Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 18.08.2008
Aktenzeichen: 8 W 34/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 551
1. Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat die Kaution nicht nur Sicherungs-, sondern auch Verwertungsfunktion.

2. Wird die Sicherheit durch Verpfändung eines Bankguthabens geleistet, darf der Vermieter bei beendetem Mietverhältnis grundsätzlich auf die verpfändete Forderung zugreifen. Das setzt nicht voraus, dass die Ansprüche des Vermieters unstreitig sind. Ausreichend ist vielmehr, dass der Vermieter eine Abrechnung über die von ihm geltend gemachten Ansprüche aufstellt und diese mit der Mietsicherheit verrechnet.

3. Falls der Vermieter zu Unrecht - das heißt wegen nicht gerechtfertigter Forderungen - auf die Mietesicherheit zugreift, ist der Mieter auf seinen Rückforderungsanspruch angewiesen.


Oberlandesgericht Karlsruhe 8. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 8 W 34/08

18. August 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 31.07.2008 - 9 C 301/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.237,50 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller waren vom 01.06.2006 bis 31.03.2008 Mieter, die Antragsgegner Vermieter des Reihenhauses X-Str. Y in S.

Von Januar 2007 bis einschließlich März 2008 minderten die Antragsteller wegen behaupteter Mängel der Mietsache die monatliche Miete um ca. 25 %, das heißt, sie behielten 235,00 € von 935,00 € ein. Die streitigen Mängel sind Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens 5 H 7/07 des Amtsgerichts Karlsruhe.

Die Antragsteller haben den Antragsgegnern als Mietkaution das Guthaben eines bei der Sparkasse K. geführten Kontos in Höhe von 2.475,00 € verpfändet. Die Antragsgegner betreiben unter Berufung auf ihr Pfandrecht die Auszahlung dieses Guthabens. Sie meinen, dass die Mietminderung durch die Antragsteller nicht gerechtfertigt gewesen sei und deshalb noch Mietzinsansprüche in einer das Guthaben übersteigenden Höhe bestünden. Die Sparkasse K. hat den Antragstellern mit Schreiben vom 15.07.2008 angekündigt, dass sie das Guthaben an die Antragsgegner nach Ablauf einer Wartefrist von vier Wochen auszahlen werde.

Die Antragsteller meinen, die Antragsgegner seien zur Verwertung der Mietkaution nicht berechtigt. Die Verwertung sei nur zulässig, wenn zwischen den Mietvertragsparteien feststehe, dass der Vermieter gegen den Mieter noch fällige Ansprüche habe. Das sei hier nicht der Fall. Das selbstständige Beweisverfahren diene vielmehr erst der Klärung solcher Ansprüche.

Die Antragsteller haben vor dem Amtsgericht den Erlass folgender einstweiliger Verfügung beantragt:

Die Antragsgegner haben es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 25.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, das zum Zwecke der Mietsicherheit verpfändete Guthaben von dem bei der Sparkasse K. geführten Sparkonto Nr. XY einzuziehen.

Das Amtsgericht hat den Antrag - ohne Beteiligung der Antragsgegner - durch Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller.

II.

Die sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Da die Antragsteller im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz ihren allgemeinen Gerichtsstand außerhalb der Deutschlands hatten, ist das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG).

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Es fehlt sowohl an einem Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund.

a) Die Antragsteller meinen, die Antragsgegner seien verpflichtet, die Einziehung der Mietkaution zu unterlassen, weil die Forderung, deretwegen die Kaution verwertet werden soll, streitig sei. Eine Mietkaution diene dem Vermieter lediglich als Sicherheit, weshalb dieser erst auf die Kaution zugreifen dürfe, wenn die Rechtslage zwischen den Vertragsparteien endgültig geklärt sei. Diese Rechtsansicht verkennt die Bedeutung einer Mietkaution nach beendetem Mietverhältnis.

aa) Zu Unrecht berufen sich die Antragsteller für ihren Standpunkt auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.07.1987 (BGHZ 101, 244, 251). Zutreffend ist zwar, dass dort ausgeführt ist, die Kaution diene der Sicherung der Ansprüche des Vermieters. Dieser solle sich wegen seiner Forderungen, insbesondere wegen seiner nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche, aus der Kaution auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters, befriedigen können. Das bedeutet aber nicht, dass die Forderung, auf die der Vermieter sich zur Rechtfertigung der Verwertung der Kaution beruft, unstreitig sein muss. Gerade wenn die Kaution ihren Zweck erfüllen soll, dem Vermieter - nach Beendigung des Mietverhältnisses - die Möglichkeit zu geben, sich wegen noch bestehender Ansprüche auf einfache Weise befriedigen zu können, muss ihm die Kaution als Instrument zur schnellen Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung stehen (Schneider in Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht, C § 551 Rdnr. 199). Dieser Zweck würde vereitelt, wenn der Vermieter zunächst die Klärung streitiger Ansprüche in einem Rechtsstreit herbeiführen müsste (Kluth/Grün, Kautionsverrechnung im laufenden Mietverhältnis, NZM 2002, 1015, 1016). Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat die Kaution nicht nur Sicherungs-, sondern auch Verwertungsfunktion. Ebenso wie bei der Barkaution darf deshalb der Vermieter - bei beendetem Mietverhältnis - grundsätzlich auf die verpfändete Forderung zugreifen (Schneider, a.a.O; LG Potsdam Grundeigentum 2007, 1253; Kluth/Grün, Kautionsverrechnung im laufenden Mietverhältnis, NZM 2002, 1015; a. A. LG Darmstadt ZMR 2005, 194; LG Wuppertal NJW-RR 2004, 1309). Voraussetzung ist allerdings, dass der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Abrechnung über seine noch offenen Forderungen aufstellt und diese von der Kaution abzieht. Hier ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Antragsteller, dass die Vermieter noch eine offene Mietzinsforderung in Höhe von (15 X 235,00 € =) 3.525,00 € beanspruchen, die die Höhe des verpfändeten Guthabens übersteigt. Damit tragen die Antragsteller selbst die Voraussetzungen für eine - vorläufige - Inanspruchnahme der Mietkaution vor.

bb) Bei dieser Ausgangslage wäre es Sache der Antragsteller gewesen, vorzutragen und im vorliegenden Verfahren glaubhaft zu machen, dass der Zugriff auf die Kaution unberechtigt ist. Das ist nicht geschehen; denn entgegen der Auffassung der Antragsteller reicht hierfür nach dem dargelegten Maßstab nicht aus, dass die Forderung, auf die sich der Vermieter beruft, streitig ist (Kluth/Grün, a.a.O., S. 1017).

b) Überdies liegt auch kein Verfügungsgrund vor. Die Antragsteller meinen, bereits die Tatsache, dass die Mietsicherheit "vor der Zeit" eingezogen werde, begründe die abstrakte Gefahr, dass Gläubiger der Vermieter auf die Kaution Zugriff nähmen und dadurch eine Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung gefährdeten. Das müsse angesichts des bloßen Sicherungscharakters der Kaution als Verfügungsgrund ausreichen. Dieser Argumentation ist das Amtsgericht zu Recht nicht gefolgt. Abgesehen davon, dass die Antragsteller - wie oben ausgeführt - die Verwertungsfunktion der Kaution, die diese nach Beendigung des Mietverhältnisses gewinnt, nicht berücksichtigen, reicht die abstrakte Gefahr einer Vermögensgefährdung als Grund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht aus, vielmehr müsste es für die Antragsteller unzumutbar sein, sie auf eine Klärung der Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren zu verweisen. Selbst wenn also der Zugriff der Antragsgegner auf die Kaution rechtswidrig wäre, müsste den Antragstellern der Verlust der verpfändeten Forderung oder ein sonstiger schwerwiegender Nachteil drohen, um den Erlass einer auf ein Unterlassungsgebot gerichteten einstweiligen Verfügung zu rechtfertigen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 174, 175 für die Inanspruchnahme einer Bürgschaft). Hierfür ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nichts.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Bemessung des Streitwertes wurde - in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht - die Hälfte der verpfändeten Forderung zugrunde gelegt.

Im vorliegenden Fall ist die Rechtsbeschwerde nicht gegeben (§§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück