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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 24.01.2000
Aktenzeichen: 13 U 819/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 605 Nr. 1
ZPO § 257
1. Zur Frage, wann ein unentgeltliches Gefälligkeitsdarlehen mit der Möglichkeit der ausserordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund in entsprechender Anwendung des § 605 Nr. 1 BGB vorliegt.

2. Zur kalendermässig bestimmten Fälligkeit einer Forderung.


Geschättsnummer: 13 U 819/99 8 O 376/98 LG Koblenz

Verkündet am 24. Januar 2000

Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

wegen Rückzahlung eines Darlehens.

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 1999

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. April 1999 teilweise abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 120.000 DM ab dem 1.8.2002 in jährlichen Raten von 7.200 DM, die erste Rate fällig am 31.7.2003, die Folgeraten jeweils spätestens am 31.7. des Folgejahres, nebst 6 % Jahreszinsen seit dem 1.8.2002 aus 120.000 DM bzw. dem jeweils offenen Restbetrag zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 20 % und die Beklagte 80 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 139.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 19.600 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank erbracht werden.

V. Der Wert der Beschwer wird für den Kläger auf 30.000 DM, für die Beklagte auf 120.000 DM festgesetzt.

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist der Konkursverwalter über das Vermögen des jetzigen Ehemannes der Beklagten. Er nimmt diese auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 120.000 DM in Anspruch, welches ihr der Gemeinschuldner im Jahr 1992 (vor deren Eheschließung im September 1995) gewährt hatte, damit diese das Hausanwesen in erwerben konnte, in welches sie dann gemeinsam einziehen wollten und auch bis April 1995 gewohnt haben. In dem notariellen Darlehensvertrag vom 24.8.1992 heißt es in Ziffer 2 unter anderem (Bl. 6 ff. d.A. in Kopie):

a) Das Darlehen ist zinslos, solange die häusliche Gemeinschaft zwischen den Beteiligten besteht,

b) Frau C verpflichtet sich, das Darlehen bis 1. August 2002 zurückzuzahlen. Die Rückzahlungsmodalitäten stehen im einseitigen Ermessen von Frau C, die entweder den Betrag in einer Summe vor Fristablauf oder in beliebigen Raten von mindestens 1.000 DM und durch 100 teilbaren Teilbeträgen leisten kann.

c) Bei Vorhandensein der Gesamtschuld oder einer Restschuld am 01.08.2002 ist der noch geschuldete Betrag ab diesem Zeitpunkt jährlich gleichbleibend mit 6 % zu verzinsen und mit 6 % zu tilgen. Bei Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Vertragsparteien oder Tod von Herrn S vor dem 1.8.2002 ist der bei Eintritt dieses Ereignisses noch geschuldete Betrag ab diesem Zeitpunkt jährlich gleichbleibend mit 6 % zu verzinsen und mit 6 % zu tilgen. Zinsen und Tilgung sind an Herrn S oder dessen gesetzliche oder testamentarische Erben zu Leisten.

Der Kläger hat das Darlehen mit Schreiben vom 8.11.1993 gekündigt und die Rückzahlung zum 1.3.1998 fällig gestellt. Er ist der Ansicht, dass es sich um ein zinsloses Gefälligkeitsdarlehen handele, welches außerordentlich gekündigt werden könne.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen und unter anderem ausgeführt, dass kein uneigennütziges Rechtsgeschäft und kein unverzinsliches Gefälligkeitsdarlehen vorliege, weil die Beklagte dem Gemeinschuldner als Gegenleistung mietfreies wohnen gewähre.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der in erster Linie weiter die sofortige Rückzahlung des Darlehens, hilfsweise die Rückzahlung am 1.8.2002 und äußerst hilfsweise die Rückzahlung ab dem 1.8.2002 in jährlichen Raten von 7.200 DM nebst 6 % Zinsen aus 120.000 DM (bzw. dem jeweils offenen Restbetrag) fordert.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die zwischen den Parteien in erster und zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Klägers hat mit dem äußerst hilfsweise gestellten Antrag Erfolg. Die Beklagte ist bereits jetzt zu verurteilen, die Rückzahlung des Darlehens (jedenfalls) ab 1.8.2002 in jährlichen Raten vorzunehmen. Ein Anspruch auf sofortige Rückzahlung oder Titulierung einer am 1.8.2002 bestehenden Gesamt-Rückzahlungspflicht besteht demgegenüber nicht.

Das Landgericht ist mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen wird, davon ausgegangen, dass dem Kläger kein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Da das Darlehen nach dem notariellen Vertrag (zumindest) bis zum 1.8.2002 und damit jedenfalls auf die Dauer von zehn Jahren ausgereicht worden ist und die Rückzahlung erst ab diesem Zeitpunkt zu erfolgen hat, ist das gesetzliche Kündigungsrecht nach § 609 BGB abbedungen und eine ordentliche Kündigung des Darlehens nicht zulässig. In Betracht kommt deshalb nur ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Ein solches könnte sich hier nur in entsprechender Anwendung des § 605 Nr. 1 BGB ergeben, wenn es sich bei dem Darlehen um ein unverzinsliches Gefälligkeitsdarlehen ohne Schenkungscharakter handeln würde. In diesem Fall nämlich ist die vorübergehende unentgeltliche Überlassung des Geldbetrages einer Leihe im Sinne der §§ 598 ff. BGB vergleichbar, bei der der Verleiher nach § 605 Nr. 1 BGB die Kündigung auch vor Ablauf der vereinbarten Zeit aussprechen kann, wenn er der verliehenen Sache infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes bedarf (vgl. OLG Stuttgart, NJW 87, 782; OLG Köln, KTS 61, 44; Staudinger-Reuter, BGB 1996, § 605 Rn. 4; Kollhosser in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., Rn. 6). Ein solches unentgeltliches Gefälligkeitsdarlehen liegt hier aber nicht vor.

Zwar hat der Gemeinschuldner der Beklagten das Darlehen für die Zeit zum 1.8.2002 zinslos ausgereicht, weil eine Verzinsung (und obligatorische Tilgung) erst zu diesem Zeitpunkt einsetzen soll, wenn die Parteien nach wie vor in häuslicher Gemeinschaft Leben, was der Fall ist. Ein hiervon abweichender früherer Einsatzzeitpunkt für die Verzinsung und Tilgung sollte nur bei Auflösung der häuslichen Gemeinschaft oder Tod des Gemeinschuldners gelten. Gleichwohl kann die Darlehensgewährung in der Gesamtschau nicht als unentgeltlich und vor allem nicht als reine Gefälligkeitsüberlassung angesehen werden. Der Gemeinschuldner hat mit der vorübergehenden Geldüberlassung nämlich auch erhebliche Eigeninteressen verfolgt. Er lebte mit der Beklagten bereits seit 1990 in einem angemieteten Hausanwesen (oder Wohnung) zusammen und wollte sich mit ihr ein "eigenes" Hausanwesen schaffen, um dort mit ihr und den gemeinsamen Kindern zu leben. Da der Gemeinschuldner zum damaligen Zeitpunkt noch in erster Ehe verheiratet war und aus dieser Ehe vier Kinder hat, sollte eine unmittelbare Beteiligung am Kaufpreis und der Erwerb von Miteigentum aus seiner Sicht vermieden werden, um eine Vermischung seines und des Vermögens der Beklagten auf der einen Seite und des ehelichen Vermögens auf der anderen Seite im Hinblick auf mögliche Probleme bei der ehelichen Vermögensauseinandersetzung zu verhindern. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und wurde von dem in erster Instanz als Zeugen vernommenen Gemeinschuldner im Übrigen auch so geschildert. Unabhängig von der Frage, ob und in welcher weise sich die von ihm und der Beklagten gewählte Beteiligungsmöglichkeit in Form der Darlehensgewährung rechtlich auf eine Vermögensauseinandersetzung im Rahmen seiner Ehescheidung von der ersten Ehefrau (oder hinsichtlich bestehender Erbrechte) auswirken könnte, ist das vom Gemeinschuldner verfolgte Interesse jedenfalls nachvollziehbar und erklärt die Darlehensgewährung als eigenen Beitrag zum Erwerb eines "Familienanwesens" mit der Beklagten, mit der er immerhin bereits gemeinsame Kinder hatte. Dass es ihm tatsächlich auch mit um die Realisierung der eigenen Interessen ging, wird im Übrigen daraus ersichtlich, dass die Rückzahlung des Darlehens durch die Beklagte bei einer Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (oder seinem Tod) sofort einsetzen sollte. Hinzu kommt, dass die Beklagte das Hausanwesen ohne Mithilfe des Gemeinschuldners nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres hätte erwerben können. Der Gemeinschuldner hat hierzu als Zeuge bekundet, dass die finanzierende Bank der Beklagten ein Darlehen in Höhe der dinglichen Belastung des Anwesens, nämlich 300.000 DM angeboten habe, während für den Erwerb (Kaufpreis und sonstige Kosten) insgesamt 390.000 DM angefallen seien. Diesen Betrag von 90.000 DM sowie weitere 30.000 DM für die erforderliche Erneuerung des gesamten Estrichs habe er als Darlehen zur Verfügung gestellt. Aus der glaubhaften und nachvollziehbaren Zeugenaussage des Gemeinschuldners ergibt sich weiter, dass die Darlehensgewährung neben der Verwirklichung der eigenen Interessen auch nicht völlig unentgeltlich erfolgte. Unabhängig davon, dass das Darlehen schon nach dem Vertrag nur auf eine bestimmte Zeit zinslos überlassen ist und danach eine angemessene Verzinsung erfolgt, haben die Beklagte und der Gemeinschuldner eine im notariellen Vertrag zwar nicht ausdrücklich aufgenommene, von ihnen nach seiner Aussage daneben bzw. im Vorfeld der notariellen Beurkundung aber abgesprochene Vereinbarung getroffen, die sich letztlich als Gegenleistung darstellt. Der Gemeinschuldner, der bis zum Erwerb des Hausanwesens die hälftige Miete für die mit der Beklagten (und den Kindern) zuvor bewohnte Mietwohnung (Haus) getragen hat, hat dargelegt, dass er den im notariellen Vertrag aufgenommenen Zinssatz von 6 % danach errechnet habe, dass eine ortsübliche Miete für das Hausanwesen, bezogen auf die verbleibende Wohnfläche von 120 qm nach Abzug der Kinderzimmer für die gemeinsamen Kinder 1.200 DM betragen und sich sein hälftiger "Mietanteil" deshalb auf 600 DM belaufen hätte. Diesem hälftigen Mietanteil entspreche die jährliche Verzinsung des Darlehens von 6 %, wobei er mit der Beklagten vereinbart habe, dass er ab und wegen der Darlehensgewährung mietfrei wohne. Er habe auch tatsächlich keine Miete mehr an die Beklagte gezahlt. Da die Beklagte nicht verpflichtet war (jedenfalls nicht bis zur Eheschließung im September 1995), ihrem nicht ehelichen Lebensgefährten unentgeltlich Wohnung zu gewähren, hat sie auf der Darlehenshingabe eine Gegenleistung erbracht und war diese auch als solche vereinbart. Unabhängig von der Frage, ob sich die nach der Eheschließung weiter erfolgte unentgeltliche Wohnungsgewährung noch als Gegenleistung für das Darlehen darstellt oder dies der Beklagten bereits im Rahmen der aus der ehelichen Gemeinschaft resultierenden Pflichten obliegt, hat dies keinen Einfluss auf die zuvor getroffene rechtliche Einordnung des Darlehens. Für die Bewertung eines Darlehens als unentgeltliches Gefälligkeitsdarlehen kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung an, sodass spätere Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, wenn sie nicht schon bei Abschluss des Vertrages bekannt und treuwidrig nicht einbezogen worden sind, keinen Einfluss auf den Charakter des Darlehens haben können.

Gleiches gilt deshalb auch für die sich nach dem Auszug aus dem Haus (Mai 1995) und dessen späterer Veräußerung (Dezember 1996) ergebenden Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen. Zwar dient das 1992 ausgereichte Darlehen jetzt nicht mehr dem in der Vertragsurkunde unter Ziffer 1 benannten Zweck des Erwerbs des Hausanwesens und ist anstelle dieses Grundeigentums auch kein anderes Hausanwesen erworben worden, weil die Vertragsparteien jetzt zur Miete wohnen, wobei diese wiederum von der Beklagten allein getragen wird. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung dieser "Gegenleistung", führen die veränderten Verhältnisse nicht zu einer rückwirkend anderen rechtlichen Bewertung der Darlehensüberlassung. Auch der spätere Wegfall des mit der Darlehensgewährung gewollten und auch erreichten Zwecks (Erwerb des Hauses) begründet kein weiteres außerordentliches Kündigungsrecht in Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Auszug des Gemeinschuldners und der Beklagten erfolgte nicht willkürlich, sondern wurde durch die Erkrankung der gemeinsamen jüngsten Tochter notwendig und auf ärztliches Anraten vollzogen. Die Familie lebt seit Mai 1995 n. einem angemieteten Haus in ruhigerer Wohngegend. Umstände die die vertragsgemäße Überlassung des Darlehens bis zu dem vereinbarten Rückzahlungstermin als nicht hinnehmbar erscheinen ließen, sind auch unter Berücksichtigung der Tatsache nicht ersichtlich, dass die Beklagte das Haus veräußert und den geringen Übererlös zur Rückführung anderer privater Darlehen verwendet hat.

Eine außerordentliche Kündigung war deshalb nicht möglich; das Darlehen ist noch nicht zur Rückzahlung fällig, so dass der Kläger mit seinem Hauptantrag abzuweisen war.

Die mit dem (ersten) Hilfsantrag verfolgte Verurteilung zur Rückzahlung am 1.8.2002 kann ebenfalls nicht erfolgen.

Eine Klage auf zukünftige, noch nicht fällige Leistung kann erfolgreich nur unter eingeschränkten, in den §§ 257 bis 259 ZPO abschließend geregelten Voraussetzungen erhoben werden. Danach ist gemäß § 257 ZPO erforderlich, dass der zukünftige Zahlungsanspruch an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist. Dies ist der Fall, wenn der Zahlungstag durch Vertrag oder Gesetz kalendermäßig bestimmt oder jedenfalls bestimmbar ist. Davon kann hinsichtlich einer Gesamtrückzahlungspflicht am 1.8.2002 (oder bis zu diesem Zeitpunkt) nicht ausgegangen werden. Die Darlehensrückzahlung ist - unabhängig von der Frage, ob der 1.8.2002 in Ziffer 2.b) des Vertrages als Zahlungstag bestimmt ist - zu diesem Zeitpunkt nicht fällig. Die Beklagte schuldet die dort vorgesehene, hinsichtlich der Modalitäten im Wesentlichen in ihr Ermessen gestellte Rückzahlung nämlich nicht zwingend an diesem oder bis zu diesem Tag. Vielmehr steht ihr nach Ziffer 2.c) des Vertrages das Recht zu, eine am 1.8.2002 noch bestehende Restschuld oder auch das Gesamtdarlehen ab diesem Zeitpunkt in gleich bleibenden jährlichen Tilgungsraten von 6 % zurückzuzahlen und dann mit 6 % zu verzinsen. Die Verurteilung zur Zahlung am 1.8.2002 würde deshalb zu einer unzulässigen Vorverlegung der Fälligkeit führen und kann im Rahmen der in § 257 ZPO geregelten Möglichkeit nicht erfolgen. Auch die in § 259 ZPO geregelte weitere Möglichkeit der Klage auf künftige Leistung (§ 258 ZPO - Klage auf wiederkehrende Leistungen - scheidet ersichtlich aus) verhilft dem gestellten Hilfsantrag nicht zum Erfolg. Liegen nämlich die Voraussetzung einer zukünftig kalendermäßig bestimmten Zahlungspflicht (oder des § 258 ZPO) nicht vor, kann die Titulierung eines erst zukünftig fällig werdenden Anspruchs nur bei Besorgnis der Leistungsverweigerung durch den Schuldner verlangt werden. Eine solche Befürchtung besteht vorliegend jedoch nicht, da die Beklagte ihre grundsätzlich bestehende Rückzahlungspflicht nicht bestreitet und auch die Einzugsermächtigung des Klägers als Konkursverwalter nicht in Abrede stellt.

Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Verurteilung zur ratenweisen Rückzahlung des Darlehens ab dem 1.8.2002, wie er es mit seinem äußerst hilfsweise gestellten Antrag begehrt.

Nach Ziffer 2.c) des Vertrages schuldet die Beklagte die Rückzahlung der Gesamtschuld oder einer Restschuld nämlich spätestens ab dem 1.8.2002 in jährlich gleich bleibenden Tilgungsraten von 6 % nebst Zinsen. In dieser Regelung haben die Parteien eine kalendermäßig hinreichend bestimmbare Vereinbarung über die Fälligkeit des befristeten Rückzahlungsanspruchs im Sinne des § 257 ZPO getroffen; ein darüber hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung der Zahlungsklage, insbesondere eine Besorgnis der Leistungsverweigerung nach § 259 ZPO, ist daneben nicht erforderlich. Eine kalendermäßig bestimmte oder bestimmbare Fälligkeit im Sinne des § 257 ZPO liegt vor, wenn der künftige Kalendertag datumsmäßig bestimmt oder allein aufgrund der Vereinbarung bestimmbar ist, ohne dass es einer von anderen Umständen abhängigen Berechnung (z. B. ein Jahr nach Baubeginn) bedarf. Vorliegend haben die Vertragsparteien keinen Kalendertag bestimmt, an dem genau die jeweilige Jahresrate von 6 % des Gesamtbetrages (oder bei freiwilligen früheren Zahlungen des offenen Restbetrages) zu erfolgen hat. Kalendermäßig bestimmt ist eine Leistungszeit aber auch dann, wenn die Leistung im Laufe eines bestimmten Jahres oder in gleich bleibenden Raten innerhalb mehrerer aufeinander folgender bestimmter Jahre zu erfolgen hat. In diesem Fall steht nämlich der Endzeitpunkt, zu dem die Leistung spätestens erbracht werden muss, kalendermäßig fest mit der Folge, dass der Schuldner mit Ablauf des jeweils bestimmten Zeitraumes gemäß § 284 Abs. 2 BGB ohne Mahnung in Verzug gerät und die an diesem kalendermäßig bestimmbaren Tag fällige Leistung Gegenstand einer Klage nach § 257 ZPO sein kann (RG Recht 1911, Nr. 2826; OLGE 28, 68; Staudinger-Löwisch BGB 13. Aufl. 1995, § 284 Rn. 60 f.; Palandt-Heinrichs BGB 58. Aufl. 4 284 Rn. 22; Musielak ZPO 1999 § 257 Rn. 5; Lüke in Münchener Kommentar ZPO § 257 Rn. 6; OLGR Hamm 1999, 302).

Eine solche Vereinbarung haben der Gemeinschuldner und die Beklagte getroffen. In Ziffer 2.c) des notariellen Darlehensvertrages heißt es, dass die am 1.8.2002 offene Gesamtschuld oder Restschuld ab diesem Zeitpunkt in gleich bleibenden jährlichen Raten zurückzuzahlen ist. Da die Beklagte zu einer Tilgung des Darlehens vor dem 1.8.2002 nicht verpflichtet ist, kann die Fälligkeit der dann jährlich zu leistenden Raten im Sinne des § 284 Abs. 2 BGB nur jeweils in Höhe von 6 % bezogen auf den Gesamtbetrag, mithin jährlich 7.200 DM, und erstmals zum Schluss des Jahres eintreten, in welchem mit der Rückzahlung begonnen werden muss. Da die Beklagte die Tilgungsleistungen erstmals ab dem 1.8.2002 zu erbringen hat, ist die erste Rate spätestens mit Ablauf des Jahres, mithin am 31.7.2003, zu zahlen und nach der Vereinbarung an diesem kalendermäßig zu bestimmenden Tag auch fällig.

Auf den äußerst hilfsweise gestellten Antrag des Klägers war die Beklagte deshalb gemäß § 257 ZPO zur Zahlung der nach dem Darlehensvertrag zukünftig geschuldeten Rückzahlungsraten zu verurteilen.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus Ziffer 2.c) des notariellen Darlehensvertrages.

Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 120.000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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