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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 27.06.2002
Aktenzeichen: 9 U 170/01
Rechtsgebiete: ZAV


Vorschriften:

ZAV § 12 Abs. 3
Zu den rechtlichen Erfordernissen der Übernahme einer Milchquote.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

9 U 170/01

Verkündet am: 27. Juni 2002

In Sachen

wegen Schadensersatzes und Übertragung einer Milch-Direktverkaufs-Referenzmenge

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 30.08.2001 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten im Kostenpunkt durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Direktvermarktungs-Referenzmengen (Milchlieferrechte). Der Kläger hatte vom Beklagten mit Vertrag vom 08.12.1996 eine Direktvermarktungs-Referenzmenge von 121.410 kg bis zum 31.03.2000 gepachtet. Um zu verhindern, dass bei regulärem Ablauf des Pachtverhältnisses zum 31.03.2000 33 % der verpachteten Referenzmenge zu Gunsten der Reserve des Landes Baden-Württemberg eingezogen würden, bot der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 08.03.2000 die vorzeitige Aufhebung des Pachtverhältnisses und den Verkauf von 40.000 kg Referenzmenge zum Preis von 24.000,00 DM an, befristet bis zum 15.03.2000. Am 15.03.2000 verkaufte der Beklagte 81.345 kg Referenzmenge an die GdbR T. die, später die restlichen 33%.

Der Kläger hat behauptet, er habe dem Beklagten die Aufhebungsvereinbarung fristgerecht zurückgesandt. Auch wenn er den rechtzeitigen Zugang nicht nachweisen könne, ergebe sich dieser aus zwingenden Indizien. Da mit der Aufhebungsvereinbarung auch der Kaufvertrag zustande gekommen sei, schulde der Beklagte nunmehr Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Hilfsweise für den Fall, dass die Aufhebungsvereinbarung nicht wirksam geworden sei, könne er, der Kläger, nachdem er mit Schreiben vom 12.04.2000 gegenüber dem Landwirtschaftsamt wirksam die Ausübung seines Übernahmerechts gemäß § 12 Abs. 3 ZAV hinsichtlich der gesamten gepachteten Direktvermarktungs-Referenzmenge erklärt habe, Übertragung der Referenzmenge von 121.410 kg verlangen. Sofern diese Übertragung dem Beklagten infolge Weiterverkaufs unmöglich geworden sei, sei er, der Kläger, hilfsweise berechtigt, hieraus Schadensersatz zu verlangen.

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, DM 20.071,50 zuzüglich 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit 07.02.2001 an den Kläger zu zahlen.

Hilfsweise: Der Beklagte wird verurteilt, eine Direktvermarktungsmilchquote von 121.410 kg Zug um Zug gegen Zahlung von 89.479,17 DM an den Kläger zu übereignen.

Höchsthilfsweise: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 52.206,30 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 18.07.2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat den fristgerechten Zugang der Annahmeerklärung des Klägers zur Aufhebungsvereinbarung bestritten. Von deren Unterzeichnung durch den Kläger habe er erst durch eine Mitteilung des Landwirtschaftsamts E. nach dem 30.03.2000 erfahren. Die Hilfsanträge scheiterten schon daran, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag, wenn auch verspätet, letztlich doch unterschrieben habe mit der Folge, dass der Pachtvertrag vor dem 31.03.2000 geendet habe und die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 ZAV für das Übernahmerecht damit nicht vorlägen. Im übrigen sei dieses Übernahmerecht mangels Erklärung gegenüber dem Verpächter nicht wirksam ausgeübt worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der rechtzeitige Zugang der Pachtaufhebungsvereinbarung beim Beklagten könne dahingestellt bleiben, da der Kläger jedenfalls den Abschluss eines formwirksamen Kaufvertrags nicht nachgewiesen habe. Die Hilfsanträge seien unbegründet, weil der Kläger die Übernahmeerklärung nicht gegenüber dem Verpächter sondern nur gegenüber dem Landwirtschaftsamt abgegeben habe. Mit seinem verspätet eingegangenen Vortrag zur Übersendung der Übernahmeerklärung an den Verpächter mit Einschreiben vom 12.04.2000 sei der Kläger ausgeschlossen; im übrigen sei die vorgelegte Kopie des Rückscheins vom 12.04.2000 zum Nachweis des Zugangs der Übernahmeerklärung auch nicht ausreichend, da der Kläger dem Beklagten unstreitig mit gleichem Datum ein anderes Schreiben übermittelt habe.

Wegen der Einzelheiten der Begründung und ergänzend zum Sachverhalt wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens mit der Berufung. Bezüglich des Hauptantrags verweist er unter anderem auf seinen Beweisantritt im Schriftsatz vom 17.08.2001 zu der Behauptung, dass beim Abschluss des Kaufvertrags vom 15.03.2000 mit der GdbR T. die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass der Beklagte wirksam über die Quote verfügen könne, also das Pachtverhältnis wirksam aufgehoben sei. Zu den Hilfsanträgen ist er der Auffassung, die Ausübung des Übernahmerechts müsse nicht gegenüber dem Verpächter erfolgen. Im übrigen sei die Berufung auf den fehlenden Zugang dieser Erklärung treuwidrig im Hinblick auf die durch das Landwirtschaftsamt erfolgte Information.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 30.08.2001 gemäß seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch der Beklagte wiederholt und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrags über 40.000 kg Referenzmenge zu.

Zwar kann sich der Beklagte, entgegen der Auffassung des Landgerichts, auf die fehlende Schriftform der Kaufvereinbarung nicht berufen, da sich aus seinem Angebotsschreiben vom 08.03.2000 an den Kläger ergibt, dass mit der Unterschrift des Klägers unter dem Aufhebungsvertrag zugleich der Kaufvertrag zustande kommen sollte. Ein Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass er auch im Berufungsverfahren die Annahme des Angebots des Beklagten vom 08.03.2000 innerhalb der gesetzten Frist bis 15.03.2000 nicht nachgewiesen hat.

Der Kläger hat im Senatstermin behauptet, er habe die unterschriebene Aufhebungsvereinbarung am 14.03.2000 an den Beklagten abgesandt. Zum Beweis seiner weiteren Behauptung, das Schreiben sei dem Beklagten am 15.03.2000 zugegangen, denn er sei bei dem Vertragsschluss am 15.03.2000 von einer wirksamen Aufhebung des Pachtvertrags mit dem Kläger ausgegangen, hat er sich auf Zeugenbeweis berufen. Diesem Antrag war nicht stattzugeben. Denn der Kläger gründet seine Behauptung lediglich auf den Umstand, dass der Beklagte unstreitig am 15.03.2002 nicht bereits die gesamte Referenzmenge von 121.410 kg sondern zunächst nur 81.345 kg an die GdbR T. verkauft hat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass dem Beklagten beim Kaufvertragsabschluss am Abend des 15.03.2000 die Annahmeerklärung des Klägers zur Vertragsaufhebung bereits vorlag, denn der Beklagte hat dazu unwiderlegt vorgetragen, er sei davon ausgegangen, dass die restlichen 33 % deshalb nicht direkt verkauft werden könnten, weil sie mangels vorzeitiger Aufhebung des Pachtverhältnisses mit dem Kläger in die Landesreserve eingezogen würden.

Auch der Umstand, dass sich der Beklagte später nach Erhalt der Einziehungsverfügung vom 05.05.2000 in seinem Widerspruchsschreiben auf die Aufhebungsvereinbarung mit dem Kläger berufen hat, steht seiner Einlassung nicht entgegen. Vielmehr hat der Beklagte damit den Versuch unternommen, sich die ihm zwischenzeitlich über das Landwirtschaftsamt bekannt gewordene Annahmeerklärung des Klägers zunutze zu machen, um die endgültige Einziehung von 33 % Referenzmenge in die Landesreserve zu verhindern.

Auch die Hilfsanträge sind nicht begründet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Übernahmerecht des Klägers bereits gemäß § 12 Abs. 4 S.1 Zusatzabgabenverordnung (ZAV) entfallen war, weil die Käufer T. die Anlieferungreferenzmenge unstreitig für die eigene Milcherzeugung "mit Wirkung vom 30.03.2000" erworben haben und damit noch kurz vor Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem Beklagten (Ablauf des 31.03.2000) als neue Verpächter in dieses Pachtverhältnis eingetreten sind.

Ein Anspruch des Klägers auf Übernahme der zurückzugewährenden Referenzmenge scheitert schon daran, dass der Kläger ein etwaiges Übernahmerecht aus § 12 Abs. 3 ZAV nicht wirksam ausgeübt hat.

Das Übernahmerecht konnte hier nur bis zum 30.04.2000 ausgeübt werden, zwar formlos, jedoch als Gestaltungsrecht nur gegenüber dem Verpächter. Darauf wird auch in den Erläuterungen zu den Regelungen des Übergangs von Milchreferenzmengen nach der ZAV (Anlageheft) hingewiesen; zugleich wird dort Schriftform und Versand per Einschreiben empfohlen.

Den Vortrag des Klägers zum Versand der Übernahmeerklärung mit Einschreiben vom 12.04.2000 hat das Landgericht zu Recht als verspätet zurückgewiesen. Im Übrigen schließt sich der Senat der Hilfserwägung des Landgerichts an, dass der Rückschein vom 12.04.2000 zum Beweis des Zugangs der Übernahmeerklärung aus den vom Landgericht aufgeführten Gründen ungeeignet ist.

Die Mitteilung des Klägers vom 12.04.2000 an das Landwirtschaftsamt, wonach er von seinem Vorkaufsrecht an der gesamten Referenzmenge Gebrauch mache, falls die vorliegenden Verträge nicht anerkannt würden, kann die fehlende Übernahmeerklärung gegenüber dem Beklagten nicht ersetzen. Die Sachbearbeiterin des Landwirtschaftsamts war weder Vertreterin noch Empfangsbotin des Beklagten. Die Berufung des Beklagten darauf, dass der Kläger ihm gegenüber eine Übernahmeerklärung innerhalb der gesetzlichen Frist weder mündlich noch schriftlich abgegeben habe, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben.

Danach ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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