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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 08.06.2001
Aktenzeichen: U 8/00 BSch
Rechtsgebiete: AVBW, BGB, ZPO


Vorschriften:

AVBW § 8
BGB § 291
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
1. Zu den Voraussetzungen einer Deckungsfeststellungsklage gegen einen Versicherer.

2. Zur Frage, wann grobe Fahrlässigkeit des Eigners einer in einem Hafen wegen Wassereintritts sinkenden Motoryacht anzunehmen ist.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE SCHIFFFAHRTSOBERGERICHT

Im Namen des Volkes Urteil

wegen Forderung

hat das Oberlandesgericht -Schifffahrtsobergericht- Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2001 durch

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Dr. Kürschner - als Einzelrichter -

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Mainz vom 29.09.2000 - 76 C 2/99 BSch im Kostenpunkt aufgehoben, im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem bei ihr bestehenden Wassersportversicherungsvertrag, Versicherungs-Nr. Deckung für das Schadensereignis vom 28.10.1998 zu gewähren, anlässlich dessen die Motoryacht "M" im Hafen von Patras/Griechenland gesunken ist und wieder geborgen wurde.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 38.895,70 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.02.1999 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 50.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheit kann jeweils auch durch unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes erbracht werden.

5. Der Wert der Beschwer der Beklagten liegt über DM 60.000,00.

Tatbestand:

Der Kläger macht als Versicherungsnehmer Ansprüche gegen das beklagte Versicherungsunternehmen geltend.

Der Kläger erwarb am 03.08.1997 die gebrauchte Motoryacht "M" in Lavrion/Griechenland zum Preis DM 162.500,00. Das Schiff wurde bei der Beklagten mit einer Wassersport-Kasko-Police versichert, zu der die AVB-Wassersportfahrzeuge (AVBW) 1985 wirksam vereinbart wurden.

Der Kläger führte das Boot am 04.08.1997 von Lavrion nach Patras,. Dabei stellte er fest, dass die Maschinen schadhaft waren. Das Boot wurde deshalb am 04.08.1997 in die Marina des Hafens Patras an einen Liegeplatz gelegt.

Im Zuge eines Rechtsstreits mit dem Verkäufer des Schiffes erging am 06.02.1998 im selbständigen Beweisverfahren 4 OH 11/97 ein Beschluss des Landgerichts Tübingen, durch den die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet wurde (Beiheft OLG 1 ff.). Am 08. und 09.06.1998 fand ein Ortstermin in Patras statt, bei dem das Boot durch den Zeugen R. als Sachverständiger begutachtet wurde. An diesem Termin nahmen sowohl der Kläger als auch dessen Prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt G. teil. Es wurde unter anderem der Motor des Schiffes geöffnet.

Am 28.10.1998 sank das Boot auf den Grund des Hafens. Es wurde in den Folgetagen mit einem Schwimmkran gehoben. Die Bergungskosten und der dem Kläger durch das Sinken des Schiffes entstandene Schaden sind Gegenstand der Deckungs- und Zahlungsklage.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug im wesentlichen vorgetragen:

Das Boot sei an dem Liegeplatz ordnungsgemäß befestigt und an Landstrom angeschlossen gewesen, so dass die automatischen Lenzpumpen, von denen sich vier auf dem Boot befanden, in der eingeschalteten Automatikstellung in der Lage gewesen seien, eventuell eindringendes Wasser nach außenbords zu pumpen. Es sei außerdem ein Bediensteter des Hafens zur Überwachung des Schiffes beauftragt worden. Dieser habe auch für die Überwachungstätigkeit einen Lohn erhalten; dass diese Maßnahmen ausreichend gewesen seien, zeige sich darin, dass bis zu dem Zeitpunkt der Begutachtung am 09.06.1998 keinerlei Wassereinbruch zu verzeichnen gewesen sei.

Die Ansprüche müssten teilweise im Wege der Feststellungsklage verfolgt werden. Das Schiff befinde sich nach wie vor in Patras. Die Firma N. mache Ansprüche wegen der Bergung und der damit verbundenen Folgekosten geltend, zu deren Bezifferung der Kläger sich noch nicht in der Lage sehe, weil der Rechtsstreit noch nicht entschieden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem ihr bei bestehenden Wassersportversicherungsvertrag, Vers.-Nr. Deckung für das Schadensereignis vom 28.10.1997 zu gewähren, anlässlich dessen die Motoryacht "M" im Hafen von Patras/Griechenland gesunken ist und wieder geborgen wurde;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 38.895,70 zuzüglich 11 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im ersten Rechtszug im wesentlichen vorgetragen:

Der Kläger habe das Sinken des Bootes in grob fahrlässiger Weise selbst herbeigeführt, so dass die Beklagte gemäß § 8 AVBW von der Verpflichtung zur Leistung frei sei. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers besteht darin, dass er zunächst das Schiff im Hafen von Patras ohne ausreichende Beaufsichtigung stillgelegt habe. Der vom Kläger angeblich beauftragte Bedienstete des Hafens habe weder deutsch noch englisch gesprochen und sei deshalb für eine verantwortliche Beaufsichtigung des Schiffes von vornherein nicht geeignet gewesen. Es sei zudem die Stromversorgung des Schiffes nicht gesichert gewesen, so dass auch eingeschaltete Pumpen auf die Dauer nach Erschöpfen der Batterien des Schiffes ihren Dienst hätten einstellen müssen. Die Lenzpumpen des Schiffes seien zudem nicht funktionsfähig gewesen, da sie nicht eingeschaltet gewesen seien.

Das Schiff sei gesunken, da anlässlich der Begutachtung durch den sachverständigen Zeugen R. der Ventildeckel des Backbord-Motors geöffnet worden sei; an diesem Ventildeckel habe sich ein Entlüftungsschlauch befunden, der in Höhe des Auspuffes durch die Bordwand des Schiffes nach außen geführt worden sei. Dieser Schlauch sei nach dem Öffnen des Motors auf dem Boden des Maschinenraums liegen geblieben und habe somit eine Öffnung des Schiffes nach außen zum Wasser dargestellt. Nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren sei zunächst über einen längeren Zeitraum stetig eine geringe Menge Wasser in den Maschinenraum des Schiffes gelangt, der zu einem stetigen Tieferliegen des Achterschiffs geführt habe. Beim zwangsläufigen immer tieferen Eintauchen des Schiffes in das Wasser sei schließlich der Zeitpunkt gekommen, in dem das Wasser durch den Schlauch mit vollem Strahl in das Schiff geströmt sei und so den eigentlichen Sinkvorgang bewirkt habe. Das Liegenlassen des Schiffes mit einer Öffnung des Innenraums zum Wasser hin stelle einen Kardinalfehler und damit eine grobe Fahrlässigkeit des Schiffsführers und Schiffseigners dar.

Das Schifffahrtsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... sowie durch Inaugenscheinnahme der von den Parteien vorgelegten Lichtbilder.

Mit am 29.09.2000 verkündetem Urteil - auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird - hat das Schifffahrtsgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:

Als der Kläger zum Ortstermin am 08.06.1998 das Schiff betreten habe, habe dieses keinerlei Besonderheiten aufgewiesen. Da die Stopfbuchsen ordnungsgemäß dicht gesetzt, die Seeventile geschlossen und keinerlei äußere Undichtigkeiten des Schiffsrumpfes vorhanden bzw. bekannt gewesen seien, hätte auch die Besichtigung der Bilge keine nennenswerten Wassermengen ergeben.

Nach weiteren drei Monaten habe der Kläger im Zuge einer größeren Reise Anfang September 1998 nochmals in Patras vorbeigesehen und auch dabei keine Besonderheiten festgestellt.

Etwa zwei Monate später, am 28.10.1998, sei dann das Schiff auf den Grund des Hafens gesunken. Dies sei nicht auf eine grob fahrlässige Verhaltensweise des Klägers zurückzuführen.

Nach den Ausführungen im Eigner-Handbuch der Herstellerwerft werde die Kurbelgehäuseentlüftung nicht direkt nach außen geführt, sondern über einen "Schwanenhals", um ein Eindringen von Wasser in das Bootsinnere zu verhindern. Dies sei dann wohl auch der Grund gewesen, weshalb der Sachverständige R. dem angeblich schadensursächlichen Schlauch keine Bedeutung beigemessen habe und sich nicht dafür interessiert habe, wo der Schlauch hingegangen sei. Auch die Annahme des Gerichts: "Die Tatsache, dass das Schiff durch den Schlauch strömende Wasser schließlich gesunken ist, beweist, dass die verbleibende Lenzpumpen auch dann, wenn sie Stromanschluss gehabt haben sollten, dem Wassereinbruch nicht gewachsen waren", werde durch Tatsachen nicht untermauert. Das Schiff besitze insgesamt vier Lenzpumpen. Im Gutachten des Sachverständigen R. vom 17.08.1998 sei unter Ziffer 1 r festgestellt worden: "Automatik-Schalter von EL Bilge-Pumpe/Achterschiffspiek funktionslos". Damit seien jedoch sowohl zwei intakte Bilge-Pumpen in der Maschinenabteilung sowie ein bis zwei weitere Bilge-Pumpen im Vorschiff verblieben. Wenn also etwa in die Achterschiffspiek eintretendes Wasser nicht durch die dort vorhandene Bilge-Pumpe gelenzt wurde, weil der Automatikbetrieb dieser Pumpe nicht möglich gewesen sei, so sei das Wasser zunächst einmal in die Maschinenabteilung geschwappt. Dort seien zwei funktionsfähige Bilge-Pumpen vorhanden gewesen, die mühelos in der Lage gewesen seien, das eindringende Wasser abzupumpen.

Im übrigen sei überhaupt nicht festgestellt worden, dass nach dem Beweissicherungstermin 08./09.06. das Schiff mit einem auf dem Boden das Maschinenraums liegenden Kurbelgehäuseentlüftungsschlauch verlassen worden sei. Der sachverständige Zeuge R. habe dies nicht bestätigen können. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe selbst keine Erinnerung daran.

Der Kläger beantragt,

auf seine Berufung das Urteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Mainz aufzuheben und nach den erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, macht sich die Gründe des Urteils des Schifffahrtsgerichts zu eigen und trägt ergänzend vor:

Der Feststellungsantrag sei unzulässig, es könne insgesamt Leistungsklage erhoben werden.

Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt die Verantwortung für das Schiff auf einen Dritten übertragen, insbesondere nicht auf den Experten R. und den Rechtsanwalt G. . Wichtigste Aufgabe eines Schiffsführers sei es, dafür zu sorgen, dass sein Schiff schwimme und nicht sinke. Für den nautisch sicheren Zustand der MY "M" sei allein und ausschließlich der Kläger als Schiffseigner und Schiffsführer verantwortlich. Er habe gegen eine Kardinalspflicht verstoßen, indem er die Motoryacht mit einer "Leckage" von etwa 3 cm Durchmesser unmittelbar über der Wasserlinie unbemannt im Hafen von Patras zurückgelassen habe.

Als der Kläger das Schiff am 04.08.1997 in die Marina des Hafens von Patras gelegt habe, habe er damit gerechnet, dass die Motoryacht langfristig dort liegen bleiben würde. Er habe nicht die Möglichkeit ergriffen, eine zuverlässige Überwachung des stillliegenden Schiffs durch einen entsprechenden Vertrag mit dem Zeugen V. sicherzustellen, sondern habe einen Hafenbediensteten und ehemaligen Matrosen namens A. beauftragt, mit dem er sich sprachlich auch nicht unmittelbar habe verständigen können.

Der sachverständige Zeuge R. habe bei seiner Vernehmung vor dem Schifffahrtsgericht ausgesagt: "Bei dem Durchtritt des Entlüftungsschlauches durch die Bordwand in den Auspuffspoiler befindet sich kein Schwanenhals oder ähnliches Gebilde und eine derartige Einrichtung ist auch für diese Dinge nicht vorgesehen."

Nach dem Abschluss der Maschinenbegutachtung durch den sachverständigen Zeugen R. sei der Entlüftungsschlauch weder wieder auf den dafür vorgesehenen Stutzen des Ventildeckels aufgesteckt, noch verschlossen oder wenigstens hochgebunden worden. Der Entlüftungsschlauch mit rund 3 cm Durchmesser sei also offen geblieben und unversorgt auf dem Boden des Maschinenraums liegen geblieben. Von diesem Moment an sei MY "M" im Hafen von Patras mit einer 3 cm große Öffnung in der Bordwand unmittelbar über der Wasseroberfläche gelegen, direkt nach unten in die Bilge und damit weiter unter das Niveau der Wasserlinie.

Neben zahlreichen anderen Mängeln habe der Experte festgestellt, dass mindestens zwei der vorhandenen elektrischen Bilge-Pumpen, eine in der Bilge beim Duschwassersammler, die andere in der Achterschiffspiek defekt gewesen seien. Zusätzlich habe der Experte in seinem Gutachten vom 17.08.1998 ausdrücklich festgehalten, dass zwei der Pumpen nicht funktionierten.

Es bleibe weiterhin bestritten, dass die vorhandenen Lenzpumpen überhaupt auf "standby" geschaltet gewesen seien, das Schiff sei also am 09.06.1998 nicht nur leck, sondern darüber hinaus mit funktionsuntüchtigen, nicht eingeschalteten und unversorgten Bilgepumpen in der Marina von Patras zurückgelassen worden. Damit sei der Untergang der Yacht nur eine Frage der Zeit gewesen. Selbst geringfügige Schaukelbewegungen des Schiffes hätten dazu führen können, dass die beschriebene Öffnung unter Wasser geriet. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten, dass die Yacht backbordseitig achtern bis zur Oberkante des Auspuffspoilers steuerbordseitig bis zur Außenkante des Auspuffspoilers unter Wasser gelegen habe. An der Kausalität des Schlauches für das Sinken bestehe angesichts der Aussagen des Zeugen V. kein Zweifel. Auch der Schiffsexperte S. habe sofort diese Ursache als Sinkursache des Schiffes festgestellt.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Die Feststellungsklage ist zulässig.

Ist Klage auf Leistung möglich und zumutbar, fehlt regelmäßig das Feststellungsinteresse. Kann ein Kläger jedoch - wie vorliegend - seinen Anspruch auf Schadensersatz noch nicht oder nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern (vgl. dazu BGH NJW 2000, 1256 f.), so ist es zulässig, den Versicherer im Wege der Deckungsfeststellungsklage in Anspruch zu nehmen. Der Kläger hat - unwiderlegt - vorgetragen, dass die Folgekosten der Hebung des Schiffes (deren Ersatz er unter anderem von der Beklagten fordert, nachdem diese eine Freistellung ablehnt) noch immer nicht abschließend geklärt sind, sondern dass insoweit noch Rechtsstreite in Griechenland anhängig sind.

Zulässig ist es ferner, neben der Deckungsfeststellungsklage einen Teil der geforderten Versicherungsleistung, der bereits abschließend bezifferbar ist, im Wege der Leistungsklage geltend zu machen.

2. Sowohl die Feststellungs- als auch die Leistungsklage sind begründet.

Der beklagte Versicherer ist nicht gemäß Nr. 8 AVBW von der Verpflichtung zur Leistung frei.

Nr. 8 AVB lautet:

"Verschulden des Versicherungsnehmers

Führt der Versicherungsnehmer, der Fahrzeugführer oder einer der Insassen den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbei oder macht sich der Versicherungsnehmer bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung einer arglistigen Täuschung schuldig, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei."

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt und ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten voraus. Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen liegt grobe Fahrlässigkeit dann vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt wurde und auch dasjenige unbeachtet blieb, was im betreffenden Fall jedem hätte einleuchten müssen. Erforderlich ist eine Verletzung von Sorgfaltspflichten, die das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt. Die Schadenswahrscheinlichkeit muss offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalles ein anderes Verhalten als das tatsächlich Geübte in Betracht zu ziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. OLG Karlsruhe VersR 1992, 1507 m.w.N.). Der Eigner einer Motoryacht kann grob fahrlässig handeln, wenn er das Fahrzeug längere Zeit mit offenen Seeventilen und ohne Überwachung liegen lässt (BGH VersR 1979, 932).

Das Berufungsgericht teilt die Überzeugung des Schifffahrtsgerichts, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vieles dafür spricht, dass das Sinken des Bootes durch Einströmen von Wasser durch den lose im Maschinenraum hängenden Schlauch der Kurbelgehäuseentlüftung verursacht wurde. Nach der Aussage des Zeugen V. gelang es erst, nachdem dieser Schlauch hochgebunden und abgedichtet worden war, das Boot leer zu pumpen. Eine andere plausible Ursache für das Sinken vermochte der Kläger auch im zweiten Rechtszug konkret nicht vorzutragen.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme spricht ferner einiges dafür, dass anlässlich der Besichtigung und Begutachtung des Bootes durch den sachverständigen Zeugen R. am 08. und 09. Juni 1998 es versäumt wurde, den Entlüftungsschlauch wieder ordnungsgemäß zu befestigen, so dass er lose in der Bilge lag.

Der Kläger handelte als Schiffsführer und Schiffseigner fahrlässig, als er vor Verlassen des Schiffes nicht eine vollständige Überprüfung der Dichtigkeit des Bootes vornahm und dem lose in der Bilge liegenden Schlauch nicht die notwendige Aufmerksamkeit widmete. Das Gericht erachtet diese Fahrlässigkeit jedoch nicht als grob im Sinne der oben dargestellten, in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte formulierten Anforderungen. Es wurde die erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich großem Maße verletzt und es blieb nicht auch dasjenige unbeachtet, was im betreffenden Fall jedem hätte einleuchten müssen. Eine Verletzung von Sorgfaltspflichten, die das gewöhnliche Maß erheblich übersteigt, liegt nicht vor. Die Schadenswahrscheinlichkeit war nicht so offenkundig groß, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalls ein anderes Verhalten als das tatsächlich Geübte in Betracht zu ziehen. Dabei entlastet den Kläger unter anderem - wenn auch nur geringfügig -, dass der sachverständige Zeuge R., der die Untersuchungsarbeiten an Bord zwar nicht selbst ausführte, sondern durch Rechtsanwalt G. und den Kläger durchführen ließ, selbst nicht etwa nach Abschluss der Arbeiten auf die Gefahr hinwies, zu der der nicht ordnungsgemäß montierte Schlauch führen konnte.

Dem Kläger kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, das stillgelegte Schiff nicht überwacht zu haben. Auch wenn er nicht die teurere und sicherlich gründlichere Überwachung durch den Zeugen V. veranlasste, sondern lediglich eine solche durch den Hafenbediensteten A., kann dies nicht als grob fahrlässiges Verhalten bewertet werden, das für das Sinken des Bodens ursächlich geworden wäre. Etwa drei Monate nach der Begutachtung vom Juni 1998 kam der Kläger nochmals in Begleitung seiner Ehefrau zur Motoryacht. Bei dieser Besichtigung haben der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin R., nach deren Bekunden alles noch so vorgefunden wie sie es am 08. und 09.06.1998 verlassen hatten. Bei dieser Gelegenheit hatten sie nochmals den Hafenbediensteten A. beauftragt, regelmäßig an Bord zu gehen, die Batterien zu überprüfen und den Generator laufen zu lassen, um die Sicherheit des Schiffes zu gewährleisten. Anhaltspunkte für eine Undichtigkeit des Schiffs im Hinblick auf den am Boden der Bilge liegenden Schlauch ergaben sich zu diesem Zeitpunkt nicht. Jedenfalls einige der Lenzpumpen waren funktionstüchtig. Da bis zu diesem Zeitpunkt kein Wasser eingetreten war, ergaben sich keine dem Kläger sich aufdrängenden Anhaltspunkte für eine höhere Gefahr des Wassereintritts und damit zu weiterer Schadensvorsorge. Die Seeventile waren geschlossen, die Stopfbuchsen durchgesetzt. Ein den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigender Verstoß gegen "Kardinalspflichten" eines Motorbooteigners liegt danach nicht vor.

3. Die Höhe der bezifferten Forderung ist durch die nicht substantiiert bestrittene Rechnung der Firma N. (I, 9) nachgewiesen.

4. Der Zinsanspruch ist gemäß § 291 BGB begründet. Den Nachweis für einen darüber hinausgehenden Verzugsschaden hat der Kläger nicht erbracht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.



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