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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 18.10.1999
Aktenzeichen: 14 W 683/99
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 54 Nr. 2
GKG § 58 Abs. 2 S. 2
GKG §§ 54 Nr. 2, 58 Abs. 2 S. 2

("Arme" Partei übernimmt Gerichtskosten im Prozessvergleich, Erstattungsanspruch des Gegners)

Übernimmt eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt ist, im Prozessvergleich ganz oder teilweise die Tragung der Gerichtskosten, so kann der Gegner die von ihm verauslagten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) trotz der Entscheidung des BVerfG vom 23.6.1999 (MDR 1999, 1089, 10) von der sozial schwachen Partei erstattet verlangen. Die Entscheidung des BVerfG betrifft lediglich den Fall, dass die sozial schwache Partei durch gerichtliche Entscheidung zur Kostentragung verurteilt ist.

(OLG Koblenz, Beschluss vom 18.10.1999 - 14 W 683/99 -) rechtskräftig


Geschäftsnummer: 14 W 683/99 3 O 73/99 LG Koblenz

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

BESCHLUSS

In Sachen

wegen Kostenfestsetzung

hier: Erstattung von vorausgeleisteten Gerichtskosten durch eine "arme" Partei

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Bischof sowie die Richter am Oberlandesgericht Weller und Kaltenbach am 18. Oktober 1999 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Koblenz vom 18. August 1999 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: DM 237,50.

Gründe:

I.

Den Beklagten ist Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Der Kläger hat als Vorschussschuldner zunächst die gesamten Gerichtskosten von DM 1.425 an die Staatskasse gezahlt. Nachdem die Parteien im Termin vom 15. Juli 1999 einen Vergleich mit folgendem Wortlaut geschlossen haben

"1. Die Parteien erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben."

und sich dadurch die Gerichtskosten ermäßigten, hat die Staatskasse den verbleibenden Überschuss von DM 950 an den Kläger zurückgezahlt. Dieser hat sodann um Festsetzung von 50 % (DM 237,50) der ihm verbliebenen Gerichtskostenlast (DM 475) gegen die Beklagten gebeten. Dem hat der Rechtspfleger mit dem angefochtenen Beschluss entsprochen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Beschwerde vom 26. August 1999, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

In seiner Nichtabhilfeentscheidung hat der Rechtspfleger folgendes ausgeführt:

"Gemäß § 123 ZPO hat die PKH-Bewilligung keinen Einfluss auf die Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten. Der Kläger hatte die Gerichtskosten gemäß § 65 GKG als Vorschuss zu zahlen.

Auch nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs haftet er gemäß § 69 GKG für die gesamten Kosten des Rechtsstreits und zwar gemäß §§ 49, 54 Ziff. 2, 58 I GKG für 1/2 allein und für einen weiteren 1/2 Anteil als Gesamtschuldner mit den Beklagten.

Eine Rückzahlung dieses 1/2-Anteils findet nicht statt; vgl. Hartmann Kostengesetze Rd.Ziff. 19 zu § 58 GKG.

§ 58 II S. 2 GKG ist hier schon deshalb nicht anwendbar, weil die Beklagten nicht als Entscheidungsschuldner gemäß § 54 Nr. 1 GKG sondern als Übernahmeschuldner gemäß § 54 Nr. 2 GKG haften."

Diese Darlegung entspricht der bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung (JurBüro 1985, 1367; 1987, 1825 und 1992, 468) die, soweit eine Kostenübernahme durch eine "arme" Partei im Vergleichswege erfolgt, aufrechtzuerhalten ist.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 1999 nunmehr entschieden (MDR 1999, 1089, 1099), dass entgegen der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung, auch der bisherigen Auffassung des Senats, der Kläger von im Rechtsstreit durch Urteil unterlegenen Beklagten, denen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, bereits gezahlte Gerichtskosten nicht erstattet verlangen kann. Doch liegt dieser Fall hier nicht vor. Denn die Beklagten haben durch die im Vergleich (freiwillig) getroffene Regelung der Kostenaufhebung die Zahlung der Hälfte der Gerichtskosten übernommen.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit bindender Wirkung nur den Fall unentschieden, dass die unterlegene "arme" Partei Entscheidungsschuldner ist. Es hat angedeutet, dass es an der bereits früher geäußerten Auffassung festhält, wonach es sachlich begründet ist, den Schutz des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG nicht auf die Fälle des gerichtlichen Vergleichs zu erstrecken (BVerfGE 51, 295, 302; MDR 1999, 1090).

Soweit Schneider in einer Anmerkung zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (MDR 1999, 1090) die Auffassung vertritt, aus Sinn und Zweck müsse die für den Entscheidungsschuldner (§ 54 Nr. 1 GKG) geltende Vorschrift des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG auch auf den Übernahmeschuldner (§ 54 Nr. 2 GKG) analog angewendet werden, hat er nicht nur den Wortlaut des Gesetzes gegen sich, sondern auch die Tatsache, dass nach Auffassung des Senats diese Ungleichbehandlung zwischen Entscheidungsschuldner und Übernahmeschuldner durchaus sachliche Gründe hat. Trifft das Gericht die Kostenentscheidung, so hat es dabei die Sach- und Rechtslage zugrundezulegen. Demgegenüber haben es die Parteien im Vergleichswege in der Hand, den Entscheidungsschuldner selbst zu bestimmen. Sie könnten dabei manipulativ sogar die Erwägung, durch Übernahme der Kosten durch die arme Partei Kosten zu sparen, in die Vergleichsbereitschaft und die Vergleichssumme miteinbeziehen. Derartige Vereinbarungen zu Lasten der Staatskasse auszuschließen rechtfertigt es, an der bisherigen Senatsrechtsprechung festzuhalten, soweit die "arme Partei" im Vergleich Kosten übernimmt.

Die Parteien werden künftig beim Abschluss eines Vergleiches unter Beteiligung einer "armen" Partei zu erwägen haben, ob sie nur die Hauptsache vergleichen und ferner im Vergleich selbst bestimmen, dass über die Kosten das Gericht gem. § 91 a ZPO entscheiden soll (§ 98 ZPO) oder aber ob sie autonom auch die Kosten regeln mit der Folge, dass die "arme" Partei unter Umständen einen Teil der vom Kläger verauslagten Gerichtskosten diesem zu erstatten hat.

Nach alledem ist die sofortige Beschwerde mit der aus § 97 Abs. 1 ZPO resultierenden Kostentragungspflicht zurückzuweisen. Der Beschwerdewert ergibt sich aus dem Angriff.

Ende der Entscheidung

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