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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: 10 U 1252/03
Rechtsgebiete: VHB 84, VVG


Vorschriften:

VHB 84 § 1 Ziffer 1
VHB 84 § 13 Ziffer 3 a)
VHB 84 § 13 Ziffer 3 b)
VHB 84 § 13 Ziffer 3 c)
VHB 84 § 10 Ziffer 3 b)
VVG §§ 23 ff.
1) Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (BGHZ 122, 250 [252 ff.] = VersR 1993, 828 [829]; BGH Urteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229,1230 = NJW 1996, 2935,2936; Senatsurteile vom 20. November 1998 - 10 U 1428/97 - NJW-RR 1999, 536 = NVersZ 1999, 482 = VersR 1999, 1231; vom 22. Dezember 2000 - 10 U 508/00 - NVersZ 2001, 325 = OLGR 2001, 353 = VersR 2001, 1507; Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2003 -10 U 1117/02 - OLGR 2004, 251 = VersR 2004, 642)

2) Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung kann von einer Übernahme der Risikoverwaltung für ein Hausanwesen nicht ausgegangen werden, wenn die pflegebedürftige und an einer Alzheimer-Erkrankung leidende Versicherungsnehmerin sich zeitweilig im Haushalt ihrer Tochter aufhält, andere Personen sich indes sich um das Hausanwesen der Versicherungsnehmer kümmern.

3) Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung setzt eine Gefahrerhöhung im Sinne von § 10 Ziffer 3 b) VGB 88 voraus, dass sich die Gefahrenlage gegenüber der Situation bei Vertragsschluss nachträglich verschlechtert hat. Das Leerstehenlassen eines Gebäudes begründet für sich allein noch keine Erhöhung der Brandgefahr, wenn nicht weitere Umstände hinzukommen. Eine Gefahrerhöhung kann zu bejahen sein, wenn durch Verwahrlosung des Gebäudes das Leerstehen offenbart wird.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Hinweisbeschluss

(gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 1252/03

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert

am 17. Juni 2004

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 30. September 2004.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Gründe:

I.

Die Kläger, eine Erbengemeinschaft, nehmen die Beklagte aus Wohngebäude- und Hausratsversicherung aufgrund eines Brandereignisses In Anspruch.

Die Mutter der Kläger war Eigentümerin des Hausgrundstückes in V.. Am 25.10.2000 ereignete sich dort ein Wohnungsbrand. Die wegen Alzheimer-Krankheit pflegebedürftige Mutter der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt im Haus der Klägerin zu 1). Der Kläger zu 2) hielt sich ca. 1/ 2 Stunde vor Entdeckung des Brandes in dem versicherten Gebäude auf, um dort Gemüse aus der Tiefkühltruhe zu entnehmen. Gegen ihn wurde wegen Verdachts der Brandstiftung ein Ermittlungsverfahren geführt . Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde abgelehnt.

Die Kläger haben als Gesamthandsgläubiger die Beklagten auf Zahlung von 64.039,31 € nebst 1 % Zinsen unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % seit dem 25.10.2000 bis 4.2.2002 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.2.2002 in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht für das Brandereignis abgelehnt. Sie hat behauptet, der Kläger zu 2) habe den Brand vorsätzlich gelegt. Dies müssten sich die Kläger zurechnen lassen, weil der Kläger zu 2) Repräsentant der verstorbenen Mutter der Kläger gewesen sei. Er habe die Risikoverwaltung für das Gebäude übernommen. Dem stehe nicht entgegen, dass alle das Gebäude betreffenden vertraglichen Verwaltungshandlungen wie Zahlungen usw. von der Klägerin zu 1) erledigt worden seien. Da der Kläger zu 2) den Garten und das Haus gepflegt habe, habe er die tastsächliche Obhut über das Haus ausgeübt. Zur Begründung ihrer Leistungsfreiheit beruft sich die Beklagte ferner auf § 69 VVG. Dem Begehren der Kläger stehe der Arglisteinwand entgegen, weil der Kläger zu 2) das, was die Beklagte an die Kläger leiste, im Wege des Regresses wieder zurückgeben müsse. Außerdem sei Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung eingetreten. Da die Mutter der Kläger auf Dauer bei der Klägerin zu 1) gewohnt habe, habe das Haus nach außen einen unbewohnten Eindruck gemacht. Bezüglich des versicherten Hausrats beruft sich die Beklagte auf § 13 Ziffer 3 b VHB 84, weil die versicherte Wohnung mehr als 60 Tage unbewohnt gewesen sei. Die zwischenzeitlich verstobene Mutter der Kläger habe ihren Lebensmittelpunkt verändert, deshalb sei der Ort des versicherten Hausrates der Aufenthaltsort der Versicherungsnehmerin bei der Klägerin zu 1).

Die Kläger haben bestritten, dass der Kläger zu 2) das versicherte Haus in Brand gesetzt habe. Dem Kläger zu 2) komme keine Repräsentantenstellung zu. Es seien keine leistungsausschließenden Gefahrerhöhungen erfolgt. Der im Haus verbliebene Hausrat sei auch weiterhin versichert gewesen, da die Verstorbene immer die Rückkehr in ihr Haus gewünscht habe.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagte verurteilt, an die Kläger als Gesamthandsgläubiger einen Betrag von 64.039,31 € nebst Zinsen zu zahlen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens geltend, der Sohn der Versicherungsnehmerin sei sehr wohl Repräsentant gewesen. Es liege eine Eigenbrandstiftung vor. Aufgrund des zum Zeitpunkt des Brandes schon geraume Zeit zurückliegenden Auszugs der Versicherungsnehmerin habe diese ihren Lebensschwerpunkt nicht am Schadensort gehabt, so dass dieser nicht mehr Versicherungsort gewesen sei.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

1) Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, an die Kläger als Gesamthandsgläubiger Leistungen aus der Wohngebäudeversicherung gemäß § 1 Ziffer 1 VGB 88 und aus der Hausratsversicherung gemäß § 1 Ziffer 1 VHB 84 zu zahlen. Die Beklagte ist nicht gemäß § 61 VVG wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles leistungsfrei geworden.

Das Landgericht ist der Frage, ob der Brand möglicherweise vorsätzlich gelegt worden ist und der Kläger zu 2) hierfür als Täter in Frage kommt, zu Recht nicht weiter nachgegangen, da es für die Entscheidung der hier geltend gemachten Ansprüche darauf nicht ankommt. Versicherungsnehmerin war die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Kläger, die als Erbengemeinschaft die Ansprüche aus der Wohngebäude- und Hausratsversicherung gegen die Beklagte verfolgen. Die Versicherungsnehmerin bzw. nunmehr als Rechtsnachfolgerin die Erbengemeinschaft muss sich ein etwaiges schuldhaftes Verhalten des Klägers zu 2), wofür es aus Sicht des Senats aufgrund der Erkenntnisse aus dem Inhalt der Gerichtsakte und der Ermittlungsakte wenig konkrete und gesicherte Anhaltspunkte gibt, nicht zurechnen lassen. Denn der Kläger zu 2) war nicht Repräsentant der verstorbenen Versicherungsnehmerin.

a) Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Es braucht nicht noch hinzuzutreten, dass der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat. Übt der Dritte aber aufgrund eines Vertrags- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich aus, kann dies unabhängig von einer Übergabe der versicherten Sache für seine Repräsentantenstellung sprechen (BGHZ 122, 250 [252 ff.] = VersR 1993, 828 [829]; BGH Urteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 287/95 - VersR 1996, 1229,1230 = NJW 1996, 2935,2936; Senatsurteile vom 20. November 1998 - 10 U 1428/97 - NJW-RR 1999, 536 = NVersZ 1999, 482 = VersR 1999, 1231; vom 22. Dezember 2000 - 10 U 508/00 - NVersZ 2001, 325 = OLGR 2001, 353 = VersR 2001, 1507; Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2003 -10 U 1117/02 - OLGR 2004, 251 = VersR 2004, 642)

Die Beweisaufnahme vor dem Landgericht hat nicht ergeben, dass der Kläger zu 2) für seine Mutter die Risikoverwaltung für das Hausanwesen und das dortige Inventar übernommen hatte. Der Kläger hat sich zwar gelegentlich in das Haus begeben, um dort nach dem Rechten zu schauen. Auch suchte er hin und wieder die Kühltruhe auf, um dort Lebensmittel zu entnehmen. Tatsächlich verhielt sich der Sachverhalt aber nicht so, dass dem Kläger zu 2) ausschließlich die Obhut über das Haus oblegen hätte. Denn auch die Klägerin zu 1), die am gleichen Ort wohnte, hat sich um die Angelegenheiten gekümmert. Zudem hat die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben, dass sich die Schwester der Versicherungsnehmerin mehrmals im Jahr im Haus der Versicherungsnehmerin aufhielt und nach dem Rechten schaute. Zudem wurden die Vertragsangelegenheiten von der mit diesen Aufgaben bevollmächtigten Tochter der Versicherungsnehmerin, der Klägerin zu 1), übernommen. Es haben sich demnach mehrere Personen um das Anwesen gekümmert. Aus dem Umstand, dass der Kläger zu 2) das Haus ein- bis zweimal in der Woche aufgesucht hat, kann keine Repräsentantenstellung gefolgert werden.

Auch wenn aus Sicht der Beklagten ein Bedürfnis für eine Repräsentantenhaftung besteht, hat dies nicht zwingend die Folge, dass bei zeitweiligem Aufenthalt der an der Alzheimer-Krankheit leidenden Versicherungsnehmerin im Haushalt der Tochter, der Klägerin zu 1), eine der Versicherungsnehmerin nahe stehende Person notwendig in die Stellung eines Repräsentanten eintritt. Es ist heute nicht unüblich, dass ältere Menschen zeitweise infolge eines Krankenhausaufenthalts oder Pflege bei Familienangehörigen ihre häusliche Umgebung verlassen müssen. Dies führt indes nicht dazu, dass eine dem Versicherungsnehmer nahe stehende Person zwangsläufig Repräsentant des Versicherungsnehmers wird.

b) Das Landgericht führt zu Recht aus, dass die Tatsache, dass der Kläger zu 2), wohl als Mitglied der Erbengemeinschaft, im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, kein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gegenüber den Klägern als Erbengemeinschaft begründen kann. § 69 Abs. 1 VVG findet vorliegend keine Anwendung. Nach § 69 Abs. 1 VVG tritt dann, wenn die versicherte Sache von dem Versicherungsnehmer veräußert wird, an die Stelle des Veräußerers der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein. Hier geht es jedoch nicht um eine rechtsgeschäftlich herbeigeführte Einzelrechtsnachfolge, sondern um eine Gesamtrechtsnachfolge, auf die §§ 69 und 71 VVG keine Anwendung finden (Prölss/Kollhosser, VVG Kommentar, 27. Aufl.2004, § 69 VVG Rn. 6 unter Hinweis auf RGZ 125, 193; OLG Düsseldorf VersR 1958, 758; AG Kassel NVersZ 2001, 240).

Auch der von der Berufung geltend gemachte Arglisteinwand "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" (BB 7, GA 292) greift nicht. Es handelt sich hier entgegen den Ausführungen der Berufung nicht um den klassischen Anwendungsfall, dass derjenige, der Leistung fordert, die er zuvor aus einem anderen Rechtsgrund wieder zurückgeben muss, arglistig handelt. Selbst wenn eine vorsätzliche Brandstiftung durch den Kläger zu 2) nachgewiesen wäre und mit Zahlung der Versicherungsleistung an die Erbengemeinschaft Regressansprüche kraft Gesetzes (§ 67 Abs. 1 VVG) auf die Beklagte übergingen, wäre nur der Kläger zu 2) zu einer Rückzahlung an die Beklagte, nicht aber die Erbengemeinschaft verpflichtet. Auch würde der Einwand nicht in Höhe eines 1/3-Anteils der Versicherungssumme greifen, da die Erbengemeinschaft als Gesamthandsgläubigerin über die Versicherungsleistung verfügt. Deshalb sind die von der Berufung aufgeführten Indizien, die für eine Eigenbrandstiftung des Klägers zu 2) sprechen, für die Entscheidung dieses Falles irrelevant.

2) Die Beklagte ist auch nicht wegen Gefahrerhöhung gemäß §§ 23 ff. VVG i.V.m. § 10 Ziffer 3 b) VGB 88, § 13 Ziffer 3 a) bis c) VHB 84 leistungsfrei geworden.

a) Eine Gefahrerhöhung ergibt sich nicht bereits aus einem Leerstehenlassen eines Gebäudes. Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung setzt eine Gefahrerhöhung im Sinne von § 10 Ziffer 3 b) VGB 88 voraus, dass sich die Gefahrenlage gegenüber der Situation bei Vertragsschluss nachträglich verschlechtert hat (Prölss/Kollhosser, aaO, VGB 88, § 10 Rn. 1 unter Hinweis auf VGB 62 § 8 Rn. 2 m.w.N.; OLG Hamm VersR 1998, 1152). Das Leerstehenlassen eines Gebäudes begründet für sich allein noch keine Erhöhung der Brandgefahr, wenn nicht weitere Umstände hinzukommen. Eine Gefahrerhöhung kann zu bejahen sein, wenn durch Verwahrlosung des Gebäudes das Leerstehen offenbart wird (OLG Köln r+s 2000, 207). Vorliegend kann aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem Landgericht noch nicht einmal von einem Leerstehenlassen des Wohnhauses der Erblasserin ausgegangen werden. Zwar hat sich die Versicherungsnehmerin seit Frühjahr 1999 wegen ihrer Alzheimer-Erkrankung im Haushalt ihrer Tochter aufgehalten, der Hausrat befand sich jedoch weiterhin in dem Wohnhaus der Versicherungsnehmerin. Das Gebäude hat nach außen keinen verwahrlosten Eindruck hinterlassen, auch wenn Pflanzen um das Gebäude herum möglicherweise einen verwilderten Eindruck vermittelten. Das Gebäude befand sich in einem kleineren Ort inmitten engster Bebauung. Es drohte nicht die Gefahr, dass das Gebäude aufgrund seiner Lage Unbefugte anzog. Aus den Strafakten lässt sich entnehmen, dass das Gebäude verschlossen und der Zutritt für Unbefugte erschwert war. Auch für die Dorfbewohner vermittelte das Gebäude nicht den Eindruck eines verwahrlosten Gebäudes. Die Zeugen R. H. und M. B. haben bekundet, dass die Verstorbene selbst von Frühjahr bis Dezember 1999 mehrfach mit ihrer Schwester wochenlang im Haus gewohnt habe. Nachdem die Versicherungsnehmerin im Dezember 1999 bettlägerig geworden war und ihr Haus nicht mehr aufsuchen konnte, hat sich die Schwester der Verstorbenen bis zum Brand wiederholt - zeitweise bis zu 6 Wochen - in dem versicherten Haus aufgehalten. Hinzu kommt, dass auch die Kinder der Versicherungsnehmerin nach dem Rechten schauten. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann bei dieser Sachlage von einer Gefahrerhöhung nicht ausgegangen werden.

b) Das Landgericht hat auch zu Recht eine Leistungsfreiheit der Beklagten hinsichtlich des versicherten Hausrates verneint. Versicherungsort im Sinne von § 10 Ziffer 1 Abs. 1 VHB 84 war das vom Brand zerstörte Haus und nicht das Anwesen der Klägerin zu 1), in dem sich die Versicherungsnehmerin am Brandtag aufhielt. Gemäß § 10 Ziffer 2 VHB 92 ist Versicherungsort die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung. Nach § 11 Ziffer 1 S. 1 geht im Falle des Wechsels der bisherigen, im Versicherungsvertrag bezeichneten Wohnung der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung über. Behält der Versicherungsnehmer in diesem Falle aber die bisherige Wohnung bei, so liegt ein Wohnungswechsel nur vor, wenn er die neue Wohnung in derselben Weise nutzt, wie die bisherige. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme konnte letzteres nicht festgestellt werden. Nach den Bekundungen der Zeugin M. B. befanden sich nur die Kleider der Versicherungsnehmerin bei der Klägerin zu 1), während der gesamte Hausrat im brandgeschädigten Haus verblieb. Die Versicherungsnehmerin hat somit das Anwesen der Klägerin zu 1) nicht wie ihre Wohnung im geschädigten Haus benutzt, vielmehr wurde sie lediglich zur Pflege mit in den Haushalt der Klägerin zu 1) aufgenommen. Zutreffend vergleicht das Landgericht diesen Ortswechsel eher mit einem Krankenhausaufenthalt als mit einer Wohnsitzverlegung.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 23 ff. VVG i.V.m. § 13 Ziffer 3 d VHB 84 leistungsfrei geworden. Nach § 13 Ziffer 3 b VHB 84 liegt Gefahrerhöhung dann vor, wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung länger als 60 Tage unbewohnt bleibt. Davon kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landgericht nicht ausgegangen werden. Die Zeugin B. hat hierzu bekundet, dass die Schwester der Verstorbenen fünf bis sechs Mal im Jahr für ca. vier bis sechs Wochen im Haus wohnte, zeitweise mit der Versicherungsnehmerin, später, als diese bettlägerig wurde, allein. Eine zwischenzeitliche Beaufsichtigung lässt den Lauf der Frist neu beginnen (vgl. Prölls/Knappmann, VHB 84, § 13 Rn. 5). Es kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass die Wohnung der Versicherungsnehmerin für mehr als 60 Tage unbewohnt war.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 64.039,31 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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