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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 16.10.2002
Aktenzeichen: 10 U 25/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 833 |
Entscheidung wurde am 24.03.2004 korrigiert: Aufbau Verfahrensgang wurde korrigiert
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss
(gemäß § 522 Abs. 2 ZPO)
Geschäftsnummer: 10 U 25/03
in dem Rechtsstreit
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert am 16. Oktober 2003 einstimmig
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 12. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe:
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld und die Feststellung einer Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Der Beklagte führt einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Kläger begab sich am 2. April 1999 (Karfreitag) zu dem Hof des Beklagten, um einen Frontladerschlepper auszuleihen. Er beabsichtigte so seine vorherige Anfrage bei dem Beklagten (vgl. Beschluss des Amtsgerichts D vom 8.12.2000 - Js Ds - zur insoweit unwidersprochen gebliebenen Einlassung des Beklagten als Angeschuldigten, Bl. 13 ff. d.A.), in die Frontladerschaufel einen "kleinen Türken", hineinzustellen, damit dieser die hochstehenden Tannen auf seinem Grundstück kappen könne; der Beklagte hatte in einem vorausgegangenen Telefongespräch gegen diese Vorgehensweise berufsgenossenschaftliche Bedenken angemeldet. Als der Kläger sich gleichwohl am 2. April 1999 zu dem Gehöft des Beklagten begab, um diesen nach dem Frontladerschlepper zu fragen, verwies der Beklagte, der sich zu diesem Zeitpunkt im Kuhstall befand und wegen der Anwesenheit des Milchkontrolleurs keine Zeit hatte, sich um das Anliegen des Klägers zu kümmern, am einen nach seiner Angabe vor dem Kuhstall auf der Mistlagerplatte stehenden Frontlader. Der Kläger verließ den Kuhstall und begab sich in einen Maschinenschuppen, wo an einer Kette der Berner Sennenhund Senta angekettet war. Der Kläger stürzte im Bereich des Maschinenschuppens und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Die Umstände, wie es zu diesem Unfall kam, sind zwischen den Parteien umstritten.
Der Kläger hat vorgetragen, der Frontladerschlepper habe entgegen dem Hinweis des Beklagten nicht auf der Mistlagerplatte, sondern im Maschinenraum gestanden. Als er auf die dort stehenden Traktoren zugegangen sei, sei der Hund auf ihn zugeschossen und habe ihn in die Hand gebissen. Mit seiner rechten Faust habe er den Hund auf den Kopf geschlagen, um diesen loszuwerden. Bei dem Gerangel mit dem Hund sei er hingefallen und habe sich den Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Der Hund sei zwar an der Kette gewesen. Ihm sei aber nicht bekannt gewesen, dass auf dem Hof des Beklagten überhaupt ein Hund gehalten werde.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches einen Betrag von 6.135,50 € nebst Zinsen nicht unterschreiten sollte, zu zahlen. Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Schadensereignis zu ersetzen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und den vom Kläger behaupteten Schadenshergang bestritten. Er hat bestritten, dass sein Hund Senta den Kläger gebissen habe. Er habe am Schadenstag keine Verletzung an der Hand des Klägers bemerkt. Selbst wenn der Hund den Sturz des Klägers verursacht haben sollte, sei er exkulpiert. Denn der Hund habe als Wachhund auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb gedient. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass der Kläger in die Nähe des an einer maximal 3m langen Kette angeketteten Hundes geraten würde. Er habe dem Kläger keine Erlaubnis erteilt, den Frontladerschlepper auszuleihen. Als der Kläger ihn im Kuhstall aufgesucht habe, habe er zwar geäußert, der Frontladerschlepper befinde sich auf der Mistlagerplatte, er habe indes dem Kläger nicht erlaubt, sich in den Maschinenschuppen zu begeben, damit dieser einen anderen dort stehenden kleinen Schlepper ohne Frontlader ausmessen könne.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 10. Juli 2003 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erforderten-(§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Berufung des Klägers habe auch keine Aussicht auf Erfolg:
Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht kein Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten gemäß §§ 833, 847 BGB a.F. zu. Der Kläger ist in der Beweisaufnahme beweisfällig dafür geblieben, dass die Verletzung an der linken Hand von dem Wachhund des Beklagten hervorgerufen worden ist. Die Wunde selbst ist nicht dokumentiert, Fotos liegen nicht vor. Der Zeuge Dr. H hat die Wunde im Bereich der Hand als kleine Schürfwunde beschrieben. Nach den Bekundungen des Zeugen bleibt offen, ob sich die Schürfwunde durch einen Hundebiss oder durch einen anderen Vorgang zugetragen hat. Denkbar erschien dem sachverständigen Zeugen, dass sich der Kläger beim Fallen durch ein Steinchen verletzt habe oder die Wunde durch Kontakt mit einem landwirtschaftlichen Geräte entstanden sei. Die Zeugin Dr. F konnte aus konkreter Erinnerung zu dem Vorgang nichts sagen und musste sich auf die Angaben in der Ambulanzkarte beschränken. Sie hielt es für denkbar, dass der Eintrag "oberflächliche Bisswunde an einer Hand" letztlich auf Angaben des Klägers beruhte. Ausschließen wollte die Zeugin nicht, dass die Verletzung durch einen Sturz oder Kontakt mit einem landwirtschaftlichen Gerät hervorgerufen wurde. Es ist aufgrund der Zeugenaussagen nicht auszuschließen, dass der Kläger - ohne Einwirkung des Hundes - aus eigener Unachtsamkeit auf den Boden fiel und sich dadurch den Oberschenkelhalsbruch zuzog.
Die Berufung wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Landgericht lediglich die den Kläger seinerzeit behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen vernommen, nicht aber das beantragte Sachverständigengutachten eingeholt habe. Da die Wunde zwischenzeitlich verheilt ist, keine Fotos vorliegen, fehlen für die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens entsprechende Anknüpfungstatsachen. Die Angaben des sachverständigen Zeugen zum Verletzungsbild sind letztlich zu unbestimmt, um eine Überprüfung durch einen Sachverständigen zu ermöglichen.
Mit Recht führt das Landgericht aus, dass ungeachtet dessen, ob der Kläger von dem Wachhund des Beklagten gebissen worden ist, eine Ersatzpflicht aus Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB nicht besteht. Gemäß § 833 S.2 BGB tritt die Ersatzpflicht des Tierhalters nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt ist und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass es sich bei dem Wachhund um ein Tier im obigen Sinne handelt. Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten ist nicht erkennbar. Der Hund war im Bereich des Maschinenschuppens untergebracht und dort angekettet. Der Beklagte musste nicht damit rechnen, dass sich der Kläger unerlaubt in den Maschinenschuppen hinein begeben würde, denn der vom Kuhstall zu sehende Frontladerschlepper befand sich auf der Mistplatte. Aufgrund der glaubhaftem Bekundungen des Zeugen B, hat der Beklagte lediglich auf den auf der Mistplatte stehenden Frontlader gezeigt, mit dem Hinweis, dass sich der Kläger diesen ansehen könne. Damit war keine Aufforderung verbunden, sich in den Maschinenschuppen zu begeben. Deshalb bedurfte es keiner besonderen Sicherheitsvorkehrungen des Beklagten, zumal der Hund dort angekettet war. Letztlich bleibt es dabei, dass der Kläger in dem Maschinenschuppen ohne entsprechende Erlaubnis des Beklagten, der mit anderen Verrichtungen beschäftigt war und den Kläger nicht begleiten konnte, nichts zu suchen hatte. Der Kläger handelte auf eigenes Risiko.
Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO liegen nicht vor, da die bisherige Beweisaufnahme ein gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers nicht erbracht hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO Kommentar, § 448 Rn. 4). Auch eine ergänzende Beweisaufnahme, Zeugnis Ehefrau des Klägers unter erneuter Vernehmung des Zeugen B unter Gegenüberstellung der Zeugin R an Ort und Stelle, ist nicht sachdienlich.
Der Kläger hat gemäß Schriftsatz vom 10.10.2003 der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Die Ausführungen geben dem Senat zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.
Der Kläger wendet sich gegen die vom Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Überzeugung, dass der Frontladerschlepper auf der Mistlagerplatte und nicht im Maschinenschuppen gestanden habe. Das Landgericht hat dieses Beweisergebnis u.a. aufgrund der Bekundungen des seinerzeit vor Ort anwesenden Milchkontrolleurs B gewonnen. Die Berufung meint zur gegenteiligen Behauptung, hierzu hätte zwingend die Ehefrau des Klägers, Zeugin Hannelore R, vernommen werden müssen. Das Landgericht sei dem Beweiserbieten (GA 94) verfahrensfehlerhaft nicht nachgegangen.
Entgegen den Ausführungen der Berufung kommt es letztlich nicht entscheidend darauf an, ob der Frontladerschlepper tatsächlich auf der Mistlagerplatte gestanden hat, wie in der Beweisaufnahme vom Zeugen B bekundet. Maßgebend ist vielmehr, dass der Kläger unangemeldet den landwirtschaftlichen Betrieb aufgesucht hat, trotz der warnenden Hinweise des Beklagten diesen weiterhin mit seinem Ansinnen belästigte und sich ohne dessen Erlaubnis in den Maschinenschuppen begeben hatte, um dort nach einem aus seiner Sicht geeigneten Schlepper zu suchen. Der Kläger hatte in dem Maschinenschuppen nichts zu suchen. Der Beklagte, der mit dem Melkvorgang in Anwesenheit des Milchkontrolleurs beschäftigt war, musste auch nicht damit rechnen, dass sich der Kläger auf eigene Faust in den Maschinenschuppen begeben würde, wo der Berner Sennenhund angekettet war und möglicherweise eine Gefahrensituation für den Kläger entstehen konnte.
Im Übrigen lässt sich heute aufgrund fehlender Anknüpfungstatsachen nicht mehr aufklären, ob der Kläger überhaupt von dem Hund gebissen oder nur aus Schreck, Unaufmerksamkeit oder aufgrund eines schicksalhaften Ereignisses im Maschinenschuppen zu Fall gekommen ist. Der Senat nimmt diesbezüglich zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss vom 10.7.2003 Bezug. Selbst wenn der Kläger von dem Hund gebissen worden wäre, hätte er dafür selbst einzustehen, weil er sich ohne Erlaubnis in den Maschinenschuppen begeben hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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