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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 21.02.2005
Aktenzeichen: 12 U 265/04
Rechtsgebiete: EStG, ZPO, BGB


Vorschriften:

EStG § 6b
ZPO § 287
ZPO § 291
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 249 Satz 1
Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten sowie deren Folgen zu unterrichten. Diese Pflicht ist nicht erfüllt, wenn der Steuerberater den Auftraggeber, der ein später in Bauland umgestuftes Grundstück zur Vermeidung der Besteuerung von Betriebsaufgabegewinn zumindest wertmäßig aus dem Betriebsvermögen ausscheiden will, dahin berät, dass das Grundstück ohne Entnahmehandlung und Nutzungsänderung lediglich formal mit einem Nießbrauch zugunsten eines Angehörigen belastet wird.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 265/04

Verkündet am 21.02.2005,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Schadensersatzanspruches aus der Steuerberaterhaftung.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Wohlhage und Dr. Eschelbach

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 9. Februar 2004 wird mit der Maßgabe, dass die Zinshöhe auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz reduziert und der Beginn der Zinszahlungspflicht auf den 20. Juli 2001 festgesetzt wird, zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das genannte Urteil abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 122.929,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2001 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bliebt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der beizutreibenden Forderung abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten aufgrund eines Fehlers bei der steuerlichen Beratung.

Der Kläger unterhielt bis zum Ende des Jahres 1995 einen landwirtschaftlichen Betrieb in W.... Er wurde ab dem Jahre 1985 vom Beklagten als Steuerberater betreut. Zum Betriebsvermögen gehörte u. a. das Grundstück Flur 7 Nr. 9/1 in W... von 3.470 qm. Dieses Grundstück wurde ab 1988 von einem Flächennutzungsplan erfasst, der erwarten ließ, dass die bisherige Ackerfläche Bauland werden würde. Aufgrund der steuerlichen Beratung des Beklagten bestellte der Kläger seiner damals 41-jährigen Schwiegertochter mit notariellem Vertrag vom 25. September 1990 an diesem Grundstück einen lebenslangen Nießbrauch. Eine "Ausbuchung" des Grundstücks in der steuerlichen Bilanz des Betriebsvermögens fand nicht statt. Mit Wirkung vom 27. Dezember 1995 gab der Kläger seinen Betrieb auf. Am 18. April 2001 hielt das zuständige Finanzamt bei der Festsetzung der Betriebsaufgabegewinns fest, dass das streitbefangene Grundstück - unbeschadet der Nießbrauchsbestellung - nicht in Privatvermögen übergegangen sei und in die Besteuerung einbezogen werde. Das Finanzamt legte der Besteuerung einen Grundstückswert von 250 DM pro Quadratmeter, insgesamt 843.524 DM, zu Grunde, wozu es auf Wertangaben der Gemeinde im Umlegungsplan zurückgriff. Ein Einspruch des Klägers gegen den Steuerbescheid wurde am 23. Mai 2003 zurückgenommen. Der Kläger macht den Betrag der Steuerforderung, der durch Nichtentnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen bei der Besteuerung der Betriebsaufgabe angesetzt wurde, als Schaden aufgrund einer schuldhaften Verletzung von Beratungspflichten des Beklagten geltend.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte sei im Rahmen seiner steuerberatenden Tätigkeit im Jahre 1990 gefragt worden, wie die zunächst günstigen Grundstückspreise vor der absehbaren Umstufung in Bauland steuerlich zu nutzen seien. Der Beklagte habe damals behauptet, das Grundstück werde bereits durch Bestellung eines Nießbrauchs zugunsten seiner Schwiegertochter dem Betriebsvermögen entnommen. Das sei aber unrichtig gewesen. Eine Entnahme wäre durch ein Ausbuchen zu bewirken und die Besteuerung des Grundstücks als Betriebsvermögen dadurch zu verhindern gewesen, was der Beklagte - unstreitig - erklärtermaßen versäumt hat. Der Eintritt des Schadens sei nicht in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu verhindern gewesen, weshalb dessen Durchführung unzumutbar erscheine und die Einspruchsrücknahme keine Verletzung der Schadensminderungspflicht darstelle. Danach sei auch der Umfang des Steuerschadens nicht mehr zu beeinflussen, weshalb die in dem vom Landgericht eingeholten Wertgutachtens genannte niedrigere Einschätzung des Grundstückswertes unerheblich sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagte zu verurteilen, an ihn 122.929,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen,

der Kläger habe schon in der Vergangenheit Grundstücke durch schlichtes "Ausbuchen" aus dem Betriebsvermögen entnommen, um bevorstehende Wertsteigerungen durch Umstufung in Bauland der steuerlichen Erfassung zu entziehen. Das sei ihm damals gelungen, obwohl das bloße "Ausbuchen" von Rechts wegen nicht hätte steuerwirksam sein dürfen. Bezüglich des streitbefangenen Grundstücks, dessen Nutzung sich nach der Nießbrauchsbestellung nicht geändert habe, sei eine tatsächliche Entnahme aus dem Betriebsvermögen nicht gewollt gewesen. Es sei nur darum gegangen, die bevorstehende Werterhöhung der Erfassung im Besteuerungsverfahren zu entziehen. Er habe dem Kläger erklärt, dass ein "Ausbuchen" steuerrechtlich unerheblich sei. Steuerwirksam wäre nur die Übertragung in ein anderes Betriebsvermögen und die anschließende Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG gewesen, so dass dann eine steuerfreie Veräußerung möglich geworden werde. Ein solches Vorgehen habe der Kläger jedoch nicht gewünscht. Das Grundstück sei bis zur Zerschlagung des Betriebs des Klägers auch betriebsbezogen genutzt worden. Nach allem sei es im Jahre 1990 nicht um eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen, sondern um eine Verminderung des Grundstückswerts gegangen. Diese sei durch die Nießbrauchsbestellung bewirkt worden. Das Finanzamt habe diese Wertminderung zu Unrecht nicht anerkannt. Deshalb sei ein finanzgerichtliches Verfahren aussichtsreich gewesen. Schließlich greife die Einrede der Verjährung durch, weil dem Kläger bereits seit einer Beratung durch Rechtsanwalt B... im Jahre 1994 über die Frage der Gründung einer Gesellschaft zur Nutzung und Verwaltung der Betriebsgrundstücke bekannt gewesen sei, dass die Nießbrauchsbestellung ohne eine Nutzungsänderung keine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen bewirkt habe.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung durch Urteil vom 9.2.2004 (Bl. 225 ff. GA) im Wesentlichen stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 105.791,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2001 verurteilt (Bl. 225 ff. GA). Es hat angenommen, bei der steuerlichen Beratung sei es um die Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen gegangen. Der Beklagte habe die Frage der Änderung der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks nicht angesprochen. Der Weg der Rücklagenbildung sei nach dem Gutachten des Sachverständigen L...-D... von D... (dort S. 12) nicht gangbar gewesen, weil dann vier bis sechs Jahre später eine Auflösung der Rücklage erforderlich geworden wäre, die einen anfänglich erzielbaren Steuervorteil wieder konsumiert hätte. Die Nießbrauchsbestellung habe auch nach Meinung des Sachverständigen nicht zu einer Änderung der steuerlichen Lage geführt. Erforderlich und ausreichend gewesen wäre eine Entnahmeerklärung, die der Beklagte aber unstreitig versehentlich unterlassen habe. Anspruchsverjährung sei nicht eingetreten, weil diese erst ab Bekanntmachung des Steuerbescheides zu laufen begonnen habe. Der Schadensumfang ergebe sich aus der Differenz der steuerlichen Belastung mit und ohne Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen, die der Sachverständige S... in seinem Wertgutachten ermittelt habe. Daraus folge ein niedrigerer Wert des Grundstücks als er der Besteuerung zugrunde gelegt worden sei. Die Einspruchsrücknahme des Klägers begründe keinen Verstoß gegen dessen Schadensminderungspflicht, denn der Kläger habe auf die im Umlegungsverfahren genannten Grundstückspreise, die auch das Finanzamt zugrunde gelegt habe, vertrauen dürfen; das abweichende Wertgutachten sei erst später erstellt worden und dessen Ergebnis für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen. Weil der Nießbrauch bei der Wertfestsetzung auch nach dem Gutachten des Sachverständigen L...-D... von D... ohne Bedeutung bleibe, sei die Durchführung des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht zumutbar gewesen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung des Beklagten (Antrag Bl. 240 GA) und die Anschlussberufung des Klägers (Antrag Bl. 275/276 GA). Der Beklagte erstrebt mit seinem Rechtsmittel die Urteilsaufhebung und Klageabweisung im Ganzen, der Beklagte mit der Anschlussberufung die Urteilsabänderung und Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von insgesamt 122.929,90 Euro, also weiteren 17.137,99 Euro, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2001.

Der Beklagte beanstandet die Beweiswürdigung und die rechtliche Bewertung des Landgerichts. Er macht geltend, der Kläger habe das Grundstück nicht aus dem Betriebsvermögen entnehmen wollen, weil eine bestimmte Mindestgröße des Betriebes für ihn erforderlich gewesen sei, um in der gesetzlichen Rentenkasse der Landwirtschaft verbleiben zu können. Er sei daher ausdrücklich einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen entgegengetreten (Bl. 258 GA). Darauf habe sein Rat an den Kläger beruht, das Grundstück nicht zu entnehmen, aber dessen Wert durch Nießbrauchsbestellung zu verringern. Die abweichenden Zeugenaussagen seien falsch. Dass insbesondere die Aussage der Schwiegertochter des Klägers, es sei bis 1995 nicht über eine Veräußerung gesprochen worden, unrichtig sei, folge schon daraus, dass der Kläger selbst den ihm unterbreiteten Entwurf eines Grundstückserwerbs- und Verwaltungsvertrages des Rechtsanwalts B... vom 4. März 1994 vorgelegt habe. Die Vernehmung des Zeugen B... habe der Kläger vereitelt, indem er diesen nicht von der anwaltlichen Schweigepflicht entbunden habe. Das Landgericht sei darüber hinweggegangen. Den Auftrag der Beratung über eine steuerwirksame Wertreduzierung des Grundstücks habe er erfüllt. Das Landgericht habe den Wert fehlerhaft bestimmt, zumal es einen Grundstückswert im Jahre 1990 von 45 DM pro Quadratmeter zugrunde gelegt habe, obwohl der Kläger einen Wert von 50 DM pro Quadratmeter zugestanden habe. Das Wertgutachten sei widersprüchlich und nicht tragfähig begründet worden. Das Landgericht habe auch den Schaden falsch berechnet. Die Nichtbeachtung der zivilrechtlich wirksam vollzogenen Nießbrauchsbestellung im Besteuerungsverfahren und bei der Wertermittlung durch den gerichtlichen Sachverständigen im Regressprozess sei zu beanstanden. Der Wert der Nießbrauchsbelastung sei mit Rücksicht auf die Lebenserwartung der Schwiegertochter des Klägers bei der Nießbrauchsbestellung hoch zu veranschlagen. Der Kläger hätte dies im finanzgerichtlichen Verfahren durchsetzen können; seine dortige Einspruchsrücknahme habe den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang unterbrochen.

Der Kläger tritt der Berufung entgegen und beanstandet mit der Anschlussberufung die Schadensberechnung durch das Landgericht. Er verteidigt das landgerichtliche Urteil in seinem Ansatz und meint abweichend, das Gericht hätte als Steuerschaden den festgesetzten Steuerbetrag, nicht die vom Sachverständigen als zutreffend angenommene Summe zu Grunde legen müssen.

Wegen der Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf dessen Urteil Bezug genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens verweist der Senat auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze.

II.

Die Berufung des Beklagten ist nahezu vollständig unbegründet. Eine Ausnahme gilt nur für die Zinshöhe, die mit fünf Prozentpunkten, nicht fünf Prozent über dem Basiszinssatz zu veranschlagen ist. Auch kann ein Beginn der Zinszahlungspflicht nicht vor Klagezustellung am 20. Juli 2001 festgestellt werden, da der Kläger keinen anderen als den gesetzlichen Anspruchsgrund genannt hat. Insoweit ist eine Einschränkung der Nebenforderung des Klägers auf die Berufung des Beklagten geboten; nur er ist insoweit beschwert. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet. Die Anschlussberufung des Klägers ist begründet. Seine Klage ist, von der genannten Einschränkung beim Zinsanspruch abgesehen, in vollem Umfang gerechtfertigt.

1. Der Beklagte haftet dem Kläger wegen eines Fehlers bei der Tätigkeit als Steuerberater auf Schadensersatz.

Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (vgl. BGH WM 1998, 301, 302; 2003, 936, 937). Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deshalb muss er den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten (vgl. BGHZ 129, 386, 396; BGH NJW-RR 2004, 1358, 1360). Das ist hier nicht geschehen. Dass das Grundstück überhaupt und dann noch mit seinem gesamten Wert in die Besteuerung bei Betriebsaufgabe einbezogen werden würde, hat der Beklagte dem Kläger nicht offen gelegt. Eine Entnahmehandlung, die möglich gewesen wäre, wurde unstreitig übersehen. Der Rat des Beklagten an den Kläger zur Nießbrauchsbestellung war nicht ausreichend, weil damit weder eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen verbunden war noch der Wert reduziert wurde, solange jedenfalls die formale Nießbrauchsbestellung nicht zu einer Nutzungsänderung führte. Das wiederum war dem Kläger weder angeraten noch von ihm bewirkt worden. Das Grundstück wurde vor und nach der Nießbrauchsbestellung unverändert und ohne Änderung des bestehenden Pachtvertrages genutzt und blieb auch in den steuerlichen Erklärungen und Bilanzierungen als Teil des Betriebsvermögens bezeichnet.

Die Aufgaben eines Steuerberaters richten sich nach Inhalt und Umfang des erteilten Mandats (vgl. BGHZ 128, 358, 361; BGH WM 1987, 661, 662; 2004, 475, 477). Folglich ist er verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind. In den hierdurch gezogenen Grenzen hat er den Auftraggeber auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerrechtlichen Fragen zu belehren (vgl. BGHZ 128, 358, 361; BGH WM 1967, 72, 73; 1980, 308, 309). Ging es im vorliegenden Fall um die bestmögliche Wertreduzierung des Betriebsvermögens im Hinblick auf das Grundstück, so kam es auf die genaue Fassung des Beratungsauftrags nicht an. Gegen die Feststellung des Landgerichts, es sei um eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen gegangen, ist insoweit nichts zu erinnern. Der Beratungsauftrag war nach den Feststellungen des Landgerichts nicht auf eine Wertreduzierung ohne Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen eingeschränkt. Die Würdigung der Zeugenaussagen, die dieses Beweisergebnis tragen, weckt keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Der Vertragsentwurf des Rechtsanwalts B... wurde nachträglich und zu anderen Themen unterbreitet. Dass die Schwiegertochter des Klägers davon wusste, ist nicht behauptet worden. Eine Falschaussage daraus zu entnehmen, dass sie fehlendes Wissen um weitere steuerliche Überlegungen bekundet hat, geht zu weit. Dass der Kläger den Rechtsanwalt B... nicht von seiner Schweigepflicht entbunden hat, ist sein Recht; Schlüsse zu seinem Nachteil können daraus nicht gezogen werden. Insoweit enthält die Beweiswürdigung des Landgerichts auch keinen Mangel. Das Vorbringen des Beklagten, der Kläger habe das Grundstück nicht aus dem Betriebsvermögen entnehmen wollen, weil eine bestimmte Mindestgröße des Betriebes für ihn erforderlich gewesen sei, um in der gesetzlichen Rentenkasse der Landwirtschaft verbleiben zu können, ist erstmals in der Berufungsinstanz erfolgt und unbeachtlich. Es ist nicht dargelegt worden, dass es ohne Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO erst hier angebracht wurde. Dem anwaltlich beratenen Beklagten war mit Blick auf den Sach- und Streitstand in erster Instanz und die dortige Beweisaufnahme zur Frage des Beratungsauftrags und seiner Ergebnisse klar, dass dies ein relevanter Aspekt sein könnte; bei dieser Lage erscheint es als Nachlässigkeit, diesen Vortrag erst im Berufungsrechtszug zu halten.

Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht zur Frage der steuerlichen Auswirkungen der Nießbrauchsbestellung in Form eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs ein Rechtsgutachten eingeholt hat. In Schadensersatzprozessen gegen steuerliche Berater bedienen sich die Tatrichter oft der sachverständigen Hilfe eines Steuerrechtsfachmanns. Die hiergegen erhobenen Bedenken (vgl. Tipke NJW 1976, 2199) sind nicht begründet. Das Steuerrecht hat sich zu einem Spezialgebiet entwickelt. Die sachgerechte Beurteilung steuerrechtlicher Fragen erfordert nicht nur wirtschaftliches Verständnis, sondern auch Kenntnis der Grundsätze des kaufmännischen Rechnungswesens. Dies kann die Zuziehung eines sachverständigen Beraters rechtfertigen und als geboten erscheinen lassen. Der Richter ist allerdings verpflichtet, Rechtsausführungen des Sachverständigen nachzuprüfen (BGHR ZPO § 293 Steuerrecht 1). Das ist geschehen.

Eine steuerwirksame Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen lag nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht vor; auch gegen die rechtlichen Überlegungen hierzu ist nichts zu erinnern. Ein Landwirt kann eine zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörende Immobilie jederzeit durch eine eindeutige Entnahmehandlung in das Privatvermögen überführen. Eine solche Entnahmehandlung, die auch in einem Buchungsvorgang bestehen kann, muss erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass es als Folge dieser Maßnahme zu einer Versteuerung kommt (vgl. BFH BStBl. II 2004, 947). Der Wille des Steuerpflichtigen, ein betreffendes Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zuzuordnen, ergibt sich demgegenüber aus dessen langjährigen Bilanzierung (vgl. FG München Urt. vom 16. September 2003 - 2 K 1108/02). Dies alles führt dazu, dass der Beklagte, der unstreitig eine Entnahmehandlung in diesem Sinne versäumt hat, einen Fehler gemacht hat. Sein Verschulden in diesem Punkt liegt auf der Hand. War das streitbefangene Grundstück in den steuerlichen Erklärungen des Klägers und den dazu erstellten Bilanzierungen stets dem Betriebsvermögen zugeordnet und nie ausgebucht worden, so lag keine Entnahme vor. Eine Nießbrauchsbestellung zugunsten der Schwiegertochter ohne Nutzungsänderung und ohne Entnahmehandlung war, wie der Sachverständige L...-D... von D... zu Recht angenommen hat, auch sonst nicht steuerwirksam. Auch insoweit hat der Beklagte mit Blick auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. BGHE 112, 257; BFH BStBl. 1989 II, 763, 764), die er hätte beachten müssen, schuldhaft gehandelt. Die unentgeltliche Nießbrauchsbestellung ohne tatsächliche Nutzungsänderung bewirkte nicht, dass die Schwiegertochter des Klägers die wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks wurde. Eine neue Verteilung der Nutzungserträge nach der Nießbrauchsbestellung ist auch nicht erfolgt. Insoweit hat sich wirtschaftlich an der Vermögenszuordnung nichts geändert. Nur für den Fall der Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt hat der Bundesgerichtshof (BGH NJW-RR 2003, 1498 ff.) entschieden, dass insoweit das Nießbrauchsrecht, wenngleich nicht das Grundstück selbst, dem Betriebsvermögen entnommen wird. So liegt der Fall beim unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch aber nicht. Hier bestimmt sich die wirtschaftliche Vermögenszuordnung nach der Art und wirtschaftlichen Bedeutung der Nutzung. Diese hat sich unstreitig nach der Nießbrauchsbestellung nicht geändert. Der Empfängerin der Nießbrauchszuwendung sind auch Erträge aus der Grundstücksverpachtung unstreitig nicht zugeflossen. Als Belastungsobjekt für Darlehensaufnahmen ist das Grundstück weder vor noch nach der Nießbrauchsbestellung genutzt worden. Die Nießbrauchsbestellung ist demnach zwar formal und zivilrechtlich wirksam erfolgt, sie hat aber an der wirtschaftlichen Lage nichts geändert. Darauf aber kommt es für die Besteuerung an. Das hätte dem Beklagten klar sein müssen. Seine unstreitige Reaktion auf den Hinweis zur fehlenden Entnahmeerklärung, dies hätten seine Angestellten vergessen, unterstreicht das Vorliegen eines Pflichtverstoßes und seines Verschuldens.

2. Bei dieser Lage war auch die Rücknahme des Einspruchs gegen den Steuerbescheid kein Mitverschuldenstatbestand, der den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Beratungsfehler des Beklagten und den Steuernachteilen des Klägers bei der Betriebsaufgabe aufheben und die Haftung des Beklagten dem Grunde nach beseitigen könnte. Denn die Einspruchsrücknahme war mangels Erfolgsaussichten eines finanzgerichtlichen Verfahrens gerechtfertigt, die Durchführung des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht zumutbar. Davon ist auch das Landgericht zu Recht ausgegangen.

3. Anspruchsverjährung ist nicht eingetreten. Die Verjährung beginnt mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids, weil erst dann ein Schaden infolge eines Beratungsfehlers und damit ein Ersatzanspruch entstanden sind. Die Bestandskraft oder Unanfechtbarkeit des Bescheids ist für den Verjährungsbeginn in einem solchen Falle nicht erforderlich. Der bekannt gegebene Steuerbescheid gibt dem Mandanten in der Regel Anlass zur Prüfung, ob der Steuernachteil auf einer Fehlberatung seines Steuerberaters beruht. Von diesem Zeitpunkt an, aber nicht früher ist dem Auftraggeber zuzumuten, einen Ersatzanspruch gegen den Steuerberater im Wege der Klage geltend zu machen. Daher kommt es hier auf die Bekanntgabe des Steuerbescheides an (vgl. BGH NJW 1998, 1488, 1489; 2005, 291, 292; NJW-RR 1998, 742, 743). Wurde erst durch den Steuerbescheid vom 18. April 2001 festgehalten, dass das Grundstück unbeschadet der Nießbrauchsbestellung mit seinem vollen Wert dem Betriebsvermögen zuzurechnen sei, so war die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung im Juli 2001 nicht abgelaufen.

4. Der Anspruchsumfang ist vom Landgericht zu niedrig bemessen worden, was auf die Anschlussberufung des Klägers zu korrigieren ist.

Der Ersatzpflichtige hat nach § 249 Satz 1 BGB den Zustand herzustellen, der ohne seine Pflichtverletzung bestünde. Deshalb ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des steuerlichen Beraters genommen hätten, insbesondere wie der Mandant darauf reagiert hätte, und wie dessen Vermögenslage dann wäre (BGH NJW 2004, 444, 445). Die Ursächlichkeit einer von dem steuerlichen Berater begangenen Pflichtverletzung für einen dadurch entstandenen Schaden gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen gelten. In diesem Rahmen ergibt sich aus dem unstreitigen Tatbestand und den vom Landgericht erhobenen Beweisen, dass der Schaden dem Umfang der Besteuerung des Betriebsaufgabegewinns entspricht, der auf den Grundstückswert entfällt. Wäre die Entnahme des Grundstücks im Ganzen aus dem Betriebsvermögen unschwer möglich gewesen, so ist der gesamte Steuerbetrag, der wegen der Einbeziehung des Grundstücks in die Besteuerung wegen der Betriebsaufgabe angefallen ist, als Schaden anzusehen. Aus der Einordnung der stillen Reserven als "Aufschub der Besteuerung" ergibt sich nichts anderes (vgl. BGH NJW 2004, 444, 445).

Der Schaden für den Kläger besteht in dem konkreten Steuernachteil, der tatsächlich dadurch entstanden ist, dass das Grundstück mit seinem vollen Verkehrswert in die Besteuerung einbezogen wurde. Dies entspricht der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung. Dass sich das Finanzamt an die gemeindlichen Wertangaben im Rahmen des Umlegungsverfahrens gehalten hat, entspricht dem üblichen Vorgehen. Der Kläger konnte daher auf die Richtigkeit dieser Festsetzung vertrauen und musste nicht im finanzgerichtlichen Verfahren um eine Reduzierung des steuerbehördlich angenommenen Grundstückswertes streiten. Insoweit ist auch ein den Schadensersatzanspruch minderndes Mitverschulden des Klägers nicht darin zu sehen, dass er seinen Einspruch gegen den Steuerbescheid vom 18. April 2001 im Jahre 2003 zurückgenommen hat. Er hat ihn verständlicherweise für nicht aussichtsreich erachtet. Nachdem der festgesetzte Steuerbetrag den Schaden des Klägers ausmacht, kommt es auf die abweichende Einschätzung des Grundstückswertes im Gutachten des Sachverständigen S... nicht an. War der Nießbrauch steuerlich unbeachtlich, so musste auch er bei der Wertbemessung nicht berücksichtigt werden.

5. Die Nebenforderung ist hinsichtlich des Zinsbeginns und der Zinshöhe nur im Rahmen der gesetzlichen Regelung über Prozesszinsen begründet (§ 288 Abs. 1, 291 BGB). Prozente und Prozentpunkte sind Verschiedenes (vgl. Hartmann NJW 2004, 1358 ff.). Der Zinsbeginn ist nach § 291 ZPO auf den Zeitpunkt der Klagezustellung am 20. Juli 2001 festzulegen. Diese Punkte sind auf die Berufung des insoweit beschwerten Beklagten zu korrigieren. Die Zinsforderung bezieht sich andererseits nunmehr auf eine erhöhte Hauptforderung; insoweit ist die Anschlussberufung des Klägers die prozessuale Grundlage der Änderung des Ausspruchs gegenüber dem landgerichtlichen Urteil. Ein Grund für eine höhere oder früher einsetzende Verzinsung (§ 288 Abs. 3 BGB) ist vom Kläger nicht dargetan worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 712 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegt. Eine Divergenz ist nicht ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung steht auch im Einklang mit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGHE 112, 257; BFH BStBl. 1989 II, 763, 764). Mit Blick darauf, dass der Beklagte unstreitig eine Entnahmehandlung versäumt hat, ist die Zulassung der Revision schließlich nicht zur Fortbildung des Rechts angezeigt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird mit Blick auf Berufung und Anschlussberufung auf 122.929,90 Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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