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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 31.08.2001
Aktenzeichen: 10 U 1540/00
Rechtsgebiete: BB-BUZ, SGB VI, ZPO


Vorschriften:

BB-BUZ § 1 Nr. 1
BB-BUZ § 2 Nr. 1 u. 2, Ziffer 6 Satz 2
BB-BUZ § 1
SGB VI § 43 Abs. 2
ZPO § 287
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung BB-BUZ § 1 Nr. 1, § 2 Nr. 1 und 2; Ziffer 6 Satz 2 der BB für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne Gesundheitsprüfung

Der Versicherungsnehmer hat nach Eintritt der Berufsunfähigkeit keinen Anspruch auf Dynamisierung und jährliche Anpassung seiner Rente (in Anknüpfung an Senatsurteil vom 16.4.1999 -- 10 U 791/98 -- VersR 1999, 876).

Ziffer 6 Satz 2 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne Gesundheitsprüfung i.V.m. § 1 BB-BUZ bestimmt, dass bei einer Versicherung mit Einschluss der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen sind, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt. Das bedeutet in Verbindung mit der Präambel dieser Zusatzbedingungen dass eine Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung nur durch Anhebung des Beitrags erfolgen kann, diese mit Eintritt des Versicherungsfalls jedoch ausgeschlossen ist.

Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs den Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung nicht entnehmen können, dass nach Eintritt der Berufsunfähigkeit eine jährliche Anpassung der Rente erfolgt.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 10 U 1540/00

Verkündet Am 31. August 2001

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20. September 2000 wird zurückgewiesen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des Betrages in Höhe von 8.000,-- DM abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung sowie auf Feststellung künftiger Leistungspflicht und Beitragsfreiheit aus insgesamt drei Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Anspruch.

Es bestehen folgende Verträge, für die jeweils eine dynamische Vertragsanpassung vereinbart worden ist:

Mit Wirkung ab 01. Januar 1984 hat der Kläger unter der Versicherungsschein-Nr. ... eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei der Beklagten abgeschlossen. Vertragsablauf ist am 01. Januar 2010. Aufgrund der letzten Vertragsanpassung vom 14. Oktober 1998 besteht Anspruch auf eine Jahresrente von 24.262,-- DM; der jährliche Beitrag betrug zu diesem Zeitpunkt 5.655,90 DM. Daneben bestehen die Verträge Nr. ... (Vertragsbeginn 01. November 1977; Vertragsablauf: 01. November 2004; Jahresrente 1998: 5.870,-- DM; Jahresbeitrag: 1.567,80 DM) und Nr. 0845603 (Vertragsbeginn: 01. August 1976; Vertragsablauf: 01. August 2005; Jahresrente 1998: 6.392,-- DM, Jahresbeitrag: 1.559,90 DM). Den Vertragsverhältnissen liegen die besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BB-BUZ) nebst "Erhöhungsbedingungen" in ihren jeweils geltenden Fassungen zugrunde (GA 65--73).

Der Kläger ist gelernter Tischler und hat den Abschluss Dipl.-Designer (FH) erlangt. Nach der Übernahme des väterlichen Betriebes im Jahre 1982 ist er seit 1990 geschäftsführender Gesellschafter des in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Ladenbaubetriebes in H. Im Mai 1996 musste sich der Kläger einer Operation eines gutartigen Hypophysentumors unterziehen. Seither leidet der Kläger unter anderem an Konzentrationsschwäche, in unterschiedlicher Form auftretenden Schmerzempfindungen und Schwindelgefühlen. Die -- auch körperliche -- Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit ist eingeschränkt. Die Parteien streiten im Wesentlichen über das Ausmaß dieser Beeinträchtigungen, insbesondere darüber, ob diese zur Berufsunfähigkeit geführt haben. Mit Schreiben vom 05. Dezember 1997 beantragte der Kläger bei der Beklagten Zahlung der Rente aus den Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen. Vorgerichtlich ließ sich der Kläger im Auftrag der Vereinten Krankenversicherung im Jahre 1997 einer Vielzahl fachmedizinischer Untersuchungen unterziehen (Anlage B 3 -- B 8 zur Klageerwiderung). In einem bei dem Sozialgericht K. anhängig gewesenen Verfahren hat die LVA Rheinland-Pfalz im September 1999 die Berufsunfähigkeit des Klägers im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI anerkannt. Vorangegangen waren zwei im Auftrag des Sozialgerichts erstellte Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 30. April 1999, in denen unter anderem ein Grad der Behinderung von 50 % festgestellt wurde.

Der Kläger begehrt die vertraglichen Leistungen für das Jahr 1998 sowie das erste Quartal 1999, verlangt darüber hinaus Rückzahlung der für diese Zeiträume bereits geleisteten Beiträge und im Übrigen Feststellung zukünftiger Leistungspflicht der Beklagten.

Er hat vorgetragen,

seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der Firma J. GmbH könne er aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen bereits seit Januar 1996 nicht mehr ausüben und sei auch nicht mehr in der Lage, eine andere, aufgrund seiner Ausbildung, Erfahrung und bisherigen Lebensstellung angemessene Tätigkeit auszuüben. In seiner Erwerbsfähigkeit sei er in Höhe von 80 % gemindert und bezogen auf seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei er berufsunfähig. Er könne insbesondere keine verantwortlichen Leitungs-, Kontroll- und Planungsarbeiten in nennenswerten Umfang mehr ausführen und sei auch nur noch eingeschränkt zu reinen handwerklichen Tätigkeiten in der Lage. Wegen der Einzelheiten der dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, der betrieblichen Organisation und des bisherigen und heutigen Tätigkeitsprofils des Klägers wird auf die Darstellung in den Schriftsätzen vom 13. Mai 1999 (GA 75ff) und 06. September 1999 (GA 101ff) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

aus Vertrag Nr. 1131443:

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 30.327,50 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.311,80 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger ab 01.04.1999 aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Nr. ..., die zu diesem Zeitpunkt angepasste Jahresrente zu zahlen, aus Vertrag Nr. ...,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.337,50 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.135,60 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ab 01.04.1999 die aus der Lebensversicherung mitangepasste anteilige Jahresrente, jeweils fällig mit dem 1. des Kalendervierteljahres zu zahlen, ... aus Vertrag Nr. ...,

7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.990,00 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.119,80 DM nebst 11,25 % Zinsen hieraus seit dem 02.01.1999 zu zahlen,

9. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab 01.04.1999 an den Kläger die angepasste Jahresrente aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, jeweils fällig zum 1. des Kalendervierteljahres, zu zahlen

10. sowie ferner festzustellen, dass der Kläger zu Beitragsleistungen auf die Lebensversicherungen aus Vertrag Nr. ... Nummern ... und ... nicht mehr verpflichtet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

sie sei nicht leistungspflichtig, da bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit beim Kläger nicht vorliege. Wie sich aus den 1997 für die V. K. eingeholten Gutachten ergebe, sei der Kläger nahezu einschränkungslos in der Lage, seine Tätigkeit als Tischler und Geschäftsführer der Firma GmbH auszuüben. Im Übrigen habe der Kläger seine behauptete Berufsunfähigkeit auch nicht hinreichend dargetan, da insbesondere der Sachvortrag zur betrieblichen Organisation vor gesundheitlicher Beeinträchtigung und der Unmöglichkeit zumutbarer Betriebsumorganisation nicht ausreiche. Es sei dem Kläger zumutbar, seine Tätigkeit auf den handwerklichen Bereich zu beschränken, der ohnehin den überwiegenden Teil seiner Tätigkeit darstelle und in dem er mindestens zu 50 % einsatzfähig sei. Im Übrigen sei auch die Höhe des Rentenanspruchs nicht richtig berechnet.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme und Einholung eines psychiatrisch-psychotherapeutisch-neurologischen Fachgutachtens der Klage teilweise entsprochen und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, an den Kläger ab 01. April 1999 die angepassten Jahresrenten aus den Lebensversicherungen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Nummern: ... und ... jeweils fällig zum Monatsersten des Kalendervierteljahres, zu zahlen. Es hat weiter festgestellt, dass der Kläger ab 01. April 1999 zu Beitragsleistungen auf die Lebensversicherungen, Nummern: ..., und ... nicht mehr verpflichtet sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Die Berufung wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere gegen die vom Landgericht vorgenommene Würdigung und Erfassung des Sachverhalts. Der Kläger sei auch bereits vor April 1999 zu mehr als 50 % berufsunfähig gewesen. Diejenigen Beschwerden, auf denen die im April 1999 von dem Sachverständigen R. und H. erhobenen Befunde -- und damit letztlich auch die Einschätzung des Sachverständigen B. beruhten, hätten mehr oder weniger bereits seit der Operation im Jahre 1996 bestanden und bestünden unverändert jedenfalls seit Ende 1997. Es komme nicht ernstlich in Betracht, dass der Kläger etwa im März 1999 noch zu weniger als 50 % berufsunfähig gewesen wäre, im April dann plötzlich zu 75 %. Die Klageerweiterung sei deshalb berechtigt, weil aufgrund der Vertragsbedingungen der Kläger als juristischer Laie davon habe ausgehen können, dass auch nach Eintritt der Berufsunfähigkeit eine Dynamisierung der Rente erfolge.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 20. September 2000 nach den Schlussanträgen des Klägers erster Instanz gegen die Beklagte zu erkennen,

2. im Wege der Klageerweiterung festzustellen, dass die von der Beklagten aus den Lebensversicherungsverträgen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Nr. ..., ... und ... zu erbringenden Rentenzahlungen auch für die Zeit nach Eintritt der Leistungspflicht jährlich anzupassen seien, wie in den Vertragsbestandteil gewordenen "besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung" vorgesehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die erweiterte Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

der Kläger habe nicht bewiesen, dass er bereits ab Dezember 1997 zumindest zu 50 % berufsunfähig sei. Der Sachverständige Dr. B. habe steh verbindlich erst ab April 1999 äußern können. Der Klageerweiterungsantrag sei nicht berechtigt. Nach Eintritt der Berufsunfähigkeit sei eine Dynamisierung der Rente nach den Geschäftsbedingungen nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen, Gutachten, Arztberichten, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet.

1) Vollständige bzw. teilweise (mindestens 50 prozentige) Berufsunfähigkeit im Sinne von § 2 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 1 Nr. 1 der zum Vertragsgegenstand gemachten "Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (BB-BUZ) liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Im Rahmen der Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten maßgebend ist, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d. h., solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war (BGH Urteil vom 22.9.1993 -- IV ZR 203/92 -- VersR 1993, 1470, 1471). Dies gilt allerdings mit der Maßgabe, dass der Verlust der Fähigkeit den Beruf bzw. eine vergleichbare Tätigkeit auszuüben, erst während der Vertragsdauer eingetreten sein darf (§ 1 (1) BB-BUZ). War der Versicherte bereits vorvertragsabschluß nicht mehr fähig in seinem konkret ausgeübten Beruf tätig zu sein, kann die Feststellung nicht getroffen werden, dass der Versicherte die Fähigkeit zur Berufsausübung erst während der Vertragsdauer verloren hat (BGH Urteil vom 27.1.1993 -- IV ZR 309/91 -- VersR 1993, 469, 470).

Das Landgericht hat, sachverständig beraten durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. B., Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ab April 1999 und nicht bereits ab Januar 1998 angenommen. Die Berufung macht ohne Erfolg geltend, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Landgericht ab April 1999 eine Berufsunfähigkeit von 75 % anerkenne, für den Zeitraum von 1998 bis März 1999 sich jedoch außer Stande sehe, zumindest eine 50 prozentige Berufsunfähigkeit zu bejahen. Das Landgericht berücksichtige nicht, dass es sich bei der Verschlechterung des Krankheitsbildes um einen kontinuierlichen Vorgang handele. Denn im April 1999 habe es kein Ereignis gegeben, dass zu einer derartigen Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers von unter 50 % auf 75 % geführt habe. Der Berufung ist zuzugeben, dass auf Grund der Progredienz der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers einiges dafür sprechen kann, dass der Kläger bereits vor April 1999 zu 50 % berufsunfähig war. Die Schwierigkeit besteht hier jedoch darin, dass der Gutachter in Kenntnis dieser Problematik eine definitive Aussage für den Zeitraum vor April 1999 nicht treffen konnte. Das wiederum ist dadurch bedingt, dass der Gutachter Dr. B. erstmals aufgrund der im sozialgerichtlichen Verfahren im April 1999 erfolgten Begutachtung, gestützt auf eine neuropsychologische Untersuchung, Erkenntnisse hatte, wodurch gesichert, neuropsychologische Störungen bei dem Kläger festgestellt werden konnten. Zu einem früheren Zeitpunkt war eine derartige Aussage nicht möglich. So stellte das im Jahre 1997 über den Kläger erstellte psychosomatische Gutachten der Universität M. lediglich eine Beeinträchtigung von 20 % fest, beruhend darauf, dass lediglich eine psychische Symptomatik im Sinne einer Angststörung beschrieben wurde. Weder das Hals-Nasen-Ohrenärztliche Gutachten vom 25.11.1997 noch das neurologische Gutachten vom 16.2.1998 der Universität M. ergaben ein organmedizinisches Korrelat für die Schwindelbeschwerden. Erstmals das im sozialgerichtlichen Verfahren S 10 I 340/98 erstellte nervenärztliche Gutachten von Dr. H. ergab, dass bei dem Kläger ein pseudoneurasthenisches Syndrom mit Beeinträchtigungen der Merkfähigkeit, Konzentration, Reizbarkeit, Erregbarkeit und psychovegetativer Labilität mit Schwindel und Kopfschmerzen zu verzeichnen war. Diese Erkenntnisse wurde zusätzlich durch ein begleitendes neuropsychologisches Gutachten der Klinik V vom 21.4.1999 verifiziert. In diesem Gutachten wurde die intellektuelle Gesamtleistungsfähigkeit des Klägers als nicht normgerecht bezeichnet. Weiterhin wurden deutliche Reaktionszeitverlangsamungen beschrieben, in der Gesamtschau gesehen wies das Leistungs- und Persönlichkeitsbild des Klägers deutliche Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Belastungsdefizite aus, die sich im Berufsalltag des Klägers auswirkten. Der Sachverständige Dr. B. hat demzufolge erstmals aufgrund der im April 1999 erstellten nervenärztlichen und neuropsychologischen Zusatzgutachten Anknüpfungstatsachen dafür finden können, dass ab April 1999 eine Beeinträchtigung der Berufsunfähigkeit von 75 % vorliegt. Aufgrund fehlender Anknüpfungstatsachen konnte er jedoch keine gesicherte Aussage darüber machen, ob zu einem früheren Zeitpunkt zumindest eine Beeinträchtigung von 50 % gegeben war. Der Sachverständige hat sich hierüber einer Aussage enthalten, die letztlich nur spekulativen Charakter hätte und dem Senat auch nicht den für das praktischen Leben brauchbaren Grad an Gewissheit vermittelt (§ 286 ZPO) hätte, dass bereits vor April 1999, zu welchem Zeitpunkt auch immer, eine zumindest 50 prozentige Berufsunfähigkeit vorgelegen hat. Der Berufungsangriff gegen das angefochtene Urteil hatte deshalb keinen Erfolg. Im übrigen würde an der Sicht des Senats nichts anders gelten, wenn man als Beweismaßstab ganz oder teilweise § 287 ZPO heranzöge.

2. Der Klageerweiterungsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat nach Eintritt der Berufsunfähigkeit keinen Anspruch auf Dynamisierung und jährliche Anpassung seiner Rente (vgl. Senatsurteil vom 16.4.1999 -- 10 U 791/98 -- VersR 1999, 876). Ziffer 6 Satz 2 der Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne Gesundheitsprüfung i.V.m. § 1 BB-BUZ bestimmt, dass bei einer Versicherung mit Einschluss der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Erhöhungen des Beitrags ausgeschlossen sind, solange wegen Berufsunfähigkeit die Verpflichtung zur Beitragszahlung ganz oder teilweise entfällt. Das bedeutet in Verbindung mit der Präambel dieser Zusatzbedingungen dass eine Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung nur durch Anhebung des Beitrags erfolgen kann, diese mit Eintritt des Versicherungsfalls jedoch ausgeschlossen ist. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs den Besonderen Bedingungen für die planmäßige Erhöhung der Versicherungsleistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung nicht entnehmen können, dass nach Eintritt der Berufsunfähigkeit eine jährliche Anpassung der Rente erfolgt. Der Klageerweiterungsantrag war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 67.312,-- DM (63.222,-- DM + 4.090,-- DM) festgesetzt. Er entspricht der Beschwer des Klägers.

Ende der Entscheidung

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