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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.03.2009
Aktenzeichen: 11 UF 520/08
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG
Vorschriften:
BGB § 138 | |
BGB § 138 Abs. 1 | |
BGB § 242 | |
VAHRG § 1 Abs. 3 | |
VAHRG § 3 b Abs. 1 Ziff. 2 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES TEILURTEIL
Geschäftsnummer: 11 UF 520/08
Verkündet am 10. März 2009
in der Familiensache wegen nachehelichen Unterhalts, Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich (Scheidungsfolgesachen).
Der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Rüll, den Richter am Oberlandesgericht Diener und die Richterin am Oberlandesgericht Haberkamp auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2009 für Recht erkannt: Tenor: Auf die Berufung des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Alzey vom 22.7.2008 zu Ziffer 2) teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Ärzteversorgung N............ - Mitglieds-Nr.: ... - werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung .... - Vers.-Nr.: ... - Rentenanwartschaften in Höhe von 432,45 € monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.6.2004, begründet. Die weitergehende Berufung des Antragstellers wird zurückgewiesen, soweit sie den Versorgungsausgleich betrifft. Die Berufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen, soweit sie den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich betrifft (Ziffern 2) und 4) des angefochtenen Urteils). Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe: Es wird zunächst auf das angefochtene Urteil zur Sachdarstellung Bezug genommen. Über die Berufungen der Parteien kann entschieden werden, soweit sie den Versorgungausgleich und den Zugewinnausgleich betreffen, während hinsichtlich der den nachehelichen Unterhalt betreffenden Folgesache noch eine Beweisaufnahme erforderlich ist. I. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der zwischen den Parteien am 26. August 1977 - URNr. ... des Notars W........... in M.... - geschlossene Ehevertrag nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig ist. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die im Ehevertrag getroffenen Vereinbarungen bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führen, dass dem Ehevertrag losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Lebensverhältnisse der Ehegatten wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten, § 138 I BGB (vgl. BGH, FamRZ 2004, 601 f., 606). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass im Ehevertrag der Parteien keine Regelung bezüglich des Trennungsunterhalts und des nachehelichen Unterhalts getroffen wurde. Der Versorgungsausgleich, der auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt einzuordnen ist (vgl. BGH, a.a.O., S. 605) steht zwar vertraglicher Disposition nur begrenzt offen. Vereinbarungen über ihn müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht. Als Teilhaber an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen ist der Versorgungsausgleich andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt. Insoweit steht er eher zur Disposition als der nacheheliche Unterhalt. Es ist hier zu berücksichtigen, dass die Parteien bei Abschluss des Ehevertrages übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass ihre Ehe kinderlos bleiben würde und die Antragsgegnerin aufgrund einer eigenen vollen Berufstätigkeit Versorgungsanwartschaften erwerben würde. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass der Antragsteller in der Ehe keinen Kinderwunsch hatte und sie sich dieser ablehnenden Haltung gegenüber Kindern erst nach mehreren Ehejahren widersetzte. Daher kann hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht von einer Sittenwidrigkeit des Vertrages ausgegangen werden. Der Umstand, dass fast 9 Jahre nach der Eheschließung die Tochter C....... der Parteien und im Jahre 1990 dann auch der Sohn R..... geboren wurde und die Antragsgegnerin deshalb zeitweise nicht mehr voll gearbeitet hat, führt nicht zur Sittenwidrigkeit des Vertrags, sondern zur Prüfung, ob und inwieweit es missbräuchlich ist, dass sich der Antragsteller auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs beruft (vgl. BGH, a.a.O., S. 610). Wenn dies angenommen wird, ist eine Anpassung des ehevertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs an die geänderten Verhältnisse vorzunehmen, wobei die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Rahmen dieser Ausübungskontrolle des Ehevertrags auf die ehebedingt entstandenen Versorgungsnachteile des ausgleichsberechtigten Ehegatten beschränkt werden kann (vgl. BGH, FamRZ 2005, 185 ff.). Hiervon geht der Senat im vorliegenden Fall aus. Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages auch deswegen anzunehmen sei, weil sie als medizinisch technische Assistentin dem damals bereits als Arzt tätigen Antragsteller strukturell unterlegen gewesen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Auf eine wirtschaftliche Unterlegenheit der Antragsgegnerin kann nicht abgestellt werden. Sie hat eine abgeschlossene Berufsausbildung und hätte unstreitig auch weiterhin bei ihren Eltern, die ebenfalls Ärzte waren, als MTA arbeiten können. Auf die wirtschaftliche Überlegenheit des Antragstellers kann nicht abgestellt werden, da Ehen und die sie gestaltenden Rechtsverhältnisse keine Austauschverträge oder Vereinbarungen über an einem öffentlichen Markt handelbare Güter sind (vgl. dazu Gageik, RNotZ 2004, 295 ff., 308). Der Altersunterschied genügt nicht zur Begründung einer strukturellen Unterlegenheit. Zudem konnte sich die Antragsgegnerin auch von ihren Eltern beraten lassen, was nach dem Vortrag des Antragstellers auch erfolgt ist. Die Antragsgegnerin wird selbst nicht behaupten wollen, dass sie aus geschlechtsspezifischen Gründen dem Antragsteller unterlegen war (vgl. dazu Gageik, a.a.O., S. 308 f.). Sie befand sich auch nicht in der besonderen Situation einer Schwangerschaft, die sie veranlasst haben könnte, trotz eines für sie nachteiligen Ehevertrags diesen abzuschließen, um nicht mit der Verantwortung für das Kind alleine dazustehen und auch die wirtschaftlichen Probleme einer alleinerziehenden Mutter zu vermeiden. Es bleibt daher dabei, dass hinsichtlich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs lediglich eine Anpassung des Ehevertrags im Rahmen der Ausübungskontrolle zu erfolgen hat. Im Grundsatz zutreffend ist das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass - entsprechend dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen G....... - die Antragsgegnerin in der Ehezeit (1.9.1977 bis 30.6.2004) weitere Anwartschaften in Höhe von 432,45 € monatlich - über die sich aus der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung ... vom 17.12.2004 (Bl. 20 der Unterakte VA) ergebenden Anwartschaften hinaus - erworben haben würde (vgl. S. 3 der Ergänzung des Gutachtens G....... vom 13.4.2007, Bl. 115 d.A. VA). Das Amtsgericht hat allerdings zu Unrecht angeordnet, dass der Versorgungsausgleich im Wege der Anpassung des Ehevertrags in der Weise durchzuführen ist, dass der Antragsteller gemäß § 3 b I Ziffer 2 VAHRG 94.971,18 € zur Begründung von Anwartschaften in Höhe von 432,45 € auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... zu zahlen habe. Vorrangig ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs gemäß § 1 III VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Ärzteversorgung N............. Die Ärzteversorgung N............ ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, so dass § 1 III VAHRG anwendbar ist. Der Versorgungsausgleich ist daher in der Weise durchzuführen, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Ärzteversorgung N............ auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung ... Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 432,45 € monatlich, bezogen auf den 30.6.2004, zu begründen sind. Der Antragsteller hat zwar darauf hingewiesen, dass er bereits 1977 - nach seinen Angaben zunächst ohne Kenntnis der Antragsgegnerin - eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abgeschlossen hat, die im November 2009 fällig werde. Es werde dann an die Antragsgegnerin ein Betrag von ca. 90.000,00 € ausgezahlt werden. Dieser Betrag entspricht ungefähr den 94.971,18 €, die der Antragsteller nach der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts zur Begründung von Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin zahlen sollte. Daraus kann jedoch entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht gefolgert werden, dass ein Versorgungsausgleich in dem vorgenannten Umfang deswegen nicht mehr durchzuführen sei, weil die ehebedingten Nachteile bereits durch diese Lebensversicherung aufgefangen worden seien. Der Antragsteller hat nach seinen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung die Lebensversicherung nicht im Hinblick auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs abgeschlossen. Er hat sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend geäußert, dass er dies veranlasst habe, "damit sie auch etwas hat". Dies bezieht sich nicht ohne weiteres auf den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, sondern auf die Gesamtsituation nach Abschluss des Ehevertrages. Vor allem aber hat der Antragstellers dies bereits zu einem Zeitpunkt veranlasst, als die Parteien noch übereinstimmend davon ausgingen, dass die Ehe kinderlos bleiben würde. Damit sollte also nicht der Nachteil ausgeglichen werden, der durch eine eingeschränkte Berufstätigkeit der Antragsgegnerin nach Geburt eines oder mehrerer Kinder entstehen würde. II.
Soweit der Ehevertrag einen Verzicht auf den Zugewinnausgleich enthält, ist der Kernbereich der Scheidungsfolgen nicht betroffen (vgl. BGH, FamRZ 2004, 601 ff., 611). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass über den Versorgungsausgleich eine hinreichende Absicherung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Altersversorgung erfolgt ist. In diesem Zusammenhang kann zusätzlich auch die von dem Antragsteller zu ihren Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherung berücksichtigt werden. Der Antragsteller hatte als Freiberufler auch ein nachvollziehbares Interesse daran, für den Fall einer Scheidung nicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs auch den Wert der Praxis ausgleichen zu müssen.
Zwar hat die Antragsgegnerin vorgetragen, dass sie aufgrund des Aufbaus des Labors wesentlich zum Erfolg der Praxis des Antragstellers beigetragen habe. Der Antragsteller hat dem entgegnet, dass der gleiche wirtschaftliche Erfolg auch bei einer Vergabe der Laborleistungen außerhalb eingetreten wäre. Insofern stehen sich die Angaben der Parteien gegenüber, ohne dass der Senat jetzt feststellen könnte, in welchem Umfang die sicherlich engagierte Tätigkeit der Antragsgegnerin zu einer Mehrung des Vermögens des Antragstellers entscheidend beigetragen hat. Dass der Antragsteller sie für ihre Tätigkeit nur so geringfügig bezahlt hat, wie sie vorträgt, kann angesichts der in der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung .... vom 17.12.2004 mitgeteilten Pflichtbeiträge im Versicherungsverlauf (Bl. 22 der Unterakte VA) nicht nachvollzogen werden.
Da weder eine Sittenwidrigkeit des Ausschlusses des Zugewinnausgleichs gemäß § 138 I BGB vorliegt noch eine Anpassung des Ehevertrags gemäß § 242 BGB geboten ist, ist die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags in der den Zugewinnausgleich betreffenden Folgesache richtet.
Die Kostenentscheidung ist der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorzubehalten.
Ende der Entscheidung
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