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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.07.2006
Aktenzeichen: 12 U 711/05
Rechtsgebiete: AGBG, ZPO, InsO, BGB, MaBV


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 2
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 11 Nr. 2
AGBG § 11 Nr. 2a
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
InsO § 103
InsO § 106 Abs. 1 Satz 2
BGB § 315
BGB § 316
BGB § 320
BGB § 641
BGB § 641 Abs. 1
MaBV § 3 Abs. 2
Aus der Insolvenz des Bauträgers kann sich die Aufspaltung eines Bauträgerkaufvertrages in zwei Teile, einen Grundstückskaufvertrag und einen Werkvertrag über die Erstellung eines Wohnhauses oder einer Wohnung, ergeben. Für den Anspruch der Erwerber des Bauträgerobjekts auf mangelfreie Erstellung des Hauses bleibt es dann bei dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Für den Anspruch auf Auflassung hat der Insolvenzverwalter dagegen kein Wahlrecht; diesen Anspruch muss er aus der Masse erfüllen. Die Fälligkeit des Auflassungsanspruchs richtet sich dann nicht mehr danach, ob die gesamte vereinbarte Gegenleistung erbracht wurde, sondern nur danach, ob der Teil des Kaufpreises, welcher auf die Übereignung des Grundstücks und der Wohnung entfällt, gezahlt wurde. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung über die Fälligkeit des gesamten Restkaufpreises für den Fall des ungenehmigten Einzuges ist unwirksam.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 U 711/05

Verkündet am 10.07.2006,

in dem Rechtsstreit

wegen eines Eigentumsverschaffungsanspruches aus einem Bauträgerkaufvertrag.

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dierkes, die Richter am Oberlandesgericht Weller und Dr. Eschelbach auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 26. April 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils zu deren Ziffer 1 wie folgt berichtigt wird:

Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern Miteigentum zu je 1/2 Anteil an dem Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch für N..., Blatt 6318, Gemarkung N..., Flur 20, Nr. 276/37, 357 qm groß, Nr. 113/9, 158 qm groß, und Nr. 356/9, 15 qm groß, zu verschaffen und zwar lastenfrei in Abteilung III bezüglich der Grundschulden eingetragen unter laufender Nr. 1 über 3,17 Millionen Euro und laufender Nr. 2 über 2,3 Millionen Euro, jeweils mit 20 prozentiger jährlicher Verzinsung und 10 prozentiger einmaliger Nebenleistung zu Gunsten der L...bank - Girozentrale M....

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch bleibt der Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch die Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der beizutreibenden Forderung abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten aufgrund der Klage um einen Eigentumsverschaffungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte aufgrund eines Bauträgerkaufvertrages. Mit der Widerklage macht die Beklage Räumung und Herausgabe des Objektes geltend.

Die Kläger kauften mit notariellem Vertrag vom 5. November 1999 von der Beklagten, einem inzwischen in der gesellschaftsrechtlichen Liquidation befindlichen Bauträgerunternehmen, über dessen Vermögen auch das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, drei zusammenhängende Grundstücksparzellen und vereinbarten die Errichtung eines bezugsfertigen Einfamilienwohnhauses. Die Parteien einigten sich dabei auch über den Übergang des Eigentums an den Grundstücken zu je 1/2 Anteil auf die Kläger, wiesen aber den Urkundsnotar an, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen, wenn ihm die Kaufpreiszahlung zu seiner Gewissheit nachgewiesen sei. Der notariell beurkundete Bauträgervertrag enthielt ferner die Bewilligung und Beantragung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung und der Löschung der Grundpfandrechte zugunsten der das Bauträgerprojekt finanzierenden Bank.

Der Bauträgerkaufvertrag der Parteien war Teil der Bebauung und des Verkaufs von Hausgrundstücken in einem Rahmen mehrerer gleichartiger Rechtsgeschäfte, die eine Reihe zusammenhängender Grundstücke betraf, welche von der Beklagten insgesamt bebaut werden sollten und mit Gesamtgrundschulden zugunsten der das Projekt insgesamt finanzierenden L...bank belastet waren.

Der Preis für den Grundstückskauf durch die Kläger betrug 320.000 DM, der Preis für die Errichtung des Hauses 539.000 DM, so dass die Kläger nach dem Vertrag insgesamt die Zahlung von 859.000 DM schuldeten. Dieser Gesamtpreis wurde von den Klägern bis auf die letzte Rate von 120.260 DM bezahlt. Diese letzte Rate sollte nach vollständiger Fertigstellung des Hauses und Zug um Zug gegen Übergabe fällig werden. Das Objekt sollte bis zum 30. November 2000 fertig gestellt werden; zu einer Fertigstellung im Ganzen kam es aber bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten und bis zum Beginn des gesellschaftsrechtlichen Liquidationsverfahrens nicht mehr.

Den Kaufpreisanspruch unter anderem gegen die Kläger hatte die Beklagte an die Globalgrundpfandgläubigerin im Voraus abgetreten. Sie vereinbarte aber auch mit den Klägern, dass sie weiter zur Forderung des Kaufpreises gegenüber den Klägern zuständig sei. Die Mithaftung der streitbefangenen Grundstücke für die zugunsten der L...bank eingetragenen Gesamtgrundschulden sollte nach dem Bauträgerkaufvertrag der Parteien bei Eigentumsumschreibung gelöscht werden.

Die Beklagte verpflichtete sich, das Grundstück und das zu errichtende Gebäude den Klägern vom Tage der Bezugsfertigkeit an zu überlassen. Für den Fall, dass die Kläger jedoch den Kaufgegenstand ohne Genehmigung der Beklagten und ohne Übergabeverhandlung in Besitz nehmen, wurde die sofortige Fälligkeit des Restkaufpreises sowie die Umkehrung der Beweislast bezüglich eventueller Restleistungen und Mängel vereinbart. Außerdem wurde für den Fall der unberechtigten Inbesitznahme jedes Zurückbehaltungsrecht der Kläger hinsichtlich des Kaufpreises ausgeschlossen. Alle Lasten sollten in diesem Fall mit der Inbesitznahme auf die Kläger übergehen.

Die tatsächliche Fertigstellung des Objektes verzögerte sich. Die Kläger machten auch Mängel und fehlende Restarbeiten geltend und behielten deshalb die letzte Kaufpreisrate ein. Die Beklagte hatte zwar die Inbesitznahme des Anwesens durch die Kläger von der Restzahlung abhängig gemacht; gleichwohl zogen die Kläger am 21. Juli 2001 ohne Genehmigung der Beklagten in das Haus ein.

Die Kläger haben mit ihrer Klage die Auflassung der Grundstücke durch die Beklagte an sie angestrebt. Sie haben vorgetragen, die Beklagte befinde sich im Verzug mit ihren Leistungen und habe dies auch zu vertreten. Die Beklagte habe es übernommen, die Erschließung des Baugebietes und den Vorstufenausbau durch Subunternehmer zu gewährleisten; Verzögerungen seien ihr zuzurechnen. Die Beklagte habe die Fertigstellung des Hauses bis zum 30. November 2000 garantiert, dies aber nicht eingehalten. Die Behauptung, weitere Verzögerungen seien auf Schlechtwetter zurückzuführen, treffe nicht zu. Sie, die Kläger, hätten zwar Sonderwünsche geäußert, die aber zu keiner Verzögerung der Fertigstellung geführt hätten. Durch die von der Beklagten zu vertretende Verzögerung der Fertigstellung sei ein Verzugsschaden infolge der Notwendigkeit einer Zwischenfinanzierung, des zeitweiligen Wegfalls des Gebrauchsvorteils und der Kosten der Rechtsverfolgung entstanden. Hinzu komme als Wert mindernder Aspekt ein Bruch der Zusage der Beklagten, dass von ihrem Haus aus ein Rheinblick bestehe, der nicht durch Nachbarbebauung verstellt werden könne. Nach allem sei unter Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen, Minderungen und einer Ersatzvornahme wegen fehlender Restarbeiten sowie der Aufrechnung mit Gegenforderungen bereits eine Überzahlung der Beklagten durch sie eingetreten, so dass ihr Eigentumsverschaffungsanspruch aus dem Bauträgerkaufvertrag fällig sei. Der in allen Verträgen für das Baugebiet vorformulierte Einredeverzicht für den Fall der eigenmächtigen Inbesitznahme des Objekts sei nach § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam. Der von der Beklagten geltend gemachte Gegenanspruch aus verbotener Eigenmacht bei der Inbesitznahme des Anwesens durch sie, die Kläger, sei durch die vertraglichen Regelungen ausgeschlossen.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihnen zu je 1/2 das Eigentum an dem näher bezeichneten Grundbesitz zu verschaffen und zwar lastenfrei hinsichtlich der unter laufenden Nummern 1 und 2 in Abteilung III des Grundbuches eingetragenen Grundschulden zugunsten der L...bank (genauer Wortlaut Bl. 104 GA).

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf verwiesen, dass sie nach dem Vertrag nicht für Verzögerungen durch höhere Gewalt, Schlechtwetter oder Änderungs- und Sonderwünsche der Käufer einzustehen habe. Die Erschließungsarbeiten und der Vorstufenausbau hätten sich verzögert, ohne dass ihr dies zuzurechnen sei. Im Winter 1999/2000 sei es außergewöhnlich nass und kalt gewesen; die dadurch eingetretenen Verzögerungen der Arbeiten habe sie nicht zu vertreten. Die Kläger hätten auch umfangreiche Sonderwünsche geäußert. Sie hätten Zusatzleistungen bei der Grundrissplanung, der Badaufteilung, der Sanitärausstattung, der Änderung der Fenster, dem Einbau einer Fußbodenheizung, dem Einbau einer zusätzlichen Gasleitung, dem Einbau von Galerien, der Elektroinstallation und der Fliesen verlangt, die zu einer den Klägern selbst zuzurechnenden Verzögerung der Fertigstellung des Hauses geführt hätten. Schließlich sei ein Wasserschaden eingetreten, den sie, die Beklagte, auch nicht zu vertreten habe.

Das Landgericht hat fünfzehn Zeugen vernommen, mehrere Gutachten sowie eine Auskunft des Deutschen Wetterdienstes eingeholt. Auf dieser Beweisgrundlage hat es durch Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer vom 26. April 2005 der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Einredeausschluss für den Fall der ungenehmigten Inbesitznahme des Objektes sei nach § 11 Nr. 2 AGBG unwirksam. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden den Klägern Gegenansprüche über mindestens 121.263,83 DM zu, die den Restkaufpreisanspruch der Beklagten aufzehrten. Den Verzögerungsschaden habe die Beklagte zu 3/4 zu vertreten; 1/4 der Verzögerungen sei auf Sonderwünsche der Kläger oder Schlechtwetter zurückzuführen, also der Beklagten nicht zuzurechnen. Als Verzögerungsschaden seien ein Zinsverlust und der zeitweilige Wegfall des Gebrauchsvorteils anzusehen. Ein Minderungsbetrag von 13.062,55 DM sei unstreitig. Weitere Minderungs- und Schadensersatzbeträge seien jedenfalls in einem Umfang bewiesen, der zur Abgeltung der Restkaufpreisrate ausreiche.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie verfolgt damit ihr Ziel der Klageabweisung und der auf Räumung und Herausgabe des Anwesens gerichteten Widerklage weiter (genauer Antrag Bl. 841 GA). Sie meint, § 11 Nr. 2 AGBG sei vom Landgericht fehlerhaft angewendet worden. Zum Verzug mit ihrer Leistung habe das Landgericht unvollständige Feststellungen getroffen und die erhobenen Beweise fehlerhaft gewürdigt.

Die Kläger treten der Berufung entgegen. Sie meinen, dass es auf den Umfang der Gegenforderungen als Gegenstand ihres Zurückbehaltungsrechtes nicht ankomme. Zudem sei die Beklagte nach Abtretung der Kaufpreisforderung an die L...bank nicht mehr Inhaberin des Restkaufpreisanspruches. Die Beklagte berufe sich deshalb auf Gegenrechte gegenüber ihrem Auflassungsanspruch, die ihr nicht zustünden. Die L...bank sei zudem mit der Eigentumsumschreibung einverstanden und habe auch die Pfandfreigabe erklärt, so dass ihrem Anspruch auf Verschaffung von lastenfreiem Eigentum nichts entgegenstehe. Schließlich ergebe sich aus dem Bauträgerkaufvertrag, dass es auf die Fälligkeit der Schlussrate nicht ankomme, wenn noch Restarbeiten ausstünden. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten sei ausgeschlossen, weil deren Anspruch auf Zahlung der letzten Kaufpreisrate nicht fällig sei. Nachdem sie, die Kläger, sogar einen fälligen Eigentumsverschaffungsanspruch hätten, gehe die Widerklage der Beklagten auf Rückübertragung des Besitzes fehl. Von einer verbotenen Eigenmacht könne im Übrigen keine Rede sein. Nur vorsorglich werde zu den einzelnen Mangel- und Schadenspositionen Stellung genommen; hervorzuheben sei dabei, dass ihr Zinsschaden wegen der Zwischenfinanzierung von der Beklagten dem Haftpflichtversicherer mitgeteilt und von diesem gegenüber der Beklagten reguliert worden sei.

Die Beklagte hat unter dem 6. Juni 2006 repliziert und dabei erstmals das Vorliegen eines Formularvertrages, der dem AGBG unterliege, bestritten. Sie hat betont, dass sie nach der Sicherungsabrede mit der L...bank zur weiteren Geltendmachung des Restkaufpreisanspruches berechtigt sei. Die Kläger verhielten sich nach der ungenehmigten Inbesitznahme des Anwesens treuwidrig.

Über das Vermögen der Beklagten wurde das Insolvenzverfahren eröffnet; der Insolvenzverwalter hat jedoch das streitbefangene Grundvermögen aus der Masse freigegeben.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze, einschließlich des Schriftsatzes der Beklagten vom 22. Juni 2006, verwiesen. Wegen der Feststellungen nimmt der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.

II.

Das vorliegende Verfahren ist nach Freigabe der streitbefangenen Grundstücke durch den Insolvenzverwalter nicht mehr unterbrochen, denn auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person ist eine solche Freigabe aus der Masse mit der Folge, dass der Insolvenzbeschlag entfällt, rechtlich möglich (vgl. BGHZ 163, 32, 34 ff.).

III.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil bedarf im Tenor nur der berichtigenden Ergänzung um das Wort "Miteigentum". Es ist im Übrigen jedenfalls im Ergebnis zutreffend, wobei erst die nachträgliche insolvenzrechtliche Situation dazu geführt hat, dass es auf die Beweiserhebungen des Landgerichts nicht mehr notwendigerweise ankommt. Die Kläger haben jedenfalls jetzt einen fälligen Auflassungsanspruch aufgrund des Bauträgervertrages gegen die Beklagte; die Beklagte hat dagegen keinen Anspruch auf Rückübertragung des Besitzes.

1. Für den Eigentumsverschaffungsanspruch der Kläger kommt es auf die Frage des Vorliegens von Mängeln und Schäden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten und deren Eintritt in das Liquidationsstadium nicht mehr an. Der Anspruch der Kläger gegen die nunmehr in Liquidation befindliche Beklagte auf Eigentumsumschreibung - nach der bereits im Bauträgerkaufvertrag enthaltenen Einigung über den Eigentumsübergang und Eintragungsbewilligung - ist unabhängig vom Streit der Parteien um Restarbeiten, Mängel und Schäden fällig. Das folgt nun auch daraus, dass die vertragliche Fälligkeitsbedingung für die letzte Rate des Kaufpreises, nämlich die endgültige Fertigstellung des Hauses durch die Beklagte, nach Eintritt ihrer Insolvenz und Beginn des Liquidationsstadiums nicht mehr eintreten kann. Bei dieser Lage kann sich die Beklagte jedenfalls jetzt nicht mehr darauf berufen, dass der Auflassungsanspruch im Bauträgerkaufvertrag mit der Zahlung des Restkaufpreises verknüpft worden war. Insoweit ist von einer Aufspaltung des Bauträgervertrages in einen Teil, der den Grundstückskauf betrifft, und einen Teil, der die werkvertragliche Herstellung des Hauses betrifft, auszugehen. Ersterer Teil ist von den Klägern vollständig erfüllt worden, so dass ihr Auflassungsanspruch fällig ist. Der Urkundsnotar kann insoweit die Eigentumsumschreibung im Grundbuch veranlassen, weil die Zahlung des Kaufpreises, soweit er den Grundstückskauf betrifft, feststeht. Auf die Frage der Wirksamkeit der formularvertraglichen Bestimmung: "Der Notar wird angewiesen, die Umschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen, wenn ihm die Kaufpreiszahlung zu seiner Gewissheit nachgewiesen ist", kommt es nicht an; sie wäre im Übrigen hier zu verneinen (vgl. BGHZ 148, 85, 89).

Die Aufspaltung des Bauträgerkaufvertrages in zwei Teile - einen Grundstückskaufvertrag und einen Werkvertrag - folgt zunächst aus der insolvenzrechtlichen Lage (vgl. OLG Stuttgart ZInsO 2004, 1087 ff.). Gemäß § 106 Abs.1 Satz 2 InsO wird der inhaltlich aus einem kaufvertraglichen und einem werkvertraglichen Teil bestehende, zunächst aber einheitliche Bauträgerkaufvertrag im Fall der Insolvenz des Bauträgers in die zwei Teile aufgetrennt. Für den Anspruch der Erwerber des Bauträgerobjekts auf mangelfreie Erstellung des Hauses bleibt es beim Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 InsO. Für den Anspruch auf Auflassung hat der Insolvenzverwalter dagegen kein Wahlrecht; diesen Anspruch muss er stets aus der Masse erfüllen (vgl. Ott, in: MünchKomm-InsO § 106 Rn. 24 ff.). Danach bliebe der Auflassungsanspruch selbst dann bestehen, wenn der Insolvenzverwalter im Übrigen die Erfüllung des Bauträgerkaufvertrages nicht wählen würde. Innerhalb des Insolvenzverfahrens wäre der Auflassungsanspruch der Kläger also fällig, weil der auf den Grundstückskaufvertrag entfallende Teil des Gesamtpreises von ihnen vollständig gezahlt worden ist. An dieser Auftrennung des Vertragsverhältnisses in den Grundstückskaufvertrag und den Werkvertrag ändert sich hier auch nichts dadurch, dass der Insolvenzverwalter das Grundvermögen aus der Masse freigegeben hat. Wird danach nicht die - der Beklagten im Übrigen auch nicht mehr mögliche - Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses verfolgt, so kann die Übertragung des lastenfreien Grundstückseigentums, wie sie nach dem kaufvertraglichen Teil des Bauträgervertrages von der Beklagten geschuldet ist, im Ergebnis nicht verhindert werden; sie darf aber auch nicht unbegrenzt hinausgezögert werden. Die Bedingung für die Fälligkeit der Restkaufpreisrate in Form der endgültigen Fertigstellung des Hauses durch die Beklagte kann jedenfalls jetzt nicht mehr eintreten. Es erscheint vor diesem Hintergrund, dass die Beklagte die von ihr geschuldeten Leistungen endgültig nicht mehr vollständig erfüllen kann, auch treuwidrig, wenn die Beklagte der Eigentumsumschreibung zugunsten der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht zur Sicherung dieser Restkaufpreisforderung entgegen hält. Die Restkaufpreisforderung ist danach allenfalls noch im Rahmen des Abwicklungsverhältnisses aus dem Bauträgervertrages zu prüfen, nun aber nicht mehr mit der nachträglich unmöglich gewordenen Fälligkeitsbedingung der endgültigen Fertigstellung des Hauses durch die Beklagte verknüpft. Diese ursprüngliche Rechtslage hat sich durch den Eintritt der Insolvenz der Beklagten geändert und sie ist nicht durch die Freigabe des Grundvermögens durch den Insolvenzverwalter wieder hergestellt worden. Die Kläger haben nämlich auch ihre Gewährleistungsrechte gegen die Insolvenzschuldnerin zumindest wirtschaftlich eingebüßt. Als Ausgleich für diesen Nachteil nimmt § 106 Abs.1 Satz 2 InsO im Insolvenzverfahren eine Trennung zwischen dem durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruch und den übrigen Ansprüchen aus dem Bauträgervertrag vor (vgl. OLG Stuttgart ZInsO 2004, 1087 ff.). Der wirtschaftliche Verlust der Gewährleistungsrechte wird aber auch nicht durch die Freigabe der Grundstücke durch den Insolvenzverwalter aus der Masse behoben. Daher entfällt damit auch nicht die zunächst insolvenzrechtliche Auftrennung des Bauträgerkaufvertrages in den Teil, der den Grundstückskauf betrifft, und den Teil, der die Errichtung des Wohnhauses betrifft. Vielmehr bleibt diese Auftrennung auch für das Abwicklungsverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens bestehen. Die vertraglichen Regeln, die zum Teil unerfüllbar geworden sind, müssen nach der Freigabe durch den Insolvenzverwalter an diese Lage angepasst werden. Auch danach bleibt es im Ergebnis bei der Abspaltung des Grundstückskaufes vom werkvertraglichen Teil des Bauträgervertrages.

Nach allem kommt es für die Frage der Fälligkeit des Anspruchs auf Auflassung nach der Insolvenz der in Liquidation befindlichen Beklagten auch jetzt nicht mehr darauf an, ob die gesamte vereinbarte Gegenleistung erbracht wurde, sondern nur darauf an, ob der Teil des Kaufpreises, welcher auf die Übereignung des Grundstücks und der Wohnung entfällt, gezahlt wurde. Zu ermitteln wäre dies notfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder gemäß §§ 315, 316 BGB (vgl. BGH NJW 1981, 991). Der Bauträgervertrag enthält hier aber unter Ziffer IV. eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, welcher Teil des Gesamtpreises auf die Grundstücke und welcher Teil auf die Werkleistung entfällt. Danach sollte "auf den Grund und Boden" ein Teilbetrag von 320.000 DM, "auf die zu errichtenden Baulichkeiten" ein Betrag von 539.000 DM entfallen. Der auf den Grundstückswert entfallende Teil des Preises ist unstreitig bereits gezahlt. Dem Auflassungsanspruch kann daher von der Beklagten keine Einrede mehr aus dem werkvertraglichen Teil des Bauträgerkaufvertrages entgegen gehalten werden. Der Urkundsnotar kann die Eigentumsumschreibung auch mit Blick auf die Bestimmung der Parteien: : "Der Notar wird angewiesen, die Umschreibung im Grundbuch erst zu veranlassen, wenn ihm die Kaufpreiszahlung zu seiner Gewissheit nachgewiesen ist", veranlassen.

2. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kläger ohne Genehmigung der Beklagten und ohne vorherige Übergabeverhandlung in das Anwesen eingezogen sind. Die darauf bezogene Vertragsbestimmung der Parteien ist nach §§ 11 Nr. 2, 9 AGBG unwirksam.

Die Geltung des AGBG ist bisher unstreitig gewesen. Dass keine vorformulierte Vertragsbestimmung vorliege, wird auch im Schriftsatz vom 6. Juni 2006 nicht konkret auf diese Klausel bezogen bestritten. Zudem ist das neue Vorbringen der Beklagten nach § 531 Abs. 2 ZPO jedenfalls insoweit nicht zuzulassen. Die Frage der Wirksamkeit der Bestimmung war Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Das Landgericht hat deshalb zu Recht auf § 11 Nr. 2 AGBG abgestellt. Die Behauptung im Schriftsatz vom 6. Juni 2006, dass die Beklagte ihrerseits nur auf neues Vorbringen der Klägerin reagiert habe, trifft insoweit nicht zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die in Ziffer IX des Bauträgerkaufvertrages enthaltene Fälligkeitsregelung für den Kaufpreis für den Fall des ungenehmigten Einzuges der Kläger in das Haus sowohl gemäß § 11 Nr. 2a AGBG als auch gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Die formularvertraglich vereinbarte Vorauszahlung schließt u.a. ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach § 320 BGB ohne Rücksicht auf den Umfang der tatsächlich erbrachten Bauleistungen aus und beinhaltet damit - unbeschadet der Anknüpfung an ein eigenmächtiges Verhalten der Kläger - eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 2 AGBG, da sie auch von dem wesentlichen Grundgedanken der in § 641 BGB begründeten Vorleistungspflicht des Werkunternehmers abweicht. Das gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Fall, dass die ungenehmigte Inbesitznahme auch dann zum Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts, der Beweislastumkehr und der sofortigen Fälligkeit des gesamten Restkaufpreises führen soll, wenn die Beklagte ihrerseits nicht fristgerecht erfüllt hat und außerdem der Bautenstand nicht geeignet ist, die Restkaufpreisforderung zu rechtfertigen. Nach der im Werkvertragsrecht des BGB getroffenen gesetzlichen Regelung ist der Werkunternehmer bis zur Abnahme des Werks voll vorleistungspflichtig (§ 641 BGB). Vom Zeitpunkt der Abnahme ab sind die gegenseitigen Verpflichtungen Zug um Zug abzuwickeln. Wenn im Einzelfall die Vertragsparteien ergänzend die Geltung der VOB/B vereinbart haben, sind auf Antrag Abschlagszahlungen in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen zu gewähren. Ein Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers wird dadurch nicht ausgeschlossen. Eine ähnliche Regelung ist in § 3 Abs. 2 MaBV enthalten. Auch dieser Vorschrift ist der allgemeine Grundgedanke entnehmen, dass Abschlagszahlungen im Bauwerkvertragsrecht mit dem Baufortschritt im Einklang stehen müssen. Grundsätzlich sind nur am jeweiligen Bautenstand orientierte Teilzahlungen des Bestellers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unbedenklich. Ein umfassender Ausschluss der Gegenrechte durch Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts, Beweislastumkehr und sofortige Fälligstellung des Restkaufpreisanspruches wegen der Inbesitznahme des Objektes nach dem vertraglich festgelegten Fertigstellungsdatum erscheint deshalb unangemessen. Seine Verknüpfung mit dem Auflassungsanspruch der Kläger geht erst recht zu weit. Die vertragliche Regelung weicht nach allem wesentlich von den Grundgedanken des Gesetzes ab. Sie ist deshalb nichtig. Nach der Rechtsprechung tritt an die Stelle der nichtigen Zahlungsvereinbarung die Regelung des § 641 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 2001, 818; OLG Karlsruhe BB 2001, 1325 f.).

Die Beklagte ist aber ihrerseits nicht mehr leistungsfähig. Sie kann deshalb umgekehrt dem Auflassungsanspruch der Kläger kein Zurückbehaltungsrecht mehr wegen der angeblichen Restkaufpreisforderung entgegen halten. Das wird - unbeschadet der Vereinbarung des Fortbestehens einer Forderungszuständigkeit der Beklagten - auch dadurch unterstrichen, dass die L...bank , an die der Kaufpreisanspruch im Voraus abgetreten worden war, mit der Eigentumsumschreibung und der Löschung der Mithaftung der streitbefangenen Grundstücke für die zu ihren Gunsten bestellten Gesamtgrundschulden einverstanden ist.

3. Die Widerklage der Beklagten auf Besitzrückgabe ist dementsprechend unbegründet. Von einer verbotenen Eigenmacht ist nach Wegfall der genannten formularvertraglichen Bestimmung der Parteien über die Folgen des ungenehmigten Einzugs nicht auszugehen. Im Übrigen bestünde spätestens nachdem auch der Auflassungsanspruch der Kläger vor dem Hintergrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten als gesonderter Anspruch anzusehen und fällig ist, kein Anspruch der Beklagten mehr auf Rückübertragung des Besitzes an dem Anwesen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegt.

Der Streitwert wird auf 240.051 Euro festgesetzt (219.600 Euro für die Berufung bezüglich der Klage, 20.451 Euro für die Berufung bezüglich der Widerklage; vgl. Bl. 828 GA)).

Ende der Entscheidung

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