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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 02.05.2001
Aktenzeichen: 1 Ss 107/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 261 |
Steht bei "Aussage gegen Aussage" fest, dass der einzige Zeuge im Laufe des Verfahrens bewusst die Unwahrheit gesagt hat, kann seinen Angaben in der Regel nur gefolgt werden, wenn außerhalb der Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen. Solche Gründe können nicht in Umständen gesehen werden, deren Annahme Glaubhaftigkeit voraussetzt.
1 Ss 107/01 2040 Js 013566/00 -StA Koblenz-
In Strafsache
wegen Trunkenheit im Verkehr
hier: Revision der Angeklagten
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, den Richter am Oberlandesgericht Summa und die Richterin am Landgericht Schmitz am 2. Mai 2001 beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der 8. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 16. November 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Betzdorf hatte die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Siegen vom 22. Oktober 1996 einschlägig vorbestrafte Angeklagte wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 DM verurteilt und ihr - bei gleichzeitiger Anordnung einer 11-monatigen Sperrfrist gemäß § 69 a StGB - die Fahrerlaubnis entzogen.
Durch Urteil vom 16. November 2000 hat die Strafkammer ihre Berufung mit der Maßgabe verworfen, dass sie zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 DM verurteilt und die Sperrfrist auf 6 Monate verkürzt wird.
Grundlage des Schuldspruches sind folgende Feststellungen:
"In der Nacht vom 11. zum 12.03.2000 (Samstag auf Sonntag) hielt sich der Zeuge S. P. in der Gaststätte "A. D." in D. auf. Bei dem Zeugen P. handelt es sich um den ehemaligen Freund der Angeklagten. Er wohnte seinerzeit in H. bei B. M.. Er besaß weder eine Fahrerlaubnis noch einen PKW. Zu der Gaststätte war er mit einem Taxi gekommen. In der Gaststätte fand eine Geburtstagsfeier statt. Der Zeuge P. konsumierte in erheblichem Maß alkoholische Getränke.
Gegen Mitternach rief der Zeuge P. die Angeklagte in ihrer Wohnung an und bat sie, in die Gaststätte zu kommen. Die Angeklagte fuhr daraufhin mit ihrem PKW VW - Amtliches Kennzeichen: - zu der Gaststätte. Dort nahm sie an der Feier teil. Sie trank nach und nach erhebliche Mengen an Bier und Asbach-Cola. Einzelheiten zur Trinkmenge ließen sich nicht feststellen. An den Konsum von alkoholischen Getränken ist die Angeklagte gewohnt.
Im Verlaufe der Feier wandte sich der Zeuge P. anderen Frauen zu, was der Angeklagten missfiel. Die Unstimmigkeiten wurden dadurch beendet, dass die Angeklagte und der Zeuge P. die Gaststätte verließen. Dies kann gegen 05.00 Uhr (12.03.2000) gewesen sein, wahrscheinlich später. Die genaue Uhrzeit ließ sich nicht feststellen.
Die Angeklagte kam mit dem Zeugen P. überein, dass sie ihn zu seiner Wohnung nach H. bei B. M. fährt, wobei der Angeklagte wusste, dass sie durch die zuvor genossenen alkoholischen Getränke einen Rausch hatte und rauschbedingt nicht mehr fahrtüchtig war. Denoch entschloss sie sich dazu, den Zeugen P. mit ihrem PKW nach Hahn zu fahren.
Entsprechend diesem Entschluss fuhr die Angeklagte mit ihrem PKW von der Gaststätte "A. D." über die Kreisstraße in Richtung D., um über D., F., L. nach H. bei B. M. zu gelangen. Der Zeuge P. war ihr Beifahrer. Auf der Kreisstraße hinter "S. M." im Bereich von D. geriet die Angeklagte mit dem PKW von der regennassen Fahrbahn ab, wodurch der PKW in einen Graben rutschte. Anschließend versuchte die Angeklagte, den PKW aus dem Graben zu fahren, was nicht gelang. Auch dem Zeugen P. gelang dies nicht. Im Verlauf dieser Bemühungen hielt ein Autofahrer an, der der Angeklagten bekannt war, dessen Identität jedoch nicht festgestellt werden konnte. Man versuchte nun mit einem Telefonkabel, den PKW aus dem Graben zu ziehen, aber ohne Erfolg. Dieser Autofahrer fuhr mit der Zusage weiter, später wiederzukommen, um den PKW bergen zu helfen.
Der Zeuge P. blieb deshalb an der Unfallstelle und wartete auf die Rückkehr des hilfsbereiten Autofahrers, während die Angeklagte zu Fuß zu ihrem Haus ging. Obwohl sie keinen Haustürschlüssel dabei hatte, kam sie in ihr Haus. In das Haus gelangte sie durch die Garage und sodann durch den Keller. Sie besaß nur einen einzigen Autoschlüssel und einen einzigen Haustürschlüssel. Diese beiden Schlüssel hingen an einem Schlüsselbund. Der Autschlüssel steckte im Schloss des PKW. In ihrem Haus legte sie sich ins Bett.
Die von der Angeklagten an der Gaststätte "A. D." bis zur Unfallstelle zurückgelegte Fahrtstrecke beträgt etwa 1.500 m. Von der Gaststätte bis zu ihrem Haus sind es etwa 500 m; von ihrem haus bis zur Unfallstelle sind es etwa 1.000 m.
Gegen 06.57 Uhr (12.03.2000) wurde die Polizei in Betzdorf von einem anderen Autofahrer über den Unfall informiert. Die Polizeibeamten A. und K. fuhren daraufhin zur Unfallstelle, wo sie den Zeugen P. antrafen, der immernoch auf den hilfsbereiten Autofahrer wartete. Der Zeuge P. erklärte den Zeugen A. und K., dass die Angeklagte die Halterin des PKWŽs sei und den PKW gefahren habe. Die Zeugen A. und K. suchten daraufhin die Angeklagte auf, die sie im Bett liegend angetroffen haben. Sie sagte den Beamten, P. habe den PKW in den Graben gefahren; P. habe wohl den Autoschlüssel an sich genommen und den PKW gefahren."
Den weiteren Ausführungen ist zu entnehmen, dass sowohl die Angeklagte als auch der Zeuge P. am Morgen des 12. März 2000 Blutalkoholkonzentrationen von deutlich mehr als 2 Promille hatten.
Durch Beschluss vom 14. Juni 2000 hat das Amtsgericht Betzdorf der Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Ihr Führerschein wurde am 17. Juni 2000 von der Polizei sichergestellt.
Die Angeklagte hat bestritten, ihren PKW zur angegebenen Tatzeit geführt zu haben und behauptet, sie habe in der Gaststätte ihren Autoschlüssel dem Zeugen P. gegeben, um nicht in Versuchung zu kommen, alkoholisiert zu fahren. Es sei beabsichtigt gewesen, später gemeinsam zu Fuß zu ihr nach Hause zu gehen. Weil P. dann mit einer anderen Frau geflirtet habe, habe es Streit gegeben und sie sei alleine nach Hause gegangen.
Die Strafkammer hat die Einlassung als widerlegt angesehen und dazu ausgeführt
"Die Strafkammer folgt der Aussage des Zeugen P., die er an der Unfallstelle gegenüber den beiden Polizeibeamten gemacht und am 2. Tag der Berufungsverhandlung (16.11.2000) vor der Strafkammer wiederholt hat. Danach hat sich das Geschehen wie festgestellt zugetragen. Er hat vor der Strafkammer eindeutig erklärt, dass die Angeklagte ihren PKW gesteuert und in den Graben gefahren habe. Nur zur Uhrzeit 05.00 Uhr könne er keine sicheren Angaben machen, diese habe er seinerzeit geschätzt.
Die Strafkammer ist sich dessen bewusst, dass hier Aussage gegen Aussage steht, so dass alle Umstände herangezogen werden müssen, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungusten der Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind. Zu Gunsten der Angeklagten ist das Aussageverhalten des Zeugen P. während des Verfahrens anzuführen. Er hat am 19.06.2000 zusammen mit der Angeklagten den Verteidiger Rechtsanwalt E. aufgesucht und ein Schriftstück unterschrieben, wonach er den Wagen "genommen" und "in den Graben gesetzt habe" (Bl. 55 d.A.). Bei der daraufhin erfolgten polizeilichen Vernehmung vom 19.06.2000 hat er erklärt, dass er gefahren sei. In der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 06.07.2000 hat er dies wiederholt. Diese Widerrufe des Zeugen P. sind jedoch aus seinem Verhältnis zu der Angeklagten zu erklären. Die Angeklagte hat in der Berufungsverhandlung selbst angegeben, dass ihre Beziehung zu dem Zeugen P. wechselhaft gewesen sei, mal habe man sich vertragen, mal wieder nicht, mal sei man zusammen gewesen, mal wieder nicht. Es kam im Mai 2000 sogar zu Mißhandlungen, die zu dem Verfahren 2080 Js 27436/00 führten. Im Juni 2000 war dann wieder ein Phase, in der man sich erneut vertragen und geliebt hatte. Zudem "Widerruf" vom 19.06.2000 kam es ersichtlich dadurch, dass der Führerschein der Angeklagten am 17.06.2000 sichergestellt wurde. Der Zeuge P. wollte der Angeklagten helfen und blieb dabei bis zur erneuten Trennung vor der Berufungsverhandlung.
Von besonderer Bedeutung sind hier die objektiven Umstände. Der Zeuge P. hatte keine Fahrerlaubnis und keine Fahrpraxis und war außerdem wie die Angeklagte stark alkoholisiert. Schon von daher ist es wenig wahrscheinlich, dass er den PKW gesteuert hat. Bei der Befragung der Angeklagten am Bett hat die Angeklagte, wie der Zeuge K. glaubhaft ausgesagt und auch schon in seinem Bericht vom 12.03.2000 festgehalten hat, nach Belehrung erklärt, P. habe das Fahrzeug in den Graben gefahren; P. habe wohl den Autoschlüssel an sich genommen und den PKW gefahren. Ist die Angeklagte gemäß ihrer Einlassung vorzeitig zu Fuß nach Hause gegangen, so muss sie sich fragen lassen, woher sie dieses Wissen hat, dass Paul das Fahrzeug in den Graben gefahren hat. Sie selbst hat das Fahrzeug in den Graben gefahren. Ungereimt ist auch, dass die Angeklagte von der Gaststätte zu Fuß nach Hause gegangen sein will, ohne ihren Schlüssel mitzunehmen, weil das Auto ja nach ihrer Darstellung an der Gaststätte stehen bleiben sollte. Die Fahrt sollte nach H. gehen zu der Wohnung des Zeugen P., der Sachen im Kofferraum hatte. Wie sollte das Fahrzeug von H. wieder nach D. kommen, wenn nicht die Angeklagte gefahren hat. Der Zeuge P. hat keinen Führerschein. Nach den Entnahmen der Blutproben hat der Zeuge K. mit der Angeklagten und dem Zeugen P. die Stellung des Fahrersitzes überprüft. Während die Angeklagte (etwa 170 cm groß) auf der Fahrerseite ohne Probleme einsteigen und die Bedienteile des Fahrzeuges problemlos erreichen konnte, war dies bei dem Zeugen P. (etwa 180 cm goß) nicht möglich (Lichtbilder Bl. 16 d.A.). Dieser stieß, wie der Zeuge K. glaubhaft bekundet hat, beim einsteigen auf der Fahrerseite mit den Beinen mehrfach gegen das Lenkrad; er konnte nur unter Schwierigkeiten dort sitzen. Auch das ist ein bedeutendes Beweisanzeichen dafür, dass die Angeklagten ihren PKW gesteuert hat.
Bei einer Gesamtschau aller dieser Umstände hat die Strafkammer die zweifelsfreie Überzeugung gewonnen, dass der Zeuge P. in der Berufungsverhandlung die Wahrheit gesagt und dass die Angeklagte ihren PKW gesteuert hat. Die dem entgegenstehende Einlassung der Angeklagten ist eine Schutzbehauptung, die sich aus der Furcht der Angeklagten erklärt, eine neue Fahrerlaubnis wegen der Wiederholungstat und der hohen BAK nur unter großen Schwierigkeiten wieder zu erlangen."
Gegen das Berufungsurteil wendet sich die Angeklagte mit der Form - und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Revision. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass dahinstehen kann, ob die Verfahrensrügen ordnungsgemäß erhoben worden sind.
Die Beweislage ist vorliegend dadurch gekennzeichnet, dass die beiden einzigen Personen, die als Täter in Betracht kommen, in der Berufungshauptverhandlung sich gegenseitig ausschließende Schilderungen des Geschehens am Morgen des 12. März 2000 abgegeben haben, ohne dass die Strafkammer ergänzend auf weitere unmittelbar tatbezogene Beweismittel zurückgreifen konnte. Hinzu kommt, dass feststeht, dass der Zeuge P. bereit ist, vor Gericht zu lügen, denn er hat entweder vor dem Amtsgericht oder in der Berufungshauptverhandlung vorsätzlich die Unwahrheit gesagt.
In einem solchen Fall ist die lückenlose Darstellung und Gesamtwürdigung aller Umstände notwendig, die für und gegen die Richtigkeit der Zeugenaussage sprechen können. Den Angaben des (einzigen) Zeugen kann in der Regel nur gefolgt werden, wenn außerhalb der Aussage Gründe von Gewicht für ihre Glaubhaftigkeit vorliegen (s. BGH StV 98, 580; 00, 601 zum vergleichbaren Fall der Würdigung der Aussage eines Zeugen, der teilweise die Unwahrheit gesagt hat).
Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
1.
Der Tatrichter hat zwar dargelegt, dass P. im Laufe des Verfahrens einander widersprechende Aussagen gemacht hat. Es fehlen aber sowohl eine substantiierte Darstellung seiner Angaben vor und in der Berufungshauptverhandlung (vgl. BGH StV 00, 599) einschließlich der von ihm jeweils angegebenen Gründe für sein Aussageverhalten als auch entsprechende Plausibilitätsprüfungen. Ob die Ausführungen zu "seinem Verhältnis zu der Angeklagten" und zu dem Motiv für den "Widerruf" am 19. Juni 2000 Schlussfolgerungen des Gerichts sind oder auf Angaben des Zeugen (oder der Angeklagten?) beruhen, wird nicht hinreichend deutlich. Notwendig wäre insbesondere eine Auseinandersetzung mit seinem Verhalten im Berufungsverfahren gewesen. Ob er seine die Angeklagte entlastenden Aussagen von sich aus oder erst nach Vorhalt früherer gegenteiliger Angaben korrigiert hatte, bleibt offen. Auch wird nicht mitgeteilt, ob er im Hinblick auf seine Aussage vor dem Amtsgericht nach § 55 StPO belehrt wurde und deshalb die Möglichkeit hatte, sich ohne eine auch für ihn nachteilige Aussageänderung aus der Affäre zu ziehen (was ggf. die Frage aufgeworfen hätte, welches gewichtige Motiv ihn veranlasst haben könnte, sich selbst der Falschaussage vor dem Amtsgericht zu bezichtigen).
2.
Die von der Strafkammer als besonders bedeutend angeführten "objektiven Umstände" für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen P sind auch in einer Gesamtschau unzureichend.
a) Die Angeklagte hatte am Morgen des 12. März 2000, als sie von den ermittelnden Polizeibeamten zu Hause aufgesucht wurde, "nach Belehrung" erklärt, P. habe das Fahrzeug in den Graben gefahren. Daran knüpft die Strafkammer die Frage, "woher sie dieses Wissen hat". Diese Frage kann aber nur beantwortet werden, wenn man weiß, was die Beamten ihr vor Abgabe der Erklärung mitgeteilt hatten. Dazu könnte nach § 136 Abs. 2, 163 a Abs. 4 Satz 2 StPO auch die Information gehört haben, dass Paul bei dem im Straßengraben stehenden Fahrzeug angetroffen worden war und behauptet hatte, sie sei gefahren. Die Urteilsgründe verhalten sich darüber nicht.
b) Die Angeklagte hatte nicht nur bestritten, ihren PKW am Morgen des 12. März 2000 geführt zu haben, sondern behauptet, sie sei nach einem Streit mit P. allein nach Hause gegangen. Dem gegenüber geht die Strafkammer davon aus, beide hätten gemeinsam die Gaststätte verlassen und sich zu dem Fahrzeug der Angeklagten begeben. Mangels anderer Beweismittel kann diese Feststellung nur auf den Angaben des Zeugen beruhen, deren Glaubhaftigkeit zu prüfen war. Die Argumentation, es sei wenig wahrscheinlich, dass Paul gefahren sei, knüpft denkgesetzlich daran an, dass auch die Angeklagte als Fahrerin zur Verfügung stand. Diese Alternative kann nur angenommen werden, wenn die Angaben des Zeugen glaubhaft sind. Die Glaubhaftigkeit wird mit einem Umstand belegt, der Glaubhaftigkeit voraussetzt.
Gleiches gilt für die von der Strafkammer angenommene Ungereimtheit in der Einlassung der Angeklagten. Nach ihren Angaben sollte ihr PKW am Morgen des 12. März 2000 in D. stehenbleiben. Die Frage, wie das Fahrzeug von H. nach D. zurückkommen sollte, stellt sich erst, wenn man entsprechend der Aussage des Zeugen P. davon ausgeht, die Angeklagte habe gewusst, dass das Fahrzeug von D. nach H. bewegt werden soll.
c) Der Annahme der Strafkammer, P. habe keine Fahrpraxis gehabt, steht die Feststellung gegenüber, er habe versucht, den PKW der Angeklagten aus dem Graben zu fahren. Er ist folglich zumindest in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu bedienen. Dass er im März 2000 weder eine Fahrerlaubnis noch einen PKW hatte - und mehr ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen -, besagt nichts über seine tatsächlichen Fähigkeiten zum Führen eines Kraftfahrzeuges.
Im übrigen gibt es keinen Erfahrungssatz, wonach wahrscheinlicher ist, dass von zwei stark Alkoholisierten derjenige fährt, der eine Fahrerlaubnis und die höhere Fahrpraxis hat. Gerade unter Alkoholeinfluss können auch andere "vernünftige" Überlegungen eine Rolle spielen, z.B. die, dass derjenige, der keine Fahrerlaubnis hat, auch keine verlieren kann.
Tragfähig wäre die Argumentation der Strafkammer allenfalls dann, wenn feststünde, dass die Fähigkeiten des Zeugen so gering sind, dass er überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre, den PKW von der Gaststätte bis zur Unfallstelle zu führen. Dies hat die Strafkammer aber nicht festgestellt.
d) Es mag zutreffen, dass die von den Polizeibeamten festgestellte Einstellung des Fahrersitzes eher zu der Statur der Angeklagten passt. Die Feststellungen zum Tatgeschehen deuten aber darauf hin, dass P. bei dem Versuch, den PKW aus dem Graben zu fahren, als letzter vor dem Eintreffen der Polizei am Steuer gesessen hatte. Wenn dem so war, hatte ihn entweder - möglicherweise alkoholbedingt - die für ihn unbequeme Einstellung nicht gestört (was dann auch bei einer Fahrt bis zur Unfallstelle der Fall gewesen sein könnte) oder es sind bis zum Eintreffen der Polizei Veränderungen vorgenommen worden. Dann wäre aber die festgestellte Einstellung des Fahrersitzes kein "bedeutsames Beweisanzeichen" für die Täterschaft der Angeklagten.
Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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