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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 31.08.2001
Aktenzeichen: 10 U 475/99
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 711 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 10 U 475/99
Verkündet am 31. August 2001
In dem Rechtsstreit
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 9. Februar 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe 20.000,-- DM abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines als Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts (§ 244 Abs. 2 Satz 1 AO 1977) erbracht werden.
Tatbestand:
Mit der Klage macht die Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten wegen kunstfehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend.
Die Klägerin begab sich von 31.8. bis 15.9.1992 in das Gefäßzentrum des Beklagten in stationäre Behandlung wegen einer Gefäßerkrankung im linken Bein. Der Beklagte diagnostizierte eine erhebliche linksseitige Minderdurchblutung des Beines bei fast vollständigem Verschluss der für die Durchblutung des linken Beines wichtigen Arteria femoralis superficialis. Bei der Klägerin lag schon seit Jahren ein starker Nikotinabusus sowie eine Hyperlipidämie vor. Die Gefäßerkrankung an der Arteria femoralis superficialis wurde am 1.9.1992 operativ durch das Aufsetzen einer Prothese durch den Beklagten behandelt. Nach ihrer Entlassung am 15.9.1992 suchte die Klägerin den Beklagten am 9.10.1992 erneut auf, da sie nicht mehr ohne Schmerzen laufen konnte und ihr linker Fuß nach Belastung weiß wurde. Der Beklagte führte die Beschwerden der Klägerin darauf zurück, dass die Umgebung der behandelten Gefäße noch nicht ausreichend kollateralisiert sei. Er stellte bei der Untersuchung weiterhin fest, dass die Durchblutung des linken Fußes wieder gut sei. In der Folgezeit ließ sich die Klägerin nur noch durch den Hausarzt Dr. B. behandeln, dem der Beklagte über die durchgeführte Behandlung und die verbliebenen geklagten Beschwerden Bericht erstattete.
Die Klägerin litt weiterhin an Schmerzen im linken Oberschenkel. Ihr Gehvermögen war eingeschränkt. Beim Gehen hatte sie Schmerzen im Gesäß und Krämpfe in der linken Wade. Am 11.8.1993 wurde die Klägerin erneut wegen der Durchblutungsbeschwerden behandelt. Dies erfolgte nun durch Prof. R. in der Aggertalklinik in E. Dabei wurde eine Ballondilertation der Aorta iliaca communis vorgenommen. Auch durch die zweite Operation konnten die Schmerzen nicht vollständig behoben werden. Noch heute klagt die Klägerin, dass sie das linke Knie nicht richtig beugen könne und Schmerzen im linken Knie und Oberschenkel habe.
Die Klägerin hat vorgetragen,
bereits während ihrer stationären Behandlung durch den Beklagten in der linken Leistengegend habe eine sich abzeichnende Verengung der Aorta iliaca communis (Beckenstammschlagader) vorgelegen. Der Beklagte habe es fehlerhaft unterlassen, eine Behandlung auch dieser Aorta bei der Operation im September 1992 oder in der unmittelbaren Folgezeit durchzuführen. Eine solche hätte aber bei de lege artis durchgeführter Therapie erfolgen müssen. Die Notwendigkeit einer solchen Behandlung hätte spätestens im Oktober 1992 erkannt werden müssen. Sämtliche geklagten Beschwerden seien auf die fehlerhaft unterlassene Gefäßbehandlung der Aorta iliaca communis zurückzuführen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,-- DM zu zahlen,
2. weiterhin 101.785,76 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. sowie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch den zukünftigen materiellen sowie immateriellen Schaden, der auf die ärztliche Behandlung vom 31.8. bis 9.10.1992 zurückzuführen ist, zu ersetzen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen,
zum Zeitpunkt der Planung der Operation im Jahre 1992 habe keine Notwendigkeit bestanden, die arteriosklerotischen Plaques im Bereich der Aorta iliaca communis zu behandeln. Es läge keine fehlerhafte Diagnose vor, da auf den vorliegenden Röntgenbildern aus dem Jahre 1991 noch keine hochgradige Abgangsstenosierung zu sehen und vor der Operation noch ein guter Leistenpuls feststellbar gewesen sei. Aufgrund der postoperativen guten Durchblutung der Gefäße des linken Fußes habe sich kein fehlerhaftes Verhalten ergebe, die Beckenarterie nicht gleich mitbehandelt zu haben.
Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 15.3.1996 sowie gemäß Beschluss vom 4.7.1997. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sachverständigengutachten vom 12.6.1996 (GA 101-116) sowie das Ergänzungsgutachten vom 18.7.1997 (GA 153-159) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.1.1999 (GA 231-240).
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen und einen Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld oder Ersatz des materiellen Schadens bzw. auf entsprechende Feststellung verneint. Es fehle an dem Nachweis der schuldhaften Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht. Anhand des Gutachtens des Sachverständigen, Prof. Dr. Dr. h.c. G C, sowie seines Ergänzungsgutachtens und seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 19.1.1999 sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die geklagten Schmerzen der Klägerin nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen seien. Eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung liege weder darin, dass die Beckenstammschlagader nicht gleich bei der ersten Operation mitbehandelt, noch darin, dass sie in der Folgezeit durch den Beklagten operativ behandelt worden sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Die Klägerin trägt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, der Beklagte habe es nicht nur anlässlich der im September 1992 durchgeführten Operation unterlassen, die vorgeschaltete Stenose im Bereich des Abgangs der arteria iliaca communis links operativ zu behandeln. Vielmehr habe der Beklagte anlässlich der operativen Behandlung der nachgeschalteten Stenose im Bereich des Abgangs der arteria femoralis superficialis links Nervenstränge beschädigt. Beide Behandlungsfehler hätten zur Folge, dass die Klägerin seit dem operativen Eingriff an erheblichen Schmerzen im Knie und im Oberschenkel links leide. Es sei bereits absehbar gewesen, dass die Klägerin langfristig an einer operativen Behandlung der vorgeschalteten Stenose nicht vorbeikomme. Der Beklagte hätte die Klägerin vor seinem operativen Eingriff über diese Problematik näher aufklären müssen. Die isolierte operative Behandlung der nachgeschalteten Stenose stelle sich aus gefäßchirurgischer Sicht als schwerwiegender Kunstfehler dar. Die kontraindizierte Operation habe der Beklagte außerdem nicht kunstgerecht ausgeführt. Die Schmerzen seien nicht nur Nervenreizungen, sondern es seien Nervenstränge durch die Operation beschädigt worden. Die Klägerin sei infolge der fehlerhaften Operation erwerbsunfähig.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches für den Fall der Säumnis des Beklagten mit 20.000,-- DM beziffert werde, nebst 4 % Zinsen seit dem 11.10.1995,
2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, an sie 101.785,76 DM nebst 4 % Zinsen aus 69.323,60 DM seit dem 11.10.1995 sowie aus 32.462,16 DM seit dem 28.10.1997 zu zahlen,
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr sämtliche darüber hinausgehenden immateriellen und materiellen Schäden zu ersetzen, letztere, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sei, die darauf zurückzuführen seien, dass es der Beklagte unterlassen habe, anlässlich des stationären Aufenthalts der Klägerin in seiner Klinik vom 31.08. bis zum 15.09.1992 die vorgeschaltete Stenose am Abgang der linken arteria iliaca communis operativ zu beseitigen und darauf, dass der Beklagte anlässlich der operativen Entfernung der nachgeschalteten Stenose in diesem Bereich Nervenstränge geschädigt habe.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das angegriffene Urteil zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor,
ein Behandlungsfehler habe nicht vorgelegen. Für die Beseitigung der vorgeschalteten Stenose habe keine zwingende Indikation bestanden. Es habe keine Veranlassung zu weiteren diagnostischen Maßnahmen bestanden, sondern allenfalls zu einer konservativen Therapie, welche dem Hausarzt oblegen habe. Die Klägerin verschließe die Augen vor der Erkenntnis, dass die bei ihr vorliegende Arteriosklerose nicht das Ergebnis ärztlicher Fehlbehandlung sei, sondern auf ihren ungesunden Lebenswandel, d. h. Nikotinabusus und Alkohol, zurückzuführen sei. Auch sei es bei der Operation im September 1992 nicht zu Beschädigungen der Nervenstränge gekommen. Es liege auch keine Aufklärungspflichtverletzung vor. Außerdem werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil mitsamt den dort in Bezug genommenen Unterlagen, Gutachten, Arztberichten, ferner auf die in beiden Rechtszügen zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Auch der Senat schließt sich den von Sachkunde getragenen Ausführungen des in erster Instanz tätig gewordenen Gutachters Prof. Dr. Dr. h.c. C. an, der ausweislich seiner Gutachten und der Anhörung vor der Kammer sehr deutlich gemacht hat, dass weder ein einfacher noch ein grober Behandlungsfehler vorgelegen hat.
1) Richtig sei zwar, so der Sachverständige, dass bereits vor der ersten Operation im Jahre 1992 eine vorgeschaltete Stenose an der linken Beckenstammschlagader zu erkennen gewesen sei, die im allgemeinen mitoperiert würde. Im vorliegenden Fall habe aber keine zwingende Indikation für eine solche Mitoperation vorgelegen. Eine solche Operation sei nämlich nur dann notwendig, wenn ein Funktionsverlust, d. h. die Unterschreitung eines bestimmten Blutdruckes in den Gefäßen gegeben sei. Nicht jeder Befund, der auf einer Angiographie zu sehen sei, sei operationspflichtig. Hier habe aber eine ausreichende Durchblutung der Gefäße vorgelegen. Das ergebe sich zum einen aus den Befundunterlagen der Behandlung durch Prof. Dr. R. im August 1993. Bei einer Projektion der zu diesem Zeitpunkt festgestellten Druckwerte in der Bauchschlagader und der Arterie femoralis communis auf den Zeitpunkt der ersten Operation ergebe sich, dass die Beckenstammschlagader nicht habe mitoperiert werden müssen, da eine ausreichende Durchblutung vorgelegen habe. Daher sei es hier in das ärztliche Ermessen gestellt, eine vorgelagerte Stenose mitzuoperieren. Unterbleibe eine Mitbehandlung der vorgeschalteten Stenose, so müsse durch den behandelnden Arzt zum Schutz des Patienten eine weitere Diagnose vorgenommen werden, um sich ein Bild über das Risiko zu verschaffen, die vorgeschaltete Stenose nicht mitoperiert zu haben. Im allgemeinen neige eine Arterienverkalkung zur Verschlechterung. Daraus ergebe sich die Kontrollnotwendigkeit. Solange aber die Blutversorgung der Gefäße verifiziert sei, ergebe sich für den Gefäßchirurgen keine weitere Handlungspflicht.
Dass hier keine fehlerhafte Diagnose durch den Beklagten erfolgt ist, steht auch zur Überzeugung des Senats fest. Prof. Dr. Dr. h.c. C führte hierzu aus, dass es nicht üblich sei, intraarterielle Messungen des Druckes vorzunehmen. Auch habe keine retrograde Angiographie der Beckenstammschlagader erfolgen müssen, um den Druck festzustellen, da dieser Eingriff mit einem zusätzlichen Risiko für den Patienten behaftet sei. Es genüge vielmehr, den Puls von außen zu erfühlen, um die Blutversorgung zu verifizieren. Dies habe der Beklagte aber getan. Dabei habe er sowohl einen guten linksseitigen Leistenpuls vor der Operation als auch einen guten Puls im linken Fuß nach der Operation festgestellt. Das sei in den Behandlungsunterlagen (GA 51-72), festgehalten. Danach habe sich der Beklagte sowohl vor als auch nach der Operation als auch im Oktober 1992 von der Richtigkeit seiner Diagnose überzeugt. Ein weiterer Handlungsbedarf habe nicht bestanden.
Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten liegt auch nicht darin, dass er aufgrund der geklagten Beschwerden der Klägerin im Oktober 1992 zunächst keine weitere Behandlung vorgenommen hat. Der bei seiner Untersuchung am 9.10.1992 festgestellte gut tastbare Puls im linken Fuß berechtigte den Beklagten trotz der von der Klägerin geschilderten Schmerzen zum Abwarten. Notwendig sei in diesem Fall lediglich eine konservative Therapie der Beschwerden, welche die Kontrolle des Blutdruckes, der Blutfettwerte, der Funktionsfähigkeit des Herzens aber auch die Aufgabe des Zigarettenkonsums umfasse, sowie die Verordnung bestimmter Medikamente gegen Arterienverkalkung und zur Blutverflüssigung. Sowohl die Verschreibung solcher Medikamente als auch der Versuch, die Klägerin zur Aufgabe des Zigarettenkonsums zu bewegen, sei ausweislich der Behandlungsunterlagen durch den Beklagten erfolgt. Eine Aufklärung der weiteren Schmerzen habe dem weiterbehandelnden Hausarzt oblegen, nicht dem Beklagten, da diese nicht unbedingt auf Durchblutungsstörungen zurückzuführen gewesen seien.
2) Der Senat hat sich im Rahmen der weiteren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren mit der Behauptung der Klägerin befasst, der Beklagte habe anlässlich der am 1.9.1992 durchgeführten operativen Behandlung der nachgeschalteten Stenose im Bereich des Abgangs der arteria femoralis superficialis Nervenstränge beschädigt. Dadurch bedingt leide sie an erheblichen Schmerzen im Knie und im linken Oberschenkel. Priv. Doz. Dr. med. R. Sch, Arzt für Neurochirurgie, Johannes G-Universität M., hat in seinem fachneurochirurgischen Gutachten vom 5.2.2001 ausgeführt, dass aufgrund der Erkenntnisse aus der Akte, der Bewertung der radiologischen Untersuchungsergebnisse und seiner eigenen Untersuchung der Klägerin davon auszugehen sei, dass durch die Operation vom 1.9.1992 an den arteriellen Verzweigungen der Arteria femoralis communis links eine bleibende Schädigung am linken Nervus femoralis und seinen sensiblen und motorischen Verzweigungen nicht verursacht worden sei. Eine peroperative unvermeidliche Irritation des Nerven, welche von der Klägerin ihm gegenüber anlässlich der Untersuchung geschildert worden sei, sei hingegen nicht auszuschließen. Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige Dr. Sch sein Gutachten erläutert und dabei klargestellt, dass nach seinem Untersuchungsbefund diejenigen Schmerzen, über die die Klägerin derzeit klage, nicht auf die Operation durch den Beklagten zurückzuführen seien. Mögliche Nervenbeschädigungen hätten mit Sicherheit nur zu passageren Schmerzzuständen geführt. Der Sachverständige verwies dabei auf den Umstand, dass es sich bereits um die zweite Operation an dieser Stelle gehandelt habe und dabei bereits ein Narbengewebe vorgefunden worden sei. Präzisierend führte der Sachverständige aus, dass operationsbedingt verbliebene Schmerzreaktionen mit Wahrscheinlichkeit eher der früheren Operation aus dem Jahre 1980, nicht aber der Operation durch den Beklagten zuzuordnen sei. Die Schmerzen im Leistenbereich seien mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass bei der früheren Operation an dieser Stelle Venenmaterial entnommen worden sei. Dr. Sch führte aus, dass es bei 3 % dieser Operationen zu Nervenbeschädigungen kommen könne, vornehmlich motorischer, gelegentlich aber auch sensibler Natur. Der Sachverständige machte deutlich, dass die vorübergehenden Schmerzen, an denen die Klägerin leide, nicht über das hinausgehen, was bei einer Operation üblich sei. Dr. Sch legte für den Senat nachvollziehbar dar, dass die von der Klägerin geschilderten Schmerzen seiner Ansicht nach auch im Zusammenhang mit den Operationen aus den Jahren 1970 und 1971 stehen, die am Kniegelenk durchgeführt worden seien. Er habe bei seiner Untersuchung feststellen können, dass die Klägerin das Kniegelenk nicht habe beugen können. Es seien Kalkablagerungen in der Gelenkschmiere vorhanden, die links ausgeprägter als rechts seien. Der Sachverständige hat nachdrücklich dargelegt, dass die durchgeführte Operation durch den Beklagten unvermeidbar gewesen sei, es demgegenüber keine vernünftige Alternative gegeben habe. Die Möglichkeiten einer konservativen Therapie seien nach seinem Verständnis ausgeschöpft gewesen. Die Alternative wäre gewesen, dass das Bein sukzessive hätte amputiert werden müssen. Bei dieser Sachlage ist für den Senat gesichert davon auszugehen, dass die Klägerin angesichts dieser vernichtenden Prognose auch in Kenntnis der jetzt vorhandenen Schmerzen einer Operation rückschauend betrachtet sich nicht verschlossen hätte.
Ist der Senat demzufolge zur Überzeugung gelangt, dass weder ein einfacher noch ein grober Behandlungsfehler gegeben ist, eine Verletzung einer Aufklärungspflicht über die mit der Operation verbundenen Risiken ebenfalls nicht ersichtlich ist (§ 286 ZPO), war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Anknüpfung an den Senatsbeschluss vom 7.12.1999 (GA 302) auf 141.785,76 DM festgesetzt. Er entspricht der Beschwer der Klägerin.
Ende der Entscheidung
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