei nach wie vor unsubstantiiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf sämtliche vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der erkennenden Gerichte und ergänzend auf den Gesamtinhalt der Akten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Landgericht hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin macht entgangenen Gewinn wegen der unterbliebenen, nach ihrer Auffassung gebotenen europaweiten Ausschreibung der von der Beklagten nachgefragten Versicherungsleistungen geltend. Die Schwellenwerte nach § 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i. Verb. mit der hierzu geltenden Rechtsverordnung sind überschritten.
Das Landgericht hat zu Recht ausgesprochen (US 5), dass als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin § 126 GWB, der nur einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses gewährt, nicht in Betracht kommt.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte auch keine Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 2 BGB oder 280 BGB, jeweils i. V. mit den §§ 97 ff. GWB, zu.
Allerdings enthalten die § 97 ff. GWB ein subjektives Recht des Bieters auf Einhaltung der Verfahrensvorschriften (§ 97 Abs. 7 GWB) und stellen damit ein Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB dar.
Die materiellen Voraussetzungen eines derartigen Anspruchs sind jedoch nicht gegeben.
1. Das Landgericht hat die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte als kommunales Wohnungsbauunternehmen öffentlicher Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 2 GWB und damit Normadressat der §§ 97 ff. GWB ist, offen gelassen.
Der Senat verneint nach Prüfung der hierfür entwickelten Rechtsgrundsätze unter Beachtung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles die Eigenschaft der Beklagten als öffentliche Auftraggeberin.
a) In Übereinstimmung mit dem funktionalen Verständnis der ständigen Rechtsprechung des EuGH (z. B. Urteil vom 15.01.98 - C 44/96 - Mannesmann Anlagenbau Austria; EuZW 1998, 121 Rdn. 20; Urteil vom 10.11.98 C-360/96 ARNHEM, EuZW 1999, 16 = Anlage B 5) bestimmt § 98 Nr. 2 GWB, dass u.a. die Eigenschaft einer öffentlichen Auftraggeberin vorliegt, wenn es sich um eine juristische Person des Privatrechts handelt, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nicht gewerblicher Art zu erfüllen.
Dabei ist erforderlich, dass alle genannten Tatbestandsmerkmale gleichzeitig vorliegen (EuGH Urteil v. 15.01.98 Mannesmann Rdn. 21; EuGH Urteil vom 10.11.98 ARNHEM Rdn. 29).
b) Die Beklagte ist eine juristische Person des Privatrechts, deren Geschäftsanteile fast ausschließlich von der Stadt Mannheim und nur zu einem sehr geringen Teil von der Beklagten selbst gehalten werden (vgl. auch § 3 Abs. 2 des von der Beklagten vorgelegten Gesellschaftsvertrages Stand 7/2002, i. F. GV abgekürzt).
Die Stadt Mannheim ist eine Gebietskörperschaft i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Sie ist an der Beklagten i. S. des § 98 Nr. 2 GWB beteiligt. Sie übt ferner gemäß den §§ 11, 12 Abs. 1 GV die Aufsicht über die Leitung der Beklagten aus, auch werden mehr als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten gemäß § 11 Abs. 2 GV durch sie bestimmt und der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim ist Vorsitzender des Aufsichtsrates (vgl. § 13 GV).
Ihre Geschäftsführung ist gemäß § 18 Abs. 4 GV verpflichtet, der Stadt Mannheim den Wirtschaftsplan und die Finanzplanung unmittelbar nach Beschlussfassung im Aufsichtsrat, den Jahresabschluss und den Lagebericht sowie den Prüfungsbericht des Abschlussprüfers spätestens zum Ende des der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung folgenden Monats zur Vorlage an den Gemeinderat zu übersenden.
Die genannten Regelungen entsprechen den Anforderungen des § 98 Nr. 2 GWB und des Art. 1 Buchstabe b) Unterabsatz 2) der Vergaberichtlinie Nr. 92/50 EWG.
c) Die Beklagte wurde 1926 mit dem Ziel gegründet, dem Wohnungsmangel insbesondere bei sozial Schwachen abzuhelfen (vgl. LGUS 2).
Nach § 2 ihres zum Zeitpunkt der streitigen Vorgänge gültigen Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand und Zweck des Unternehmens die Errichtung, Betreuung und Verwaltung von baulichen Anlagen und Grundstücken. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GV kann die Beklagte auch andere Unternehmen gründen, erwerben und sich an ihnen beteiligen sowie solche Unternehmen leiten oder sich auf die Verwaltung der Beteiligungen beschränken.
Trotz dieser für die Gegenwart als neutral zu bezeichnenden Formulierung des Gesellschaftszweckes lässt sich aus dem von der Beklagten selbst bezeichneten Gründungszweck (I 17: Statut der gemeinnützigen Baugesellschaft Mannheim vom Oktober 1872: "Die gemeinnützige Baugesellschaft bezweckt die Herstellung gesunder und billiger Wohnungen, welche an brave und fleißige Leute vermiethet oder verkauft werden. Im Letztern Fall kann der Kaufpreis in Annuitäten bestehen.") und dem von der Klägerin für 1926 dargestellten Ziel des sozialen Wohnungsbaus (I 1 ff.) durchaus ein im Allgemeininteresse liegender Aufgabenbereich ablesen. In ähnliche Richtung geht die von der Klägerin vorgelegte Werbung (vgl. I 5 f.).
Grundsätzlich ist bei der Einstufung eines öffentlichen Auftraggebers i. S. des § 98 Nr. 2 GWB auf den Gründungszweck, nicht aber auf die aktuelle Tätigkeit abzustellen. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15.01.98 Mannesmann EuZW 98, 121 R. 37 ff.).
Allerdings kann, auch wenn Wohnungs(bau)gesellschaften als Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Anhang I (Nr. III. 2) zur Europäischen Baukoordinierungsrichtlinie aufgeführt sind, daraus nicht allgemein gefolgert werden, dass sie in jedem Fall als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind. Entscheidendes Indiz insoweit ist für den Zweck einer Gesellschaft zunächst der Inhalt ihrer Satzung. Insoweit ist zu beachten, dass sich der Zweck einer Gesellschaft nach der Gründung verändern kann (vgl. hierzu EuGH Urteil vom 12.12.02 C-470/99 Universale Bau R. 56 ff.).
Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich der Umkehrschluss, dass eine Gesellschaft, die gegründet wurde, um Aufgaben im allgemeinen Interesse wahrzunehmen, später ihren Gesellschaftszweck auch dahin abändern kann, derartige Aufgaben nicht mehr wahrzunehmen. Dabei darf die "Wohnungsbauförderung" nicht ohne weiteres mit dem "Wohnungsbau" gleich gesetzt werden. Zweifelsfrei hatten öffentliche Körperschaften während der Geltung des - inzwischen aufgehobenen - § 1 Abs. 1 des II. WoBauG die Aufgabe, den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baus von Wohnungen zu fördern, die je nach Größe, Ausstattung und Miete oder Belastung für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet waren (Sozialer Wohnungsbau). An die Stelle des II. WoBauG ist das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) getreten, welches die Förderung des Wohnungsbaus und anderer Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung von Mietwohnungen regelt (soziale Wohnraumförderung). Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind (§ 1 Abs. 1 und 2 WoFG).
Richtig ist insoweit sicher, dass die Beklagte aus der Vergangenheit Aufgaben der Verwaltung, Betreuung und Instandhaltung von Wohnungen übernommen hat, die dem sozialen Wohnungsbau unterlagen. Allerdings ist für den Senat unübersehbar, dass insoweit auch bei kommunalen Wohnbaufirmen ein deutlicher Wandel eingetreten ist (vgl. hierzu auch KG VergabeR 2003, 355, 356).
Insgesamt ist für die Beurteilung auf die Einzelfallumstände des vorliegenden Falles abzustellen.
Die Beklagte hat hierzu eingehend vorgetragen, sie übernehme entsprechend dem Gesellschaftszweck ihrer Satzung praktisch keinerlei genuin staatliche oder im allgemeinen Interesse liegende Aufgaben, auch nicht eine Funktion des sozialen Wohnungsbaus (vgl. I 17 ff.).
Insbesondere sei in ihrer Satzung (anders als z. B. im Fall des KG VergabeR 2003, 355) nicht hervorgehoben, dass sie zur städtebaulichen Entwicklung der Stadt Mannheim beitrage und den Anforderungen des Umweltschutzes gerecht werde; ganz abgesehen davon, dass solch allgemeine Ziele bereits Bestandteil des Baugesetzbuches seien und daher für jeden Bauherrn Gültigkeit hätten.
Die Beklagte stehe auch praktisch - wenn auch als kommunales Wohnungsbauunternehmen - im Wettbewerb mit den anderen und allen Anbietern im Bereich der Wohnungsvermietung und -bewirtschaftung sowie bei der Errichtung von Eigentumsmaßnahmen im Rahmen des Bauträgergeschäftes. Die Beklagte sei daher gewerblich tätig. Sie stehe in einem umkämpften Wohnungsmarkt im Wettbewerb mit allen in der Region und insbesondere in Mannheim tätigen Wohnungsunternehmen.
Sie sei bei der Instandhaltung des Wohnungsmietmarktes der Stadt Mannheim insgesamt, beim Neubau und beim Verkauf von Wohnungseigentum, das als mietfreies Zuhause gerade in konjunkturell schwachen Zeiten auch als Stützpfeiler der Altersvorsorge aller Schichten angesehen werde, aktiv. Selbstverständlich gehe es dabei auch um kostengünstiges Bauen und etwa den Verkauf an junge Familien mit wenig Eigenkapital.
Bei ihr stehe aber nicht die soziale Leistung, sondern die ökonomische Ausrichtung im Vordergrund. Beim Erstellen von Wohneinheiten für den offenen Markt, der dienstleistungsmäßigen Verwaltung von Wohnungen und der Entwicklung von Immobilien handle die Beklagte rein gewerblich.
Inzwischen ergäbe sich bei ihrem Wohnbestand eine steigende Tendenz von Leerständen und rascher Fluktuation.
Weder die Satzung noch verbindliche Regelungen der Stadt Mannheim legten ihr die Pflicht zur Erstellung preisgünstigen Wohnraums auf. Sie halte sich vielmehr daran, in ihren Bereichen marktübliche Mietzinsen und Kaufpreise zu erzielen, wenn sie sich auch bemühe, dies für den Erwerber/Mieter kostengünstig zu tun.
Basierend auf ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen erstelle sie ihre Jahresabschlüsse nach kaufmännischen Gesichtspunkten nach den Vorschriften des HGB und des GmbH-Gesetzes.
Die Beklagte könne daher nicht nach einem etwaigen Gründungszweck aus dem Jahre 1926, sondern nur aus ihrer nunmehrigen, tatsächlich rein gewerblichen Tätigkeit beurteilt werden.
Naturgemäß liege der Schaffung von Wohnraum immer eine im Allgemeininteresse liegende Grundhaltung zu Grunde. Dies habe aber mit der Stellung eines öffentlichen Auftraggebers im vergaberechtlichen Sinne nichts zu tun.
Die Beklagte befriedige auch eine Nachfrage der Allgemeinheit nach Wohnraum, sie habe im Stadtgebiet von Mannheim 20.000 Wohnungen geschaffen, von denen 16.000 frei finanziert worden seien.
Die Beklagte hat ferner dargelegt, dass sie in einer erheblichen Zahl von Wohnungen - die nicht mehr dem heutigen Standard entsprechen - beträchtliche Renovierungsaufwendungen tätigt.
Der Senat verkennt nicht, dass soziale Wohnraumförderung zumindest auch zum Teil im Wettbewerb stattfinden kann und wohl auch bei der Beklagten stattfindet (vgl. hierzu KG VergabeR 2003, 355, 357).
Richtig ist ferner, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (z. B. Urteil vom 10.01.98 C-360/96 Arnheim Rdn. 39 ff.) das Bestehen von Wettbewerb allein nicht ausschließt, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber von anderen als wirtschaftlichen Erwägungen leiten lässt und z. B. wirtschaftliche Einbußen in Kauf nimmt. Eine derartige Verhaltensweise seitens der Beklagten ist jedoch für den Senat angesichts der von ihr geschilderten Tätigkeitsschwerpunkte nicht erkennbar.
Die Klägerin, die einzelne Teile des Vortrags der Beklagten bestritten hat, verkennt insoweit, dass sie im Rahmen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 280 BGB i. V. mit den Schutzvorschriften des GWB die Darlegungs- und Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschriften trifft.
Insoweit geht der Senat zwar davon aus, dass die Beklagte, soweit es um Vorgänge in ihrem inneren Bereich geht, auf den Vortrag der Klägerin eine erhöhte Gegendarlegungslast hat. Dieser Gegendarlegungslast ist die Beklagte jedoch mit ihrem eingehenden - soeben wiedergegebenen - Vortrag nachgekommen. Allein das Bestreiten durch die Klägerin genügt nicht deren Verpflichtung, den Gegenvortrag der Beklagten zu widerlegen. Ausreichend ist insoweit auch nicht der Hinweis auf die zu Art. 1 Buchstabe b der Baukoordinierungsrichtlinie 93/37/ EWG erstellten Verzeichnisse der Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im allgemeinen Interesse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind. Zwar sind dort Wohnungsunternehmen als öffentliche Auftraggeber genannt, wobei diese Nennung nach Auffassung von Stimmen in der Literatur und Rechtsprechung (vgl. z. B. KG VergabeR 2003, 355, 356 m. w. N.) eine Vermutung begründet, das dort genannte Unternehmen als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind.
Der Senat vermag jedoch in der bloßen Bezeichnung "Wohnungsunternehmen" in dem genannten Verzeichnis, die auf zahlreiche Bauträger- und Baufirmen privater Rechtsgestalt in der Bundesrepublik zutrifft, ohne dass man auf die Idee käme, sie als öffentlicher Auftraggeber i. S. des Vergaberechts anzusehen, keine beweisrechtlich relevante Vermutung zu erkennen, die zu einer Umkehr der Beweislast oder einem Beweis des ersten Anscheins führen könnte. Das insoweit entscheidende deutsche Prozessrecht (lex fori, vgl. hierzu z. B. Zöller / Geimer, ZPO, 26. Auflage, § 363 ZPO, Rdn. 156 ff.) kennt eine derartige "Beweisvermutung nicht".
Hinzu kommt, dass die - nach Kenntnisstand des Senats allerdings bisher nicht ins innerdeutsche Recht übersetzte - Neufassung der Richtlinie nunmehr von "Wohnungsunternehmen, soweit im Allgemeininteresse tätig", spricht. Die genannte Präzisierung erbringt einen deutlichen Hinweis darauf, dass Wohnungsunternehmen nicht schlechthin unter diese Eingruppierung fallen sollen, so dass der Hinweis auf das Verzeichnis allein im vorliegenden Einzelfall bereits der Darlegungslast der Klägerin nicht genügt.
Angesichts der detaillierten, von der Klägerin in erheblichen Punkten nicht widerlegten Darstellung der Beklagten hegt der Senat danach bereits erhebliche Zweifel daran, die Beklagte als Wohnungsunternehmen zu bezeichnen, das im Allgemeininteresse tätig ist.
d) Auch wenn jedoch zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, dass die Beklagte im Allgemeininteresse liegende Aufgaben wahr nimmt, sind diese nach Überzeugung des Senats gewerblicher Art und erfüllen damit nicht die in § 98 Nr. 2 GWB selbständig genannte, weitere Voraussetzung für die Geltung der Vergaberechtsregeln für die Beklagte.
Mit den europäischen Vergaberichtlinien, die durch § 98 Nr. 2 GWB in deutsches Recht umgesetzt worden sind, soll die Gefahr einer Diskriminierung bei der Auftragsvergabe vermieden und verhindert werden, dass sich eine von der öffentlichen Hand kontrollierte Stelle dabei von anderen als wirtschaftliche Überlegungen leiten lässt (z. B. EuGH, Urteil vom 27.02.03 Truley NZ Bau 2003. 287 Rdn. 42 sowie EuGH Urteil vom 22.05.03 Korhonen NZ Bau 2003, 396 Rdn. 52). Nach der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich die Gewerblichkeit einer Aufgabe zwar nicht schon daraus, dass sie auch von Privatunternehmen im Wettbewerb erfüllt werden kann. Ist jedoch das Unternehmen unter normalen Marktbedingungen tätig, verfolgt Gewinnerzielungsabsicht und trägt die mit seiner Tätigkeit verbundenen Verluste, dann "ist es wenig wahrscheinlich, dass es Aufgaben erfüllen soll, die nicht gewerblicher Art sind" (vgl. EuGH Urteil v. 22.05.03 Korhonen Rdn. 51).
Als nicht gewerblicher Art werden deshalb nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Aufgaben angesehen, die auf andere Art als durch das Angebot von Dienstleistungen auf dem Markt erfüllt werden und die der Staat aufgrund des Allgemeininteresses selbst erfüllt oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss erhalten möchte (z. B. EuGH Urteil vom 22.05.03 Korhonen a. a. O. Rdn. 47).
Nach der Rechtsprechung des EuGH sind danach (in Abgrenzung zu den im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben) die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte ihre Tätigkeit ausübt, entscheidend. Dabei ist insbesondere auf die Intensität des Wettbewerbs abzustellen, dem sich die Beklagte zu stellen hat, deren Gewinnerzielungsabsicht, die Übernahme der mit der Tätigkeit verbundenen Risiken und die etwaige Finanzierung der Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln (vgl. hierzu EuGH Urteil vom 27.02.03 Truley Rdn. 66; EuGH Urteil vom 22.05.03 Korhonen Rdn. 41 und EuGH NZB aus 2004, 323 (SIEPSA Rdn. 81)).
Die Beklagte hat hierzu eingehend dargestellt, sie arbeite in der Realität wie eine private Wohnungsbaufirma. So habe sich ihr Fremdmittelbedarf für das Jahr 2006 auf einen Betrag von 17.084.000,-- EUR belaufen. Mit öffentlichen Mitteln arbeite die Beklagte lediglich insoweit, wie auch jeder andere private Bauherr KfW-Förderprogramme nutze. Für das Jahr 2005 seien lediglich 2.423.000,-- EUR und für das Jahr 2006 5.756.000,-- EUR derartiger Fördermittel in Anspruch genommen worden.
Den restlichen Fremdmittelbedarf von 8.869.000,-- EUR habe die Beklagte, wie jeder andere private Bauherr, am öffentlichen Kapitalmarkt aufgenommen.
Falsch sei auch die Darstellung der Klägerin, die Beklagte müsse ihre "Verluste" nicht selbst tragen, es gäbe keinerlei "Auffangposition" irgendwelcher "Gewährsträger". Die Beklagte stehe allein und im Wettbewerb, sie müsse im Zweifel bis zur Insolvenz ihre Verluste allein tragen.
Aus § 22 ihres GV ergebe sich zudem, dass die Beklagte aus ihrem jährlichen Reingewinn mindestens den 10. Teil einer Vermögensrücklage zuführen müsse und auf die Bildung weiterer Rücklagen bedacht nehmen müsse.
Selbstverständlich strebe die Beklagte Gewinn an. Sie erziele auch tatsächlich Gewinne. Diese würden jedoch nicht als solche ausgewiesen, sondern gingen jeweils sofort in die Instandhaltung der Gebäude. Als Gewinn werde jeweils nur etwa ein Betrag von 20.000,-- EUR ausgewiesen. Tatsächlich wäre die Beklagte, wenn ihre Gesellschafterin dies wünsche, in der Lage, auch einen Betrag von 2 - 3 Millionen EUR als Gewinn auszuzahlen.
Auch insoweit hat die Klägerin zwar diese Darstellung der Beklagten bestritten. Sie hat jedoch die ins Einzelne gehende Gegendarlegung der Beklagten nicht widerlegt. Insbesondere geht ihr Einwand fehl, ein nicht in der Bilanz ausgewiesener Gewinn sei kein Gewinn. Es obliegt der Entscheidung der Gesellschafter, wie sie die handelsrechtlichen Ansätze ihrer Gesellschaft bestimmen und die "Gewinnverteilung" regeln. Die ausgewiesene Auszahlung von Gewinnen ist dabei nur eine der möglichen Varianten. Eine relevante Schlussfolgerung auf die Eigenschaft als öffentliche Auftraggeberin i. S. des Vergaberechts ergibt sich daraus für die Beklagte nicht.
Im Ergebnis ist die Klägerin aus den oben bereits genannten Gründen beweisfällig geblieben.
Da hiernach der Senat die Voraussetzung des § 98 Nr. 2 GWB nicht mit einer sicheren richterlichen Überzeugung festzustellen vermag, ist bereits aus diesem Grund die Klage abzuweisen.
2. Selbst wenn jedoch - entgegen der Rechtsüberzeugung des Senats - eine öffentliche Auftraggeberstellung nicht gewerblicher Art der Beklagten zu bejahen wäre, ist die Klage gleichwohl unbegründet.
a) Das Landgericht (US 5) hat zu Recht darauf abgestellt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nach der sogenannten "Differenz-Hypothese" darauf zu prüfen ist, ob und inwiefern die Klägerin, wenn die Beklagte das nach Ansicht der Klägerin gebotene Verfahren eingehalten hätte, besser stünde als nach dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten. Da die Klägerin so gestellt werden will, als hätte sie den Zuschlag zur Erbringung der nachgefragten Leistungen erhalten, ist zu entscheiden, ob die Klägerin bei Durchführung einer europaweiten Ausschreibung den Zuschlag erhalten hätte (vgl. KG VergabeR 2004, 490, Juris-Ausdruck (JA) Rdn. 20 ff.; BGHZ 120, 281, 284 f.).
b) Dabei ist zwar nicht vorneherein ausgeschlossen, dass in Fällen pflichtwidrig nicht durchgeführter Vergabeverfahren - wie dies die Klägerin vorliegend behauptet - ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit den §§ 97 ff. GWB in Betracht kommt (ebenso KG VergabeR 2004, 490 JA Rdn. 19).
Das Landgericht (US 7) hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die wirksame Durchsetzung der Vergabepflicht auf der Ebene des Primärrechtsschutzes des Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 102 ff. GWB stattzufinden hat.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11.01.05 C-26/03 Stadt Halle NZBau 2005, 111 Rdn. 33) stellt bereits der Beschluss eines öffentlichen Auftraggebers, kein Vergabeverfahren einzuleiten, weil der Auftrag seiner Auffassung nach nicht in den Anwendungsbereich der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften fällt, eine Entscheidung dar, die gerichtlich überprüfbar ist.
Außenwirkung erlangt die Entscheidung mit der Kenntniserlangung interessierter Personen von dem beabsichtigten Auftrag bzw. der Aufnahme konkreter Vertragsverhandlungen mit einem Interessenten (EuGH a.a.O. Rdn. 39; BGHZ 162, 116, 122).
Jedem, der ein Interesse an einem bestimmten öffentlichen Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht, steht danach das Nachprüfungsverfahren offen (EuGH a.a.O. Rdn. 40 m.w.N.; ebenso BGHZ 162, 116, 120 f.).
Die Klägerin, die im Rahmen des § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt gewesen wäre (vgl. hierzu BGHZ 162, 116, 122 f.) hätte danach alle Streitfragen des vorliegenden Rechtsstreits ohne weiteres im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens klären können, insbesondere auch die Frage der Eigenschaft der Beklagten als öffentlich-rechtliche Auftraggeberin i. S. des § 98 Abs. 2 GWB.
Wenn auch im Hinblick auf § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB ein bereits erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden kann und die Vorschrift des § 13 VgV nur im Bereich eines geregelt durchgeführten Vergabeverfahrens unmittelbar heranzuziehen ist (vgl. BGHZ 162, 116, 131 f.), ist diese Vorschrift jedoch nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O. S. 131 f.) entsprechend anzuwenden und kann zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages führen.
Wesentlicher Gesichtspunkt des BGH (a. a. O. S. 132 f.) für die analoge Anwendung der Sanktion von Verstößen gegen die Informationspflicht nach § 13 VgV ist dabei, dass § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB der Kompetenzverteilung der zur Gewährung des Primärrechtsschutzes berufenen Vergabekammern und der ihnen im Instanzenzug nachgeordneten Gerichte einerseits und der für die Entscheidung über Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte andererseits dient.
Gerade wegen der genannten Kompetenzaufteilung ist nach Auffassung des BGH (a.a.O. S. 135 f.) in Fällen wie dem vorliegenden Streitfall ein Anspruch der betroffenen Unternehmen (wie hier der eine europaweite Ausschreibung zwingend für erforderlich haltenden Klägerin) auf Einleitung eines geregelten Verfahrens anzuerkennen, weil dies gleichsam "Existenzgrundlage" für die bei Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens sich ergebenden subjektiven Rechte ist.
Der erkennende Senat teilt deshalb in vollem Umfang die Ansicht des Kammergerichts (VergabeR 2004, 490 JA Rdn. 23) und des Landgerichts (vgl. US 5), dass das Vergabeverfahren nicht im Schadensersatzprozess fiktiv durchgeführt werden kann.
Zum einen hat das Landgericht (US 5) recht, dass im Schadensersatzprozess nicht zu klären ist, welche Unternehmen (inländische wie ausländische) bei einer europaweiten Ausschreibung als Bieter aufgetreten wären und welche Angebote sie abgegeben hätten. Die Klägerin, die ihre Klage einerseits auf eine Verletzung der Vergabevorschriften einer europaweiten Ausschreibung stützt, die nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (z. B. Urteil vom 12.12.02 C-470/99 Universale Bau Rdn. 51 m. w. N.) der Beseitigung der Hemmnisse für den freien Dienstleistungs- und Warenverkehr durch Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge auf Gemeinschaftsebene dienen und somit die Interessen der in einem Mitgliedsstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer schützen soll, die den in einem anderen Mitgliedsstaat niedergelassenen öffentlichen Auftraggebern Waren oder Dienstleistungen anbieten möchten, andererseits aber die in diesem Zusammenhang durchaus erstaunende Behauptung aufstellt (vgl. I 65), in keiner von mehr als 45 europaweiten Ausschreibungen der Unternehmensgruppe, der sie angehöre, habe sich jemals ein ausländischer Versicherer direkt aus dem Ausland auch nur beteiligt, ist danach verwehrt, ohne vorherige Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens einfach die Behauptung aufzustellen, außer den von ihr angesprochenen Versicherern hätte sich ohnehin an einem durchgeführten Vergabeverfahren niemand mehr beteiligt.
Diese Behauptung ist, worauf das Landgericht (US 5/6) mit richtiger Begründung hingewiesen hat, im vorliegenden Schadensersatzprozess unschlüssig. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass ihr im streitigen Verfahren nicht nachzugehen ist.
Im übrigen geht auch der Senat - entgegen der Auffassung der Klägerin - mit dem Landgericht (US 6) davon aus, dass die weitere Behauptung der Klägerin, ihr Angebot wäre das wirtschaftlich günstigste gewesen, angesichts ihres Vortrags in beiden Instanzen ohne überprüfbare Substanz ist.
Der Senat ist in der Berufungsinstanz an die Feststellung des Landgerichts im unstreitigen Tatbestand des Urteils (US 2) gebunden, dass das Angebot der Klägerin zunächst von einem Versicherungsmakler unterboten wurde (§ 314 ZPO), woraus sich für ihn bereits die Unrichtigkeit der Darlegung der Klägerin ergibt, sie habe stets das wirtschaftlichste Angebot i. S. des § 97 Abs. 5 GWB abgegeben.
Schließlich teilt der Senat die überzeugend begründete Auffassung des Landgerichts (US 6), dass gänzlich offen sei, welche "Pakete" Versicherungsunternehmen und Versicherungsmakler im Fall einer förmlichen Ausschreibung, bei der das Angebot nicht - wie vorliegend geschehen - "nachgebessert" werden kann, geschnürt hätten.
Eine Beweisaufnahme kommt auch nach Überzeugung des Senats insoweit aus den vom Landgericht genannten Gründen nicht in Betracht.
3. Hiernach ist die Klage auch dann abzuweisen, wenn - entgegen der Überzeugung des Senats - die öffentliche Auftraggebereigenschaft der Beklagten zu bejahen wäre.
Die Berufung der Klägerin ist demgemäß zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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