Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 05.03.2007
Aktenzeichen: 10 U 1376/06
Rechtsgebiete: ZPO, HGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2
HGB § 425
HGB § 431
HGB § 435
Kein leichtfertiges Verhalten des Frachtführers bei Überschreiten vorgesehener Abstellzeiten für einen Anhänger, wenn dies durch den vorgegebenen Tourenplan praktisch unvermeidlich ist.
Gründe:

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 10. April 2007.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, nicht zu. Auch das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Voraussetzung für den von der Klägerin als Anspruchsgrundlage herangezogenen § 435 HGB ist ein vorsätzliches oder leichtfertiges schadensverursachendes Verhalten des Frachtführers in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Dabei erfordert Leichtfertigkeit einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinweggesetzt wird (vgl. BGH Transportrecht 2004, 399). Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Unerheblich ist, ob der für den streitgegenständlichen Transport eingesetzte Fahrer tatsächlich in 27 Fällen wegen Vermögensdelikten vorbestraft war und ob sich dies aus dem Führungszeugnis hätte ersehen lassen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass dieser behauptete Umstand den Schaden mit verursacht hätte, da eine Tatbeteiligung des Fahrers nicht festzustellen war.

Unerheblich ist auch, ob dem Beklagten bzw. seinem Erfüllungsgehilfen der Wert der gestohlenen Ware bekannt war aufgrund der monatelangen fast täglichen Warentransporte von dieser Firma. Der diesbezügliche Klägervortrag ist bestritten und verspätet, mithin gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen; im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, wieso die Übernahme diverser Pakete eine tatsächliche Kenntnis von dem Wert der konkreten Warensendung an dem Tag des Diebstahls hätte vermitteln sollen.

Als schadensverursachendes leichtfertiges Verhalten käme daher nur das unbeaufsichtigte Abstellen des Hängers über mindestens 35 Minuten in Betracht, da es unstreitig während dieser Abstellzeit zu dem Diebstahl kam. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Abstellen des Hängers an sich im öffentlichen Straßenraum nicht als leichtfertig anzusehen ist, zumal die Klägerin ein Abstellen des Hängers in dem von ihr erstellten Tourenplan ausdrücklich angeordnet hatte und daher davon auszugehen ist, dass das Abstellen des Hängers ihren Sicherheitsinteressen entsprach. Der Klägerin war aufgrund der bereits über Monate durchgeführten Transporte auch bekannt, dass dabei lediglich ein Fahrer und keine zusätzliche Begleitperson zur Bewachung des abzustellenden Hängers eingesetzt wurden. Da die Klägerin unstreitig den Beklagten nicht ausdrücklich über die Werthaltigkeit des Transportes unterrichtet hatte, ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Sicherheitsinteressen der Klägerin eine Bewachung des abgestellten Hängers erfordert hätten. Das Überschreiten der von der Klägerin vorgesehenen Abstellzeit kann auch nicht als leichtfertig in vorgenanntem Sinne angesehen werden. Zwar hat die Klägerin in ihrem Tourenplan nur eine Abstellzeit von zehn Minuten vorgesehen, jedoch liegt es in der Natur der Sache, dass ein Fahrer, der ohne Hänger zu einer Firma zu fahren, dort die Zugmaschine zu beladen und sodann wieder zu dem Hänger zurückzufahren hat, diese vorgegebene Zeitspanne von zehn Minuten nicht mit Sicherheit einhalten kann, da oftmals Verzögerungen im Straßenverkehr oder sogar bei dem Kunden eintreten. Das Überschreiten der von der Klägerin vorgesehenen Abstellzeit von zehn Minuten auf ca. 30 Minuten stellt keinen besonders schweren Pflichtenverstoß mit einem in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Klägerin Sich-Hinwegsetzen dar.

Mangels Eingreifens der Vorschrift des § 435 HGB käme allenfalls eine Haftung des Beklagten nach § 425 HGB in Betracht, den das Landgericht jedoch mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt hat. Selbst wenn die Frage der Mitverursachung des Schadens durch den von der Klägerin vorgegebenen Tourenplan (§ 425 Abs. 2 HGB) im Sinne der Klägerin zu beurteilen wäre, dass ein Anspruch dem Grunde nach gegeben wäre, fehlt es jedenfalls an einer schlüssigen Darlegung der Anspruchshöhe. Gemäß Ziffer 7 der AVB (Bl. 14 d.A.) und gemäß § 431 HGB besteht ein Haftungshöchstbetrag, bezogen auf das Warengewicht, zu dem die Klägerin bisher trotz mehrfacher Rügen durch den Beklagten und die Nebenintervenientin sich nicht geäußert hat.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 63.330,21 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

Zurück