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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 26.02.2007
Aktenzeichen: 12 U 1597/05
Rechtsgebiete: StPO, BGB, StGB, GmbHG, ZPO, AktG, GenG
Vorschriften:
StPO § 153a | |
BGB § 288 | |
BGB § 291 | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
StGB § 266 | |
GmbHG § 43 | |
GmbHG § 43 Abs. 1 | |
GmbHG § 43 Abs. 2 | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1 | |
AktG § 93 Abs. 2 Satz 2 | |
AktG § 116 | |
GenG § 34 Abs. 2 Satz 2 | |
GenG § 41 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Geschäftsnummer: 12 U 1597/05
Verkündet am 26.02.2007,
in dem Rechtsstreit
wegen eines Schadensersatzanspruches aus der Geschäftsführerhaftung.
Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach und die Richterin am Oberlandesgericht Kagerbauer auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 26. September 2005 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der C...-C......... + I....... GmbH 5.729,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der C... C......... + I....... GmbH, an deren Stelle der Kläger in der Rolle des Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes getreten ist, gegen den Beklagten als den früheren Geschäftsführer.
Die C... C......... + I....... GmbH entfaltete im Frühjahr 2001 keine Geschäftstätigkeit im Sinne ihrer satzungsgemäßen Aufgaben als Betreiberin eines C......... und als I.......-Dienstanbieterin. Ihre Gesellschafter planten zur Kapitalaufbringung die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, die sodann anstelle der bisherigen GmbH den Geschäftsbetrieb aufnehmen sollte. Dazu wurden von der C... C......... + I....... GmbH Geschäftsräume angemietet, ab 15. März 2001 eine Mitarbeiterin eingestellt und Büroausstattungsartikel, einschließlich eines Laptop, erworben. Nachdem absehbar wurde, dass die rechtzeitige Umwandlung der C... C......... + I....... GmbH in eine Aktiengesellschaft nicht gelingen würde, erwarben die Gesellschafter eine bereits bestehende Aktiengesellschaft, die in C... C......... + I....... AG umfirmiert wurde. Der Beklagte wurde zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats dieser Aktiengesellschaft gewählt. Die Gesellschafter der Aktiengesellschaft waren zum Teil mit denjenigen der C... C......... + I....... GmbH identisch; ob der Beklagte auch Gesellschafter der Aktiengesellschaft war, ist streitig.
Die C... C......... + I....... AG nahm am 1. April 2001 den Geschäftsbetrieb in den von der C... C......... + I....... GmbH angemieteten Räumen auf, wozu sie als Untermieterin berechtigt wurde. Sie übernahm auch das Arbeitsverhältnis mit der am 15. März 2001 eingestellten Mitarbeiterin der C... C......... + I....... GmbH. Ferner übernahm sie die von der C... C......... + I....... GmbH erworbenen Büroausstattungsartikel. Die C... C......... + I....... GmbH hatte deshalb gegen die C... C......... + I....... AG einen Erstattungsanspruch wegen der Lohnkosten der Mitarbeiterin für die zweite Hälfte des Monats März 2001 in Höhe von 1.779,28 Euro brutto und einen Anspruch auf Zahlung eines Kaufpreises wegen der Büroausstattungsartikel in Höhe von 3.950,17 Euro. Die C... C......... + I....... GmbH, vertreten durch den Beklagten, stellte der C... C......... + I....... AG die Forderung über 1.779,28 Euro unter dem 31. Dezember 2001 und die Forderung über 3.950,17 Euro am 15. April 2002 in Rechnung. Eine Zahlung erfolgte nicht mehr, weil sich die C... C......... + I....... AG dann in Zahlungsschwierigkeiten befand. Das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 15. Mai 2002 eröffnet. Die genannten Forderungen wurden dort zur Tabelle angemeldet und anerkannt. Der Insolvenzverwalter in jenem Insolvenzverfahren rechnet mit einer Quote von weniger als einem Prozent, so dass die Forderungen letztlich ausfallen. Daher nimmt der Kläger den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe wegen der späten Rechnungsstellung und dem Unterlassen von Mahnungen oder gar von Maßnahmen zur Verschaffung eines Vollstreckungstitels zu einer Zeit, als die C... C......... + I....... AG noch zahlungsfähig war, den Ausfall ihrer Forderungen pflichtwidrig verursacht und auch verschuldet. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats der C... C......... + I....... AG sei er über deren wirtschaftliche Lage im Bilde gewesen und hätte ohnehin als Geschäftsführer der C... C......... + I....... GmbH früher handeln müssen. Er hafte - unbeschadet der Einstellung des Strafverfahrens 40 Js 288/03 der StA Bonn gegen den Beklagten gemäß § 153a StPO - aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sowie aus § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG auf Schadensersatz. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 5.729,46 Euro nebst Zinsen an ihn zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat im Kern vorgetragen, er sei sich im Verlauf des Jahres 2001 nicht bewusst gewesen, dass die C... C......... + I....... GmbH Ansprüche gegen die C... C......... + I....... AG gehabt habe; denn der Sache nach sei es nur um die Umwandlung des Unternehmens gegangen. Die Anspruchslage sei ihm erst zum Jahresabschluss beziehungsweise bei einer nachträglichen Überprüfung der Geschäftsvorgänge ins Blickfeld geraten.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer vom 26. September 2005 abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe die Anspruchsvoraussetzungen nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB sowie nach § 43 GmbHG nicht substantiiert dargetan. So fehle es an der Mitteilung, woraus sich eine Pflichtverletzung in Form einer zeitnahen Rechnungsstellung ergeben solle. Der Kläger sehe sich nicht in der Lage darzulegen, bis zu welchem Zeitpunkt eine Rechnungserstellung nach seiner Vorstellung noch pflichtgemäß gewesen sei. Zudem wäre die Leistungsfähigkeit der C... C......... + I....... AG zu jenem Zeitpunkt konkret darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen gewesen. Ferner sei dem Klägervortrag nicht zu entnehmen, woraus sich ein Vermögensnachteil ergeben haben solle, wenn die Gesellschafter der C... C......... + I....... GmbH und diejenigen der C... C......... + I....... AG identisch gewesen seien. Es sei in einem untechnischen Sinne nur um eine Art von Umbuchung der personellen und sächlichen Mittel der C... C......... + I....... GmbH auf die C... C......... + I....... AG gegangen. Ferner sei ein Untreuevorsatz nicht ersichtlich. Für die Frage der Verletzung der Pflicht zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes im Sinne des § 43 GmbHG gelte Ähnliches. Die Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung von Außenständen sei an der tatsächlichen Geschäftstätigkeit im Einzelfall zu messen. Da sich die Geschäftstätigkeit der C... C......... + I....... GmbH im Jahre 2001 auf die Untervermietung der Geschäftsräume beschränkt habe, sei nicht anzunehmen, dass andere Vorgänge, wie die Überprüfung möglicher Erstattungsansprüche hinsichtlich "bereits abgeschlossener und gebuchter Vorgänge" alsbald stattgefunden hätten. Es sei vielmehr damit zu rechnen gewesen, dass der Vorgang erst im Rahmen des Jahresabschlusses erkannt werden würde; das sei auch ausweislich der Daten der Rechnungserteilung so geschehen. Die in Rede stehenden Geschäftsvorgänge seien bei der C... C......... + I....... GmbH bereits "verbucht" gewesen. Da dieses Unternehmen in eine Aktiengesellschaft habe umgewandelt werden sollen, sei es nicht nahe liegend gewesen, spätere Erstattungsansprüche "vorzumerken". Der Kläger übersehe, dass die Nutzung der Arbeitskraft der Mitarbeiterin und des Büromaterials unverändert nur unter Auswechslung der Firmierung fortgeführt worden sei. Es habe deshalb, anders als bei einem sonstigen Austausch von Waren oder Dienstleistungen, keine nach außen hervortretende Leistung stattgefunden. Es habe sich zwar um ein neues Rechtsgeschäft, aber nicht um einen tatsächlichen Geschäftsvorfall gehandelt. Im Übrigen müsse auch hinsichtlich des Anspruchs aus § 43 GmbHG der eingeschränkte Geschäftsbetrieb der C... C......... + I....... GmbH berücksichtigt werden. Der Geschäftsführer hafte nur dann, wenn die Grenzen verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns deutlich überschritten worden seien. Eine bloße unternehmerische Fehleinschätzung reiche nicht aus. Eine Haftung des Beklagten komme hier nur in Frage, wenn dieser in Kenntnis oder grob sorgfaltswidriger Unkenntnis der Vorgänge rechtzeitige Maßnahmen zur Realisierung der Ansprüche der C... C......... + I....... GmbH unterlassen habe. Dafür sei vom Kläger nichts dargelegt worden. Auch insoweit könne die Identität der Gesellschafter der C... C......... + I....... GmbH und der C... C......... + I....... AG nicht außer Betracht bleiben. Wirtschaftlich betrachtet habe es sich um ein "In-sich-Geschäft" gehandelt. Deshalb wäre auch ein Vorgehen der C... C......... + I....... GmbH gegen die C... C......... + I....... AG im Wege der Zwangsvollstreckung kaum vorstellbar gewesen. Es entspreche den Gepflogenheiten eines ordentlichen Kaufmanns im Unternehmensverbund, auf die wechselseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen und großzügige Zahlungsziele einzuräumen. Für eine Ausnahme davon sei nichts vorgetragen worden. Angesichts der Mietzinszahlungen der C... C......... + I....... AG an die C... C......... + I....... GmbH aus der Geschäftsraumuntervermietung stellten die streitgegenständlichen Rechtsgeschäfte untergeordnete Geschäftsvorfälle dar. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, dass die C... C......... + I....... GmbH im Jahre 2001 dringend auf die Zahlung angewiesen gewesen sei. Zudem sei zur Frage der Zahlungsfähigkeit der C... C......... + I....... AG im letzten Zeitpunkt der noch sorgfaltsgemäßen Rechnungsstellung vom Kläger nichts vorgetragen worden. Schließlich gehe der Vorwurf der unterlassenen Nutzung von Wissen des Beklagten um die Vermögensverhältnisse der C... C......... + I....... AG fehl, weil in diesem Fall ein Anfechtungsrecht aufgrund einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung bestanden hätte.
Gegen dieses Urteil richtet sich das nach Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung durch Senatsbeschluss vom 14. Juni 2006 (Bl. 167 ff. GA) in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Rechtsmittel des Klägers. Er verfolgt mit der Berufung sein ursprüngliches Klageziel weiter.
Der Kläger bemängelt er vor allem Fehler des Landgerichts bei der rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts im Hinblick darauf, dass die C... C......... + I....... GmbH und die C... C......... + I....... AG verschiedene juristische Personen gewesen seien, deren Gesellschafter auch nur teilweise identisch gewesen seien. Daher könne nicht von einem faktischen In-sich-Geschäft ausgegangen werden. Die Sorgfaltspflicht des Beklagten gegenüber der C... C......... + I....... GmbH zur alsbaldigen Rechnungserteilung müsse nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogen werden, wenn anzunehmen sei, dass die Rechnungserstellung zum Ende des Jahres 2001 beziehungsweise zum 15. April 2002 jedenfalls nach Lage der Dinge verspätet gewesen und außerdem auch dem Beklagten die wirtschaftliche Situation auch der C... C......... + I....... AG bekannt gewesen sei. Da die Mietzinszahlungen der C... C......... + I....... AG aus der Untervermietung der Geschäftsräume zunächst beanstandungsfrei erfolgt gewesen seien, könne angenommen werden, dass jedenfalls bis zum Sommer des Jahres 2001, dem spätesten Zeitraum für das Ende der Prüfungsfrist des Beklagten hinsichtlich bestehender Erstattungsansprüche gegenüber der C... C......... + I....... AG wegen der Überlassung von personellen und sächlichen Mitteln, die Leistungsfähigkeit der C... C......... + I....... AG noch bestanden hätte. Zu diesem Punkt habe das Landgericht im Übrigen seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verletzt.
Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Wegen der Feststellungen des Landgerichts verweist der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Begründung des angefochtenen Urteils.
II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Es bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Bewertung der Darlegungslast durch das Landgericht und gegen die rechtliche Beurteilung der Umstände des vorliegenden Falles mit Blick auf die Sorgfaltspflichten des Beklagten. Dies gilt jedenfalls, soweit ein Anspruch aus § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG betroffen ist.
Auch im Fall des § 43 GmbHG gelten die im Recht der juristischen Personen sonst bestehenden Regeln über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGHZ 152, 280, 283). Nach §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG trifft die Organmitglieder im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben. Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation - oder an deren Stelle der Insolvenzverwalter als neue Partei kraft Amtes - in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. Klaus Müller, GenG 2. Aufl. § 34 Rn. 49). Für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf eine konkrete Weisung der Gesellschafter gehandelt hat, nichts anderes gelten (vgl. BGHZ 152, 280, 283). Die Gesellschaft - oder an deren Stelle der Insolvenzverwalter - trifft deshalb nur die Darlegungs- und Beweislast für einen Schaden und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis, das als pflichtwidrig in Betracht kommt, sich also insofern als möglicherweise pflichtwidrig darstellt (BGHZ 152, 280, 284). Ebenso wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG muss sich auch der Geschäftsführer einer GmbH dann dahin gehend entlasten, dass er nach den Umständen, die er darzulegen und zu beweisen hat, seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder dass der Schaden auch bei einem pflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre. Das schließt gegebenenfalls den Nachweis der Einhaltung seines grundsätzlich weiten unternehmerischen Ermessensspielraums ein (vgl. BGHZ 135, 244, 253). Dasselbe gilt auch dann, wenn dem Geschäftsführer das pflichtwidrige Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird, zumal die Abgrenzung gegenüber der Pflichtwidrigkeit einer stattdessen vorgenommenen Handlung häufig fließend ist. Gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer oder dem bisherigen Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, gilt nichts anderes. Vor einer Überspannung seiner Darlegungs- und Beweislast ist der ehemalige Geschäftsführer dann dadurch geschützt, dass die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat (vgl. BGHZ 152, 280, 285). Soweit zu seiner Verteidigung erforderlich, hat die Gesellschaft dem ausgeschiedenen Geschäftsführer oder der Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer der im Insolvenzverfahren befindlichen Gesellschaft Einsicht in die maßgeblichen Unterlagen zu gewähren. Zwar trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft - oder an deren Stellen den Insolvenzverwalter - im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden und dessen Verursachung durch das Verhalten des Geschäftsführers. Für das Beweismaß gelten jedoch insoweit nicht die strengen Voraussetzungen des § 286 ZPO, sondern diejenigen des § 287 ZPO, der auch die Substantiierungslast der klagenden Partei erleichtert (vgl. BGHZ 152, 280, 287). Danach genügt es, dass der Kläger Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinreichende Anhaltspunkte bieten. Unter § 287 ZPO fällt sodann aber auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Gesellschaft durch das dem Geschäftsführer vorgeworfene Verhalten ein Schaden entstanden ist (vgl. BGHZ 152, 280, 287).
Nach diesem Maßstab kann die Klage nicht wegen Substantiierungsmängeln im Vortrag des Klägers abgewiesen werden. Der Kläger hat nämlich eine jedenfalls "mögliche" Pflichtverletzung des Beklagten hinreichend damit dargelegt, dass er auf die rund ein dreiviertel Jahr (Kosten der Mitarbeiterin) beziehungsweise rund ein Jahr (Kosten der überlassenen Sachmittel) nach Anspruchsentstehung erstmals erfolgte Rechungserteilung, die Nichtzahlung der schließlich vom Beklagten als Geschäftsführer für die GmbH in Rechnung gestellten Forderungen und den Ausfall der Forderungen in dem der Rechnungserteilung alsbald nachfolgenden Insolvenzverfahren über das Vermögen der C... C......... + I....... AG verwiesen hat. Weil auch die Unternehmensumwandlung der nicht werbend am Markt tätigen und später insolventen GmbH geplant war und die Übernahme der satzungsgemäßen Geschäftstätigkeit der GmbH nach dem Fehlschlagen einer rechtzeitigen Umwandlung durch die im Wege des Unternehmenskaufs und der Umfirmierung geschaffene C... C......... + I....... AG erfolgte, hat der Kläger hinreichend dargetan, dass die GmbH auf die Realisierung der streitbefangenen Forderungen angewiesen war. Das war neben den Mietzinsforderungen im Untermietverhältnis, denen eigene Mietkosten von 6.967,26 Euro monatlich (vgl. das Gutachten vom 25. Juni 2002 im Insolventeröffnungsverfahren) gegenüberstanden, so dass kein Überschuss verblieb, die einzige Einnahme der GmbH, die zudem aus der Übertragung der einzigen personellen und sachlichen Ressourcen der GmbH auf die AG folgte; die GmbH hatte sonst kein Anlagevermögen und keine Vorräte (vgl. das Gutachten a.a.O.). Damit wurde - von den Mieträumen abgesehen - die Substanz der GmbH auf die AG übertragen. Die GmbH war weder vorher noch nachher im Sinne ihrer satzungsgemäßen Aufgabe ("Durchführung sämtlicher Call Center Tätigkeiten unter besonderer Berücksichtigung und Heranziehung der Möglichkeiten des Internets", § 2 Abs. 1 der Gesellschaftsverträge vom 28. September 1999, 15 Mai 2000 und 14. Juli 2000) werbend am Markt tätig, weil sie alle dafür erforderlichen personellen und sächlichen Mittel auf die AG übertrug. Das machte die alsbaldige Realisierung ihrer Ansprüche erforderlich, denn dies war - von der Vereinnahmung der Mietzinszahlungen der AG im Untermietverhältnis, den Mietzinsleistungen im Hauptmietverhältnis und der Zahlung des Geschäftsführergehalts abgesehen, ihre einzige und letzte geschäftliche Aktivität. Es bestand kein Anlass, deren finanzielle Abwicklung durch Erteilung von Rechnungen an die AG zurückzustellen, zumal Rechnungsadressatin eine Gesellschaft war, die als Firmenmantel erworben worden war, um die satzungsmäßige Geschäftstätigkeit aufzunehmen, deren Aufnahme der GmbH nicht gelungen war. Der Sache nach ging es, soweit die Markttätigkeit im Sinne der satzungsgemäßen Aufgabe in Rede steht, um eine Art Abwicklung der GmbH, unabhängig davon, ob sie danach als Unternehmenshülse weiter bestehen oder aufgelöst werden sollte.
Soweit der Beklagte einwendet, schon die monatlichen Mietzinszahlungen der C... C......... + I....... AG an die C... C......... + I....... GmbH hätten die streitgegenständlichen Forderungen überstiegen (Bl. 155 GA), ändert das nichts an der rechtlichen Bewertung. Das gilt nicht nur deshalb, weil das Untermietverhältnis Einnahmen erbrachte, denen eigene Ausgaben der GmbH gegenüberstanden. Die C... C......... + I....... GmbH lebte jedenfalls nicht vom satzungsgemäßen Geschäft als Betreiberin eines C.........s und I.......-Diensteanbieterin. Die Planung der Umwandlung oder Ersetzung durch einen angekauften Firmenmantel war der Sache nach eine Art Abwicklung der C... C......... + I....... GmbH, denn diese sollte schließlich durch den neu erworbenen Firmenmantel ersetzt werden und war ihrerseits nicht werbend am Markt tätig. Was der Beklagte dagegen einwendet (Bl. 155 GA), ist unerheblich, insbesondere wenn dazu eine auf Dauer angelegte "Geschäftstätigkeit als Vermieterin" zum neuen Gesellschaftszweck der GmbH erklärt werden soll. Das entsprach weder der Namengebung noch der satzungsgemäßen Aufgabe und lieferte im Rahmen eines Haupt- und Untermietverhältnisses keinen wesentlichen Ertrag. Das Vorbringen des Beklagten reicht insoweit auch sonst zu dessen Entlastung nicht aus. Er hatte im Frühjahr oder Frühsommer 2001 als Geschäftsführer der C... C......... + I....... GmbH überhaupt kaum anderes zu tun, als die Rechnungen aufgrund der Übertragung der personellen und sächlichen Mittel an die C... C......... + I....... AG zu erstellen, die Zahlungen von Mietzins im Hauptmietverhältnis und die Vereinnahmung von Mietzins im Untermietverhältnis nahmen als Routinemaßnahmen seine Kraft als Geschäftsführer nicht wesentlich in Anspruch; dieser Zahlungsverkehr konnte automatisch abgewickelt werden. Wenn er die Aufgabe der Rechnungserteilung an die AG neun beziehungsweise zwölf Monate zurückstellte, so entsprach das angesichts der geschäftlichen Hintergründe, die durch die Inaktivität der C... C......... + I....... GmbH geprägt waren, nicht der Vorgehensweise eines ordentlichen Kaufmanns. Darauf, ab welchem auf Tage oder Wochen begrenzten Zeitraum die Rechnungserteilung noch dem Verhalten eines ordentlichen Kaufmanns entsprochen hätte, kommt es nicht an. Jedenfalls waren neun bis zwölf Monate zuviel.
Die Überlegung, dass die Erstattungsansprüche wegen der Überlassung der personellen und sachlichen Betriebsmittel der GmbH an die C... C......... + I....... AG bis zum Jahresabschluss nachrangig gewesen und deshalb in verständlicher Weise aus dem Blick geraten sei, trifft nicht zu. Waren es fast die einzigen geschäftlichen Vorgänge überhaupt. Dann konnten sie nicht nachrangig sein. Gerade deshalb war auch die unverzügliche Geltendmachung der Forderungen durch den Geschäftsführer bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns geboten. Auf den Jahresabschluss kam es dafür nicht an. Daher ist auch der Hinweis darauf verfehlt, dass die Einstellung der Mitarbeiterin und der Warenkauf durch die C... C......... + I....... GmbH buchungstechnisch bei dieser bereits abgeschlossen gewesen waren. Die Vorgänge der Mitarbeitereinstellung und des Warenerwerbs durch die GmbH einerseits und der Übertragung auf die AG andererseits waren sachlich als verschiedene Geschäftsvorfälle voneinander zu unterscheiden. Sie lagen zeitlich wenige Wochen voneinander entfernt, so dass sogar die Annahme der buchungstechnischen Erledigung des ersten Vorgangs zur Zeit des zweiten Geschäftsvorfalls weder auf der Hand liegt noch durch konkrete Tatsachen belegt ist. Schließlich geht die Überlegung, es sei für die bewusste Wahrnehmung des zweiten Geschäftsvorfalls und der Notwendigkeit der Rechnungserteilung an die C... C......... + I....... AG durch den Beklagten auf den Jahresabschluss der GmbH abzustellen, deshalb fehl, weil jedenfalls die Kaufpreisansprüche nicht einmal unverzüglich hiernach, sondern sogar erst am 15. April 2002, in Rechnung gestellt wurden. Wann genau die Zahlungsunfähigkeit der C... C......... + I....... AG eintrat, ist insoweit unerheblich.
Der Kläger macht ferner zu Recht geltend, dass die Bewertung der Gesellschaften als wirtschaftliche Einheit unter Vernachlässigung ihrer rechtlichen Selbständigkeit fehlerhaft sei. Tatsächlich handelte es sich um verschiedene juristische Personen, ohne dass zugleich eine vollständige Identität der Gesellschafter festzustellen wäre. Bei dieser Sachlage wurde die Verpflichtung des Beklagten als Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern der GmbH zur Ausführung der gebotenen Maßnahmen nach dem Maßstab der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht dadurch relativiert, dass die Übertragung personeller oder sächlicher Mittel auf ein Nachfolgeunternehmen mit einem teilidentischen Gesellschafterkreis stattfinden sollte. Die gegenüber der GmbH bestehende Pflicht des Beklagten als deren Geschäftsführer zur Geschäftsführung nach dem Sorgfaltsmaßstab für einen ordentlichen Kaufmann darf jedenfalls nicht allein aus der Interessenlage derjenigen Personen beurteilt werden, die zugleich Gesellschafter der GmbH und der AG waren. Vielmehr resultiert daraus eher ein Interessenkonflikt, der die Geschäftsführerpflichten des Beklagten allenfalls erhöhen, aber jedenfalls nicht verringern konnte.
Die Annahme des Landgerichts, der GmbH sei letztlich kein Schaden entstanden, ist ebenfalls nicht aufrecht zu erhalten. Tatsächlich sind ihre Forderungen im Insolvenzverfahren bis auf eine unter einem Prozent liegenden Quote und damit praktisch insgesamt ausgefallen, weil sie nicht zu einer Zeit geltend gemacht und realisiert wurden, als die C... C......... + I....... AG dazu noch in der Lage gewesen wäre. Das ist vom Kläger hinlänglich dargelegt worden. Ein durchgreifender Einwand des Beklagten liegt nicht vor. Rechtlich und wirtschaftlich ist der C... C......... + I....... GmbH als eigenständiger juristischer Person mit dem Ausfall der Forderungen ein Nachteil entstanden.
Soweit der Kläger annimmt, die Mitarbeiterin sei im März 2001 noch Arbeitnehmerin der CCI GmbH und nicht der CCI AG gewesen (Bl. 177 GA), greift sein Einwand nicht durch. Die Gehaltsforderung wurde zur Tabelle anerkannt und tituliert (Bl. 183 GA). Von einem - zudem zu verspätet behaupteten - bloßen Versehen bei der Rechnungsstellung ist nicht auszugehen.
Schließlich kommt es auf das Verschulden des Beklagten und dessen Einstufung als Vorsatz, grobe oder leichte Fahrlässigkeit nicht an. Die Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG ist keine Verschuldenshaftung. Ob auch § 823 Abs. 2 BGB eingreift, kann offen bleiben.
Ist demnach die Hauptforderung nach Grund (§ 43 Abs. 2 GmbHG) und Höhe (§ 287 ZPO) gerechtfertigt, dann ergibt sich die Zinsforderung aus §§ 288, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Ein Grund zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht, insbesondere weil der rechtliche Ansatz durch BGHZ 152, 280, 283 ff. geklärt ist.
Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 5.729,46 Euro.
Ende der Entscheidung
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