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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 26.01.2001
Aktenzeichen: 10 U 258/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 528 Abs. 2
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

- abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -

Geschäftsnummer: 10 U 258/00 16 O 415/98 LG Koblenz

Verkündet am 26. Januar 2001

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Binz und Weiss auf die mündliche Verhandlung vom 5. Januar 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, mit der er nach Teilklagerücknahme noch eine Kaskoentschädigung in Höhe von 53.123,21 DM nebst Zinsen wegen behaupteten Diebstahls eines geleasten PKW Chrysler beansprucht (Bl. 165), bleibt ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage mit Recht und mit der zutreffenden Hilfsbegründung abgewiesen, dass der Kläger für das bestrittene äußere Bild des behaupteten Diebstahls in Ungarn den ihm möglichen Zeugenbeweis - selbst nach dahingehendem wiederholten rechtlichen Hinweis durch die Zivilkammer - nicht angeboten habe.

Das Berufungsvorbringen, mit dem der Kläger nunmehr erstmals die in Ungarn wohnhafte Zeugin für das äußere Bild des Diebstahls benennt, kann - wie die Beklagte mit Recht beanstandet und wie der Senat in der mündlichen Verhandlung bereits aufgezeigt hat - gemäß § 528 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 282 Abs. 1 ZPO nicht mehr zugelassen werden.

1. Der Kläger hat im ersten Rechtszug aus grober Nachlässigkeit (S 528 Abs. 2 ZPO) und unter Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1 ZPO) die ihm von Anfang an nach Namen und Wohnanschrift bekannte Zeugin für den äußeren Geschehensablauf nicht benannt, obwohl das Landgericht im Hinweisbeschluss vom 2.7.1999 (Bl. 71 - 72) und nochmals in der letzten mündlichen Verhandlung vom 3.12.1999 (Urteil S. 7) ausdrücklich auf einem dahingehenden Beweisantritt bestanden hat.

Ohne Erfolg bleibt sein Einwand, das Landgericht habe über die von der Rechtsprechung geforderten Mindesttatsachen zum äußeren Geschehensablauf hinaus zu Unrecht die Darlegung "zusätzlicher" Tatsachen verlangt und die Beklagte habe den behaupteten Diebstahl letztlich nicht "substantiiert" bestritten gehabt.

Zwar musste der Kläger - entgegen der Auffassung des Landgerichts - über die nach ständiger Rechtsprechung vorausgesetzten Mindesttatsachen zum äußeren Bild des Fahrzeugdiebstahls hinaus (vgl. u.a. BGHZ 130, 1 = NJW 1995, 2169; Römer/Langheid, VVG, § 49 Rdnr. 20 - 23) keine "zusätzlichen" Tatsachen zu dem teilweise beobachteten äußeren Geschehensablauf vortragen. Die Darlegung der vom Landgericht vermissten "zusätzlichen" widerspruchsfreien Tatsachen konnten allenfalls in der vom Versicherer zu beweisenden nächsten Stufe eine Rolle spielen, ob der Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht ist (vgl. u.a. BGHZ 130, 1). Diese Aufteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer ändert aber nichts an der sich ohne weiteres aufdrängenden Notwendigkeit, dass der Kläger jedenfalls für die erstmals mit Schriftsatz vom 16. Juni 1999 (Bl. 63 - 64) vorgetragenen Mindesttatsachen zum äußeren Bild des Diebstahls den ihm von Anfang an bekannten Zeugenbeweis unverzüglich im laufenden Prozess hätte anbieten oder plausible Hinderungsgründe hätte darlegen müssen. Die Beklagte hatte den angeblichen Diebstahl bereits in der Klageerwiderung vom 21.12.1998 ausreichend bestritten (§ 138 ZPO) und dieses Bestreiten im ersten Rechtszug - ausweislich des Tatbestandes im angefochtenen Urteil (S. 3 unten) - auch aufrecht erhalten. Ein weitergehendes "substantiiertes" Bestreiten konnte der Beklagten, die über das behauptete äußere Diebstahlsgeschehen keine eigene Wahrnehmungsmöglichkeiten oder sonstige Erkenntnismittel hatte, vernünftigerweise nicht angesonnen werden. Der Kläger konnte bei objektiver und verständiger Würdigung der im laufenden Rechtsstreit abgegebenen Erklärungen im Übrigen auch keinesfalls davon ausgehen, dass die erstmalige Darlegung des äußeren Bildes im Schriftsatz vom 16.6.1999 als unbestritten angesehen werde, denn das Landgericht hat im zeitlich nachfolgenden Hinweisbeschluss vom 2.7.1999 ausdrücklich auf Beweisantritt bestanden und diesen Hinweis nochmals in der darauffolgenden (letzten) mündlichen Verhandlung wiederholt.

Aus diesen gerichtlichen Hinweisen konnte der Kläger darüber hinaus unmissverständlich erkennen, dass die von ihm vorgelegten Auszüge aus der Ermittlungsakte mit seinen eigenen protokollierten Aussagen nicht als "Beweis" angesehen werden und auch eine eigene Anhörung (§§ 141, 448 ZPO) nicht in Betracht kommen würde. Der vom Landgericht vertretene Rechtsstandpunkt zur Notwendigkeit eines Beweisantritts durch Zeugen hat auch der unveränderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprochen: Danach befindet sich ein Versicherungsnehmer, der für die zum äußeren Bild des Diebstahls gehörenden Tatsachen Zeugen hat, nicht in Beweisnot; benennt er diese Zeugen aus nicht näher dargelegten Gründen nicht, ist er beweisfällig. Für eine Anhörung oder Parteivernehmung des Versicherungsnehmers besteht dann kein Anlass (vgl. BGH, VersR 1997, 733 unter 2 b; Römer/Langheid, a.a.O., § 49 Rdnr. 24 a.E.).

Hinreichende Gründe dafür, warum der Kläger in der Zeit nach Erlass des Hinweisbeschlusses vom 2.7.1999 bis zur darauffolgenden mündlichen Verhandlung am 3.12.1999 die ihm bereites von Anfang an bekannte Zeugin im laufenden Prozess nicht benannt hat, sind weder im ersten Rechtszug noch im Berufungsverfahren vorgebracht. Der Senat kommt daher zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass der Kläger den vom Landgericht ausdrücklich erbetenen Beweisantritt aus grober Nachlässigkeit im ersten Rechtszug unterlassen hat.

2. Die Zulassung des erstmals in der Berufungsinstanz angebotenen Zeugenbeweises zum äußeren Bild des Diebstahls würde auch zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen (§ 528 Abs. 2 ZPO), denn im Falle der Beweisführung würden erstmals andere unter Beweis gestellte Behauptungen entscheidungserheblich werden (Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeigeobliegenheit; Höhe der Kaskoentschädigung) und für die Erhebung dieser Folgebeweise müsste dann weiter Termin anberaumt werden (BGHZ 86, 198; Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 296 Rdnr. 13; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 58. Aufl., § 296 Rdnr. 51; Thomas-Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 296 Rdnr. 18).

Falls der Kläger das äußere Bild durch die benannte Zeugin hätte nachweisen können, wären als nächster Streitpunkt die unter wechselseitigen Zeugenbeweis gestellten Tatsachenbehauptungen über die gehörige Erfüllung der Anzeige- und Aufklärungsobliegenheit (§ 7 I Nr. 2 und V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG) entscheidungserheblich geworden und danach der durch Sachverständigengutachten zu klärende streitige Wiederbeschaffungswert des geleasten PKW.

Die Verspätung hätte auch nicht durch zumutbare vorbereitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Zwar hätte nach Eingang der Berufungserwiderung vom 3.8.2000 versucht werden können, die in Ungarn wohnhafte Zeugin - nach Einzahlung des Kostenvorschusses oder nach Abgabe einer entsprechenden Zeugengebührenverzichtserklärung - zum Termin am 5.1.2001 beizuladen. Möglicherweise hätten vorsorglich auch noch die für den dann notwendig werdenden ersten Folgebeweis benannten Zeugen (Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Anzeige-/Aufklärungsobliegenheit) beigeladen werden können. Die vorbereitende Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe der möglicherweise geschuldeten Kaskoentschädigung ist, angesichts der noch unbewiesenen Behauptungen zum äußeren Bild und zur Verletzung der Anzeige-/Aufklärungsobliegenheit, auch im Interesse der Prozessförderung nicht geboten gewesen (BGHZ 86, 198/203), zumal der Kläger sein Vorbringen zu diesem Streitpunkt noch hätte ergänzen müssen.

Der Kläger hat als Kaskoentschädigung die von der Leasinggeberin abgerechneten Kosten aus dem beendeten Leasingvertrag beansprucht und erst im zweiten Rechtszug behauptet, dieser abgerechnete Betrag entspreche dem Zeitwert im Zeitpunkt des Diebstahls. Dieser Vortrag ist indessen ergänzungsbedürftig gewesen, denn der Kaskoversicherer schuldet nicht die Vertragskosten aus dem Leasingvertrag, sondern den Wiederbeschaffungswert im Zeitpunkt des Diebstahls. Bei der Berechnung der Kaskoentschädigung für ein geleastes Fahrzeug und den üblichen Leasingbedingungen ist nach der Rechtsprechung regelmäßig auf die Verhältnisse des Leasinggebers als Eigentümer des Fahrzeugs abzustellen (vgl. BGH, NJW 1993, 2870; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1057; OLG Köln, VersR 1997, 870; Senat, NVersZ 1998, 123; Senat, NVersZ 2000, 91 = VersR 2000, 449). Daher muss der Versicherungsnehmer (Leasingnehmer) im Kaskoprozess über die Fahrzeugdaten des entwendeten Fahrzeuges hinaus auch die für die Kaskoentschädigung notwendigen zusätzlichen Tatsachen aus dem Bereich des Leasinggebers näher darlegen. Der Versicherungsnehmer muss daher insbesondere Tatsachen vortragen über den vom Leasinggeber gezahlten Kaufpreis, zur Möglichkeit eines Vorsteuerabzuges und zu Rabattmöglichkeiten bei der Wiederbeschaffung durch den Leasinggeber, oder der Versicherungsnehmer muss eine davon abweichende Vertragsgestaltung im Leasingvertrag aufzeigen, wonach die Wiederbeschaffung ausschließlich dem Leasingnehmer (Versicherungsnehmer) überlassen bleibt. Zu diesem nachzureichenden Sachvortrag des Klägers hätte sich die Beklagte noch äußern müssen. Ein Sachverständigengutachten hätte aus prozessualen Gründen somit nicht mehr (vorsorglich) vor dem Senatstermin eingeholt werden können, sondern erst nach Klärung der beiden vorrangigen Beweisstufen und nach ergänzendem Sachvortrag zum Wiederbeschaffungswert.

Die Zulassung des im ersten Rechtszug aus grober Nachlässigkeit unterlassenen und erstmals in der Berufungsinstanz vorgebrachten Beweisantritts hätte folglich die Erledigung des Rechtsstreits im Sinne des § 528 Abs. 2 ZPO verzögert.

3. Das Vorbringen des Klägers nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Senat berücksichtigt. Es hat keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung ergeben.

Die Berufung ist folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 21.12.2000: 53.423,21 DM, ab 22.12.2000: 53.123,21 DM.

Die Beschwer des Klägers beträgt 53.123,21 DM.

Ende der Entscheidung

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