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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 05.08.2002
Aktenzeichen: 1 AR 71/02 Str.
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 462 a I 1
StPO § 462 a I 2
StPO § 453 b II
Solange die mit dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung befasste Strafvollstreckungskammer keine abschließende Entscheidung getroffen hat, bleibt sie trotz Übergangs der Zuständigkeit für weitere Nachtragsentscheidungen auf eine andere Strafvollstreckungskammer bis zur Rechtskraft der Widerrufsentscheidung für die Überwachung der Lebensführung des Verurteilten nach § 453 b StPO zuständig.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 1 AR 71/02 Str.

In der Strafsache

wegen Diebstahls

hier: Bestimmung des für die Überwachung während der Bewährungszeit zuständigen Gerichts nach § 14 StPO

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Völpel und die Richterin am Oberlandesgericht Hardt am 5. August 2002 beschlossen:

Tenor:

Die kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. ist bis zur abschließenden Entscheidung über den Widerruf der vom Amtsgericht B. vom 29. November 1999 50 Ds 15 Js 1862/99 zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe auch für die Überwachung des Verurteilten während der Bewährungszeit zuständig.

Gründe:

Entgegen der von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. in ihrem Vorlagebeschluss vom 17. Juni 2002 vertretenen Auffassung ist über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung von ihr bisher nicht abschließend entschieden worden. Nachdem gemäß § 456 a Abs. 1 StPO von der weiteren Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 18. Juli 2000 unter gleichzeitigem Erlass eines Vollstreckungshaftbefehls abgesehen und der Verurteilte am 14. Januar 2001 in sein Heimatland abgeschoben worden war, hat der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. am 7. März 2001 Folgendes in den Akten vermerkt (Bl.l 66 d.A.):

"Mit Staatsanwalt D. wurde Rücksprache gehalten. Im Hinblick auf die erforderlichen Zustellungen im Wege der Rechtshilfe, Kosten der Übersetzungen pp., erscheint es fraglich, ob ein Widerruf zur Zeit sinnvoll ist, zumal bereits ein Vollstreckungshaftbefehl besteht."

Die Staatsanwaltschaft B. erklärte sich mit der vorgeschlagenen Verfahrensweise am 14. März 2001 einverstanden (Bl. 67 d.A.), woraufhin der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. am 11. April 2001 unter Bestimmung einer Wiedervorlagefrist von einem Jahr Folgendes in den Akten niederlegte (Bl. 67 R d.A.):

"Nach telefonischer Mitteilung von Staatsanwalt D. vom 7.3.01 in Verbindung mit der Stellungnahme vom 14.3.01 soll nichts bezüglich eines Widerrufs veranlasst werden. Es ist abzuwarten, ob der Verurteilte aufgrund des Haftbefehls festgenommen wird."

Aus den Vermerken ergibt sich deutlich, dass über den Widerruf erst entschieden werden sollte, falls der Verurteilte erneut in die Bundesrepublik Deutschland einreist und aufgrund des Vollstreckungshaftbefehls festgenommen wird. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. ist deshalb weiterhin mit der Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung befasst (BGHSt 26, 165 ff; 278, 279; 30, 189 ff; BGH NStZ 93, 1000, 97, 406, 407; BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befasstsein 4, Zuständigkeitswechsel 3). Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 18. Juli 2002 kommt es auf eine etwaige Rücknahme des Widerrufsantrags durch die Staatsanwaltschaft B. nicht an, da die Entscheidungen nach § 56 f StGB von Amts wegen zu treffen sind. Solange die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. keine abschließende Entscheidung über den Widerruf getroffen hat, hat sie gemäß § 453 b Abs. 2 i.V.m. § 453 StPO auch für die Überwachung der Lebensführung des Verurteilten als solcher (nicht für Entscheidungen, mit denen sie nicht befasst war) bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Widerruf zuständig (vgl. KK-Fischer, StPO, 4. Aufl. § 462 a Rdnr. 21). Würde die nach dem Gesetz an die Entscheidungszuständigkeit gekoppelte Überwachungszuständigkeit vorher auf die durch Verlegung von der Justizvollzugsanstalt K. in die Justizvollzugsanstalt T. zuständig gewordene Strafvollstreckungskammer des Landgerichts T. übergehen, so müsste dieses spätestens mit der Entscheidung über den Straferlass inzident über den Widerruf befinden, wofür sie aber nicht zuständig ist.

Die Überwachungszuständigkeit ist entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft auch nicht nach Absehen von der Vollstreckung gemäß § 456 a Abs. 1 StPO und Abschiebung des Verurteilten von der Strafvollstreckungskammer auf das ursprünglich zuständige Amtsgericht B., das an dem Zuständigkeitsstreit nicht beteiligt ist, übergegangen. Die Fortwirkungszuständigkeit nach § 462 a Abs. 1 Satz 2 StPO besteht auch in diesem vom Wortlaut des Gesetzes nicht ausdrücklich erfassten Falles. Die für die Zuständigkeitsregelung maßgebliche Interessenlage ist im Fall des § 456 a Abs. 1 StPO die gleiche wie in den Fällen einer Unterbrechung oder Aussetzung der Vollstreckung, für die das Gesetz den Fortbestand der gemäß § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO begründeten Zuständigkeit vorsieht (BGH GA 1984, 513; KK-Fischer a.a.0. § 462 a Rdnr. 12).

Ende der Entscheidung

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