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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 15.04.2002
Aktenzeichen: 10 W 181/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 485 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 485 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 572 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 10 W 181/02

in dem selbständigen Beweisverfahren

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Weiss, die Richterin am Oberlandesgericht Schwager-Wenz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Koch

am 15. April 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Februar 2002 aufgehoben. Der Erlass des beantragten Beweisbeschlusses wird dem Landgericht übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 6.647 € festgesetzt.

Gründe:

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte sowie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Antrag der Antragstellerin auf Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren nicht wegen Fehlens des Rechtschutzinteresses zurückzuweisen. Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, so kann eine Partei gemäß § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Person (§ 485 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 ZPO) oder die Ursache eines Personenschadens (§ 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) festgestellt wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Antragstellerin möchte durch einen Sachverständigen feststellen lassen, ob an vom Antragsgegner behandelten Zähnen aufgrund fehlerhafter Vorgehensweise des Antragsgegners Sanierungsbedarf bestehe. An diesen Feststellungen hat die Antragstellerin ein rechtliches Interesse. Dieses Interesse kann ihr - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht deshalb abgesprochen werden, weil der Antrag der Sache nach einer umfangreichen Klärung eventueller zahnärztlicher Behandlungsfehler, deren Folgen sowie Umfang und Kosten eventueller Korrekturmaßnahmen diene und dies von einem selbständigen Beweisverfahren nicht geleistet werden könne. Den derzeitigen Zustand der Zähne der Antragstellerin vermag ein Sachverständiger festzustellen; ebenso kann er die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen und ihre Kosten darlegen. Ob er mangels Kenntnis des Zustandes der Zähne der Antragstellerin bei Beginn der Behandlung die Frage nach einem Fehler des Beklagten beantworten kann, ist ein Risiko, das auch mit einer Beweiserhebung im Rechtsstreit verbunden wäre, und nicht geeignet, die Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren unzulässig zu machen.

Die Antragstellerin hat schlüssig die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Antragsgegner wegen zahnärztlichen Behandlungsfehlers dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Beantwortung der Beweisfragen durch einen Sachverständigen kann der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen, weshalb nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO ein rechtliches Interesse der Antragstellerin an den Feststellungen anzunehmen ist. Stellt sich heraus, dass kein ärztlicher Behandlungsfehler gegeben ist, wird die Antragstellerin möglicherweise davon absehen, eine zunächst beabsichtigte Klage zu erheben. Stellt sich heraus, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt, wird sich der Antragsgegner vielleicht zu einer außergerichtlichen Einigung bereit finden.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ein erhebliches anerkennenswertes Interesse daran hat, ihre Zähne umgehend sanieren zu lassen und damit nicht warten zu müssen, bis ein möglicher Rechtsstreit mit dem Antragsgegner über mehrere Instanzen rechtskräftig abgeschlossen ist. Insoweit kommt auch eine Beweissicherung nach § 485 Abs. 1 zweite Alternative in Betracht.

Der Senat hat davon abgesehen, den Beweisbeschluss selbst zu erlassen, da noch zu prüfen ist, ob einzelne Beweisfragen noch zu präzisieren sind. Dies wird gemäß § 572 Absatz 3 ZPO dem Landgericht übertragen.

Ende der Entscheidung

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