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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 27.10.2000
Aktenzeichen: 10 U 1930/99
Rechtsgebiete: ZPO, MB KK


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
MB KK § 4 Abs. 5
MB KK § 5 Abs. 1 d
MB KK § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

- abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -

Geschäftsnummer: 10 U 1930/99 6 O 18/96 LG Trier

Verkündet am 27. Oktober 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Weiss auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 18. November 1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, mit der er seinen Klageanspruch nur noch in Höhe von 9.476,44 DM nebst Zinsen weiterverfolgt, ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen.

1. Der Anspruch des Klägers als Erbe auf Erstattung der stationären Behandlungskosten seiner verstorbenen Ehefrau für die Zeit vom 20.4.1993 bis 17.5.1993 und vom 15.11.1993 bis 3.12.1993 im S O scheitert, wie die Beklagte vorprozessual im Schreiben vom 11.1.1995 (Bl. 59 bis 61) und im Übrigen wiederholt erstinstanzlich (Bl. 48 ff., 101 ff., 106 f.) mit Recht eingewendet hat, bereits an der bedingungsgemäßen Ausschlussklausel des § 4 Abs. 5 MB KK.

a) Bei dem "S C" handelt es sich, wie die Beklagte aufgezeigt und der Kläger erstinstanzlich zugestanden hat (Bl. 92), um eine Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt (gemischte Anstalt). Tarifliche Leistungen werden bei einer Behandlung in solchen gemischten Anstalten nach § 4 Abs. 5 MB KK nur gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Diese Bedingung ist hier nicht erfüllt, denn eine vorherige schriftliche Zusage für die beiden streitgegenständlichen Behandlungen im Jahre 1993 hat die Beklagte unstreitig nicht erteilt.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte nicht gehindert, den Ausschlussgrund des § 4 Abs. 5 MB KK im Prozess einzuwenden.

aa) Die Beklagte hat vor Beginn der streitgegenständlichen Behandlungen keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aus dem der Kläger bzw. seine Ehefrau hätte entnehmen können, dass eine Zusage für die Erstattung der Behandlungskosten erteilt werden würde. Aufgrund der vorgelegten Korrespondenz für die Jahre 1991/92 (Bl. 197 bis 232) musste der Kläger bzw. seine Ehefrau damals vielmehr davon ausgehen, dass die Beklagte eine Eintrittspflicht für zukünftige erneute Behandlungen in dieser Klinik verneinen werde.

bb) Die Beklagte hat auch nicht nachträglich auf den Einwand verzichtet. Das von dem Kläger in diesem Zusammenhang zitierte Schreiben der Beklagten vom 21.12.1994 (Bl. 124 bis 126) betrifft erkennbar eine angestrebte Kulanzregelung, mit der - auf freiwilliger Grundlage und ohne Rechtsanspruch - nochmals (wie in den Jahren 1991 und 1992) der alle 2 Jahre für stationäre Kurleistungen vorgesehene tarifliche Höchstbetrag von 3.500,-- DM pro Person (28 Tage x 125,-- DM = 3.500,-- DM) in Aussicht gestellt und später auch tatsächlich gezahlt worden ist. Eine ursprünglich erkennbar aus Kulanzgründen angestrebte gütliche Regelung hindert den Versicherer nach deren Scheitern nicht, in dem nachfolgenden Rechtsstreit die maßgebenden Einwände zur Sach- und Rechtslage vorzubringen.

cc) Die Verweigerung einer Zusage für die streitgegenständlichen Behandlungen in 1993 ist letztlich auch nicht rechtsmissbräuchlich oder aus sonstigen Gründen unbeachtlich.

Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 5.7.1995 - IV ZR 320/94 - (VersR 1995, 1040) meint, die Beklagte könne aus den dort genannten Gründen den auf § 4 Abs. 5 MB KK gestützten Einwand nicht vorbringen, ist diese Ansicht unzutreffend.

Gegenstand der genannten Entscheidung des BGH ist lediglich die Auslegung und Anwendung der für den dortigen Fall allein entscheidungserheblichen Ausschlussklausel des § 5 Abs. 1 d MB KK gewesen (Abgrenzung einer erstattungspflichtigen Krankenhausbehandlung von einer nicht erstattungspflichtigen Kur- oder Sanatoriumsbehandlung), nicht aber die Auslegung und Anwendung der hier maßgebenden und nach anderen Kriterien zu beurteilenden Ausschlussklausel des § 4 Abs. 5 MB KK (vgl. zu den Einzelheiten u.a. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 4 MB KK Rn. 23 bis 39). Bei der Ausschlussklausel des § 4 Abs. 5 MB KK kommt es nicht darauf an, wie die künftige Behandlung des Versicherungsnehmers in der betreffenden Anstalt ausgestaltet ist; maßgebend ist nur, ob es sich um eine gemischte Anstalt handelt und ob der Versicherer mit der Nichterteilung einer Leistungszusage für die betreffende Anstalt sein Ermessen im Einzelfall missbraucht.

Einen solchen Missbrauch kann der Senat, auch bei umfassender: Würdigung des Prozessstoffes, indessen nicht feststellen: Wie das vom Landgericht - in anderem rechtlichem Zusammenhang - eingeholte Sachverständigengutachten nachvollziehbar belegt hat (Bl. 163 bis 192, 316 bis 327), ist die bei der betreffenden Klinik im Vordergrund stehende Behandlung mit Thymosand in dem streitgegenständlichen Zeitraum (1993) medizinisch nicht mehr notwendig und vertretbar gewesen. Mangels medizinischer Notwendigkeit lässt sich daher auch kein missbräuchliches Veralten der Beklagten annehmen, wenn sie eine Regulierungszusage für die stationären Behandlungskosten insgesamt verweigert hat.

2) Unabhängig von der Ausschlussklausel des § 4 Abs. 5 MB KK scheitert der Anspruch im Übrigen auch an § 4 Abs. 4 MB KK, denn die streitgegenständlichen stationären Heilbehandlungen im Jahre 1993 sind insgesamt medizinisch nicht mehr notwendig gewesen.

Die medizinische Notwendigkeit der stationären Heilbehandlung (vgl. dazu BGHZ 133, 208 ff.) ist insgesamt zu verneinen. Das Sachverständigengutachten hat zwar vorrangig auf die im Jahre 1993 nicht mehr vertretbare und im Vordergrund stehende Thymosand-Behandlung abgestellt. Aus dieser Tatsache folgt aber - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht, dass die sonstigen Leistungen in der betreffenden Klinik (Massage, Laborkosten) - bei isolierter Betrachtung - bedingungsgemäß entschädigt werden müssten. Die medizinische Notwendigkeit der stationären Heilbehandlung (§ 4 Abs. 4 MB KK) kann nur einheitlich beurteilt werden und nicht ohne Berücksichtigung des gerade mit dem stationären Aufenthaltes verfolgten Behandlungsziels. Bei diesem Prüfungsmaßstab lassen sich aber die von dem Kläger jetzt noch beanspruchten verbliebenen Leistungen der Klinik nicht von der im Vordergrund stehenden - im Jahre 1993 nicht mehr vertretbar gewesenen - Thymosand-Behandlung trennen. Die verbliebenen Leistungen (Massage, Laborkosten) sind lediglich als Teil einer einheitlichen (aber nicht, mehr notwendigen) stationären Heilbehandlung anzusehen, die mit der vorrangigen und den Aufenthalt prägenden Thymosand-Behandlung in notwendigem Zusammenhang stehen. Diesen "Zusammenhang" hat der Kläger im Übrigen erstinstanzlich (Schriftsatz vom 19.12.1995, Seite 9 = Bl. 16 d.A.) selbst zugestanden.

Die medizinische Notwendigkeit der streitgegenständlichen stationären Heilhandlung ist somit insgesamt zu verneinen. Ein Erstattungsanspruch besteht damit nicht.

Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und die Beschwer des Klägers werden auf 9.476,44 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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