Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 31.07.2003
Aktenzeichen: 9 U 200/02
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 34
Zu den Voraussetzungen des Ausschlusses eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund bei einer Doppelstellung als Gesellschafter und Geschäftsführer einer von ihm beherrschten anderen GmbH in demselben Geschäftsbereich ( Umzugsspedition) .
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

9 U 200/02

Verkündet am: 31.7.2003

In Sachen

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2003 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts F. vom 22.11.2002 abgeändert und festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 15.05.2001 gefasste Beschluss, die Geschäftsanteile des Klägers einzuziehen und die Geschäftsanteile des Gesellschafters W. entsprechend den eingezogenen Anteilen aufzustocken, das heißt den Nennbetrag seiner Geschäftsanteile von insgesamt 113.400,00 DM um 38.200,00 DM auf insgesamt 151.600,00 DM zu erhöhen, unwirksam ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 15.05.2001 durch den die Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers beschlossen wurde.

Der in Berlin lebende Kläger ist neben drei weiteren Gesellschaftern an der 1984 gegründeten Beklagten mit einem Geschäftsanteil in Höhe von 19,1 % des Stammkapitals beteiligt. Gesellschafterbeschlüsse werden nach dem Gesellschaftsvertrag mit einer Mehrheit von 82 % der Stimmen gefasst. Der Markentext " Z. Transporte" ist aufgrund einer Anmeldung des Klägers vom 26.02.1987 als Wort- und Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt in München eingetragen. Der Kläger ist Mitgeschäftsführer und Gesellschafter mit einer Beteiligung von 95 % der Z. Transporte GmbH in Berlin (künftig: Berliner GmbH), wie die Beklagte eine Umzugsspedition. Die Beklagte firmiert nunmehr, wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, unter Z. Umzüge GmbH ..... ( vorher: Z. Transporte GmbH .......).

Mit Schreiben vom 27.09.1999 kündigte die Berliner GmbH der Beklagten die "Namens- und Lizenzrechte für die geschützte Wortbildmarke "Z." zum 31.12.1999. Die Beklagte bestreitet die Existenz eines entsprechenden Vertrages, hat aber zuletzt 3.000,00 DM netto jährlich an die Berliner GmbH gezahlt. Die Beklagte verwendete die auf ein Umzugsunternehmen speziell zugeschnittene Software "W.", deren Rechte der Berliner GmbH zustanden. Die bisherigen Nutzungsrechte der Beklagten für diese Software waren gleichfalls gekündigt worden.

Im Juni 2000 erhielt die Beklagte von der Berliner GmbH den Entwurf eines Franchisevertrages, den die Beklagte nicht akzeptierte. Auf der Gesellschafterversammlung vom 30.10.2000 stimmte der Vertreter des Klägers gegen die Beschlüsse bezüglich der Jahresabschlüsse 1998 und 1999 und der Entlastung des Geschäftsführers. Über den Antrag auf Abschluss eines Franchisevertrages der Gesellschaft mit dem Lizenzgeber "Z.-Umzüge" wurde beraten. Die Beratung erstreckte sich "insbesondere auf die wirtschaftlichen Aspekte, auf den operativen Bereich ("Herr im Hause") sowie auf den Aspekt der Namensrechte. Gegen die Stimme des Bevollmächtigten des Klägers wurde mit den Stimmen der übrigen Gesellschafter der Antrag abgelehnt. Über die Tagesordnungspunkte, Angebot des Geschäftsführers der Beklagten, aus der Gesellschaft auszuscheiden, und Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft wurden ohne Beschlussfassung beraten. Unter dem Tagesordnungspunkt Sonstiges wies der Vertreter des Klägers darauf hin, dass die Berliner Gesellschaft die Lizenzen für das Softwarepaket W. habe und bei Nichtzustandekommen des Franchisevertrages bezüglich des Softwarevertrages entweder nach zu verhandeln oder auf ein anderes Softwareprodukt umzustellen sei. In der Gesellschafterversammlung vom 15.02.2001 wurden einstimmig die Beschlüsse zu den Jahresabschlüssen 1998 und 1999 gefasst, jedoch mangels Zustimmung des Bevollmächtigten des Klägers dem Geschäftsführer der Beklagten für diese Jahre erneut keine Entlastung erteilt. Der Antrag, dem Geschäftsführer der Beklagten ein von 7.500,00 DM auf 9.000,00 DM brutto erhöhtes Gehalt zu bewilligen, wurde mangels Zustimmung des Vertreters des Klägers abgelehnt. Über eine Entschädigung für die Nutzung des Namens im Jahre 2000 wurde diskutiert, jedoch keine Einigung erzielt. Mit Schreiben vom 05.03.2001 bat der Bevollmächtigte des Klägers um weitere Informationen wegen des vorgesehenen Erwerbs einer Umzugssoftware. In der Gesellschafterversammlung vom 15.05.2001, zu der der Kläger geladen, aber nicht erschienen war, wurde beschlossen, die Geschäftsanteile des Klägers gemäß § 6 Abs. 1, 2 d, Abs. 3 der Satzung der Beklagten einzuziehen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner Klage, mit der er geltend macht, von einer Pflichtverletzung insbesondere einer Blockadehaltung seinerseits könne keine Rede sein.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger nutze pflichtwidrig seine Stellung bei der Berliner Gesellschaft dazu, seine und deren Interessen gegenüber der Beklagten durchzusetzen und habe aus sachwidrigen Gründen gegen die Erhöhung des Geschäftsführergehalts des Mitgesellschafters gestimmt, eine vorgesehene Bewerberin für die Stelle einer Personalmanagerin abgelehnt und gegen die Beschlüsse zu den Jahresabschlüssen gestimmt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dahin gestellt sein lassen, ob der Kläger und die Berliner Gesellschaft jeweils rechtmäßig gehandelt haben. In einer Gesamtbewertung der Umstände hat es unabhängig von einem Verschulden des Klägers den Schluss gezogen, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Einziehung seiner Geschäftsanteile für die Beklagte als einer mehr personalistisch ausgestatteten GmbH untragbar gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zum Sachverhalt, wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Unter Wiederholung des erstinstanzlichen Antrags ergänzt und vertieft er sein Vorbringen erster Instanz.

Die Beklagte tritt der Berufung des Klägers entgegen. Auch sie ergänzt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Da die Beklagte durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15.05.2001 zu Unrecht die Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers beschlossen hat, ist festzustellen, dass dieser Beschluss unwirksam ist.

Zwar sieht die Satzung der Beklagten in einer gem. § 34 GmbHG auch inhaltlich zulässigen Bestimmung eine Einziehung von Gesellschafteranteilen vor, die danach erforderlichen Voraussetzungen für eine Einziehung der Gesellschaftsanteile des Klägers lagen aber nicht vor. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Einziehung von Geschäftsanteilen zulässig, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund gegeben ist, der seine Ausschließung aus der Gesellschaft rechtfertigt. Ein wichtiger Grund zum Ausschluss aus der Gesellschaft liegt danach dann vor, wenn ein Verbleiben des Gesellschafter in der Gesellschaft für diese untragbar ist. Dies ist, so die Regelung des Vertrages, insbesondere dann der Fall, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.

Diese vertragliche Klausel steht im Einklang mit § 34 GmbHG und ermöglicht somit bei Vorliegen der Voraussetzungen die Einziehung von Geschäftsanteilen. Die Voraussetzungen dieser Klausel liegen jedoch nicht vor. Dem Kläger ist weder eine Verletzung wesentlicher Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern vorzuwerfen noch ist sein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft für diese untragbar. Es müssten nachhaltige grobe Pflichtverletzungen vorliegen, die so schwer wiegen, dass nach umfassender Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine andere Lösung den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar ist (Baumbach/Hueck GmbHG, 17. Aufl., § 34 Rdnr. 8 m.w.N.). Es sind bereits keine groben Pflichtverletzungen des Klägers festzustellen.

Soweit er den Jahresabschlüssen zunächst seine Zustimmung verweigert und bisher keine Entlastung erteilt hat, hat er in zulässiger Weise von seinen Gesellschafterrechten Gebrauch gemacht. Wesentliche Nachteile der Gesellschaft sind nicht ersichtlich. Auch sein übriges Abstimmungsverhalten insbesondere in Bezug auf das Geschäftsführergehalt ist nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist hingegen, dass sich der Mitgesellschafter und Geschäftsführer trotz des ablehnenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung ein höheres Gehalt hat auszahlen lassen. Es ist auch nicht vorwerfbar, wenn der Kläger, auch zur Wahrung eigener Interessen, lieber wie früher einen weiteren Geschäftsführer bestellen wollte.

Ein wichtiger Grund ergibt sich auch nicht aus der Doppelstellung des Klägers als Gesellschafter einerseits und als Vertreter eigener und der Interessen der Berliner GmbH, an der er zu 95 % beteiligt ist, andererseits. Derartige Konflikte waren der Gründung der Beklagten als Z.- Transporte GmbH mit Belegschaftsbeteiligung wegen der Vereinbarung einer Sperrminorität für den Kläger, der sich damit offenbar einen beherrschenden Einfluss für die Berliner GmbH sichern wollte, immanent. Wie sich nicht nur aus ihrem Namen sondern auch aus dem von ihr verwendeten Briefkopf ergibt, wurde die Beklagte unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung im einzelnen, als Glied von Beteiligungen des Klägers gegründet. Deshalb wurde auch die Software der Berliner Gesellschaft verwendet und unabhängig von Einzelheiten einer vertraglichen Gestaltung an diese dafür zuletzt jährlich 3.000,00 DM netto abgeführt. Bei dieser Konstruktion hatte der Kläger als Mitgesellschafter keinesfalls die Verpflichtung, nur die Interessen der Beklagten zu wahren. Er durfte eigene und die Interessen der Berliner GmbH gegenüber der Beklagten wahrzunehmen mit der Folge, dass ihm die Kündigung bestehender oder vermeidlicher Verträge mit der Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Berliner GmbH nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Im übrigen ist nicht ersichtlich, dass der von der Berliner GmbH erstrebte Abschluss eines Franchisevertrages mit der in die Z.-firmen eingebundenen Beklagten unter Berücksichtigung der bisherigen Verhältnisse unangemessen und nachteilig war.

Die der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion zugrunde liegenden Machtverhältnisse allein rechtfertigen auch nicht den Schluss, den übrigen Gesellschaftern sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr möglich. Da der Kläger in Berlin lebt und von dort aus seinen Einfluss bei der Beklagten offenbar weitgehend über Dritte ausübt, ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Kläger ohnehin nicht erforderlich.

Die Beklagte erstrebt über den Ausschluss des Klägers die Lösung der Verbindung zur Berliner GmbH und damit ihre Selbständigkeit unter Verwendung des Namens Zapf zu erreichen. Darauf hat sie nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages aber keinen Anspruch. Eine Übervorteilung der Beklagten durch den Kläger und die Berliner GmbH ist nicht dargetan.

Da der Kläger mit seinem Rechtsmittel Erfolg hat, hat die Beklagte gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück