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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 23.03.2004
Aktenzeichen: 12 W 164/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 123 Abs. 1 | |
BGB § 138 | |
BGB § 138 Abs. 1 | |
BGB § 142 | |
BGB § 812 Abs. 1 | |
ZPO § 114 |
Erreicht der Pachtzins nur die Höhe eines kleinen Bruchteils des erreichbaren Umsatzes, dann liegt grundsätzlich noch kein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, das zur Sittenwidrigkeit des Vertrages führen würde. Schnellimbissbetriebe an Fernstraßen zeichnen sich im Vergleich mit anderen Gastronomiebetrieben durch hohe Kundenfrequenz, geringen Personalbedarf und Wareneinsatz aus. Das ermöglicht es, für sich genommen hohe Pachtzinsbeträge aufzubringen. Wird mehr als das Doppelte des üblichen Pachtzinses gefordert, so ergibt sich daraus die Sittenwidrigkeit des Pachtvertrages. Jedoch sind bei der Feststellung eines Vergleichswerts die Besonderheiten des Schnellimbissbetriebes zu beachten. Die EOP-Methode ist ungeeignet zur Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 12 W 164/04
in dem Rechtsstreit
wegen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung,
hier: Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe.
Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschelbach als Einzelrichter des Beschwerdesenats
am 23. März 2004
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. Februar 2004 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 26. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Die Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin erstrebt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Rückzahlung einer Kaution in Höhe von 17.500 Euro nebst Zinsen wegen Unwirksamkeit eines Pachtvertrages vom 21. Januar 2003 über einen Schnellimbiss in einem Holzhaus mit Bestuhlung und weiterem Inventar, der mit Parkraum an der Bundesstraße 54 gelegen ist. Durch den Pachtvertrag, der fünf Jahre Geltung besitzen sollte, verpflichtete sich die Antragstellerin zur Zahlung eines monatlichen Pachtzinses in Höhe von 3.579,04 Euro (7.000 DM) netto, wobei für die ersten drei Monate des Pachtverhältnisses der Pachtzins "als Eingliederungshilfe" abgesenkt war. Ferner verpflichtete sich die Antragstellerin zur Zahlung einer Kaution in Höhe von 17.500 Euro, die sie in bar erbrachte und die den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. Unter dem 28. April 2003 erklärte die Antragstellerin die Anfechtung des Pachtvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise die fristlose Kündigung; zudem machte sie die Unwirksamkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit geltend. Sie berief sich darauf, ihr sei vom Antragsgegner wahrheitswidrig mitgeteilt worden, dass mit dem Schnellimbiss ein monatlicher Umsatz von 80.000 DM erzielt werden könne und mit Blick hierauf mit den Vorpächtern bei einem Umsatz von mehr als 50.000 DM eine einprozentige Umsatzbeteiligung des Antragsgegners vereinbart gewesen sei. Tatsächlich sei ein solcher Umsatz weder in der Vergangenheit erzielt worden noch erzielbar. Die vorsorglich erklärte fristlose Kündigung beruhe darauf, dass trotz Fristsetzung ein Schaden an der Toilettenanlage nicht behoben worden sei. Schließlich bestehe ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Der Antragsgegner habe insoweit beim Vertragsschluss ihre Unerfahrenheit ausgenutzt. Nach den ortsüblichen Verhältnissen wäre allenfalls ein Pachtzins von 1.500 bis 1.750 Euro angemessen gewesen.
Nachdem der Antragsgegner die Kaution nicht zurückgezahlt, sondern insoweit die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen erklärt hat, erstrebt die Antragstellerin Prozesskostenhilfe für eine darauf bezogene Zahlungsklage. Zur Erläuterung wiederholt und ergänzt sie ihre im Kündigungsschreiben angedeuteten Gründe für die Annahme der Unwirksamkeit des Pachtvertrages durch Anfechtung, hilfsweise aufgrund einer Sittenwidrigkeit. Getäuscht sieht sie sich nun auch insoweit, als Öfen im Imbissbetrieb entgegen einer Zusicherung ihrer Reparatur durch den Antragsgegner tatsächlich nicht einsatzbereit gewesen seien.
Der Antragsgegner ist dem Vorbringen der Antragstellerin im Prozesskostenhilfeverfahren mit Hinweis darauf entgegen getreten, die Bemerkung zu früher von Vorpächtern erzielten Umsätzen von 50.000 DM monatlich mit der Folge seiner vereinbarten Umsatzbeteiligung treffe zu; dies sei von der Vorpächterin Macht schriftlich bestätigt worden. Weitergehende Zusicherungen seien der Antragsstellerin nicht gemacht worden. Der geringe Umsatz, den sie erzielt habe, beruhe darauf, dass sie sich nicht genügend engagiert habe. So habe sie kurz nach der Eröffnung den Imbiss an den Fastnachtstagen geschlossen. Mit Blick auf einen erzielbaren Umsatz von 50.000 DM monatlich sei ein Pachtzins von 7.000 DM netto pro Monat nicht wucherisch. Die Vorpächterin Macht habe schließlich einen Pachtzins von 8.000 DM pro Monat gezahlt. Durch die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses durch die Antragstellerin seien ihm Schäden entstanden, die ihm einen Aufrechnungsgrund lieferten.
Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht der beabsichtigten Klage auf Erfolg zurückgewiesen. Die Anfechtung greife nicht durch, weil der Antragsgegner sein Vorbringen zu monatlichen Umsätzen der Vorpächter von über 50.000 DM durch eine schriftliche Erklärung der Vorpächterin Macht belegt habe. Dem sei die Antragstellerin in der Folge nicht entgegengetreten und sie habe auch kein ausreichendes Beweisangebot dafür, dass tatsächlich keine monatlichen Umsätze von mehr als 50.000 DM erzielt worden seien, angebracht.
Gegen diesen ihr am 9. Februar 2004 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit einem am 23. Februar 2004 per Telefax übermittelten Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie bemängelt die Kürze der Zeit, die ihr vom Landgericht nach Zustellung der Erwiderung des Antragsgegners für eine Replik belassen worden sei. Da hierfür im Ergebnis bis zur landgerichtlichen Entscheidung nur zwei Arbeitstage verblieben seien, habe sie nicht rechtzeitig antworten können. Bei dieser Sachlage habe es nicht zu ihrem Nachteil gewertet werden dürfen, dass sie dem Vorbringen des Antragsgegners zu den Umsätzen der Vorpächterin Macht nicht entgegengetreten sei. Das Landgericht sei auch auf die Unwirksamkeit des Vertrages gemäß § 138 BGB überhaupt nicht eingegangen. Zur Frage der Anfechtung habe es die Anforderungen an ihren Sachvortrag und ihr Beweiserbieten überspitzt. Die Vorpächterin G. habe berichtet, ein in Aussicht gestellter Umsatz von 80.000 DM monatlich sei nicht erreicht worden; mit ihr habe der Antragsgegner auch keine Umsatzbeteiligung ab einer bestimmten Umsatzsumme vereinbart. Aufrechnungsfähige Gegenansprüche des Antragsgegners bestünden wegen der anfänglichen Nichtigkeit des Pachtvertrages nicht.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Dazu hat es darauf verwiesen, dass der vom Antragsgegner mitgeteilten Äußerung der Vorpächterin Macht auch mit der Beschwerdebegründung nicht entgegen getreten worden sei. Zur Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages seien die subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB nicht dargetan worden.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Parteien des Streits um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe Bezug genommen. Wegen der Begründung der angefochtenen Entscheidungen wird auf deren Inhalt verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, die beabsichtigte Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO. Es ist grundsätzlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint, solange nicht zugleich schwierige ungeklärte Rechtsfragen auf diesem Weg dem Hauptverfahren vorenthalten werden (BVerfGE 81, 347, 357); das ist hier jedoch nicht der Fall. Eine in Aussicht genommene Klage verspricht im Wesentlichen dann Erfolg, wenn sie zulässig und schlüssig ist und wenn der Kläger für die streitigen rechtsbegründenden Behauptungen tauglichen Beweis anbietet. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall hinsichtlich der Anfechtung des Vertrages und der Annahme seiner Sittenwidrigkeit - die fristlose Kündigung wird in der Antragsschrift nicht mehr thematisiert - nicht gegeben. Der Anspruch der Klägerin auf Herauszahlung der von ihr geleisteten Pachtkaution wegen Nichtvorliegens oder Wegfalls des rechtlichen Grundes gemäß § 812 Abs. 1 BGB erscheint deshalb bei der gebotenen summarischen Prüfung auch mit Blick auf die Aufrechnung durch den Antragsgegner nicht begründet. Dass der Antragsgegner seine Ausführungen zur Aufrechnung vor Klageerhebung im summarischen Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin noch nicht näher erläutert hat, steht dem nicht entgegen.
1. a) Eine rückwirkende Unwirksamkeit des Pachtvertrages durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß §§ 123 Abs. 1, 142 BGB ist bei vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht anzunehmen.
Dass der Antragsgegner einen Umsatz von rund 80.000 DM monatlich wahrheitswidrig zugesichert habe, ist nicht substantiiert behauptet worden. Die bloße Erwähnung des früheren Erreichens einer solchen Umsatzhöhe als Spitzenwert reicht gegebenenfalls nicht aus.
Die weitere Behauptung der Antragstellerin, ihr sei vom Antragsgegner ein früher tatsächlich unerreichter und insgesamt unerreichbarer Umsatz von 50.000 DM monatlich konkret in Aussicht gestellt worden, trifft bei vorläufiger Bewertung der mitgeteilten Tatsachen und angebotenen Beweise nicht zu. Die Zeugin M. hat dem Antragsgegner unter dem 15. November 1999 in einer Umsatzbenachrichtigung für das dritte Quartal des Jahres 1999 ihre Umsätze mit 57.733,16 DM, 52,129,96 DM und 48.752.98 DM beziffert, also - jeweils - mit Beträgen im Bereich von knapp 50.000 DM oder sogar darüber. Die Antragstellerin hat sich demgegenüber dafür, dass a n d e r e Vorpächter geringere Umsatzsummen erreicht hatten, auf deren Zeugnis berufen. Sie hat damit keinen tauglichen Beweis dafür angeboten, dass die Äußerung des Antragsgegners ihr gegenüber, es seien früher Umsätze von rund 50.000 DM monatlich erreicht worden, unzutreffend sei. Für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Behauptung kommt es nicht auf die Gesamtheit der Umsatzzahlen an, sondern nur darauf, ob überhaupt Umsätze in dieser Höhe von 50.000 DM und darüber erreicht wurden. Das ist bereits aufgrund der Umsatzmitteilung der Zeugin M. anzunehmen. Gründe für die Annahme, diese im Prozesskostenhilfeverfahren freibeweislich verwertbare schriftliche Mitteilung der Zeugin treffe nicht zu und werde im Strengbeweis des Hauptverfahrens nicht bewiesen werden, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Sie sind auch sonst nach den bisherigen Erkenntnissen nicht ersichtlich. Dass die früheren Umsatzzahlen nicht konstant in einer bestimmten Höhe angesiedelt waren, begründet gegebenenfalls keine Täuschung über Tatsachen, die zur Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB berechtigen könnte. Denn es obliegt im Allgemeinen dem Pächter zu kalkulieren, ob er eine Gaststätte bzw. einen Imbiss auch unter Berücksichtigung des Pachtzinses rentabel führen kann (vgl. BGHZ 141, 257, 265; Senat, Urteil vom 15. März 2004 - 12 U 242/03; OLG München ZMR 2001, 708, 709). Angaben des Verpächters vor Vertragsabschluss über voraussichtliche Umsätze des gewerblichen Mietobjekts können im Übrigen nicht ohne weiteres als Eigenschaftszusicherungen gewertet werden (vgl. zum Gewährleistungsrecht HansOLG Hamburg NJW-RR 1998, 1091 f.).
Auf die Behauptungen der Antragstellerin zum Äußerungsverhalten der Zeugin T. als weiterer Vorpächterin und einem Beeinflussungsversuch der Ehefrau des Antragsgegners dieser Zeugin gegenüber kommt es nach allem nicht an.
Die mangelnde Betriebsbereitschaft der Öfen im Schnellimbiss, die nun als weiterer Anfechtungsgrund genannt werden, war nicht Gegenstand der Anfechtungserklärung der Antragstellerin. Sie hat deshalb außer Betracht zu bleiben.
b) Die mit Blick auf den Anfechtungsgrund erhobene Beanstandung der Verfahrensweise des Landgerichts ist jedenfalls überholt. Eine eventuelle Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch eine zu knapp bemessene Zeitspanne für eine Replik auf das Vorbringen des Antragsgegners bis zur Entscheidung des Landgerichts ist dadurch geheilt, dass die Antragstellerin im Abhilfe- und Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Äußerung hatte. Sie hat, wie das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung zu Recht betont hat, auch in der Beschwerdebegründung die vom Antragsgegner mitgeteilten und bewerteten Umsatzmitteilungen der Vorpächterin M. nicht in Abrede gestellt, sondern sich auf Behauptungen zu den Umsätzen anderer Vorpächter beschränkt. Das ist, wie oben ausgeführt wurde, für die Frage des Vorliegens eines Anfechtungsgrundes unerheblich. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kommt indes nur in Frage, wenn entscheidungserhebliches Vorbringen nicht ermöglicht wird oder unbeachtet bleibt (vgl. BVerfG - Plenum - NJW 2003, 1924 ff.).
2. Die Sittenwidrigkeit des Pachtvertrages gemäß § 138 BGB als Nichtigkeitsgrund ist nicht schlüssig dargelegt worden. Dies hat das Landgericht jedenfalls in seiner Nichtabhilfeentscheidung für den Teilaspekt des subjektiven Vorwurfs der Ausnutzung einer schwächeren Lage des anderen Teils beim Vertragsschluss richtig bewertet; aber auch der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist bereits nicht ausreichend dargetan worden.
a) Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGHZ 107, 92, 97). Hatte der Antragsgegner unter tauglichem Beweiserbieten behauptet, dass zuvor mit dem gepachteten Schnellimbiss monatliche Umsätze im Bereich von 50.000 DM erreicht worden waren, worauf die Antragstellerin - mit Blick auf ihre sekundäre Darlegungslast - nicht substantiiert erwidert hat, dann ist mit deren alleinigem Hinweis auf die Höhe des Pachtzinses noch nicht ausreichend dargetan worden, dass ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorlag. Nach der branchenüblichen Faustformel ist je ein Drittel des Umsatzes auf feste Kosten (einschließlich des Pachtzinses), Wareneinkauf und Roherlös aufzuteilen. Insoweit ist der größte Teil der festen Kosten in Form des Pachtzinses von 7.000 DM netto nicht übersetzt, wenn der Umsatz 50.000 DM erreichen kann. Dass diese Umsatzsumme von der Antragstellerin tatsächlich (in den ersten drei Monaten des von ihr alsdann einseitig aufgegebenen Pachtverhältnisses) nicht erreicht wurde, ändert nichts am Beurteilungsergebnis, zumal der Pachtzins in dieser Einführungsphase nach dem Vertrag abgesenkt war. Schließlich ist die Antragstellerin dem Vorbringen des Antragsgegners, sie habe frühzeitig nach Beginn des Pachtverhältnisses bereits an den Fastnachtstagen den Imbiss geschlossen und sich auch sonst nicht umfassend engagiert, bisher nicht entgegengetreten.
Auch sonst sind nicht genügend Umstände mitgeteilt worden, aus denen sich ein erhebliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 BGB ergeben könnte. Schnellimbissbetriebe an Fernstraßen zeichnen sich im Vergleich mit anderen Gastronomiebetrieben durch hohe Kundenfrequenz, vergleichsweise geringen Personalbedarf und Wareneinsatz aus. Das ermöglicht es zugleich, für sich genommen hohe Pachtzinsbeträge aufzubringen. Mit anderen Gaststättenbetrieben sind sie insoweit nicht vergleichbar und der konkrete Standort ist für Schnellimbissbetriebe noch wichtiger als für Gaststätten. Ob die Antragstellerin hinsichtlich der von ihr angeführten "sich in der Nähe befindlichen, vergleichbaren Pachtobjekte" tatsächlich auf Schnellimbissbetriebe und gegebenenfalls solche an Fernstraßen verwiesen hat, ist nicht feststellbar; zur Frage der Übertragbarkeit von Vergleichsgrößen aus anderen Bereichen hat sie sich nicht geäußert. Zudem sind die Vergleichsfaktoren des streitbefangenen Imbissbetriebsbetriebs selbst hinsichtlich seiner Lage und Größe, des Parkraums, des Personalbedarfs, der Ausstattung (Holzhaus mit Bestuhlung) und anderem von der Antragstellerin nicht erläutert und bei ihrer eigenen Bewertung erkennbar berücksichtigt worden. Auch daran scheitert die Möglichkeit, ihrem Vorbringen die Voraussetzungen des § 138 BGB auch nur annähernd so zuverlässig entnehmen zu können, wie es für eine summarische Prüfung im Prozesskostenhilfeverfahren erfordelrich wäre. Es sind nicht einmal genügend Befundtatsachen für ein Sachverständigengutachten mitgeteilt worden, auf das sich das pauschale Beweiserbeiten der Antragstellerin bezieht.
Die im Tatsächlichen nicht näher erläuterte Behauptung der Antragstellerin, eine ertragsorientierte Pachtbestimmung unter Berücksichtigung der wertbildenden Faktoren ergebe gleichfalls einen angemessenen Pachtzins von höchstens 1.500 Euro monatlich, geht rechtlich an der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorbei, die annimmt, die EOP-Methode sei ungeeignet zur Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung (BGHZ 141, 257, 264 ff.). Pachtverträge sind, wie sonstige Rechtsgeschäfte, nur dann sittenwidrig und damit nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten oder Ausnutzung der Unerfahrenheit des Partners u.ä. (BGHZ 141, 257, 263). Der Ermittlung des Leistungsmissverhältnisses ist grundsätzlich der objektive Wert der verglichenen Leistungen, also das verkehrsübliche Äquivalent, zugrunde zu legen. Die Annahme der Antragstellerin, es sei ein Pachtzins von 1.500 bis 1.750 Euro monatlich angemessen gewesen, lässt insoweit auch offen, woraus sich dieser Befund im vorliegenden Fall ergeben soll. Ein Schnellimbiss, der wie das streitbefangene Pachtobjekt, mit ausreichendem Parkraum an einer Bundesfernstraße gelegen ist, unterliegt jedenfalls im ländlichen Umfeld offenkundig anderen Bewertungskriterien als ein Imbiss an anderen Stellen oder als eine Gaststätte. Die Antragstellerin hat für ihre Angabe des angeblich angemessenen Pachtzinses keine Kriterien genannt; auf die sich ihre eigene Vergleichsbetrachtung und deren Resultat beziehen. Deshalb ist zwar pauschal behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt worden, dass der vereinbarte Pachtzins etwa das Doppelte des üblichen Pachtzinses erreicht, woraus gegebenenfalls ein Fall der Sittenwidrigkeit zu entnehmen wäre (vgl. OLG Karlsruhe Urteil vom 6. Februar 1997 - 12 U 92/96 = NJWE-MietR 1997, 151, 152). Eine mangels Mitteilung der Bewertungsfaktoren des Einzelfalls ins Blaue hinein gemachte Angabe ist jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn - wie hier mit Blick auf den erreichbaren (s.o.) monatlichen Umsatz - konkrete Umstände gegen das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sprechen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es für die Sittenwidrigkeit des Geschäfts nicht allein auf den objektiven Inhalt des Rechtsgeschäfts ankommt, vielmehr ein Sittenverstoß sich auch aus dem Gesamtcharakter, das heißt aus einer zusammenfassenden Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts ergeben kann (BGHZ 125, 218, 228). Die sonstigen Faktoren des Einzelfalls außer der Höhe des Pachtzinses sind - soweit dargelegt oder sonst ersichtlich - für die Beurteilung gemäß § 138 BGB wertneutral.
b) Voraussetzung der Sittenwidrigkeit ist im Übrigen eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Teils, die insbesondere hervortritt, wenn dieser die schwächere Lage des anderen Teils bei der Festlegung der Vertragsbedingungen bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt oder sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der andere Teil nur aufgrund seiner schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Bedingungen eingelassen hat (BGHZ 128, 255, 257 f.). Für eine solche Schwäche der Antragstellerin als Grund für den Vertragsschluss und deren Ausnutzung durch den Antragsteller sind aber ebenfalls keine näheren Umstände vorgetragen worden. Die geschäftliche Unerfahrenheit der Antragstellerin ist allein mit der Behauptung darauf, dass sie bisher noch nicht selbständig tätig gewesen sei (Bl. 6 GA), nicht hinreichend dargetan, solange keine Hinweise darauf gegeben werden, wie die bisherige Situation der Antragstellerin in Ausbildung und Beruf gestaltet war. Freilich kann - je nach der Person des Benachteiligten - bereits ein besonders großes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung den die Annahme einer verwerflichen Gesinnung rechtfertigenden Schluss auf eine bewusste oder doch grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragsgegner hemmenden Tatumstandes zwingend nahelegen (vgl. BGHZ 80, 153, 159 f.; BGHR BGB § 138 Abs. 1 Gaststätten-Pachtvertrag 1). Doch fehlt es, wie ausgeführt, an der substantiierten Darlegung eines groben Missverhältnisses, erst recht eines für die Vermutung des subjektiven tatbestands erforderlichen besonders groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 127 Abs. 4 ZPO.
Ende der Entscheidung
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