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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 13 WF 234/09
Rechtsgebiete: RVG, ZPO
Vorschriften:
RVG § 33 Abs. 3 Satz 2 | |
RVG § 33 Abs. 4 Satz 3 | |
RVG § 33 Abs. 6 | |
RVG § 49 | |
RVG § 56 Abs. 2 | |
RVG § 56 Abs. 2 Satz 1 | |
RVG § 56 Abs. 2 Satz 2 | |
RVG § 56 Abs. 2 Satz 3 | |
RVG § 58 Abs. 2 | |
ZPO § 114 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 13 WF 234/09 in der Familiensache wegen Kindesunterhalts (Abänderung)
hier: Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts.
Der 13. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Peters, den Richter am Oberlandesgericht Haupert und die Richterin am Oberlandesgericht Schilz-Christoffel am 31. März 2009 beschlossen: Tenor: Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Lahnstein vom 26. Februar 2009 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Gründe: I. Die Klägerin hat den Beklagten auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde betreffend die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Mit Beschluss vom 8. August 2008 hat das Amtsgericht dem Beklagten Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und ihm Rechtsanwalt G... beigeordnet. Das Prozessverfahren selbst wurde durch Vergleich beendet, der u.a. vorsieht, dass die Verfahrenskosten gegeneinander aufgehoben werden.
Am 28. August 2008 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt, seine Vergütung auf insgesamt 377,82 € festzusetzen. Hierin enthalten ist eine Verfahrensgebühr gemäß VV 3100 RVG in Höhe von 110,50 € zuzüglich Umsatzsteuer; gleichzeitig hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärt, dass er in der vorliegenden Sache vorgerichtlich keine Zahlungen, d.h. weder eine Gebühr für Beratungshilfe noch eine Geschäftsgebühr erhalten hat. Mit Beschluss vom 10. September 2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts die Vergütung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf 312,08 € festgesetzt. Dabei hat er eine nach § 49 RVG berechnete 0,5-Geschäftsgebühr in Höhe von 65,75 € brutto auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2009, zugestellt am 6. März 2009, zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit seiner am 11. März 2009 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass die Geschäftsgebühr auf seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfevergütung aus der Staatskasse nicht anzurechnen sei. II.
Die Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsmittel ist - wenn auch eine Beschwer von über 200 € nicht vorliegt - statthaft, nachdem das Amtsgericht die Beschwerde ausdrücklich gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zugelassen hat.
In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die den in dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Betrag übersteigt.
Durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Prozessbevollmächtigter des Beklagten ist eine 1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG angefallen, die der Beschwerdeführer in seinem Festsetzungsantrag auch zutreffend berechnet hat. Da der Beschwerdeführer jedoch, wie sich aus der im Hauptsacheverfahren vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz ergibt, wegen desselben Gegenstands bereits vorgerichtlich für den Beklagten tätig war, ist die hierdurch entstandene 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VVRVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies ergibt sich, wie das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, aus Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 zu Nr. 3100 VV RVG. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift wird eine Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet, wenn und soweit die außergerichtliche und die gerichtliche Tätigkeit des Anwalts - wie dies hier der Fall ist - denselben Gegenstand betreffen. Dies gilt auch im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsgebühr auf materielllrechtlicher Grundlage vom Prozessgegner erstattet werden muss und ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen ist (so BGH, FamRZ 2009, 225; BGH FamRZ 2008, 878; aA OLG Oldenburg, FamRZ 2008, 541, 542).
Demgegenüber vermag der Senat nicht der Auffassung des Beschwerdeführers zu folgen, wonach im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verfahrensgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts nicht um die hälftige Geschäftsgebühr zu kürzen sei. Diese auch vom OLG Stuttgart (vgl. Beschluss vom 15. Januar 2008 - Az. 8 WF 5/08 -, FamRZ 2008, 1013 ff. sowie juris Rn. 13 ff.) vertretene Auffassung findet im Gesetz keine Grundlage. Die hier maßgebliche Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG enthält keine Ausnahmeregelung zugunsten beigeordneter Rechtsanwälte; eine solche Ausnahmeregelung wäre auch nach dem Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigt, der darin besteht, eine doppelte Honorierung des wegen desselben Gegenstands außergerichtlich und gerichtlich tätig gewordenen Rechtsanwalts für die sowohl von der Geschäftsgebühr als auch von der Verfahrensgebühr abgegoltene Informationsbeschaffung zu vermeiden. Ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen seiner vorgerichtlichen Tätigkeit mit der Sache befasst war, bedarf in der Regel für die Prozessvertretung eines geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwandes; dies gilt unabhängig davon, ob er seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wurde oder nicht (vgl. jetzt auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 12.6. 2008 - 13 WF 111/08 - juris, Rn. 9; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.3.2009 - Az. 18 W 373/08 -, juris, Rn. 11 m.w.N., OLG Koblenz - 9. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - Beschluss vom 14.11.2008 - juris -). Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn - wie hier - die Geschäftsgebühr bislang gegenüber der Partei nicht abgerechnet wurde und/oder sie auch im Hinblick auf die mangelnde Leistungsfähigkeit der Partei nicht realisiert werden kann. In den Fällen, in denen der Mandant von vornherein nicht leistungsfähig ist, muss der Rechtsanwalt ihn nämlich vorprozessual auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungshilfe hinweisen, in deren Rahmen eine anrechenbare Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nicht entstehen kann. Somit kann in diesen Fällen, in denen der Rechtsanwalt seine Partei pflichtgemäß auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungshilfe hingewiesen hatte, eine Geschäftsgebühr nicht entstehen und damit auch nicht (anteilig) auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden. Würde hingegen in den Fällen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stets die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr unterbleiben, liefe dies darauf hinaus, dass der Rechtsanwalt den anrechenbaren Teil der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr aus der Staatskasse erhält, obwohl bei pflichtgemäßem Handeln eine solche nicht entstanden wäre und ihm Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO nur für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im gerichtlichen Verfahren gewährt wird. Dies widerspricht Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.1.2009 - 10 W 120/08- juris, Rz. 14f; OLG Frankfurt, a.a.O).
Der Senat vermag auch nicht der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart zu folgen, wonach eine Anrechnung der Geschäftsgebühr aus den Bestimmungen des § 58 Abs. 2 RVG herzuleiten ist (OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1013). Jene Vorschrift bestimmt lediglich, dass der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse entfällt, soweit er von dritter Seite Vorschüsse oder Zahlungen erhalten hat, die den Unterschiedsbetrag zwischen Wahlanwaltsvergütung und Prozesskostenhilfevergütung übersteigen; dies besagt nicht, dass auch eine Kürzung der Verfahrensgebühr durch Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr nur unter dieser Voraussetzung erfolgen darf, da sich dies aus der eigenständigen Anrechnungsregelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nicht herleiten lässt.
Im Übrigen hat das Amtsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die angefallene Geschäftsgebühr auch nicht bereits in einem anderen Verfahren zwischen denselben Parteien (5 F 82/08 AG Lahnstein) hälftig angerechnet wurde; jenes Verfahren bezog sich auf Ansprüche auf Zahlung von Ehegattenunterhalt, wohingegen im hier maßgeblichen Hauptsacheverfahren die Höhe von Kindesunterhaltsansprüchen im Streit war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
Eine weitere Beschwerde an den Bundesgerichtshof findet gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3, Abs. 6 RVG nicht statt.
Ende der Entscheidung
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