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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.05.2002
Aktenzeichen: 9 U 159/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 301
Zur Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils bei Geltendmachung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Planung und Bauleitung des Architekten.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

9 U 159/00

Verkündet am: 08. Mai 2002

In Sachen

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung beider Parteien wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 01.08.2000 mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht Konstanz zurückverwiesen soweit das Landgericht über die Klaganträge Ziffer 1 und 4 und den Klagantrag Ziffer 3 in Höhe von 495,47 DM nebst 9 % Zinsen seit 01.07.1993 entschieden hat. Der Klagantrag Ziffer 3 bleibt abgewiesen, soweit mehr als 495,47 DM nebst 9 % Zinsen seit 01.07.1993 beansprucht werden, der Klagantrag Ziffer 5 bleibt im vollen Umfang abgewiesen. Im übrigen werden die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.

2. Die durch den Erlass des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 07.01.1999 ausgelösten Gerichtskosten (Urteilsgebühren 1. Instanz und Gerichtskosten 2. Instanz sowie gerichtliche Auslagen) werden in Höhe von 22/25 niedergeschlagen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Architektenvertrag wegen fehlerhafter Planung und mangelhafter Bauleitung auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin hat den Beklagten mit der Planung und Bauleitung für ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung auf ihrem Grundstück in D. beauftragt. Ein schriftlicher Vertrag liegt nicht vor. Baubeginn war der 19.09.1988 (Beginn der Erdarbeiten/Keller). Am 06.09.1989 stellte die Klägerin beim Amtsgericht Konstanz gegen den Beklagten, den Fensterbauer und den Zimmermann Antrag auf Beweissicherung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sie sich bereits am 30.11.1989 über eine Beendigung der Vertragsbeziehungen verständigt haben, so der Beklagte, oder erst durch Annahme des Regelungsvorschlags des Beklagten vom 19.01.1990 durch die Klägerin, so die Klägerin.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

1. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 106.082,90 DM nebst 9 % Zinsen ab dem 01.12.1993 zu zahlen.

Diesen Schadensersatzanspruch hat sie auf fehlerhafte Bauplanung und nicht ausreichende Bauüberwachung des Beklagten gestützt und geltend gemacht, der Kläger sei mitverantwortlich für das Abdrehen der Pfetten aus in der Konstruktion des Gebäudes liegenden Gründen, für Durchbiegen und Hängen des Daches und Ortganges wegen Fehlern in der Auswahl und Dimensionierung der Holzbauteile, wegen eines übermäßigen Dachvorsprungs an der Giebelseite, wegen durchgeschnittener Rispenbänder im Dachgeschoss, für ungenügenden Anschluss der Holzbauteile im Keller, für zu geringe Aussteifungswirkung der Wandscheiben wegen vom Statikplan abweichender Verschraubung der tragenden Holzteile und ähnliches.

2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 258.499,62 DM nebst 9 % Zinsen ab dem 01.01.1995 zu zahlen.

Mit diesem Antrag macht die Klägerin den Schaden geltend, der ihr dadurch entstanden sei, dass bei der Realisierung des Bauvorhabens wegen Pflichtverletzungen des Beklagten und deshalb erforderlicher Klärung von Mängeln und deren Beseitigung bis zum 31.12.1994 eine Bauverzögerung eingetreten sei.

3. Den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 33.000,00 DM nebst 9 % Zinsen ab 01.07.1993 zu zahlen.

Insoweit beansprucht die Klägerin Ersatz von Aufwendungen, die ihr wegen Pflichtverletzungen des Beklagten dadurch entstanden seien, dass sie zur Klärung von Ursachen und Verantwortlichkeit Berater und Sachverständige habe bezahlen müssen.

4. Den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 100.000,00 DM nebst 9 % Zinsen ab 01.01.1995 zu zahlen.

Insoweit hat die Klägerin Ersatz einer Wertminderung des Bauwerks in Höhe von 100.000,00 DM beansprucht, die durch Pflichtverletzung des Beklagten eingetreten sei.

5. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 8.360,36 DM nebst 9 % Zinsen seit 01.01.1995 zu zahlen.

Hierzu trägt sie vor, im Zuge der Brandwandsanierung, deren Kosten Gegenstand eines früheren Verfahrens der Parteien gewesen seien, sei an der Außenseite des Gebäudes ein Gerüst aufgestellt worden, dessen Abbruch deshalb nicht angeraten gewesen sei, weil zu erwarten gewesen sei, dass es für die Beseitigung anderer Mängel benötigt werde. Sie beansprucht deshalb Mietkosten und Abbaukosten in Höhe von 6.046,64 DM und weiter wegen des Abtransportes von Schutt und Abfallmaterial die Kosten von vier Mulden mit 2.313,72 DM.

6. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 52.854,67 DM nebst 9 % Zinsen ab 01.01.1995 zu zahlen.

Insoweit macht die Klägerin weitere Schäden geltend, die schon jetzt bezifferbar dem Beklagten aufgrund fehlerhafter Planung zuzurechnen seien.

7. Mit einem Feststellungsantrag beantragt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den Vermögensschaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden sei und noch entstehen werde, weil weitere vom Beklagten zu verantwortende Schäden vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Antrags wird auf Seiten 7 und 8 des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

Dieser Anspruch wird auf fehlerhafte Planung des Beklagten gestützt.

Der Beklagte hat die Ansprüche der Klägerin nach Grund und Höhe bestritten, und geltend gemacht, dem Beklagten seien keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen, jedenfalls müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden wegen Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht anrechnen lassen. Soweit die Anträge Ziffer 2 bis 7 im Verlaufe des Rechtsstreits durch Erweiterung der Klage eingebracht wurden hat sie Verjährung eingewandt.

Das Landgericht hat durch Teilurteil nur über die Anträge Ziffer 1, 3, 4 und 5 entschieden und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 145.195,00 DM nebst Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klaganträge Ziffer 1, 3 und 5 abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf dieses Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz und beantragt,

das Teilurteil des Landgerichts Konstanz vom 01.08.2000 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, auf den Klagantrag Ziffer 1 an die Klägerin 119.951,10 DM nebst 9 % Zinsen aus 106.082,90 DM seit 01.12.1993 und weiteren 13.868,20 DM ab Rechtshängigkeit zu zahlen; auf den Klagantrag Ziffer 3 22.308,52 DM nebst 9 % Zinsen ab 01.07.1993 zu zahlen; auf den Klagantrag Ziffer 4 284.847,50 DM nebst 9 % Zinsen aus 40.000,00 DM seit dem 01.12.1993, aus weiteren 60.000,00 DM seit dem 01.01.1995 und aus weiteren 184.847,50 DM ab Rechtshängigkeit zu zahlen; auf den Klagantrag Ziffer 5 8.360,36 DM nebst 9 % Zinsen ab dem 01.01.1995 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

1. das Teilurteil des Landgerichts Konstanz vom 01.08.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen;

2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;

3. hilfsweise: Das Teilurteil des Landgerichts Konstanz vom 01.08.2000 als unzulässig aufzuheben und den Rechtsstreit an die erste Instanz zurückzuverweisen;

4. weiter hilfsweise: Durch Teilurteil über die Zulässigkeit der erfolgten Klagänderung in der Berufungsinstanz vorab zu entscheiden.

Auch der Beklagte ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, die Berufung der Klägerin ist nur teilweise zulässig. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung hinsichtlich der Anträge Ziffer 1 und 4 ihre Klage erweitert hat, ist ihre Berufung unzulässig, weil das Landgericht in unzulässiger Weise ein Teilurteil erlassen hat und aus den gleichen Gründen auch im Berufungsverfahren über diese Ansprüche kein Teilurteil ergehen kann. Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag Ziffer 3 - über Kosten des Gutachten B. vom 25.7.189 von 495,47 DM hinaus Aufklärungskosten in Höhe von 21.813,05 DM beansprucht und mit ihrem Antrag Ziffer 5 Gerüstkosten u.a. in Höhe von 8.360,36 DM weiter verfolgt, ist ihre Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit hat das Landgericht die Klage zu Recht durch Teilurteil abgewiesen.

Soweit das Landgericht mit der Klage über die Anträge Ziffer 1 und 4 entschieden hat und der Klägerin 145.195,00 DM nebst Zinsen zugesprochen hat, hat das Landgericht in unzulässiger Weise ein Teilurteil (§ 301 ZPO) erlassen. Wegen dieses wesentlichen Verfahrensmangels ist gemäß § 539 ZPO a.F. der Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat. Der Verfahrensmangel kann anders nicht behoben werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander wiederstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (BGH NJW 1999, 1035; BGH NJW 2001, 760 m.w.N.). Mit § 301 ZPO soll die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Entscheidungen in ein und demselben Rechtsstreit bis zu dessen rechtlicher, nicht nur faktischer Trennung gewährleistet werden. Es soll nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn sich durch die bloße Möglichkeit einer abweichende Entscheidung im Instanzenzug die Gefahr widersprechender Entscheidungen ergeben kann.

Hier hat das Landgericht, soweit es der Klage stattgegeben hat, in Bezug auf die Bereiche "Dachüberstand/Ripphölzer/Rispenbänder", "Verdrehen der Pfetten" und "Wandscheiben" Planungs- und Überwachungsfehler des Beklagten als erwiesen angesehen und deshalb der Klage bezüglich der Anträge Ziffer 1 teilweise und Ziffer 4 abgesehen von geltend gemachten Zinsen in vollem Umfang stattgegeben. Das Vorliegen dieser streitigen Planungs- und Überwachungsfehler ist aber auch für den noch beim Landgericht anhängigen Restanspruch des Klagantrags Ziffer 2, mit dem die Klägerin auch im wesentlichen gestützt auf diese Planungs- und Überwachungsfehler einen Verzögerungsschaden in Höhe von 284.847,50 DM geltend macht, entscheidungserheblich. Auch die behaupteten Fehler, auf die der beim Landgericht anhängig gebliebene Antrag Ziffer 5 gestützt wird, mit dem 52.847,67 DM nebst Zinsen beansprucht werden, sowie die Gründe, auf die der Feststellungsantrag gestützt wird, sind sowohl für die Höhe der Wertminderung als auch für den geltend gemachten Verzögerungsschaden von Bedeutung.

Ebenso verhält es sich bezüglich des Antrags Ziffer 3 soweit die Kosten des Sachverständigengutachtens B. vom 25.07.1989 in Höhe von 495,47 DM geltend gemacht werden. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten dieses Gutachtens wird schlüssig darauf gestützt, dass der Beklagte für den Einbau feuchter und danach mit Schimmel und Schimmelsporen behafteter Pavathermplatten verantwortlich sei und dieses Gutachten zur Klärung dieses Gutachtens erforderlich gewesen sei. Da dieser Vorwurf auch Gegenstand des noch beim Landgericht anhängigen Feststellungsantrags Ziffer 7 g) ist, kann unbeschadet der Zweifel an dessen Zulässigkeit insoweit kein Teilurteil ergehen.

Anders verhält es sich bezüglich der Anträge Ziffer 3 und 5, soweit über die Kosten des Sachverständigengutachtens B. vom 25.07.1989 in Höhe von 495,47 DM nebst Zinsen hinaus weitere 21.813,05 DM nebst Zinsen geltend gemacht werden. Insoweit rechtfertigt auch der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren unabhängig von der Haftung dem Grunde nach keine Verurteilung des Beklagten, so dass insoweit das Teilurteil zulässig war. Bezüglich der anteilig in Höhe von 718,67 DM geltend gemachten Kosten für das Gutachten B. vom 12.02.1990 (Gesamtbetrag 1.100,46 DM) muss sich die Klägerin die Kosten anrechnen lassen, die ihr der als Gesamtschuldner haftende Zimmermann bereits erstattet hat. Hierzu trägt die Klägerin aber nur pauschal vor, dass in dem Verfahren vor dem Landgericht Konstanz 3 O 420/93 teilweise eine Erstattung stattgefunden habe. Im übrigen befasst sich dieses Gutachten nach dem eigenen Vortrag der Klägerin mit zahlreichen Mängeln. Der pauschale Vortrag der Klägerin, bei diesen Mängeln handele es sich um Mängel, für die den Beklagten eine zentrale Verantwortung treffe, reicht aber zur Begründung einer Haftung des Beklagten für alle begutachteten Mängel nicht aus. Entsprechendes gilt für das Gutachten M., für das die Klägerin von insgesamt 709,87 DM anteilig 463,55 DM beansprucht. Soweit die Klägerin für Leistungen des Architekten N. 20.630,83 DM geltend macht, legt sie nur dar, dass der Architekt N. für sie Leistungen erbracht habe. Dieser Vortrag ist aber schon deshalb nicht ausreichend, weil die Rechnung nicht vorgelegt wird und deshalb nicht geprüft werden kann, ob der Klägerin insoweit überhaupt ein weiterer Schaden entstanden ist, der nicht bereits in dem Klagantrag Ziffer 1 enthalten ist. Denn in der mit der Klage eingereichten Aufstellung III hatte sie insoweit pauschal geltend gemacht "Architekt N. geschätzt 34.200,00 DM".

Die Berufung der Klägerin ist auch insoweit zurückzuweisen, als sie mit dem Klagantrag Ziffer 5 für Gerüst- und Abfallmulden insgesamt 8.360,00 DM beansprucht. Auch insoweit ist ihr Vortrag zur Begründung eines solchen Anspruchs nicht ausreichend. Die Kosten der Sanierung der Brandwand waren Gegenstand eines anderen Rechtsstreits der Parteien vor dem Landgericht Konstanz, der durch Vergleich erledigt wurde. Der pauschale Vortrag, im Anschluss an diese Arbeiten sei das Gerüst benötigt worden, um die vom Beklagten verursachten Mängel zu beseitigen und die Abfallmulden seien benötigt worden, um den bei der Sanierung der durch den Beklagten verursachten Mängel angefallenen Müll zu entsorgen, reicht zur Begründung einer Haftung des Beklagten für diese Kosten nicht aus.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 1, 713. Gemäß § 8 GKG sind 22/25 der durch den Erlass des erstinstanzlichen Urteils ausgelösten Kosten sowie der Gerichtskosten niederzuschlagen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Auflage, § 538 Rdn. 58 m.w.N.). Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO (neue Fassung) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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