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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 09.08.2001
Aktenzeichen: 9 U 5/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 765
BGB § 777
BGB § 276
BGB § 638
1. Zur Frage der Berufung des Bürgen auf die Verjährung der Hauptforderung, wenn die Bürgschaft entsprechend einer Vereinbarung der Parteien des Werkvertrages in Abweichung von § 777 BGB erlöschen sollte, sofern der Bürge nicht bis zu einen bestimmten Zeitpunkt in Anspruch genommen worden ist.

2. Zur Frage der Anforderungen an die Mängelbeschreibung bei der Inanspruchnahme des Bürgen oder des Werkunternehmers innerhalb der vereinbarten Frist.

3. Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre wegen Verschuldens des Unternehmers bei arbeitsteiliger Organisation der Montage.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

9 U 5/01 6 O 138/00

Verkündet am: 09. August 2001

In Sachen

Zum Sachverhalt:

Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus einer Mängelgewährleistungsbürgschaft vom 09.12.1996 in Anspruch, welche diese für die fristgerechte Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen übernommen hatte, welche der Klägerin aus einem Turbinenlieferungsvertrag gegenüber der W. zustehen.

Nr. 5 der Bürgschaftsurkunde lautet: "Die Verpflichtungen der Bank aus dieser Bürgschaft erlöschen, sobald die Bürgschaftsurkunde zurückgegeben wird, spätestens jedoch - insoweit abweichend von § 777 BGB -, wenn die Bank nicht bis zum 31.12.1999 aus dieser Bürgschaft in Anspruch genommen worden ist."

Die Beklagte hat sich auf die Verjährung der Hauptforderung berufen. Eine rechtzeitige Mängelrüge sei nicht erfolgt, da sie bis zum 31.12.1999 keine substantiierte Mängelrüge erhalten habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die verbürgte Forderung des Klägers gegenüber der W ist verjährt. Entsprechend der im Berufungsverfahren nicht angegriffenen zutreffenden Ansicht des Landgerichts ist zwischen den Parteien des Turbinenlieferungsvertrages durch die Befristung der von der Klägerin zu erbringenden Bürgschaft auf den 31.12.1999 auch das Ende der Gewährleistungsfrist auf diesen Tag festgesetzt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger den Ablauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt oder unterbrochen. Er hat dies gegenüber der W auch in der Folgezeit nicht getan. Die Beklagte ist daher nach Erhebung dieser Einrede aus der Bürgschaft nicht mehr zur Zahlung verpflichtet (§ 768 BGB, vgl. BGH NJW 1999, 278, f.).

Die Garantiefrist ist auch nicht durch ein Organisationsverschulden entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1992, 1754, f.) wie bei arglistigem Verschweigen eines Mangels auf 30 Jahre verlängert worden. Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch auf solche Gewährleistungsfristen angewendet werden können, die in einem Vergleich über anderweitige Mängel festgelegt werden. Letztlich kommt es darauf aber nicht an, weil der Kläger für ein Organisationsverschulden der W nicht genügend vorgetragen hat.

Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, inwiefern den Geschäftsführern der W aufgrund mangelhafter Organisation der arbeitsteiligen Durchführung des Auftrags der Mangel des zu kurzen Saugrohrs an der kleineren Turbine nicht bekannt geworden sei. Er ist nur der Ansicht, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Tatsache, dass das Saugrohr nicht genügend in die Wasseroberfläche hineinragte, ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sei, dass es weiteren Vortrags hierzu nicht bedürfe.

Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Zum einen ist die Verursachung der Kavitationsschäden durch das zu kurze Saugrohr ebenso streitig wie die zu geringe Länge des Saugrohrs an sich. Zum anderen ist nicht davon auszugehen, dass eine nicht ausreichende Länge des Saugrohrs ohne weiteres erkennbar gewesen ist. Dies hängt von dem Wasserstand zum Zeitpunkt der Bauarbeiten bzw. der Abnahme ab, der nach dem Vortrag der Beklagten bei der G sowohl zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlage als auch bei deren Abnahme so hoch war, dass dies nicht erkannt werden konnte. Weitere Anhaltspunkte für ein Vorliegen einer mangelhaften Organisation der Arbeitsteilung bei der W sind von der Beklagten nicht behauptet worden. Daher verbleibt es bei dem vereinbarten Ende der Gewährleistung am 31.12.1999. Da der Kläger seine Gewährleistungsansprüche bis heute nicht gegenüber der W gerichtlich geltend gemacht hat, sind diese verjährt.

Die Beklagte ist auch nicht gehindert, sich nach § 768 BGB auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Für die Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den beiden Urteilen vom 21.01.1993 (NJW 1993, 1131 f. und NJW 1993, 1132 f.) fehlt es schon an der Vereinbarung, dass die Bürgschaft auch für verjährte Forderungen gelten solle. Im Gegenteil haben die Parteien des Werkvertrages in dem Vergleich vor dem Landgericht Deggendorf gerade die Dauer der Bürgschaft mit der Dauer der Gewährleistungsfrist gleichgesetzt. Die Anwendung des § 777 BGB ist in der Bürgschaftsurkunde insoweit ausgeschlossen worden.

Selbst wenn jedoch eine Verbürgung auch für verjährte Ansprüche angenommen werden könnte, fehlte es hier an der weiteren Voraussetzung, dass der Kläger die Mängelrüge rechtzeitig vor Beendigung der Verjährung erhoben haben muss, um die Rechte aus der Bürgschaft zu behalten. Nachdem in der Berufungsinstanz nicht mehr angezweifelten Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist weder der W noch der Beklagten eine Mängelrüge vor Ablauf des 31.12.1999 zugegangen, in der entweder der Mangel genau beschrieben worden wäre oder aber die äußere Erscheinung eines Fehlers geschildert worden wäre. In beiden zugegangenen Schreiben an die W bzw. die Beklagte ist nur von Mängeln ohne nähere Beschreibung die Rede, was auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Erhaltung der Rechte aus der Bürgschaft nicht ausreicht (BGH NJW 1993, 1132 unter II, 1).



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