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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 21.06.2004
Aktenzeichen: 10 U 945/03
Rechtsgebiete: AVB Warenkredit 1984, ZPO, InsO, KO


Vorschriften:

AVB Warenkredit 1984 § 1
AVB Warenkredit 1984 § 9
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
InsO § 17 Abs. 2 Satz 2
KO § 102 Abs. 2
In der Warenkreditversicherung nach den AVB Warenkredit 1984 bedarf es für den Versicherungsfall der Zahlungsunfähigkeit bei Auslandssachverhalten keiner ergänzenden Vertragsauslegung zu § 9 AVB Warenkredit 1984, wenn für diese eine Zusatzklausel vereinbart ist, nach der Zahlungsunfähigkeitauch dann vorliegt, "wenn infolge nachgewiesener ungünstiger Umstände eine Bezahlung aussichtslos erscheint, weil eine Zwangsvollstreckung, ein Konkursantrag oder eine andere gegen den Kunden gerichtete Maßnahme des Versicherungsnehmers keinen Erfolg verspricht" (Abgrenzung zu BGH, VersR 2002 S. 845). Für die betreffenden Fälle ist wie bei § 9 AVB Warenkredit 1984 der Versicherungsfall der Zahlungsunfähigkeit damit abschließend definiert.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

(gem. § 522 Abs. 2 ZPO)

Geschäftsnummer: 10 U 945/03

in dem Rechtsstreit

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und die Richterin am Oberlandesgericht Zeitler-Hetger

am 21. Juni 2004

einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer - 3. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 17. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

Der Senat hat mit Hinweisbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 3. Mai 2004 darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, auch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordere und die Berufung auch keine Aussicht auf Erfolg habe.

Die Berufung ist nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat hält an seinem Hinweis fest und nimmt auf ihn auch zur Begründung seiner abschließenden Entscheidung Bezug (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die auf den Hinweis des Senats abgegebene Stellungnahme gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung:

Die Klägerin bezieht sich auf BGH, VersR 2002 S. 845, und meint, auch in ihrem Schriftsatz vom 29. April 2004 dies noch näher ausführend, versicherte Zahlungsunfähigkeit liege auch dann vor, wenn der Schuldner "untergetaucht" sei, sei es aufgrund unmittelbarer Verknüpfung von § 1 AVB Warenkredit 1984 mit § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO - weil "Untertauchen" mit Zahlungseinstellung gleichzusetzen sei -, sei es in Auslandsfällen in Anlehnung an die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs deshalb, weil der Auslandssachverhalt aufgrund ergänzender Vertragsauslegung parallel zu behandeln sei. § 9 AVB Warenkredit 1984 soll nach Auffassung der Klägerin lediglich eine Ausdehnung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit darstellen ("Vorverlegung der Fälligkeit").

Dem kann nicht gefolgt werden, ohne dass hierzu Überlegungen rechtsgrundsätzlicher Natur angestellt werden müssten:

§ 9 AVB Warenkredit 1984 definiert nach gefestigter Rechtsprechung, auf die sich bereits das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen zutreffend bezieht, sehr wohl den Versicherungsfall der Zahlungsunfähigkeit abschließend. Dem kommt als vertraglicher Regelung der Vorrang vor einer unmittelbaren Verknüpfung von § 1 AVB Warenkredit 1984 mit § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO zu, wobei vorliegend bei einer versicherten Forderung aus 1998 ohnehin auf § 102 Abs. 2 KO Bezug zu nehmen gewesen wäre (vgl. Art. 110 Abs. 1 EGInsO) und die Tragfähigkeit der Gleichstellung von "Untertauchen" mit Zahlungseinstellung dahingestellt bleiben kann. Anlass zu einer ergänzenden Vertragsauslegung besteht vorliegend abweichend von dem der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall nicht, weil die Vertragsbedingungen vorliegend in der Zusatzklausel Nr. 10.5 des Mantelvertrags eine besondere, an die Stelle von § 9 AVB Warenkredit 1984 - mit gleicher regelungssystematischer Funktion und Wirkung - tretende Definition der Zahlungsunfähigkeit in Auslandsfällen enthalten.

Nach Nr. 10.5 des Mantelvertrags liegt Zahlungsunfähigkeit auch dann vor, "wenn infolge nachgewiesener ungünstiger Umstände eine Bezahlung aussichtslos erscheint, weil eine Zwangsvollstreckung, ein Konkursantrag oder eine andere gegen den Kunden gerichtete Maßnahme des Versicherungsnehmers keinen Erfolg verspricht".

Versichert ist damit aber auch nach Nr. 10.5 des Mantelvertrags das Risiko der Zahlungsfähigkeit des Kunden, nicht aber das Risiko seiner Zahlungsunwilligkeit. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Kunde aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Soweit Nr. 10.5 des Mantelvertrags über den Katalog von § 9 AVB Warenkredit 1984 hinaus Zahlungsunfähigkeit auch dann annimmt, wenn infolge nachgewiesener ungünstiger Umstände eine Bezahlung aussichtslos erscheint, weil eine Zwangsvollstreckung, ein Konkursantrag oder eine andere gegen den Kunden gerichtete Maßnahme des Versicherungsnehmers keinen Erfolg verspricht, muss es sich hierbei sehr wohl - auch im Sinn der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs durchaus in Parallelität zum Regelungsgehalt von § 9 AVB Warenkredit 1984 für Inlandssachverhalte - um Umstände handeln, die belegen, dass der Kunde nicht die finanziellen Mittel hat, die gegen ihn gerichtete Forderung zu erfüllen.

Derartige Umstände sind vorliegend, wie bereits dargelegt, nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Alleinverwalter ihrer Schuldnerin "untergetaucht" sei und dass hiernach Zwangsvollstreckungsmaßnahmen schon deshalb nicht vorgenommen werden könnten, weil eine Zustelladresse nicht bekannt sei, ist dies ein Indiz für Zahlungsunwilligkeit, reicht jedoch nicht aus, Zahlungsunfähigkeit zu belegen (vgl. Senatsurteil vom 22.12.1995 - 10 U 128/95 -, RuS 1997 S. 86).

Die Berufung ist deshalb nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat hält ausdrücklich fest, dass ein Anlass für die Zulassung der Revision nicht ersichtlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren wird auf 18.662,15 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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