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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.01.2000
Aktenzeichen: 13 U F 370/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 1569 ff. | |
BGB § 1573 Abs. 2 | |
BGB § 1578 | |
ZPO § 323 | |
ZPO § 92 Abs. 2 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 |
OLG Koblenz
Urteil
10.01.2000
13 U F 370/99 7 F 25/98 AG Andernach
wegen: Ehegattenunterhalts (Abänderungsklage).
Der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 1999 für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - ... vom 8.6.1999 teilweise abgeändert.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, in Abänderung des Urteils des Senats vom 6.4.1987 - 13 UF 461/86 - an die Beklagte für die Zeit vom 1.4.1998 bis zum 30.9.2000 einen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.623,00 DM, fällig im voraus bis zum 5. eines jeden Monats, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 57 % und die Beklagte 43 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Durch Urteil des Senats vom 6.4.1987 ist der Kläger verpflichtet worden, Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 720,00 DM an die Beklagte zu zahlen. Mit der vorliegenden Klage erstrebt der Kläger den Wegfall dieser Unterhaltsverpflichtung ab 1.1.1998. Die Beklagte macht ihrerseits im Wege der Widerklage ab 1.4.1998 höheren Unterhalt (2.836,00 DM) geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Kläger zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 1.461,00 DM vom 1.4.1998 bis zum 30. 9. 2000 verurteilt. Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Der Kläger begehrt jetzt eine Herabsetzung des Unterhalts auf monatlich 216,92 DM vom 1.1.1998 bis zum 30.9.2000 und; auf 0,00 DM für die Zeit ab 1.10.2000. Die Beklagte verfolgt ihr ursprüngliches Klagebegehren in Höhe von 1.660,00 DM weiter.
Die Rechtsmittel beider Parteien sind in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; in der Sache führt nur die Berufung der Beklagten zu einem (teilweisen) Erfolg.
Die Abänderungsbegehren beider Parteien sind nach § 323 ZPO zulässig, da sich seit der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren (16.3.1987) die Verhältnisse wesentlich geändert haben. Der Kläger ist zum 31.12.1996 als Vorstandsmitglied aus dem Dienstverhältnis bei der Raiffeisenbank Mittelrhein ausgeschieden, hat eine Abfindung erhalten, im Jahr 1997 Arbeitslosengeld bezogen und bekommt seit 1.1.1998 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte hat ihre frühere Teilzeitstelle verloren, anschließend verschiedene Tätigkeiten ausgeübt und ist seit Herbst 1998 arbeitslos.
Die Abänderungsklage des Klägers ist insgesamt unbegründet, diejenige der Beklagten teilweise begründet.
Der Senat hat im Ausgangsurteil vom 6.4.1987 Ehegattenunterhalt in Höhe von 720,00 DM entsprechend dem damaligen Antrag der Beklagten zugesprochen. Grundlagen hierfür waren das Einkommen des Klägers als hauptamtlicher Vorstand der Raiffeisenbank Mittelrhein sowie die eheprägenden Einkünfte der Beklagten aus einer Teilzeitbeschäftigung als Telefonistin bei der Firma Reuter Verpackungen GmbH. Auf den hieraus errechneten eheangemessenen Bedarf der Beklagten wurden weitere fiktive Einkünfte angerechnet, da der Senat davon ausging, die Beklagte könne als Büroangestellte oder Verkäuferin vollschichtig arbeiten.
Ausgehend hiervon hat die Beklagte weiterhin Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB, da ihre erzielten und erzielbaren Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach wie vor zum vollen Unterhalt nicht ausreichen.
Das der Unterhaltsbemessung zugrundezulegende Einkommen des Klägers hat sich gegenüber dem Ausgangsurteil erhöht. Er hat in dem hier maßgeblichen Zeitraum ab 1.1.1998 nicht nur Rente wegen Arbeitslosigkeit bezogen; daneben ist auch die zum 1.1.1997 erhaltene Abfindung zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang an. Eine Abfindung ist grundsätzlich unterhaltspflichtiges Einkommen (vgl. Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Auflage, Rdnr. 794), das wie jede höhere Einmalzahlung zeitlich zu verteilen ist. Der aufgrund des Aufhebungsvertrages vom 25. 9. 1996 erhaltene Betrag sollte allerdings nicht nur den Einkommensverlust des Klägers im Jahre 1997 ausgleichen, wie der Kläger behauptet, sondern diente nach dem Wortlaut des Vertrages allgemein "zum Ausgleich der mit der Beendigung des Dienstverhältnisses verbunden Nachteile". Dies entspricht den, gewöhnlichen Zweck von Abfindungen bei Arbeitsplatzverlust aufgrund eines Sozialplans oder aus Anlass der Aufhebung eines Arbeitsvertrages. Eine Abfindung dient nämlich als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens dazu, eine Zeit lang die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse aufrechterhalten zu können. Insbesondere ein Abfindungsbetrag wegen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben ist auf einen längeren Zeitraum zu verteilen (vgl. Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 4. Auflage, § 1 Rdnr. 72). Angemessen erscheint vorliegend, die Zeit bis zum Beginn der Regelaltersrente (1.10.2000) zu überbrücken, das sind insgesamt 45 Monate. Das Amtsgericht hat dies in dem angefochtenen Urteil getan, wobei es zugunsten des Klägers für 1997 - für dieses Jahr wird noch keine Abänderung begehrt - die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse voll umfänglich aufrechterhalten und zu diesem Zweck das frühere Gehalt aus dem Jahr 1996 zugrundegelegt und die Abfindung zur Auffüllung des Arbeitslosengeldes auf ein monatliches Einkommen von rund 10.640,00 DM (Jahresnettoeinkommen 127.688,65 DM) verwendet hat. Diese Vorgehensweise wird von den Parteien in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Nur der danach noch vorhandene Teilbetrag der Abfindung - nach der nicht zu beanstandenen Berechnung des Amtsgerichts 103.120,66 DM - ist auf die Folgezeit bis zum 30.9.2000 - ab 1.10.2000 bezieht der Kläger Regelaltersrente -, mithin auf 33 Monate umgelegt worden.
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe den Abfindungsbetrag zum größten Teil bereits 1997, u.a. für eine bereits seit langem geplante Urlaubsreise nach Ostasien, verbraucht. Der Verbruch von finanziellen Mitteln, die unterhaltsrechtlich den laufenden Einkommen zuzurechnen sind, für Urlaubsreisen o.ä. können den Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht schmälern. Solche Ausgaben gehören zum normalen Lebensbedarf. Sie müssen deshalb aus dem für den eigenen Unterhalt vorgesehenen Einkommensanteil bestritten werden. Eine andere Beurteilung könnte nur bei einem solchen Nachholbedarf erwogen werden, der durch besondere unabwendbare Gründe entstanden wäre (vgl. BGH, FamRZ 82, 250 = NJW 82, 822). Dies gilt vorliegend weder für die behauptete Restzahlung eines Darlehens aus Übernahme des Wohnhauses noch die Vollzahlung der Lebensversicherung. Beide Sonderzahlungen waren nicht notwendig. Die Rückzahlung erhaltenen Arbeitslosengeldes ist bereits berücksichtigt; die laufenden Lebenshaltungskosten sind selbstredend aus dem für 1997 berücksichtigten Monatsbetrag von 10.640,00 DM zu bestreiten. Zu der pauschal mit 20.000,00 DM veranschlagten "Hochwasserschädenbeseitigung" ist schon nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
Danach ist auf Seiten des Klägers für die Zeit ab 1.1.1998 von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von gerundet 6.102,00 DM entsprechend der Berechnung des Amtsgerichts im angefochtenen Urteil auszugehen.
Auf Seiten der Beklagten ist unter Fortschreibung der Vorgaben des Ausgangsurteils ebenfalls von einem zwischenzeitlich erhöhten (um rund 1/3) Einkommen aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Auch insoweit nimmt der Senat in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden Ausführungren des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil. Ein höheres Einkommen als die dort zugrunde gelegten 2.400,00 DM kann der Beklagten nicht zugerechnet werden. Die vom Kläger in der Berufungsbegründung "nachgewiesenen Stellen" als Bankkauffrau stammen noch aus der Zeit vor Verkündung des Ausgangsurteils. In dieser Entscheidung hatte der Senat bereits festgestellt, dass die Beklagte keine Chance mehr hat, in ihrem erlernten Beruf als Bankkauffrau eine Anstellung zu finden, nachdem sie etwa 20 Jahre nicht mehr in diesem Beruf gearbeitet hatte. Dass die Beklagte eine Arbeitsstelle finden könnte, in der sie auf Dauer ein Einkommen von mehr als 2.400,00 DM monatlich netto bereinigt erzielen könnte, ist auch nach dem übrigen Vorbringen des Klägers nicht zu erwarten. Damit können lediglich die früheren Einkünfte der Beklagten aus einer fiktiven Vollzeittätigkeit in Anpassung an die gewöhnliche Einkommensentwicklung fortgeschrieben werden, wie es das Amtsgericht zutreffend getan hat.
Fiktive Einkünfte für gegenüber einem Lebensgefährten erbrachte Versorgungsleistungen können der Beklagten nicht zugerechnet werden. Aus den entsprechenden Behauptungen des Klägers kann nicht entnommen werden, dass der von ihm benannte Zeuge Güttler jedenfalls in dem hier maßgeblichen Unterhaltszeitraum die Beklagte regelmäßig besucht und von ihr bei diesen Gelegenheit geldwerte Versorgungsleistungen empfängt.
Der Unterhaltsbedarf der Beklagten errechnet sich damit wie folgt:
Bereinigtes insgesamt nicht mehr aus Erwerbstätigkeit stammendes Einkommen des Klägers - im Folgenden sind alle Beträge gerundet - 6.102,00 DM ./. des an die Einkommensentwicklung angepassten (Erhöhung um 1/3) eheprägenden Einkommens der Beklagten aus Erwerbstätigkeit (1.100,00 DM + 367,00 DM =1.467,00 DM), nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 (210,00 DM) - der Erwerbstätigenbonus von 20 % im Ausgangsurteil entsprach der damals gewöhnlich verwendeten Quote, insoweit besteht keine Bindung an das Ausgangsurteil (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 323 Rdnr. 42 m.w.N.) - 1.257,00 DM Differenzeinkommen 4.845,00 DM Der Bedarf der Beklagten beträgt 1/2 hiervon 2.423,00 DM Hierauf ist das weitere im Ausgangsurteil fiktiv angerechnete Einkommen aus einer nach der Scheidung aufgenommenen vollschichtigen Erwerbstätigkeit nach Anpassung an die Einkommensentwicklung (2.400,00 DM), soweit es die Einkünfte aus der prägenden Teilzeitstelle (1.467,00 DM) übersteigt (933,00 DM), nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 (133,00 DM) 800,00 DM anzurechnen, so dass ein offener Ehegattenunterhaltsanspruch bleibt von 1.623,00 DM.
Dieser Betrag liegt über dem durch das Urteil des Senats vom 6.4.1987 titulierten monatlichen Unterhalt von 720,00 DM.
Wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat, konnte das Ausgangsurteil insoweit nur für die Zeit vom 1. 4. 1998 (Beginn des Erhöhungsverlangens der Beklagten) bis zum 30.9.2000 abgeändert werden, da nicht absehbar ist, wie sich die Einkommensverhältnisse insbesondere des Klägers ab 1.10.2000 darstellen werden, da dieser ab diesem Zeitpunkt nach Vollendung des 65. Lebensjahres die Regelaltersrente bezieht.
Zahlungen, die der Kläger ab 1.4.1998 auf den geschuldeten Unterhalt erbracht hat, sind auf diesen anzurechnen.
Die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO, da die Zuvielforderung der Beklagten verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten veranlasst hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.920,00 DM festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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