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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 07.06.2000
Aktenzeichen: 1 U 964/97
Rechtsgebiete: UmwG, BGB, StrG, GG, ZPO


Vorschriften:

UmwG § 168 ff
UmwG § 131
BGB § 831
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB § 839 Abs. 1
LStrG § 39
GG Art. 34 Satz 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 11
ZPO § 713
Leitsatz:

Zu Entschädigungsansprüchen eines Unternehmens für durch Kanal- und Straßenbauarbeiten bedingte Eigentumsschäden und Vermögenseinbußen.


Geschäftsnummer: 1 U 964/97 4 O 139/96 LG Trier

Verkündet am 7. Juni 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz und Entschädigung.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaessner sowie die Richter am Oberlandesgericht Stein und Dr. Giese auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30. Mai 1997 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand (abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO):

Der Kläger ist Inhaber eines Floristenfachbetriebes und einer Gärtnerei mit Sitz in T. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin des kommunalen Eigenbetriebs der Stadt T. Sie, die Rechtsnachfolgerin, wird vom Kläger auf Schadensersatz und Entschädigung in Anspruch genommen.

Im Zeitraum von September/Oktober 1993 bis Juni 1994 wurden durch einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten beauftragten Subunternehmer Rohrverlegungsarbeiten in der Straße durchgeführt. Die Straße wurde in einer Breite bis zu 1,20 m aufgerissen und entstandene Gräben wurden durch eine Absperrung abgesichert. Die Stadtwerke hatten die Durchführung der Arbeiten im August 1993 in der Tagespresse bekannt gegeben.

Der Kläger bringt vor:

Durch die Bauarbeiten sei seinen Kunden die Zufahrt zu seinem Geschäftsbetrieb erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht worden. Hierdurch bedingt seien die Umsätze derart zurückgegangen, dass sein Betrieb existentiell gefährdet worden sei. Im Jahr 1993 habe er einen Verlust von etwa 47.000 DM und im Jahr 1994 einen solchen von etwa 24.000 DM hinnehmen müssen.

Sein Schaden bestehe in nutzlos gewordenen Aufwendungen für die Vorbereitung und Durchführung einer Teilnahme an der Internationalen Gartenausstellung (IGA) 1993 sowie den Folgekosten. Zusammen mache dies 35.307,35 DM aus.

Das Landgericht hat nach einer umfangreichen Beweisaufnahme zur Frage der Behinderung durch die Bauarbeiten, des Umsatzrückgangs und der Einbußen, die der Kläger ersetzt verlangt, der Klage in Höhe von 20.293,90 DM stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Entschädigungsanspruch wegen eines rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriffs in sein Recht an dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Eingriff durch die Baumaßnahmen, so das Landgericht, sei zwar grundsätzlich als rechtmäßig anzusehen. Die Beklagte habe jedoch durch unzureichende und verspätete Information nicht genügend auf die Belange der Anlieger Rücksicht genommen, so dass der Eingriff rechtswidrig sei.

Ersatzfähig seien 2/3 der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Werbe- und Sonderaktion (12.298,90 DM). Ersatzfähig sei auch der Schaden, der durch die nicht mehr absetzbaren Pflanzen (5.995 DM) und durch die Mehrkosten (2.000 DM) für die Überwinterung der noch lagerfähigen Pflanzen entstanden sei. Für eine Entschädigung aus rechtmäßigem enteignendem Eingriff fehle es an der Voraussetzung, dass die Opfergrenze überschritten sei.

Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Annahme eines enteignungsgleichen Eingriffs insbesondere im Zusammenhang damit, dass die Information der Anlieger verspätet erfolgt sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch gegen die beklagte GmbH zu und zwar unabhängig davon, ob man auf ein Verhalten der Stadt T als öffentlich-rechtliche Körperschaft, auf eine Betätigung des von ihr getragenen - früheren - Eigenbetriebs oder auf eine solche der Beklagten abstellt.

Da es schon an einem Anspruchsgrund mangelt und überdies die verlangten Ansprüche auch nicht nach Entschädigungsgrundsätzen ausgeglichen werden können, mag es dahingestellt bleiben, inwieweit eine (kumulative) Haftungsübernahme für öffentlich-rechtliche Ausgleichsansprüche durch einen privaten Rechtsträger nach §§ 168 ff i.V.m. § 131 Umwandlungsgesetz (vgl. dazu Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 168 Rnrn. 209, 261 - 265) stattfinden oder inwieweit § 831 BGB bei privatrechtlicher Haftung herangezogen werden muss oder kann.

I. Die Errichtung einer Kanalisation und die Verlegung sonstiger Versorgungsleitungen (vgl. BGH VersR 1998, 504), sowie deren Um- und Ausbau ebenso wie die Herstellung, Unterhaltung und der Ausbau von Straßen, stellen als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge grundsätzlich hoheitliche Maßnahmen der damit betrauten Körperschaften dar (BGH NJW-RR 1988, 136/137; VersR 1967, 859/860; Senat 1 U 1041/97, Urteil vom 12. Oktober 1999).

Wird die Erfüllung der Aufgaben aber auf die Ebene des Privatrechts verlagert, indem, wie hier, die beklagte GmbH bzw. die privatrechtliche Subunternehmerin mit der Bauausführung auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge betraut wird, beurteilt sich die Haftung nach Privatrecht und nicht nach öffentlichem Schadensersatz- oder Entschädigungsrecht, es sei denn, das Bauunternehmen sei durch Weisungen oder ähnliches so stark in seiner Handlungs- und Entscheidungsfreiheit eingeschränkt worden, dass es als Werkzeug oder Mittler der Behörde erschiene (vgl. BGH NJW 1980, 1679; NJW 1979, 164).

1. Eine privatrechtliche Haftung, die vollen Schadensausgleich gewährt, könnte nach § 823 Abs. 1 BGB gegeben sein dadurch, dass in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen worden wäre. Ein Entschädigungsanspruch käme analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht, wenn das Grundstück der Stadt T (Straße) durch die privatwirtschaftliche Nutzung (Baumaßnahmen) so auf den Gewerbebetrieb des benachbarten Klägers eingewirkt hätte, dass das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschritten worden wäre (BGH NJW 1999, 2896/3633; NJW-RR 1997, 1374; NJW 1979, 164; Senat 1 U 594/92, Urteil vom 25. November 1995).

2. Eine öffentlich-rechtliche Haftung nach § 39 Landesstraßengesetz scheidet von vorneherein aus, denn wenn ein Gewerbebetrieb wegen Kanalisationsarbeiten oder ähnlichen Baumaßnahmen in einer Straße einen geringeren Umsatz zu verzeichnen hat, kann ein Entschädigungsanspruch nicht auf diese Bestimmung gestützt werden, da es sich nicht um die Änderung einer Straße handelt (vgl. dazu Praxis der Gemeindeverwaltung, 169. Nachlieferung, L 12 Rheinland-Pfalz, Seite 130 oben).

In Betracht kämen jedoch ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG sowie Ansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff.

II. Die Beklagte haftet nicht wegen rechtswidrigen Verhaltens eines Beteiligten; denn ein solches liegt nicht vor.

1. Das Landgericht ist der Auffassung, die Beklagte hätte durch rechtzeitige Information der Anlieger, insbesondere der gewerblichen Anlieger, sicherstellen müssen, dass diese sich auf die bevorstehenden Bauarbeiten hätten einstellen können. Die bloße Pressemitteilung in der örtlichen Tageszeitung nur etwa zwei bis drei Wochen vor Beginn der Bauarbeiten sei nicht ausreichend gewesen.

Dieser Meinung vermag sich der Senat - im Ergebnis - nicht anzuschließen.

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass - je nach den Umständen - eine, auch gesteigerte, Informationspflicht bestehen kann.

Der Bundesgerichtshof hat in den Entscheidungen vom 30. April 1964 (MDR 1964, 656 "Bärenbaude") sowie vom 5. Juli 1965 (NJW 1965, 1907 "Buschkrugbrücke") ausgeführt: "wie in einem förmlichen Enteignungsverfahren die Enteignungsbehörde alle Beteiligten, also alle durch die Enteignung Betroffenen an dem Verfahren beteiligen muss, muss die Straßenbaubehörde heute vor Beginn von größeren Straßenbauarbeiten mit längeren Verkehrsbeschränkungen ebenfalls die davon betroffenen Anlieger anhören und auf ihre Belange bei ihren Plänen Rücksicht nehmen".

Diesen vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen lagen Erschwerungen durch äußerst umfangreiche und lang andauernde Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung einer Untergrundbahn zugrunde.

Solche Fallgestaltungen sind daher in tatsächlicher Hinsicht nicht mit dem hier zu entscheidenden Fall zu vergleichen, bei dem Straßenverkehr, wenn auch nur eingeschränkt, stattgefunden hat und bei dem die Behinderungsdauer unvergleichlich kürzer war.

Aber auch in rechtlicher Hinsicht besteht der Unterschied, dass beim U-Bahn-Bau die Opfergrenze erheblich niedriger angesetzt, dem Anlieger also auch aus diesem Gesichtspunkt weiterer Schutz zuteil wird als dem Anlieger, der wegen Beeinträchtigungen durch bloße Kanalisations- oder ähnliche Arbeiten Einbußen hinnehmen muss (vgl. BGHZ 57, 359).

Der Kläger war als Inhaber des Anliegerbetriebs daher aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen weniger schützenswert und bedurfte keiner Information, die einer "Bürgerbeteiligung" gleich kam.

b) Der Hinweis im T Volksfreund vom 21./22. August 1993 reichte in seiner Art und in seinem zeitlichen Vorlauf aus.

Nach den Bekundungen der Zeugin B, Nachbarin des Klägers, begannen die Aufrissarbeiten in der Straße im Oktober 1993. Der Zeuge B kann sich erinnern, etwa vier Wochen vor Baubeginn sei über die anstehenden Arbeiten im T Volksfreund berichtet worden. Der Baubeginn lag also Ende September, Anfang Oktober 1993 und hiervon geht letztlich auch der Kläger aus, der im Schriftsatz vom 20. August 1996 hat vortragen lassen (Seite 2/3 oben), der Erstaushub in dem hier maßgeblichen Bereich der Straße sei erst Anfang Oktober 1993 erfolgt und von diesem Zeitpunkt an sei die Zufahrtsmöglichkeit zu dem Gewerbebetrieb des Klägers ausgeschlossen gewesen.

Der Hinweis in der Tageszeitung etwa einen Monat zuvor und zwar über die betroffenen Straßen, den Beginn und die veranschlagte Dauer sowie unter Nennung des kompetenten Ansprechpartners, des Zeugen B, ist unter den gegebenen Umständen ausreichend. Soweit die Arbeiten entgegen der Ankündigung über das Jahresende 1993 hinaus andauerten, ist, wie noch auszuführen sein wird, dieser Umstand bei der Beurteilung der Anliegerinformation nicht zu berücksichtigen, denn die Bauzeitverzögerung war nicht vorhersehbar.

c) Der Abschluss der Baumaßnahmen erst im Juni 1994 verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und kann aus diesem Grunde auch nicht als rechtswidrig (bzw. amtspflichtwidrig) angesehen werden.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum enteignungsgleichen Eingriff im Zusammenhang mit Straßenausbesserungsarbeiten (VersR 1998, 504) muss der Anlieger Behinderungen durch solche Arbeiten grundsätzlich entschädigungslos dulden.

Die Behörde, so der Bundesgerichtshof, müsse jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und jede überflüssige Verzögerung vermeiden. Die Verkehrsbehinderungen durch derartige Straßenbauarbeiten blieben nur dann in den entschädigungslos hinzunehmenden Grenzen, wenn sie nach Art und Dauer nicht über das hinausgingen, was bei ordnungsgemäßer Planung und Durchführung der Arbeiten mit möglichen und zumutbaren Mitteln sachlicher und persönlicher Art notwendig sei. Bei einer nicht unerheblichen Überschreitung dieser Grenze bestehe ein Anspruch auf Entschädigung wegen rechtswidrigen enteignungsgleichen Eingriffs.

Diese Grundsätze hat der BGH auch auf Arbeiten an Versorgungsleitungen und ähnlichen Anlagen, die üblicherweise im Interesse der Allgemeinheit mit der Straße verbunden oder im Straßenkörper untergebracht werden, übertragen (BGH aaO linke Spalte).

bb) Wie der Zeuge B bekundet hat, wurde erst während der Bauarbeiten festgestellt, dass fast alle Gas- und Wasserhausanschlüsse hätten erneuert werden müssen. Wäre dies nicht notwendig gewesen, so der Zeuge, wären die Arbeiten etwa in der Hälfte der Zeit durchgeführt worden.

Mit diesem Umstand und dieser Erschwernis war zuvor nicht zu rechnen, so dass die Verzögerung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten der Beklagten nicht als rechtswidrig oder (amts-)pflichtwidrig angelastet werden kann.

2. Danach scheiden Ansprüche aus Amtshaftung sowie aus enteignungsgleichem Eingriff aus.

3. Es bestehen aber auch keine Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB wegen (rechtswidrigen) Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und zwar deshalb, weil es an dem erforderlichen betriebsbezogenen Eingriff mangelt.

a) Der wertende Begriff der Betriebsbezogenheit soll in einer ersten Grobauslese diejenigen den Gewerbebetrieb beeinträchtigenden Verhaltensweisen normativ ausgrenzen, gegenüber denen der Funktionsbereich des Unternehmens als organisches Mehr seiner Einzelfaktoren zusätzlichen Haftungsschutz verdient (RGRK-Kreft, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 42 m.w.N.). Die Bewertung hängt ab von Art und Umfang des Eingriffs. Abgesehen von der Fallgruppe der unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen werden im Wesentlichen nur noch Beeinträchtigungen als betriebsbezogen angesehen, die die Grundlagen des Betriebs bedrohen oder gerade den Funktionszusammenhang der Betriebsmittel auf längere Zeit aufheben oder seine Tätigkeit als solche in Fragestellen.

Wird der Gemeingebrauch an der Straße beeinträchtigt und erleidet ein benachbartes Unternehmen deswegen Geschäftseinbußen, liegt eine Betriebsbezogenheit nur vor, wenn die Behinderung nach Dauer und Intensität die Substanz des Betriebs bedroht (RGRK-Kreft aaO § 823 Rn. 44 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Die Opfergrenze ist bei Eingriffen in den Gewerbebetrieb unter dem Gesichtspunkt der Existenzbedrohung hinsichtlich des Schwellenwerts gleichsam anzusetzen unabhängig davon, ob Ansprüche auf § 823 Abs. 1 BGB, auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog oder auf enteignenden Eingriff gestützt werden (vgl. BGH NJW 1979, 165; NJW 1991, 1673; NJW 1974, 1869 und Nachweise bei Kodal-Grote, Straßenrecht, 6. Aufl., Seite 667 - 672).

b) Das Unternehmen des Klägers wurde durch die Baumaßnahmen zwar erheblich, nicht aber existentiell betroffen.

Wie das Landgericht auf der Grundlage der Beweiserhebung zu Recht hervorhebt, fand in der Straße durchaus Straßenverkehr statt, und der Zugang zum Betrieb des Klägers war durch die Baumaßnahmen allenfalls beeinträchtigt. Wie das Landgericht im Urteil weiter zu Recht hervorhebt, ist bei einem Umsatzrückgang von 579.000 auf 534.000 DM die Opfergrenze nicht überschritten (vgl. BGH NJW 1974, 1872 linke Spalte: Opfergrenze überschritten bei 20 Monaten Beeinträchtigung und 20 % Umsatzrückgang).

Darüber hinaus hat der Kläger im Termin vom 10. Mai 2000 selbst eingeräumt, dass es ihm gelungen war, durch seinen Filialbetrieb die Verluste in einem gewissen Umfang aufzufangen, wie es die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom betroffenen Unternehmer ohnehin verlangt (vgl. BGH NJW 1983, 1663; NJW 1980, 2704 rechte Spalte je m.w.N.).

III. Die Beklagte haftet nicht wegen rechtmäßigen aber entschädigungspflichtigen Verhaltens eines Beteiligten.

Dies folgt, wie bereits dargelegt, daraus, dass, anders als bei den sogenannten U-Bahnfällen, die Opfergrenze wesentlich höher, nämlich existentiell bedrohend anzusetzen ist (vgl. BGH NJW 1980, 2704 linke. Spalte).

Diese Schwelle ist hier nicht überschritten.

IV. Der Senat weist noch auf Folgendes hin:

Der Kläger beansprucht Ersatz fehlgeschlagener ("frustrierter") Aufwendungen.

Diese sind nach Enteignungs-Entschädigungsrecht als solche nicht erstattungsfähig.

Die Enteignungsentschädigung ist nicht Schadensersatz, sondern Wertausgleich und bemisst sich daher auch bei vorübergehenden Eingriffen nach dem Wert des betroffenen Rechts. Demzufolge ist bei der Bemessung der Entschädigung auszugehen vom Unterschied zwischen den Umsätzen und Erträgen am Tag des ersten Eingriffs und denen, die zur Existenzgefährdung geführt haben. Dabei ist nach der Rechtsprechung der ausgebliebene Betrag (Deckungsbeitragsverlust) auszugleichen; er kann bei vorübergehenden Eingriffen als die angemessene Nutzung des betroffenen Unternehmenswertes betrachtet werden (Aust/Jacobs, Enteignungsentschädigung, 4. Aufl., Seite 292 m.w.N.; vgl. auch Kodal-Grote aaO Seite 671, 672; BGH NJW 1977, 1817; NJW 1975, 1966).

Auf die Berufung der Beklagten ist daher das Urteil des Landgerichts teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert des Berufungverfahrens beträgt 20.293,90 DM; in dieser Höhe ist der Kläger durch das Urteil des Senats beschwert.

Ende der Entscheidung

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