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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 25.01.2002
Aktenzeichen: U 3/01 RhSch
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 252
BGB § 779
Zur Bedeutung schifffahrtsüblicher Kurse.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE - Rheinschifffahrtsobergericht - Im Namen des Volkes Urteil

U 3/01 RhSch

Verkündet am: 25. Januar 2002

In Sachen

wegen Schadensersatz

hat das Oberlandesgericht - Rheinschifffahrtsobergericht - auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Kürschner als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Rheinschifffahrtsgericht - Mainz vom 19. Juli 2001 - 76 C 5/00 BSchRh -wird zurückgewiesen.

Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der dem Grunde nach zuerkannten Ansprüche wird der Rechtsstreit an das Rheinschifffahrtgericht zurückverwiesen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Haftung für die Folgen einer Schiffskollision, die sich am 07.02.2000 auf dem Rhein bei Kilometer 443,500 unterhalb der Nibelungenbrücke in Worms zugetragen hat.

Die Klägerin ist Versicherer des MS "H", das der Schiffsgemeinschaft MS "H" gehört, und am Unfalltag vom Zeugen W. K. als verantwortlichem Schiffsführer geführt wurde. Die Beklagte zu 1 ist Schiffseignerin und der Beklagte zu 2 war am Unfalltag Schiffsführer von MS "L". Die bei der Kollision beider Motorschiffe an MS "H" entstandenen Schäden sind Gegenstand der Klage.

MS "H." ist 94,92 m lang, 9,48 m breit, 1.765 Tonnen groß und mit einer Maschine von 827 kW ausgerüstet.

MS "L." ist 80 m lang, 9,5 m breit, 1.229 Tonnen schwer und hat eine Maschine von 750 PS.

MS "H." befand sich leer auf der Bergfahrt von Mainz nach Hohnau, um dort Kies zu laden. Gegen 19:00 Uhr näherte sich das Schiff der Nibelungenbrücke bei Rheinkilometer 443,26 in Worms. Die Nibelungenbrücke besitzt drei Brückenbögen, von denen der linksrheinische der Bergfahrt vorbehalten ist, während der mittlere sowohl für die Bergfahrt als auch für die Talfahrt freigegeben ist. Vor MS "H." fuhr ein weiterer Bergfahrer durch den linksrheinischen Brückenbogen. Der Schiffsführer von MS "H." wollte deshalb durch den mittleren Brückenbogen fahren. Es war bereits dunkel, die Sicht war frei.

Zur gleichen Zeit fuhr der Schubverband "HK", bestehend aus einem Motorschiff und einem vorgekoppelten Schubleichter, zu Tal durch den mittleren Brückenbogen. Hinter dem Schubverband fuhr in der gleichen Kiellinie ebenfalls zu Tal MS "L.". Nachdem MS "H." und SV "Heinrich Krieger sen." sich unterhalb der Brücke begegnet waren, kam es zu einem Zusammenstoß zwischen MS "H." und MS "L." kurz unterhalb der Brücke, wobei MS "H." mit seinem Backbordkopf gegen das backbordseitige Heck von MS "L." stieß.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug im wesentlichen behauptet:

Schiffsführer K. habe schon weit unterhalb der Brücke klar den Kurs in Richtung des mittleren Brückenbogens gerichtet. Nachdem der Backbord-Backbord- Begegnung mit dem Schubverband habe er weiterhin den Kurs in Richtung des mittleren Brückenbogens gehalten. Mit dem in Kiellinie des Schubverbandes fahrenden MS "L." sei somit eine analoge Backbord-Backbord-Begegnung zu erwarten gewesen. Plötzlich sei jedoch MS "L." mit dem Kopf nach Backbord direkt in den Bergkurs von MS "H." geschert. Schiffsführer K. habe MS "L." sofort über Kanal 10 angesprochen. MS "L." habe zwar noch versucht, seinen Fehlkurs wieder nach Steuerbord zu korrigieren. Aufgrund des kurzen Abstandes der Schiffe sei dies indessen nicht mehr erfolgreich gewesen und die Schiffe seien dann in der Weise kollidiert, dass das bockbordseitige Heck vom MS "L." gegen den Backbordkopf des MS "H." gestoßen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin DM 62.953,00 nebst 4 % Zinsen hieraus vom 13.04. bis 30.04.2000 und 8,42 % Zinsen hieraus seit dem 01.05.2000 zu bezahlen, wobei die Beklagte zu 1 gemäß § 102 Nr. 4 BSchG mit MS "L." dinglich haftet.

Die Klägerin hat angeregt, - wie in Schifffahrtssachen üblich - über den Grund des Anspruchs vorab zu entscheiden, womit sich auch die Beklagten einverstanden erklärten.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben im ersten Rechtszug im wesentlichen vorgetragen:

MS "L." sei zunächst in gerader Linie hinter dem Schubverband talwärts gefahren. Der Beklagte zu 2 habe bereits unterhalb des Lampertheimer Altrheins bei Rheinkilometer 442 die Fahrt aus seinem leeren Fahrzeug herausgenommen, weil er den vor ihm fahrenden Koppelverband vor der Brücke nicht mehr habe überholen wollen. Der Abstand zum Koppelverband habe sich bis zur Brücke auf etwa 150 m verkürzt. Schon vor Erreichen der Straßenbrücke habe der Beklagte zu 2 erkannt, dass sich linksrheinisch ein Bergfahrer nähere. Für den Beklagten zu 2 sei erkennbar gewesen, dass der Bergfahrer einen Kurs in Richtung des linksrheinischen Brückenbogens gefahren sei. Er habe sich deshalb darauf eingestellt, dass der Bergfahrer den linksrheinischen Brückenbogen durchfahren würde. Nachdem der Schubverband mit ganzer Länge etwa in der Mitte den mittleren Brückenbogen durchfahren habe und auch MS "L." den Brückenbogen fast in gleicher Kiellinie durchfahren habe, habe der Beklagte zu 2 seinen Kurs etwas nach backbord gerichtet, um nunmehr den Koppelverband zu überholen. In diesem Moment habe er jedoch bemerkt, dass der Bergfahrer plötzlich und ohne jede Ankündigung seinen Kurs zur Strommitte hin ausrichtete und nunmehr offensichtlich beabsichtigte, die Nibelungenbrücke ebenfalls im mittleren Brückenbogen in der Bergfahrt zu durchfahren. Der Zweitbeklagte habe noch versucht, nach Steuerbord auszuweichen. Dies sei ihm jedoch nicht mehr ganz gelungen, so dass die Schiffe in der beschriebenen Weise zusammengestoßen seien. Der Schiffsunfall sei also allein darauf zurückzuführen, dass MS "H." seinen zunächst in der Bergfahrt schifffahrtsüblichen Kurs auf den linksrheinischen Landbogen der Nibelungenbrücke plötzlich und ohne jede Vorankündigung zu einem Zeitpunkt nach Backbord hin verändert habe, als MS "L." nach Durchfahren des mittleren Brückebogens talwärts seinen Kurs zum Zwecke des Überholens des Koppelverbandes bereits seinerseits nach Backbord verändert hatte.

Die Schiffsführung von MS "L." habe den Unfall deshalb nicht mehr verhindern können. Es sei zwar erlaubt, dass die Bergfahrt den mittleren Brückenbogen benutze. Dies sei jedoch schifffahrtsunüblich; vielmehr fahre die Bergfahrt regelmäßig durch den linksrheinischen Bogen. Der Beklagte zu 2 habe deshalb mit einem solchen Verhalten von MS "H." nicht rechnen müssen.

Das Rheinschifffahrtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., A., D. und F. sowie durch Verwertung der Akten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest .... .

Mit am 19.07.2001 verkündetem Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Rheinschifffahrtsgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.

Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzlichen Vorbringen und tragen ergänzend vor:

Die Beweiswürdigung des Rheinschifffahrtsgerichts sei unzutreffend. MS "H." habe zunächst Kurs auf den Brückenpfeiler genommen und dann einen Kurswechsel vorgenommen, um durch den mittleren Bogen zu fahren. Daher sei nicht MS "L." in den Kurs von MS "H." geraten sondern es sei umgekehrt geschehen. Der Zeuge K. habe mit überhöhter Geschwindigkeit versucht, trotz fehlenden Raumes für ein gefahrloses Überholmanöver im Brückenbereich den vor ihm fahrenden Bergfahrer - der schifffahrtsüblich den linksrheinischen Brückenbogen durchfahren hatte - zu überholen.

Da die Havarie darauf zurückzuführen sei, dass der Zeuge K. nach dem Passieren des SV "H.K." einen Kurswechsel in Richtung Backbord vorgenommen habe, um den mittleren Brückenbogen zu passieren, sei ein Verschulden des Zweitbeklagten ausgeschlossen.

Der Zeuge K. habe bei seiner Fahrt Radar als Hilfsmittel benutzt, obwohl er unstreitig nicht über ein Radarschiffer-Zeugnis verfüge.

Die Beklagten beantragen,

auf ihre Berufung das Urteil des Amtsgerichts - Rheinschifffahrtsgericht - Mainz vom 19.07.2001 - 76 C 5/00 BSchRh - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils zu eigen und trägt ergänzend vor:

Entgegen der Behauptung der Beklagten habe MS "H." keinen Kurswechsel vollzogen; vielmehr sei von Anfang an der mittlere Brückenbogen angehalten worden. Die Zeugeneinvernahme habe ergeben, dass allein MS "L." einen Hauer nach Backbord gemacht habe.

Der 90 m breite mittlere Brückenbogen stelle keine Fahrwasserenge gemäß § 6.24 RhSchPVO dar. MS "H." sei in erlaubter Bergfahrt durch den mittleren Brückenbogen gefahren. Darauf hätte sich die Schiffsführung des zu Tal fahrenden MS "L." einzurichten gehabt.

Der Vorwurf der "Doppelnavigation" gegen die Schiffsführung von MS "H." entbehre jeglicher Grundlage. Es sei dunkel aber klar gewesen, so dass man kein Radar benötigt habe. Das Mitlaufen des Radars als Hilfsmittel sei schifffahrtsüblich. In der entscheidenden Situation sei der Schiffsführer K. ausschließlich nach Sicht gefahren.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Dem Senat lagen die Akten der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest ...vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Durch Zwischenurteil über den Grund (§ 304 ZPO) hat das Rheinschifffahrtsgericht mit zutreffenden Gründen, die durch das Berufungsvorbringen im Ergebnis nicht entkräftet werden, den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die erstbeklagte Eignerin und der zweitbeklagte Schiffsführer von MS "L." haften gemäß §§ 3, 92 b BinSchG, § 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 6.03 Nr. 3 RhSchPVO als Gesamtschuldner für den Schaden, der der Eignerin von MS "H." infolge der Begegnungskollision am 07.02.2000 bei Rheinkilometer 443,50 entstanden sind. Diese Ansprüche sind kraft Gesetzes bzw. durch fürsorglich ausdrücklich erklärte Abtretung auf den klagenden Versicherer übergegangen. Der Zweitbeklagte hat als verantwortlicher Schiffsführer von MS "L." den Unfall schuldhaft verursacht, indem er eine unzulässige plötzliche Kursänderung unter Verstoß gegen § 6.03 Nr. 3 RhSchPVO herbeigeführt hat. Diese Vorschrift ist "Schutzgesetz" i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Die Voraussetzungen eines ins Gewicht fallenden Mitverschuldens (§ 92 c BinSchG, § 254 BGB) der Schiffsführung von MS "H." sind demgegenüber nicht erwiesen.

Die Begegnungskollision zwischen beiden Schiffen hat sich ereignet, weil MS "L." anstatt den eigenen Kurs hinter dem Schubverband "H.K.." zu halten oder - was ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre - weiter nach Steuerbord auszurichten, tatsächlich nach Backbord ausgeschert ist. Der Zweitbeklagte fuhr unter Inanspruchnahme von Radar und konnte so nach Überzeugung des Senats ohne weiteres erkennen, dass MS "H." beabsichtigte, nach dem Begegnen mit dem Schubverbandes auch MS "L." zu passieren, um die mittlere Brückenöffnung zu durchfahren. Da Raum und Zeit nicht mehr ausreichten, eine Kollision zu verhindern, geriet MS "L.", nachdem dessen Kurs fehlerhaft nach Backbord ausgerichtet worden war, trotz der Korrektur nach Steuerbord noch mit dem eigenen Heck gegen den Bug des entgegenkommenden MS "H.".

Der unbeteiligte Zeuge D., Schiffsführer des Schubverbandes "H.K..", hat glaubhaft ausgeführt, dass er kurz vor der späteren Kollision der beiden Motorschiffe zurückgeblickt und es für ihn dabei einwandfrei so ausgesehen habe, dass der Talfahrer seinen Kopf herausgestreckt habe, um den Schubverband zu überholen. Durch das Herausstrecken des Kopfes habe MS "H." offensichtlich nicht mehr genug Platz gehabt, um am Brückenpfeiler vorbeizukommen. Demgegenüber sei für MS "L." genügend Platz vorhanden gewesen, den Schubverband auf der Steuerbordseite zu überholen. Offensichtlich habe MS "L." den Bergfahrer zu spät gesehen und deshalb das Überholmanöver nach Backbord eingeleitet.

Entgegen der mit der Berufung der Beklagten vorgetragenen Auffassung gereicht es der Schiffsführung von MS "H." nicht zum (mit-) verschuldensbegründenden Vorwurf, dass sie nicht beabsichtigte, die linksrheinische Brückenöffnung zu durchfahren, sondern vielmehr den Brückenpfeiler anhielt, um die mittlere Durchfahrt zu nutzen. Der Einwand der Beklagten, damit habe die Schiffsführung von MS "H." nicht den schifffahrtsüblichen Kurs gewählt, trifft zwar zu, führt jedoch zu keiner (Mit-) Haftung. "Schifffahrtsüblichen" Kursen kommt heute in der Regel nur noch an besonderen Gefahrenstellen Bedeutung mehr zu, da die Schifffahrt aufgrund ihrer Ausstattung mit nautischen Hilfsmitteln in der Lage ist, auch schifffahrtsunübliche Kurse zu fahren und zu erkennen (vgl. BK ZKR VersR 1999, 649; OLG - SchObG - Karlsruhe, Urt. v. 5.12.2001 U 2/01RhSch -). Wie das Rheinschifffahrtsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffend ausführt, war der von der Schiffführung von MS "H." gewählte Kurs, der dahin ging, nicht den linksrheinischen sondern den mittleren Bogen anzuhalten, nach allen Zeugenaussagen auch für die Talfahrt klar erkennbar. Dass die frei gewählte Durchfahrt durch den mittleren Brückenbogen sowohl für die Talfahrt als auch für die Bergfahrt grundsätzlich freigegeben ist, steht außer Streit.

Zwar gebührt im engen Fahrwasser, wozu im Einzelfall auch Brückenöffnungen zählen können, gemäß § 6.24 i.V.m. § 6.07 RhSchPVO der Talfahrt ein gewisser Vorrang: Gemäß § 6.07 Nr. 1 c RhSchPVO müssen Bergfahrer, wenn sie feststellen, dass ein Talfahrer im Begriff ist, in eine Fahrwasserenge hineinzufahren, unterhalb der Enge anhalten, bis der Talfahrer sie durchfahren hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine Engstelle sondern um eine 90 Meter breite, gut befahrbare Brückenöffnung, bei der das Fahrwasser hinreichend Raum für die gleichzeitige Durchfahrt gewährt, § 6.24 Nr. 1 2. Altern. RhSchPVO.

Danach erweist sich die Behauptung der Beklagten als unzutreffend, der Schiffsunfall sei allein darauf zurückzuführen, dass MS "H." seinen zunächst in der Bergfahrt schifffahrtsüblichen Kurs auf den linksrheinischen Landbogen der Nibelungenbrücke plötzlich und ohne jede Vorankündigung zu einem Zeitpunkt nach Backbord hin verändert habe, als MS "L." nach Durchfahren des mittleren Brückebogens talwärts seinen Kurs zum Zwecke des Überholens des Koppelverbandes bereits seinerseits nach Backbord verändert gehabt habe. Diese Tatsachendarstellung steht - wie das Rheinschifffahrtsgericht zutreffend entschieden hat - nicht im Einklang mit dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme.

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt auch der Umstand, dass Schiffsführer K. über kein Radarschiffer-Zeugnis verfügt, zu keiner (Mit-) Haftung. Ein Schiffsführer, der kein Radarschiffer-Zeugnis besitzt, darf die Fahrt nur solange fortsetzen, wie ihm die optische Sicht das erlaubt. Eine hierdurch unzulässige Weiterfahrt begründet im Falle einer Kollision den Anscheinsbeweis für eine schuldhafte Unfallverursachung (Bemm/von Waldstein, RhSchPVO, 3. Auflage, § 4.06 Rdn. 7 m.w.RsprN.). Unstreitig war es zum Unfallzeitpunkt zwar dunkel, es herrschte jedoch klares Wetter und freie Sicht. Im übrigen befand sich an Bord eine Person, die das Radarschiffer-Zeugnis für den Rhein besitzt (§ 4.06 Nr. 1 c RhSchPVO). Während der Fahrt befand sich auf MS "H." neben dem verantwortlichen Schiffsführer K. der Zeuge A. im Steuerhaus, der über ein Rheinschifferpatent verfügt.

Den Nachweis ihrer Behauptung, MS "H." sei mit überhöhter, jedenfalls nicht angemessener Geschwindigkeit gefahren, vermochten die Beklagten nicht zu erbringen.

Die Schiffsführung von MS "H." hat nach der glaubhaften Angabe des Zeugen A. Achtungssignal gegeben, als MS "L." ausgeschert ist und die Gefahr einer möglichen Kollision erkannt wurde. Den Nachweis, dass dieses Achtungssignal bereits früher veranlasst gewesen wäre und hätte abgegeben werden können, haben die Beklagten nicht geführt.

Nach allem erweist sich die Berufung gegen das Grundurteil als unbegründet.

Zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der Klagansprüche war die Sache gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F., § 26 Nr. 5 EGZPO an das Rheinschifffahrtsgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Der Festsetzung einer Beschwer bedarf es nicht mehr, nachdem § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F. seit 01.01.2002 aufgehoben ist.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F., § 26 Nr. 7 EGZPO) sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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