Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 11.11.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 576/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 24
StPO § 26
StPO § 27
Da die Entscheidung über die Ablehnung allein auf die Zukunft gerichtet ist, braucht über eine Richterablehnung nur insoweit entschieden zu werden, als dies zur Wiederherstellung des gesetzlichen Richters, also des nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers, erforderlich ist. Dies ist hinsichtlich anderer abgelehnter Vertretungsrichter nicht der Fall, wenn deren Heranziehung wegen Wiederherstellung der Beschlussfähigkeit des Spruchkörpers in seiner Stammbesetzung nicht mehr in Betracht kommt.
Geschäftsnummer: 1 Ws 576/03 8003 Js 17841/99.Ds. 6 Ns StA Trier

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

In der Strafsache

wegen Urkundenfälschung u.a. hier: erneute Ablehnung von Mitgliedern des 1. Strafsenats

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe sowie die Richter am Oberlandesgericht Völpel und Summa

am 11. November 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Das gegen die Richterin am Oberlandesgericht Hardt gerichtete Ablehnungsgesuch des Angeklagten vom 17. September 2003 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Das gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Tzschoppe, die Richterin am Oberlandesgericht Hardt sowie die Richter am Oberlandesgericht Völpel und Summa gerichtete Ablehnungsgesuch des Angeklagten vom 11. Oktober 2003 wird als unzulässig verworfen.

3. Eine Entscheidung über die gegen die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger, den Richter am Oberlandesgericht Pott und den Richter am Landgericht Metzger gerichteten Ablehnungsgesuche des Angeklagten ist nicht mehr veranlasst.

Gründe:

I.

Die zum Amtsgerichts - Strafrichter - Saarburg erhobene Anklage vom 13. Juli 2001 legt dem Angeklagten versuchte Erpressung zum Nachteil der Zeugin L. und Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug zum Nachteil des Zeugen M. zur Last. Nachdem der Angeklagte im Hauptverhandlungstermin vom 16. Januar 2003 nicht erschienen war und der sogleich erlassene Vorführungsbefehl nicht vollstreckt werden konnte, hat das Amtsgericht Saarburg gestützt auf die angeklagten Taten und die Haftgründe der §§ 230 Abs. 2 und 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO Haftbefehl erlassen. Seit dem 5. Februar 2003 ist dieser Haftbefehl vollstreckt worden.

Die gegen den Haftfortdauerbeschluss des Amtsgerichts Saarburg vom 5. Februar 2003 gerichtete Beschwerde, über die die 5. Strafkammer des Landgerichts Trier mit Beschluss vom 7. März 2003 entschieden hat, hatte keinen Erfolg. Die dagegen gerichtete weitere Haftbeschwerde hat der erkennende Senat durch Beschluss vom 7. April 2003 in der Besetzung mit den Richtern von Tzschoppe, Völpel und Summa als unbegründet verworfen.

In der vom 22. April 2003 bis zum 19. Mai 2003 durchgeführten Hauptverhandlung hat das Amtsgericht das Verfahren hinsichtlich des Tatvorwurfs zum Nachteil der Zeugin L. abgetrennt und den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug und mit falscher Versicherung an Eides statt zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Haftbefehl hat es am Tag der Urteilsverkündung neu gefasst und diesen nur noch auf die abgeurteilte Tat und den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt. Aufgrund dieses Haftbefehls ist ab dem 19. Mai 2003 die Untersuchungshaft vollzogen worden.

Gegen das Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.

Mit am 5. Juni 2003 bei Gericht eingegangenen Schreiben hat der Angeklagte die Aufhebung des neuen Haftbefehls beantragt. Das Amtsgericht hat den Haftbefehl durch Beschluss vom 18. Juni 2003 aufrechterhalten. Über die dagegen gerichtete Beschwerde des Angeklagten vom 21. Juni 2003 und 30. Juni 2003 konnte in der Folgezeit durch die Beschwerdekammer nicht entschieden werden, weil der Angeklagte die zur Entscheidung berufenen Mitglieder der 5. Strafkammer des Landgerichts Trier wegen Befangenheit abgelehnt hat.

Den Befangenheitsantrag hat die Strafkammer durch Beschluss vom 8. Juli 2003 mit der Begründung als unzulässig verworfen, der Angeklagte wolle das Verfahren durch den Antrag offensichtlich nur verschleppen.

Gegen diesen Beschluss hat der Angeklagte am 25. Juli 2003 sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich die von ihm namentlich benannten Senatsmitglieder, die an der Entscheidung vom 7. April 2003 mitgewirkt hatten, wegen Befangenheit abgelehnt, weil die abgelehnten Richter dabei "zu keiner Zeit eine tatsächliche Aktenprüfung" zum dringenden Tatverdacht und zu den Haftgründen "durchgeführt ..., willkürlich das rechtliche Gehör verletzt ...", sich "wissentlich und willentlich der Freiheitsberaubung im Amt, der vorsätzlichen schweren Körperverletzung ff." schuldig gemacht hätten und "mit ihren freien Erfindungen imaginärer Straftaten ... die untergeordneten Personen darin bestärkt (hätten) gegen einen Unschuldigen mit allen Mitteln vorzugehen.

Das Ablehnungsgesuch hat der Senat mit Beschluss vom 9. September 2003 in der Besetzung mit den Richtern Pott und Metzger sowie der Richterin Hardt als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 17. September 2003, eingegangen am 25. September 2003, hat der Angeklagte die Senatsmitglieder, die am Beschluss vom 9. September 2003 mitgewirkt haben, wegen Befangenheit abgelehnt mit der Behauptung, sie hätten durch diese Entscheidung "ihre Richterkollegen mit allen Mitteln zu schützen (ver)-sucht."

Am selben Tag hat der Angeklagte ein weiteres Ablehnungsgesuch vom 19. September 2003 gegen die Richter von Tzschoppe, Pott, Völpel, Summa und Metzger sowie die Richterin Hardt vorgelegt mit der Behauptung, sie hätten es wissentlich geduldet, "dass nicht die jeweils zuständige Strafkammer am Landgericht Trier als erkennender Spruchkörper und/oder nach dem Geschäftsverteilungsplan die zuständige Kammer über die jeweilige Haftsache entscheidet, vielmehr eine unzulässige Sonderkammer, mit den Auswirkungen, dass dem Betroffenen willkürlich der gesetzliche Richter aus seinem Grundrecht des Art. 101 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK entzogen" werde. Dieses Ablehnungsgesuch hat der Senat in der Besetzung mit den Richtern von Tzschoppe und Summa sowie der Richterin Zeitler-Hetger mit Beschluss vom 30. September 2003 als unzulässig verworfen. Soweit das Ablehnungsgesuch den Richter Pott betraf, wurde darüber nicht entschieden. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass nach dem vorgetragenen Sachverhalt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Ablehnungsgrund in Betracht komme. Der Angeklagte habe offensichtlich die Vorschrift des § 321 StPO nicht berücksichtigt, wonach die Sache erst mit Eingang der Akten beim Berufungsgericht dort anhängig und erst hierdurch die Zuständigkeit der Berufungskammer für die weiteren Entscheidungen begründet werde.

Am 6. Oktober 2003 sind die Akten gemäß § 321 StPO bei der Berufungskammer des Landgerichts Trier eingegangen (Bl. 952 d.A.). Mit Beschluss vom 16. Oktober 2003 hat diese den Haftbefehl des Amtsgerichts Saarburg vom 19. Mai 2003 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt (Bl. 964 d.A.).

Am 21. Oktober 2003 hat der Angeklagte dem Senat ein weiteres von ihm am 11. Oktober 2003 gefertigtes Ablehnungsgesuch gegen die Richter von Tzschoppe, Pott, Völpel, Summa und Metzger sowie die Richterinnen Zeitler-Hetger und Hardt vorgelegt. Zur Begründung hat er hinsichtlich der Richter, die an dem Beschluss vom 30. September 2003 mitgewirkt haben, vorgebracht, dass diese "erneute Unhaltbarkeiten" erfunden und "nicht auf den wahren Sachverhalt" eingegangen seien. Im Übrigen stützt er sich zur Begründung des Ablehnungsgesuches erneut auf die Mitwirkung der verschiedenen Richter an den von ihm für rechtswidrig erachteten Beschlüssen vom 7. April und 9. September 2003.

II.

1.

Keiner Entscheidung mehr bedürfen die Ablehnungsgesuche gegen die Richter Metzger vom 17. September 2003, Pott vom 17. und 19. September 2003, die Richterin Zeitler-Hetger sowie die Richter Pott und Metzger vom 11. Oktober 2003.

Da die Entscheidung über die Ablehnung allein auf die Zukunft gerichtet ist (OLG Koblenz NStZ 83,471), braucht über eine Richterablehnung nur insoweit entschieden zu werden, als dies zur Wiederherstellung des gesetzlichen Richters, also des nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers, erforderlich ist. Dies ist hinsichtlich der vorgenannten Richter nicht der Fall, weil Richter Summa, dessen Ablehnung bereits unzulässig (siehe unten 3) und deshalb unbeachtlich ist, für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Verfügung steht (§ 26 a Abs. 2 S. 1 StPO) und eine Heranziehung der genannten (Ersatz-)Richter, die dem Senat nicht angehören, wegen Beschlussfähigkeit des Senats in seiner Stammbesetzung nicht mehr in Betracht kommt. Im Übrigen wären die gegen diese Richter gerichteten Ablehnungsgesuche auch aus den gleichen Gründen unzulässig bzw. unbegründet wie die Ablehnung der in denselben Gesuchen aufgeführten Mitglieder des 1. Strafsenats.

2.

Das gegen Richterin Hardt gerichtete Ablehnungsgesuch des Angeklagten vom 17. September 2003 ist unbegründet.

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 9. September 2003, auf den Bezug genommen wird, ausführlich dargelegt, dass die Mitwirkung an früheren Entscheidungen regelmäßig kein Befangenheitsgrund ist (BGHSt 15, 40, 46; NStZ 1985, 492; Beschluss vom 10. September 2002 - 2 StR 169/02 -; Senat, Beschluss vom 20. Oktober 2001 - 1 Ws 373, 993 und 1173/01 -). Nach der dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin ist - entgegen dem Vorbringen des Angeklagten, man habe Richterkollegen mit allen Mittel zu schützen versucht - keinerlei Anhalt für eine willkürliche Entscheidung gegeben.

3.

Das gegen die Richter von Tzschoppe, Völpel und Summa sowie die Richterin Hardt gerichtete Ablehnungsgesuch des Angeklagten vom 11. Oktober 2003 ist bereits unzulässig.

a) Soweit die Richter von Tzschoppe, Völpel und Summa erneut wegen ihrer Mitwirkung am Beschluss vom 7. April 2003 abgelehnt worden sind, ist das Gesuch unzulässig, weil über die vorgebrachten Ablehnungsgründe bereits durch Beschluss vom 9. September 2003 entschieden worden ist. Dieser Ablehnungsgrund ist damit verbraucht.

b) Hinsichtlich der Ablehnung der Richterin Hardt stellt sich das Ablehnungsgesuch als Wiederholung seines gegen diese Richterin vorgebrachten Befangenheitsantrags vom 17. September 2003 dar, über den durch Ziffer 1 des Beschlusstenors entschieden worden ist. Neue Aspekte werden insoweit nicht aufgezeigt.

c) Soweit die Richter von Tzschoppe und Summa wegen ihrer Mitwirkung am Beschluss vom 30. September 2003 abgelehnt werden, ist der Befangenheitsantrag ebenfalls unzulässig. Dem Angeklagten ist durch Beschluss vom 9. September 2003 ausführlich dargelegt worden, dass die Mitwirkung an früheren, ihm ungünstigen Entscheidungen grundsätzlich kein Ablehnungsgrund ist. Anhaltspunkte, die Grund zu der Annahme geben könnten, die vorbenannten Senatsmitglieder hätten mit dem früheren Beschluss ihre Richterpflichten verletzt, insbesondere eine abwegige oder den Anschein der Willkür erweckende Entscheidung getroffen, bestehen nicht. Da die Sache erst am 6. Oktober 2003 bei der Berufungskammer gemäß § 321 StPO eingegangen ist, war zur Entscheidung über die Haftbeschwerde des Angeklagten zu diesem Zeitpunkt die nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Beschwerdekammer und nicht die Berufungskammer zuständig. Die Ablehnung des Befangenheitsantrags vom 19. September 2003 durch Beschluss vom 30. September 2003 kann deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als Ablehnungsgrund in Betracht kommen.

Der Senat kann diese Entscheidung gemäß § 27 Abs. 1 StPO unter Mitwirkung der abgelehnten Richter treffen.

Ende der Entscheidung

Zurück