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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 9 U 46/07
Rechtsgebiete: CISG


Vorschriften:

CISG Art. 63 Abs. 1
CISG Art. 64 Abs. 1 lit. b)
CISG Art. 82 Abs. 1
CISG Art. 82 Abs. 2 lit. c)
CISG Art. 84 Abs. 2 lit. b)
1. Art. 82 Abs.1 und Abs.2 lit. c) CISG sind nicht in der Weise analog anzuwenden, dass der Verkäufer das Recht, die Vertragsaufhebung gemäß Art. 64 Abs.1 CISG zu erklären, deshalb verliert, weil der Käufer die Ware vor Vertragswidrigkeit (hier: Zahlungsverzug) weiterveräußert hat.

2. Wenn der Verkäufer dem Käufer eine zu kurze Frist zur Zahlung setzt, beginnt damit eine angemessene Nachfrist gemäß Art: 63 Abs. 1 CISG zu laufen.

3. Erklärt der Verkäufer die Vertragsaufhebung gemäß Art. 64 Abs.1 CISG, so kann er vom Käufer im Rahmen der Rückabwicklung der Leistungen den Nettovorteil aus der Weiterveräußerung der Ware in entsprechender Anwendung von Art. 84 Abs.2 lit. b) CISG beanspruchen.


Geschäftsnummer: 9 U 46/07

Verkündet am 14. Februar 2008

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 24.1.2007 - 5 O 229/06 M - abgeändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 26.500 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2006 zu zahlen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 32 % und die Beklagte 68 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der seinen Oldtimer-Rennwagen der Marke Jaguar C-Type, Baujahr 1953, für 170.000 € an die Beklagte, die mit derartigen Fahrzeugen handelt, verkauft hat, verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich abgewiesenen Zahlungsantrag weiter. Er begehrt von der Beklagten gemäß Art 84 Abs. 2 lit. b) CISG analog, alternativ aus Art. 76 Abs.1 CISG die Zahlung weiterer 28.500 €.

Die Beklagte hat das Fahrzeug mit Vertrag vom 14.02.2006 zu einem Gesamtpreis von 198.500,00 € weiterverkauft. Nachdem die Beklagte zunächst insgesamt 70.000,00 € an den Kläger gezahlt hatte, teilte sie ihm am 28.03.2006 mit, sie werde derzeit die Restzahlung von 100.000,00 € nicht leisten. Daraufhin forderte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.04.2006 auf, den Restkaufpreis spätestens bis zum 20.04.2006 zu bezahlen. Mit weiterem Schreiben vom 02.05.2006 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.000 € verurteilt, den darüber hinausgehenden Betrag aber abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne keine Vertragsaufhebung nach Art. 81 CISG verlangen. Das ergebe sich aus einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Nach Art. § 82 Abs. 1 CISG verliere der Käufer bei Unmöglichkeit der Rückgabe der Kaufsache grundsätzlich das Recht zur Vertragsaufhebung. Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG formuliere hierzu eine Gegenausnahme dann, wenn der Käufer die Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit weiterverkauft hat und ihm die Rückgabe deshalb unmöglich ist. In diesem Fall werde der Käufer privilegiert. Der hier vorliegende Fall der durch den Verkäufer erklärten Vertragsaufhebung wegen einer vom Käufer verursachten Vertragswidrigkeit werde im CISG nicht ausdrücklich geregelt. Damit stelle sich die Frage einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Wegen der vergleichbaren Interessenlage und der im CISG zum Ausdruck kommenden Privilegierung des gutgläubigen Weiterverkäufers, sei diese geboten. Demnach werde ein Aufhebungsrecht des Verkäufers nicht dadurch berührt, dass dem Käufer die Rückgabe der Ware in unversehrtem Zustand unmöglich geworden ist, es sei denn, der Käufer könne sich nach Art. 82 Abs. 2 CISG entlasten. Die Gefahrverteilung des Art. 82 Abs. 2 CISG passe jedenfalls in den Fällen, in denen der Weiterverkauf der Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit erfolgte, da sich der Käufer zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Vertragsbruch befunden habe. Wegen der Nichtzahlung des Kaufpreises durch die Beklagte trotz der Nachfristsetzung nach Art. 63 CISG könne der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen. Dieser Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung belaufe sich ausgehend von der ursprünglichen Vertragssumme von 170.000,00 € auf 100.000,00 €. Hierdurch werde der Kläger so gestellt, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte. Fiktiven weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 28.500,00 € könne der Kläger aber nicht verlangen. Ein solcher Anspruch könne lediglich unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 CISG zugesprochen werden. Die Vorschrift setze aber eine Vertragsaufhebung voraus, die vorliegend, wie dargelegt, nicht habe erfolgen können.

Die Berufung rügt, das Landgericht habe fehlerhaft den Anspruch des Klägers aus Art. 64 Abs.1 CISG gemäß § 82 Abs.2 lit. c) CISG für ausgeschlossen gehalten. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im übrigen sei die Beklagte entgegen der Annahme des Landgerichts beim Weiterverkauf des Oldtimer-Rennwagens nicht gutgläubig gewesen. Die Beklagte habe dem Kläger den vom Käufer erzielten Kaufpreis als Surrogat an Stelle der Kaufsache herauszugeben.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Substantiierten Vortrag zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf hat sie nicht erbracht.

Gründe:

I.

Der Kläger, der seinen Oldtimer-Rennwagen der Marke Jaguar C-Type, Baujahr 1953, für 170.000 € an die Beklagte, die mit derartigen Fahrzeugen handelt, verkauft hat, verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich abgewiesenen Zahlungsantrag weiter. Er begehrt von der Beklagten gemäß Art 84 Abs. 2 lit. b) CISG analog, alternativ aus Art. 76 Abs.1 CISG die Zahlung weiterer 28.500 €.

Die Beklagte hat das Fahrzeug mit Vertrag vom 14.02.2006 zu einem Gesamtpreis von 198.500,00 € weiterverkauft. Nachdem die Beklagte zunächst insgesamt 70.000,00 € an den Kläger gezahlt hatte, teilte sie ihm am 28.03.2006 mit, sie werde derzeit die Restzahlung von 100.000,00 € nicht leisten. Daraufhin forderte der Kläger die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 13.04.2006 auf, den Restkaufpreis spätestens bis zum 20.04.2006 zu bezahlen. Mit weiterem Schreiben vom 02.05.2006 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.000 € verurteilt, den darüber hinausgehenden Betrag aber abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger könne keine Vertragsaufhebung nach Art. 81 CISG verlangen. Das ergebe sich aus einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Nach Art. § 82 Abs. 1 CISG verliere der Käufer bei Unmöglichkeit der Rückgabe der Kaufsache grundsätzlich das Recht zur Vertragsaufhebung. Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG formuliere hierzu eine Gegenausnahme dann, wenn der Käufer die Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit weiterverkauft hat und ihm die Rückgabe deshalb unmöglich ist. In diesem Fall werde der Käufer privilegiert. Der hier vorliegende Fall der durch den Verkäufer erklärten Vertragsaufhebung wegen einer vom Käufer verursachten Vertragswidrigkeit werde im CISG nicht ausdrücklich geregelt. Damit stelle sich die Frage einer analogen Anwendung des Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG. Wegen der vergleichbaren Interessenlage und der im CISG zum Ausdruck kommenden Privilegierung des gutgläubigen Weiterverkäufers, sei diese geboten. Demnach werde ein Aufhebungsrecht des Verkäufers nicht dadurch berührt, dass dem Käufer die Rückgabe der Ware in unversehrtem Zustand unmöglich geworden ist, es sei denn, der Käufer könne sich nach Art. 82 Abs. 2 CISG entlasten. Die Gefahrverteilung des Art. 82 Abs. 2 CISG passe jedenfalls in den Fällen, in denen der Weiterverkauf der Ware gutgläubig vor Kenntnis der Vertragswidrigkeit erfolgte, da sich der Käufer zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Vertragsbruch befunden habe. Wegen der Nichtzahlung des Kaufpreises durch die Beklagte trotz der Nachfristsetzung nach Art. 63 CISG könne der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen. Dieser Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung belaufe sich ausgehend von der ursprünglichen Vertragssumme von 170.000,00 € auf 100.000,00 €. Hierdurch werde der Kläger so gestellt, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte. Fiktiven weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 28.500,00 € könne der Kläger aber nicht verlangen. Ein solcher Anspruch könne lediglich unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 CISG zugesprochen werden. Die Vorschrift setze aber eine Vertragsaufhebung voraus, die vorliegend, wie dargelegt, nicht habe erfolgen können.

Die Berufung rügt, das Landgericht habe fehlerhaft den Anspruch des Klägers aus Art. 64 Abs.1 CISG gemäß § 82 Abs.2 lit. c) CISG für ausgeschlossen gehalten. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im übrigen sei die Beklagte entgegen der Annahme des Landgerichts beim Weiterverkauf des Oldtimer-Rennwagens nicht gutgläubig gewesen. Die Beklagte habe dem Kläger den vom Käufer erzielten Kaufpreis als Surrogat an Stelle der Kaufsache herauszugeben.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 24.1.2007 - 5 O 229/06 M über den ausgeurteilten Betrag von 100.000 € nebst Zinsen an den Kläger weitere 28.500 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.5.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 24.1.2007 - 5 O 229/06 M - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie hält die Zulassung der Revision für angezeigt. Substantiierten Vortrag zu den Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf hat sie nicht erbracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 26.500 € aus Art 84 Abs. 2 lit. b) CISG analog zu. In Höhe von 2.000 € ist die Berufung dagegen unbegründet.

1. Der Senat folgt der landgerichtlichen Entscheidung darin, dass das Schuldverhältnis der Parteien nach dem CISG zu beurteilen ist. Die Berufung rügt aber zu Recht, dass Art. 82 Abs.2 lit. c) CISG vorliegend nicht analog angewendet werden kann und deshalb einer vom Kläger erklärten Vertragsaufhebung gemäß Art. 64 Abs.1 CISG nicht entgegensteht. Über eine analoge Anwendung des Art. 82 Abs.2 lit. c) CISG ist, soweit ersichtlich, bislang obergerichtlich nicht entschieden worden. Die Rechtsauffassung des Landgerichts widerspricht der einhelligen Rechtsauffassung in der Kommentarliteratur (vgl. Staudinger-Magnus, CISG (2005), Art. 82 Rdn. 29; Honsell-Weber, Kommentar zum UN-Kaufrecht, Art. 82 Rdn. 4; MünchKomm-Huber, BGB, 5.A. (2008), Art. 82 Rdn. 2, MünchKomm-Benicke, HGB, 2.A. (2007), Art. 82 Rdn. 21; Schlechtriem/Schwenzer-Hornung, Kommentar zum UN-Kaufrecht, 4.A., Art. 82 Rdn. 8). Der Senat stimmt der Literaturmeinung zu.

Für eine analoge Anwendung fehlt es hier an einer vergleichbaren Interessenlage. Nach Art. 81 Abs.2 S.1 CISG besteht im Falle der Aufhebung des Vertrages auf Verlangen die Pflicht der Parteien, das Empfangene an den Vertragspartner zurückzugewähren. Art. § 82 Abs. 1 CISG enthält die Pflicht des Käufers zur unversehrten Rückgabe der empfangenen Ware. Dieser verliert sein Recht auf Vertragsaufhebung oder Ersatzlieferung, wenn er die Ware nicht mehr - im wesentlichen unverändert - zurückgeben kann. Art. 82 Abs.2 CISG bestimmt wiederum Ausnahmen von diesem Grundsatz. Diese betreffen ausschließlich Konstellationen, unter denen die Rückgabe der Ware unmöglich geworden ist. Die in Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG enthaltene (Ausnahme)-Regel besagt, dass die Vertragsaufhebung durch den Käufer nicht ausgeschlossen ist, wenn er die Ware ganz oder teilweise im normalen Geschäftsverkehr weiterverkauft hat, bevor er die Vertragswidrigkeit entdeckt hat oder hätte entdecken können. Das CISG sieht dagegen auf Seiten des Verkäufers keine vergleichbare Situation (vgl. Art. 84 Abs.1 CISG, der sich nur mit der Verzinsung der Kaufpreisrückforderung befasst). Für die Rückgewähr des Kaufpreises bedarf es nicht der analogen Anwendung von Art 82 CISG. Die Rückzahlung des Kaufpreises ist immer als möglich anzusehen (vgl. Staudinger/Magnus, aaO. Art. 82 Rdn. 29; Schlechtriem/Schwenzer-Hornung, aaO., Rdn. 8; MünchKommHGB-Benicke, aaO., Art. 82 Rdn. 21; Soergel/Lüderitz/Dettmeier, CISG (2000), Art. 82 Rdn.2). Folglich wird in der Kommentarliteratur eine analoge Anwendung auch nur in dem Fall angenommen, dass der Verkäufer dem Käufer von diesem beigestellte Stoffe zurückzugeben hat und ihm dies unmöglich geworden ist (Staudinger/Magnus, aaO., Art. 82 Rz.29; MünchKomm-Huber, aaO., Art. 82 Rdn. 2). So liegen die Dinge hier aber nicht.

Das Landgericht geht über den Anwendungsbereich einer Analogie hinaus, indem es Art. 82 Abs. 2 lit. c) CISG eine im CISG zum Ausdruck kommende "Privilegierung des gutgläubigen Weiterverkäufers" entnimmt, die nicht nur das Aufhebungsrecht des Käufers bestehen, sondern darüber hinaus das Recht des Verkäufers zur Vertragsaufhebung entfallen lässt. Die darin liegende Rechtsfortbildung würde eine planwidrige Lücke im CISG voraussetzen. Eine solche Lücke ist nicht ersichtlich. Der Normzweck des Art 82 CISG gebietet nicht, das Recht des Verkäufers zur Vertragsaufhebung an die "Gutgläubigkeit" des zur unversehrten Rückgabe der Ware nicht fähigen Käufers zu binden. Dies gilt insbesondere für den sich vertragsgemäß verhaltenden Verkäufer, der seinerseits, wie hier, keinen Grund zur Vertragsaufhebung gegeben hat. Inhalt und Systematik der Art. 82 bis 84 CISG lassen ebenfalls entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Anhaltspunkte für ein "übergreifendes" Prinzip erkennen, das aus Gründen gerechter Gefahrverteilung einen Ausschluss der Vertragsaufhebung durch den Verkäufer notwendig machen könnte. Der zur Begründung der gegenteiligen Ansicht erfolgte landgerichtliche Hinweis auf die Kommentierung in Staudinger (aaO., § 82 Rdn. 30) geht fehl. Die zugegebenermaßen missverständlich formulierte Textstelle ist für den Senat nicht im Sinne einer Bejahung durch doppelte Verneinung dahin gehend aufzufassen, dass das Aufhebungsrecht des Verkäufers von Art. 82 Abs 2 berührt wird (vgl. i.Ü. die eindeutigen Textstellen bei: Schlechtriem/Schwenzer-Hornung, aaO., Rdn. 15; Soergel/Lüderitz/Dettmeier, aaO., Art. 82 Rdn.2).

2. Die Voraussetzungen des Art. 64 Abs.1 lit. b) CISG sind gegeben. Die Beklagte hat ihre Vertragspflicht aus Art. 62 CISG, den Kaufpreis zu zahlen, verletzt. Die Beklagte hat die restliche Kaufpreisforderung auch nicht innerhalb der von der Klägerin durch Anwaltsschreiben vom 13.4.2006 (K 10) gesetzten Nachfrist erfüllt (Art. 64 Abs.1 lit. b) CISG). Die bis 20.4.2006 bestimmte Nachfrist war zu kurz, setzte hier aber eine den konkreten Umständen entsprechend angemessene Frist von 2 Wochen in Gang (vgl. Staudinger/Magnus, aaO. Art. 63 Rdn. 16, Schlechtriem/Schwenzer-Hager, aaO. Art. 63 Rdn. 3; Bamberger/Roth/Saenger, BGB, 2.A., Art. 63 CISG, Rdn. 4; Soergel/Lüderitz/Budzikiewicz, aaO., Art. 63 Rdn.4; a.A. Honsell/Schnyder/Straub, aaO. Art. 63 Rdn. 20; differenzierend: MünchKomm-Huber, aaO., Art. 63 Rdn. 10). Der fruchtlose Ablauf dieser Frist berechtigte den Kläger, die Aufhebung des Vertrages zu erklären. Der Kläger hat die Erklärung auch innerhalb der Frist des Art. 64 Abs.2 lit. b) ii) CISG abgegeben. Die Zeitablauf von rd. 1 Woche nach Ablaufen der Nachfrist bis zu der als Aufhebung auszulegenden Rücktrittserklärung vom 2.5.2006 ist nicht zu beanstanden (vgl. Staudinger-Magnus, aaO., Art. 64 Rdn. 47, Art. 49 Rdn. 38, jeweils m.w.N.).

3. Die Vertragsaufhebung gemäß Art. 64 Abs.1 lit. b) CISG bewirkt die Rückabwicklung der Leistungen (Art. 81 ff. CISG). Der zugesprochene Anspruch leitet sich aus der analogen Anwendung von Art. 84 Abs.2 lit. b) CISG her. Eine direkte Anwendung kommt in diesem Fall nicht in Betracht, da die Vorschrift voraussetzt, dass der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklärt oder eine Ersatzlieferung vom Verkäufer verlangt hat. Eine analoge Anwendung wird aber von der Mehrheit der Literaturmeinungen befürwortet (vgl. Staudinger-Magnus, aaO., Art. 84 Rdn. 25; Honsell-Weber, aaO., Art. 84 Rdn. 6; Brunner, UN-Kaufrecht-CISG, (2004), Art 84 Rdn. 10; Karollus, UN-Kaufrecht (1991), S.154; MünchKomm-BGB/Huber, aaO. Art. 84 Rdn. 20, MünchKomm-HGB/Benicke, aaO. Art. 82 Rdn. 21). Es besteht insoweit Einigkeit darüber, dass jede Partei vom Grundsatz her die ihr aufgrund der erhaltenen Leistung zugeflossenen Vorteile auszugleichen hat. Der Verkäufer würde aber unangemessen benachteiligt, wenn er im Falle einer eigenen Vertragsaufhebung auf einen Schadensersatzanspruch aus Art. 86 CISG beschränkt würde, was Folge der Ablehnung einer analogen Anwendung des Art. 84 Abs.2 lit. b) CISG wäre. Denn er könnte beispielsweise dann nicht die Herausgabe der Versicherungsleistung für die zufällig untergegangene Ware verlangen. Der Senat schließt sich deshalb den überzeugenden Gründen für eine analoge Anwendung an.

4. Der Verkaufserlös der Ware stellt im Falle der Weiterveräußerung einen Vorteil i.S. von Art. 84 Abs.2 lit. b) CISG dar, den der Käufer dem Verkäufer schuldet. Dabei kommt es auf den Nettovorteil an (vgl. Staudinger-Magnus, aaO., Art. 84 Rdn. 24; Honsell-Weber, aaO., Art. 84 Rdn. 22; MünchKomm-BGB/Huber, aaO., Art. 84 Rdn. 16, 18). Das verkennt die Beklagte nicht. Sie hat aber gleichwohl keine konkreten Angaben zu den mit der Weiterveräußerung in Zusammenhang stehenden Kosten und Aufwendungen gemacht. Die Erfolgsprovision für den weiterverkaufenden Mitarbeiter hat sie zwar mit 5 % des Gewinnaufschlages angegeben, aber nur vorbehaltlich einer noch anzustellenden Überprüfung. Das Ergebnis der Überprüfung hat sie in der Folge nicht mehr mitgeteilt, Beweis hat sie ebenfalls nicht angetreten. Es ist allerdings bei der Art des Geschäftes offensichtlich, und wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Kläger auch nicht angezweifelt, dass beim Weiterverkauf Kosten angefallen sind. Der Senat schätzt nach dem Ergebnis dieser Erörterungen den Mindestaufwand in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO auf 2.000 €.

5. Der ab dem 02.05.2006 zuzusprechende Zinsanspruch ergibt sich aus Art. 78 CISG, der Höhe nach i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB (vgl. Staudinger-Magnus, aaO., Art. 78 Rn. 12 m.w.N.).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.1, 2, 97; 708 Nr.10, 711 ZPO. Das Unterliegen des Klägers im Berufungsverfahren ist geringfügig und seine Zuvielforderung hat keine höheren Kosten verursacht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Weder besitzt die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung weicht weder von einer gegenteiligen Auffassung in der Rechtsprechung noch der herrschenden Meinung in der Literatur ab.

Ende der Entscheidung

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