Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: 12 U 1230/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 656 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 12 U 1230/03
Verkündet am 18.12.2006
in dem Rechtsstreit
wegen eines Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung u.a.
Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richterin am Oberlandesgericht Frey und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach
auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2006
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 2. September 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung eines Teilbetrages des Entgelts aus einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag, das sie an die Beklagte gezahlt hat.
Die Parteien schlossen am 20. März 2001 einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag (Bl. 20 GA), durch den sich die Beklagte verpflichtete, mit der Klägerin ein Aufnahmegespräch durchzuführen, ihre persönlichen Daten und Wünsche zu erfassen und eine Erstauswahl passender Partner vorzunehmen (Teil A), sowie auf Anforderung Partnervorschläge zu unterbreiten, Kontakte und Termine zu vereinbaren und eine allgemeine Betreuung und Beratung durchzuführen sowie Rückkopplungsgespräche zu führen (Teil B). Die Laufzeit des Vertrages wurde auf ein Jahr festgelegt. Insgesamt wurde ein Entgelt von 22.500 DM vereinbart, das die Klägerin für die zwei Teile der vertraglichen Leistungen in Teilbeträgen von 5.500 DM für Teil A und 17.000 DM = 8.691,96 Euro für Teil B an die Beklagte zahlte. Sie begehrt mit der Klage die Rückzahlung des Betrages für Teil B der Leistungen nebst Verzugszinsen.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag insgesamt kaum erfüllt, hinsichtlich der Leistungen zu Teil B des Leistungskatalogs aber keine relevanten Leistungen erbracht. Sie habe zwar Exposés versandt, aber nur einen einzigen telefonischen Kontakt mit einem Mann herbeigeführt, der kurz danach für ein halbes Jahr nach Australien gereist und deshalb für sie als Lebenspartner nicht in Betracht gekommen sei. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Sie habe sich nach der Scheidung ihrer Ehe in einer schwierigen psychischen Situation befunden, die die Beklagte ausgenutzt habe. Das Entgelt stehe in einem krassen Missverhältnis zur Leistung.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.691,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, sie habe der Klägerin mehrere Partnervorschläge unterbreitet und das Exposé der Klägerin an die von dieser ausgewählten Herren versandt. Mindestens drei der Herren hätten sich auch mit der Klägerin in Verbindung gesetzt. Von der Sittenwidrigkeit des Vertrages könne keine Rede sein. Bei der Honorarbemessung müsse beachtet werden, dass sie nur Partner der gehobenen Gesellschaftsschicht vermittle. Von der Ausnutzung einer Notlage der Klägerin könne keine Rede sein.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer vom 2. September 2003 abgewiesen. Es hat ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung komme nicht in Frage. Im Dienstvertragsrecht fehle ein Gewährleistungsrecht. Nur ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung sei theoretisch denkbar, scheide aber im konkreten Fall aus. Dass die Leistungen der Beklagten für die Klägerin völlig wertlos gewesen seien, stehe nicht fest. Im Übrigen stehe dem Anspruch der Klägerin auch die gesetzliche Bestimmung des § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung entgegen. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB scheide gleichfalls aus. Der Vertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Aus einer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen Samtleben in anderer Sache ergebe sich, dass der Preis bei einem VIP-Vertrag dem Üblichen entspreche.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die mit dem Rechtsmittel das Ziel ihrer Klage weiter verfolgt. Sie betont, dass nach dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag verschiedenartige Leistungen geschuldet gewesen seien. Dazu habe auch die Vermittlung von Kontakten gehört. Eine solche Kontaktvermittlung sei nicht in nennenswerter Weise erfolgt. Der telefonische Kontakt nur mit einem Interessenten, der sodann nach Australien gereist sei, sei für sie wertlos gewesen. Trotz vieler Nachfragen habe die Beklagte nicht auf ihren Wunsch nach Vermittlung weiterer Kontakte reagiert. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht die Sittenwidrigkeit des Vertrages verneint. Mit einem VIP-Vertrag sei der vorliegende Vertrag nicht vergleichbar.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie behauptet, sie habe der Klägerin allein im Zeitraum vom 9. April 2001 bis zum 25. Juli 2001 15 Partnervorschläge unterbreitet. Mit mindestens drei Herren sei die Klägerin in Kontakt getreten. Rechtlich bestehe bei dieser Sachlage kein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Honorars. Das Entgelt nach dem Partnerschaftsvermittlungsvertrag sei erfolgsunabhängig zu zahlen gewesen. Sittenwidrigkeit des Vertrages liege nicht vor.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Bezüglich der Feststellungen des Landgerichts verweist der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil (Bl. 92 ff. GA).
Der Zivilrechtsstreit war wegen eines vorläufigen Insolvenzverfahrens unterbrochen, das inzwischen ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet ist. Die Klägerin hat den Rechtsstreit danach wieder aufgenommen.
II.
Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nach dem Prüfungsmaßstab des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Die im wesentlichen anhand des unstreitigen Teils des Parteivorbringens getroffenen Mindestfeststellungen werden als solche nicht angegriffen. Die daran anknüpfende rechtliche Wertung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.
1. Sittenwidrigkeit des Partnerschaftsvermittlungsvertrages mit der Folge eines Rückzahlungsanspruches aus § 812 Abs. 1 Satz 1 - 1. Alternative - BGB liegt schon ungeachtet der Regelung des § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf die noch einzugehen ist, nicht vor. Die Honorarforderung der Beklagten war nicht unangemessen hoch, sondern sie bewegt sich nach der Rechtsprechung in einem für Partnerschaftsvermittlungsverträge mit gehobenem Anspruch üblichen Rahmen (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 268, 269 f.). Sie wurde auch gestaffelt in zwei Teilbeträgen eingefordert und geleistet, wovon die Klägerin nur die Rückzahlung des zweiten, wenngleich größeren Teilbetrages verlangt. Das steht der Gesamtbewertung des Vertrages als nichtiges Rechtsgeschäft entgegen. Zur Ausnutzung einer besonderen Schwächesituation nach ihrer Ehescheidung durch die Beklagte hat die Klägerin zudem keine Einzelheiten mitgeteilt. Insoweit ist die Klage unsubstantiiert.
2. Auch sonst besteht kein durchsetzbarer Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des für Teil B des Partnerschaftsvermittlungsvertrages gezahlten Entgelts. Die Schlechterfüllung eines Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrags lässt den Vergütungsanspruch grundsätzlich unberührt. Nur wenn die Leistung völlig unbrauchbar ist, kann gegenüber dem Honoraranspruch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags eingreifen (OLG Koblenz NJW-RR 2006, 419 ff.); ein Rückzahlungsanspruch nach erfolgter Honorarzahlung ergibt sich daraus aber immer noch nicht ohne weiteres. Ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung oder positiver Vertragsverletzung scheidet vor dem Hintergrund dieser Regelung hier ebenso aus wie ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 - 2. Alternative - BGB. Dem steht vor allem die gesetzliche Regelung gemäß § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegen.
§ 656 BGB ist auf Partnerschaftsvermittlungsdienstverträge entsprechend anzuwenden, weil der damit verbundene Zweck des Schutzes der Intimsphäre der weiteren Kunden des Partnerschaftsvermittlers hier ebenso beachtlich ist, wie in den ausdrücklich vom Gesetz erfassten Fällen der Honorierung eines Ehemäklers (vgl. BGH NJW-RR 2004, 778 f.; Staudinger/Reuter, BGB, 2003, § 656 Rn. 5 ff.). § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt dann aber Rückforderungen aus, wenn sie deshalb begehrt werden, weil eine Zahlungsverbindlichkeit etwa wegen Nichterfüllung des Vertrages durch den Partnerschaftsvermittler nicht bestanden hat. Auch § 656 Abs. 2 BGB verdeutlicht, dass der Partnerschaftsvermittler grundsätzlich freiwillig erbrachte Leistungen behalten darf. Es soll nach dem gesetzgeberischen Willen im Belieben des Auftraggebers stehen, ob und was er freiwillig zahlen oder in anderer Weise mit dem Ausschluss der Rückforderung geben will. Die Klägerin hat zwei Zahlungen an die Beklagte, von denen sie mit der Klage eine zurückverlangt, freiwillig erbracht. Dann ist nach der gesetzlichen Regelung die Klagbarkeit des Rückzahlungsverlangens jedenfalls im den auch hier wesentlichen Punkten ausgeschlossen. Der Zweck der Regelung wird heute im Schutz der Privat- und Intimsphäre der Kunden des Partnerschaftsvermittlers vor einer Offenlegung ihrer Bemühungen um die Begründung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft mit Hilfe eines kommerziellen Vermittlers durch die Beweisführung im Honorarprozess gesehen (vgl. BVerfG NJW 1966, 1211 ff.). Schon die Identifizierung derjenigen Dritten, die sich der Partnerschaftsvermittlung anvertraut haben, weil sie nicht ohne diese Hilfe eine Partnerschaft anbahnen konnten oder wollten, greift in die Privat- und Intimsphäre dieser Dritten ein und soll daher nach dem insoweit verfassungskonformen Regelungszweck der Norm im Honorarprozess unterbleiben (Staudinger/Reuter, BGB § 656 Rn. 7). Die Honorarforderung des Vermittlers und ein eventueller Rückzahlungsanspruch des Kunden nach dessen freiwillig erbrachter Geldzahlung sind daher prinzipiell nicht einklagbar. Nach diesem Normzweck soll im vorliegenden Fall schon die Identität der männlichen Kunden der Beklagten, die im Zusammenhang mit den vertraglichen Leistungen der Beklagten für die Klägerin angesprochen wurden, nicht offen gelegt werden. Erst recht sollen deren Eigenschaften und Partnerwünsche sowie die Gründe für oder gegen eine Kontaktaufnahme mit der Klägerin nicht Gegenstand der Erörterung im gerichtlichen Verfahren sein.
Das von dem Kunden eines Partnervermittlungsinstituts geleistete Honorar kann vor diesem Hintergrund allenfalls dann wegen Nichterfüllung der vertraglichen Leistungspflichten als Schadensersatz oder wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes als ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden, wenn der Vermittler überhaupt keine Leistungen erbracht hat, was gegebenenfalls ohne Beweiserhebungen mit Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht Dritter überprüfbar wäre, oder wenn die bisherigen Leistungen des Partnerschaftsvermittlers für den Kunden in einer ebenso ohne Berührung der Persönlichkeitssphäre Dritter aufklärbaren Weise völlig wertlos gewesen sind. In diesem Sinn wertlos sind Partnervorschläge nicht schon dann, wenn sie von dem Kunden aufgrund seiner subjektiven Einstellung als mangelhaft qualifiziert werden. So aber liegt es hier. Selbst wenn nach dem streitigen Vortrag der Klägerin nur ein Interessent sich mit der Klägerin in Verbindung gesetzt hätte, wäre keine völlig unbrauchbare Leistung der Beklagten festzustellen. Dies gilt auch dann, wenn der Interessent für ein halbes Jahr nach Australien gehen wollte. Die Gründe dafür und die Frage, ob dies der Aufnahme einer Lebenspartnerschaft aus der Sicht beider Interessenten durchgreifend entgegengestanden hatte, entziehen sich einer erschöpfenden Beweisaufnahme im Honorarrückzahlungsprozess.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor, weil insbesondere der rechtliche Ausgangspunkt zu § 656 Abs. 1 Satz 2 BGB in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist (vgl. BVerfG NJW 1966 ff., 1211; BGH NJW-RR 2004, 778 f.).
Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 8.691,96 Euro.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.