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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 06.11.2003
Aktenzeichen: 9 W 88/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 321 a | |
ZPO § 543 | |
ZPO § 567 Abs. 1 |
Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg -
Geschäftsnummer 9 W 88/03
Beschluss vom 6. November 2003
wegen Forderung
hier: sofortige Beschwerde
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 18.07.2003 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 994,00 festgesetzt.
I.
Der Beklagte wendet sich mit seinem als "sofortige außerordentliche Beschwerde" bezeichneten Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts K. Das Amtsgericht S. hat den Beklagten zur Zahlung von Restwerklohn verurteilt. Die hiergegen vom Beklagte eingelegte Berufung hat das Landgericht durch Urteil vom 18.07.2003 zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der außerordentlichen Beschwerde, zu deren Begründung er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im wesentlichen vorträgt, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft seinen Vortrag nicht berücksichtigt und den von ihm angebotenen Beweis dafür, dass eine Abnahme des Werkes nicht stattgefunden habe, zurückgewiesen und ihn gesetzeswidrig zur Zahlung eines restlichen Werklohns verurteilt.
II.
Die Beschwerde ist nicht statthaft.
Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die Beschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um eine eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Hier wendet sich der Beklagte gegen ein Berufungsurteil, das nur unter den Voraussetzungen nach § 543 ZPO mit der Revision angegriffen werden kann.
Die Beschwerde ist auch nicht als außerordentliche Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" statthaft. Vorliegend entfällt die Rechtsschutzgarantie zwar nicht allein deshalb, weil der Beklagte schon in der vorangegangenen Instanz die Möglichkeit gehabt hatte, sich zur Sache zu äußern. Der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch greift vielmehr in jeder gerichtlichen Instanz, also auch bei erstmaliger Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Berufungsinstanz. Das Beschwerdegericht kann aber nur in den gesetzlich geregelten Fällen angerufen werden. Eine außerordentliche Beschwerde ist nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz auch dann nicht mehr statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht verletzt oder aus sonstigen Gründen greifbar gesetzwidrig ist. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (vgl. BGH NJW 2003, 3137, 3138; NJW, 2002, 1577), sondern auch für die Beschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2003, 140; OLG Karlsruhe, OLGR 2003, 225, 227; OLG Celle, NJW 2002, 3715, 3716).
Erfolgt die behauptete Verletzung des Verfahrensgrundrechts, wie hier geltend gemacht, in der letzten in der Prozessordnung vorgesehenen Instanz und ist der Fehler entscheidungserheblich, muss die Verfahrensordnung, so das Bundesverfassungsgericht in seiner Plenarentscheidung vom 30.04.2003 (NJW 2003, 1924 ff), eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsehen. Es ist umstritten, ob das Verfahren nach § 321 a ZPO, das seinem Wortlaut nach nur für nicht berufungsfähige Urteilsentscheidungen im ersten Rechtszug gilt, auch auf andere Verfahren entsprechend angewandt werden kann (so: Rimmelspacher, JZ 2003, 797, 798; Thomas/Putzo-Reichhold, ZPO, 24. Aufl. § 321a Rn 18; a.A. OLG Oldenburg , FamRZ 2003, 1120, 1121;Voßkuhle, NJW 2003, 2193, 2198 ). Auch der Senat schließt aus dem Gesetzgebungsverfahren zu § 321a ZPO, dass vom Gesetzgeber über den Wortlaut hinaus keine Anwendung auf Berufungsurteile gewollt war (vgl. OLG Oldenburg a.a.O. m.w.N.). Somit scheidet eine entsprechende Anwendung für Berufungsurteile aus.
Auch wenn bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten von Verfassungs wegen die Möglichkeit einer Abhilfe innerhalb der angerufenen Gerichtsbarkeit vorzusehen ist, kann auf den auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage entwickelten Rechtsbehelf der außerordentlichen Beschwerde nicht zurückgegriffen werden, weil diese nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelklarheit genügt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Plenarentscheidung ausgeführt, dass die von den Fachgerichten zur Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG entwickelten außerordentlichen Rechtsbehelfe den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit nicht genügen, da Rechtsbehelfe in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für den Bürger erkennbar sein müssen. Zugleich hat es ausgeführt, dass die rechtsstaatlichen Defizite es ausschließen, dass das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde von der vorherigen erfolglosen Einlegung solcher außerordentlicher Rechtsbehelfe abhängig macht. Solange der Gesetzgeber die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Lösung nicht gefunden hat, für die das Bundesverfassungsgericht Frist bis zum 31.12.2004 gesetzt hat, kann das Verfahren auch nicht auf Antrag vor dem Gericht fortgesetzt werden, dessen Entscheidung wegen einer behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angegriffen wird.
Im übrigen ist eine "greifbare Gesetzeswidrigkeit" vorliegend nicht zu erkennen. Eine solche kann nur dann vorliegen, wenn die gerichtliche Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil jede gesetzliche Grundlage für sie fehlt und sie inhaltlich dem Gesetz fremd sind, insbesondere weil eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist (BGH, MDR 1990, 541). Davon kann vorliegend keine Rede sein. Auch das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör ist vorliegend nicht verletzt. Das Landgericht hat unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags festgestellt, dass eine Abnahme der in Rechnung gestellten Werklohnarbeiten erfolgt ist, und mit einer sachlichen Begründung von der Vernehmung der vom Beklagten zum Beweis des Gegenteils benannten Zeugin abgesehen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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