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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 9 U 195/01
Rechtsgebiete: UmwG


Vorschriften:

UmwG § 1 Abs. 3 S. 1
UmwG § 207
Zur Frage der Wirksamkeit einer im Gesellschaftsvertrag einer KG enthaltenen Regelung, wonach Gesellschafter, die der Umwandlung der KG in eine AG nicht zustimmen, aus der Gesellschaft ausscheiden, wenn sie sich auf Aufforderung der Umwandlung nicht im nachhinein anschließen.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

9 U 195/01

Verkündet am: 26. September 2002

In Sachen

wegen Feststellung

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg -

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 29.10.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn der Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte noch Aktionär der Klägerin ist. Die Klägerin war früher eine Kommanditgesellschaft und ist mit Gesellschafterbeschluss vom 21.06.1997 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Der Beklagte hat als Kommanditist gegen die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft Widerspruch zur notariell beurkundeten Niederschrift erklärt (§§ 193 Abs. 3, 207 Abs. 1 UmwG). Zwischen den Parteien ist vor dem Landgericht F. ein Spruchverfahren über die Höhe der Abfindung gemäß §§ 207, 212, 305 f. UmwG anhängig. In diesem Spruchverfahren macht die Klägerin geltend, dem Beklagten stünde mangels Aktionärsstellung im Zeitpunkt der Umwandlung keine Barabfindung nach § 207 UmwG zu.

In dem zur Zeit der Umwandlung geltenden Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vom 23.06.1990 ist in § 14 Abs. 3 bestimmt:

"Die Gesellschafter können mit Dreiviertelmehrheit auf jedem dafür rechtlich zulässigen Wege die Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft beschließen.

Den Gesellschaftern, die der Umwandlung nicht zustimmen, ist Gelegenheit zu geben, sich der Umwandlung innerhalb einer Frist von mindestens zwei Monaten seit Absendung der Aufforderung anzuschließen. Soweit die Gesellschafter dieses Recht nicht fristgemäß ausüben, scheiden sie auf den Zeitpunkt der Umwandlung aus der Kommanditgesellschaft aus. § 10 Abs. 2 ist entsprechend anwendbar."

§ 10 Abs. 2 bestimmt als Preis für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen als Höchstwert den Betrag der Summe der Ausschüttungen, die auf den Kapitalanteil in den der Veräußerung vorausgehenden 12 Jahren entfallen, mindestens jedoch den Nennbetrag des Kapitalanteils.

Der Beklagte ist der Aufforderung der Kommanditgesellschaft vom 31.07.1992, sich binnen zwei Monaten seit Absendung dieses Schreibens zu entscheiden, ob er sich der Umwandlung anschließe, nicht nachgekommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht Aktionär der Klägerin, da er nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vor der Umwandlung in die Aktiengesellschaft aus der Klägerin ausgeschieden sei. Diese Regelung sei auch nach der Neufassung des UmwG vom 28.10.1994 weiter wirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte nicht Aktionär der Klägerin ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, da in den zwingenden Vorschriften des UmwG ein Zwangsausscheiden des dissentierenden Gesellschafters entgegen dem früheren Recht nicht mehr vorgesehen ist, sei diese Regelung im Gesellschaftsvertrag unwirksam und er nunmehr Aktionär der Klägerin.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung des Beklagten gefolgt, dass nach den zwingenden Vorschriften des UmwG ein Zwangsausscheiden des dissentierenden Minderheitsgesellschafters nicht mehr möglich ist. Das in § 14 Abs. 3 des KG-Vertrages vorgesehene Ausscheiden sei auch kein dem Umwandlungsvorgang vorgelagertes Ereignis. Eine so verstandene Regelung würde im übrigen die zwingenden gesetzlichen Vorschriften des Umwandlungsgesetzes unterlaufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt wird auf das Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Sie meint in der gesellschaftsvertraglichen Regelung sei eine zulässige Vereinbarung zu sehen, wonach ein Gesellschafter aufschiebend bedingt auf den Umwandlungszeitpunkt aus der Gesellschaft ausscheide. Zwingende Vorgaben des Umwandlungsgesetzes seien dadurch nicht berührt.

Die Klägerin beantragt,

auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts F. vom 29.10.2001 abzuändern und festzustellen, dass der Beklagte nicht Aktionär der Klägerin ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und nimmt auf das Urteil des Landgerichts Bezug, das er für richtig hält.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, auf die Bezug genommen wird. Das Vorbringen der Berufung und das Rechtsgutachten von Prof. Dr. M. vom 10.05.2002, auf das die Klägerin Bezug nimmt, rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, ob der Mitgliederbestand des bisherigen Rechtsträgers und des neuen Rechtsträgers nach der Umwandlung durch Verträge geändert werden kann. Ein solcher Vertrag liegt nicht vor. Auch der Schluss in dem Gutachten, § 14 Abs. 3 des KG-Vertrages sei dahin auszulegen, dass das Ausscheiden mit dem Ablauf der zweimonatigen Frist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Formwechsel hin erfolge, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Es kann keine Rede davon sein, dass § 14 Abs. 3 des KG-Vertrages ein Austrittsrecht und keinen Zwangsausschluss der überstimmten Minderheit, die sich der Umwandlung nicht anschließt, vorsieht.

Diese Regelung des Kommanditvertrages, ist , da sie im Jahre 1990 vor der Neufassung des UmwG in den Vertrag aufgenommen wurde, vor dem Hintergrund des damals geltenden Umwandlungsrechts zu sehen. Entsprechend dem damals geltenden Recht wurde mit dieser Klausel in damals zulässiger Weise bestimmt, dass ein Gesellschafter nach Aufforderung binnen einer bestimmten Frist entscheiden muss, ob er sich der Umwandlung anschließt und er, wenn er nicht fristgemäß die Anschließung erklärt, zu dem in § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages bestimmten Höchstwert ausscheidet. Auch die Klägerin hat diese Klausel zunächst in diesem Sinne verstanden und sie erst im Verlaufe dieses Rechtstreit anders interpretiert. Nachdem eine solche Regelung aufgrund des nunmehr geltenden UmwG nicht mehr wirksam ist, kann ihr nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, ersatzweise wegen des neuen Rechts einen vom ursprünglichen Vertragswillen der Gesellschafter abweichenden Inhalt als Bestimmung nur eines zusätzlichen Austrittrechts gegeben werden. Überdies würde auch dann vom Gesellschafter, wenn er nicht zwangsweise ausscheiden will, eine über den Widerspruch gegen den Umwandlungsbeschluss hinausgehende Erklärung abverlangt werden. Das widerspricht § 207 UmwG.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 UmwG kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nur abgewichen werden, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Hieraus folgt, dass die Regeln des Gesetzes nicht zur Disposition der Parteien stehen. Diese Regelung erlaubt keine Abstriche vom Gläubiger- und Minderheitenschutz und macht somit das Verfahren zwingend (Luther, UmwG, 2. Auflage, § 1 Rdnr. 25).

Nach der klaren gesetzlichen Regelung scheidet ein dissentierender Gesellschafter bei der Umwandlung nicht aus der Gesellschaft aus. Er wird nach der insoweit zwingenden Vorschrift des § 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG auch als dissentierender Gesellschafter in der Regel mit der Eintragung der neuen Rechtsform in das Register an dem neuen Rechtsträger nach den für die neue Rechtsform geltenden Vorschriften beteiligt. Dies ist nach dieser Vorschrift nur dann nicht der Fall, wenn seine Beteiligung nach anderen Vorschriften entfällt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Ein Anteilsinhaber, der wie der Beklagte gegen den Umwandlungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, bekommt sodann gemäß § 207 UmwG einen Anspruch auf das Angebot einer angemessenen Barabfindung gegen Übertragung seines Anteils. Ihm steht es frei, gemäß § 209 UmwG ein solches Angebot anzunehmen oder weiter Beteiligter der neuen Gesellschaft zu bleiben. Wenn ihm die angebotene Barabfindung zu gering erscheint, kann er gemäß § 212 UmwG den Antrag stellen, dass das Gericht die angemessene Barabfindung bestimmt. In dem gerichtlichen Spruchverfahren gemäß § 305 f. UmwG, wie es hier beim Landgericht anhängig ist, wird dann mit Rechtskraft und Wirkung für und gegen alle ( § 311 UmwG ) die angemessene Barabfindung festgesetzt. Die rechtskräftige Entscheidung ist gemäß §§ 310, 307 Abs. 3 Satz 1 UmwG im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Gemäß § 209 Satz 2 UmwG kann sodann von den dissentierenden Gesellschaftern dieses nunmehr maßgebende Angebot, die umgewandelten Anteile gegen diese gerichtlich festgesetzte Barabfindung anzunehmen, binnen zwei Monaten nach der Bekanntgabe im Bundesanzeiger angenommen werden. Da keine Verpflichtung zur Annahme besteht, hat somit der dissentierende Gesellschafter die Möglichkeit zu prüfen und frei zu entscheiden, ob er sich zu diesem gerichtlich festgestellten Wert von seiner Beteiligung trennen will oder aber, wenn er etwa auch diesen Wert für zu gering hält, seine Beteiligung an dem neuen Rechtsträger beibehält. Dieser Entscheidungsprozess ist nach dem Umwandlungsgesetz zum Schutz der dissentierenden Gesellschafter zwingend, da das Gesetz eine Ausnahme nicht ausdrücklich zulässt (§ 1 Abs. 3 Satz 1 UmwG).

Ergänzende Bestimmungen in Verträgen, Satzungen, Statuten oder Willenserklärungen sind nach dieser Bestimmung nur zulässig, wenn dieses Gesetz keine abschließende Regelung enthält. Die Regelung, dass der dissentierende Gesellschafter bis zur Entscheidung über die Annahme eines Angebots über die Aufgabe seiner Beteiligung an dem neuen Rechtsträger beteiligt bleibt, ist eine solche abschließende Regelung und deshalb zwingendes Recht, so dass keine ergänzende gesellschaftsvertragliche Regelung möglich ist. Deshalb verstößt § 14 Abs. 3 des KG-Vertrages, wonach der Gesellschafter, der sich nach Aufforderung der Umwandlung nicht anschließt, aus der Gesellschaft ausscheidet gegen zwingendes Recht mit der Folge, dass aus dieser Regelung keine Rechte hergeleitet werden können.

Es kann dahinstehen, mit welchem Inhalt im Zusammenhang mit dem Umwandlungsvorgang Individualverträge über das Ausscheiden und die Höhe der Abfindung zulässig sind. Anteilsrechte können sicher jederzeit durch Vertrag veräußert werden. Ein solcher Vertrag liegt hier aber nicht vor. Auch der Gesellschaftsvertrag wurde nicht im Einvernehmen mit dem Beklagten in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Umwandlungsvorgang geändert. Die Regelung des Gesellschaftsvertrages liegt vielmehr sieben Jahre zurück.

Da die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hat, hat sie gemäß § 97 Abs.1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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