Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 11.05.2001
Aktenzeichen: 10 U 1251/00
Rechtsgebiete: AKB, VVG
Vorschriften:
AKB § 12 Nr. 1 I. b) | |
VVG § 61 |
GOBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES Urteil - abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -
Verkündet am: 11. Mai 2001
in dem Rechtsstreit
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18. August 2000 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus Teilkaskoversicherung wegen Diebstahls eines PKW's in Anspruch.
Der Kläger war Eigentümer eines PKW Opel Astra, der bei der Beklagten versichert war. Am 29.12.1998 befand sich der Kläger mit seiner Ehefrau zu Besuch bei deren Eltern in B Niederlande. Der PKW Opel Astra war vor dem Haus der Schwiegereltern geparkt und abgeschlossen. Die Ehefrau des Klägers fuhr mit ihrer Mutter in einem PKW Mercedes der Eltern zu einem 1,5 km entfernten Einkaufszentrum. Die Ehefrau des Klägers ließ die Handtasche im PKW der Eltern, in der sich der Fahrzeugschlüssel zu dem PKW Opel Astra, ein Haustürschlüssel zu der vom Kläger und ihr bewohnten Wohnung und ihr Führerschein und ihr Personalausweis befanden. Der Mercedes wurde vom Parkplatz des Einkaufszentrums entwendet. Zwischen 22.00 und 23.00 Uhr am Abend des gleichen Tages wurde auch der bei der Beklagten versicherte PKW Opel Astra, der zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 110.000 km aufwies und einen Zeitwert von 13.000,-- DM hatte, vor dem Haus der Eltern gestohlen. Die Beklagte lehnte die Regulierung des Schadens wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls ab, weil der Kläger nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um die Entwendung des versicherten PKW's Opel Astra zu verhindern.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 12.700 DM nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Berufung.
II.
Dem Kläger steht gemäß § 12 Nr. 1 I. b) AKB ein Anspruch auf Erstattung des Zeitwerts des gestohlenen PKW's abzüglich der Selbstbeteiligung zu. Die Beklagte ist nicht wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls leistungsfrei geworden (§ 61 VVG). Die in § 61 VVG neben der Herbeiführung des Versicherungsfalls geforderte grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten in hohem Maß außer acht gelassen worden ist. Es muss sich auch in subjektiver Hinsicht um ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden handeln (BGH Urteil vom 14.7.1986 - IVa ZR 22/85 - Zfs 1986, 376; Senatsurteil vom 19.2.1999 - 10 U 129/98 - NVersZ 1999, 429 = VersR 2000, 224 LS = Zfs 2000, 112). Diese grobe Fahrlässigkeit kann nicht darin gesehen werden, dass der Kläger es unterlassen hätte, durch geeignete Schutzmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der versicherte PKW Opel Astra nicht entwendet wird. Mit der Berufung und entgegen der Auffassung des Landgerichts geht der Senat allerdings davon aus, dass der PKW Opel Astra mit dem Originalschlüssel entwendet wurde, der sich in der Handtasche der Ehefrau des Klägers befunden hatte, welche in dem zuvor gestohlenen PKW Mercedes zurückgelassen worden war. Zwar ist richtig, dass der PKW des Klägers nach dem Diebstahl nicht wieder aufgefunden wurde und deshalb keine konkreten Feststellungen dazu getroffen werden konnten, ob der PKW tatsächlich mit einem Originalschlüssel entwendet wurde oder nicht. Der Senat ist jedoch aufgrund der Gegebenheiten davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der PKW des Klägers mit dem Originalschlüssel von den gleichen Tätern entwendet worden ist, die am gleichen Tage zuvor den PKW Mercedes seiner Schwiegereltern gestohlen haben. Bereits die Tatsache, dass wenige Stunden nach dem Diebstahl des Schlüssels das zugehörige Fahrzeug gestohlen worden ist, spricht aufgrund des zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs dafür, dass der Originalschlüssel für den Diebstahl verwendet wurde. Aufgrund des Kfz-Kennzeichens des gestohlenen PKW's Mercedes war die Anschrift der Schwiegereltern unschwer herauszufinden. Da die Ehefrau des Klägers in der Handtasche zumindest ihren Führerschein und Personalausweis belassen hatte - ob sich auch der Fahrzeugschein in der Handtasche befand, ist streitig - konnten die Täter den Schlüssel einem deutschen Fahrzeug zuordnen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem Ort B, in den Niederlanden um einen kleineren Ort handelt, so dass das Auffinden des PKW's des Klägers nicht schwierig gewesen sein dürfte. Der Anscheinsbeweis spricht deshalb dafür, dass der PKW Opel Astra mit dem Originalschlüssel entwendet wurde.
Gleichwohl rechtfertigt das Unterlassen, geeignete Schutzmaßnahmen zur Vermeidung einer Entwendung des PKW's Opel Astra zu ergreifen, nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Der Kläger musste nicht zwingend damit rechnen, dass die Täter, die zuvor den PKW Mercedes der Schwiegereltern entwendet haben, sich in die Gefahr begeben würden, den vor dem Haus der Schwiegereltern abgestellten PKW Opel Astra des Klägers mittels des zurückgelassenen Originalschlüssels zu entwenden. Die Täter mussten damit rechnen, dass nach Entwendung des PKW's Mercedes mit den dort verbliebenen Dokumenten und Schlüsseln der PKW Opel Astra beobachtet werden würde. Für die Diebe hat eine erhöhte Gefahrenlage bestanden, bei einem erneuten Diebstahl ertappt zu werden. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht damit rechnen musste, dass für die Täter - anders als bei der vorausgegangenen Entwendung des PKW's Mercedes - ein Interesse an einem älteren PKW Opel Astra mit immerhin einer Laufleistung von 110.000 Km bestehen würde. Die von der Beklagten unterbreiteten Vorschläge, dem Kläger sei es zuzumuten gewesen, den PKW Opel Astra in die Garage zu schieben oder einen Hund an dem Fahrzeug festzubinden, der Alarm schlagen könnte, erscheinen überzogen. Gleiches gilt für das Argument, man habe den PKW zuparken, Luft aus den Reifen lassen oder sich eines Schlüsseldienstes bedienen können, um den PKW zu öffnen und anschließend die Fahrzeugbatterie zu entfernen. Derartige Vorstellungen mussten sich dem Kläger nicht aufdrängen.
Die Berufung war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und die Beschwer der Beklagten betragen 12.700,-- DM.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.