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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 14.03.2000
Aktenzeichen: 15 UF 605/99
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1601 | |
BGB § 1611 |
Verwirkung von Elternunterhalt
Wenn ein Vater sich nach Scheitern der Ehe um das zu dieser Zeit zwei Jahre alte Kind nicht mehr kümmert und auch, nachdem das Kind den Haushalt der Mutter verlassen hat, keinen Kontakt zu dem (nunmehr erwachsenen) Kind sucht, liegt hierin eine vorsätzliche schwere Verfehlung des Vaters gegenüber dem Abkömmling im Sinne des § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB.
Ein Vater, der sich zumindest 1 1/2 Jahre lang seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem minderjährigen Kind entzieht, obwohl ihm eine Unterhaltsleistung zumindest durch Verwertung von Vermögen möglich wäre, vernachlässigt seine Unterhaltspflicht gröblich im Sinne von § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB.
Treffen vorgenannte Umstände zusammen, erscheint eine Inanspruchnahme des Abkömmlings auf Unterhalt für den im hohen Alter unterhaltsbedürftig gewordenen Vaters grob unbillig (§ 1611 Abs. 1 S. 2 BGB).
Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 S. 1 BGB als Ausnahmevorschrift ist der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings ist, soweit von ihm der Nachweis negativer Tatsachen verlangt wird, der Unterhaltberechtigte im Rahmen einer sogenannten sekundären Behauptungslast gehalten, zunächst seine die Vorwürfe des Unterhaltspflichtigen entkräftenden Handlungen substantiiert darzulegen; Sache des Unterhaltspflichtigen ist es sodann, dieses Vorbringen zu widerlegen.
Geschäftsnummer: 15 UF 605/99 10 F 64/99 AG Trier
Verkündet am 14. März 2000
Pickel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Oberlandesgericht Koblenz
Im Namen des Volkes Urteil
- abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO -
in der Familiensache
wegen Elternunterhalts.
Der 15. Zivilsenat -2. Senat für Familiensachen- des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richter am Oberlandesgericht Eck und Haupert sowie die Richterin am Oberlandesgericht Schilz-Christoffel auf die mündliche Verhandlung vom 08. Februar 2000 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Trier vom 16. September 1999 abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an den Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 91 BSHG monatlichen Unterhalt für seinen Vater K G zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung ist begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet, an den Beklagten aus übergangenem Recht gemäß § 91 BSHG Unterhalt für seinen Vater zu zahlen.
Die vom Kläger erhobene negative Feststellungsklage ist zulässig, weil der Beklagte sich ausweislich des Auskunftsbescheides vom 19. Oktober 1998 (Bl. 43 f d.A) eines auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruchs des Vaters des Klägers diesem gegenüber ernsthaft berühmt (§ 256 ZPO). Das Feststellungsinteresse ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger ab Februar 1999 Zahlungen an den Beklagten geleistet hat. Nach der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er die Zahlungen nach dem Monat März 1999 wieder eingestellt, zumal diese nur zur Abwendung der Auskunftsverpflichung aus dem Bescheid vom 19. Oktober 1998 aufgenommen worden waren und ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung auch zur Klärung der künftigen Zahlungspflicht besteht.
Dem Beklagten steht kein gemäß § 91 BSHG auf ihn übergegangener Unterhaltsanspruch des Vaters des Klägers (§§ 1602, 1603 BGB) gegen diesen zu, weil ein, solcher Anspruch -unabhängig davon ob dessen Voraussetzungen im übrigen gegeben sind- gemäß § 1611 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Bestimmung braucht der Verpflichtete, wenn der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat, nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht; die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Entgegen der Ansicht des Familiengerichts sieht der Senat die Voraussetzungen eines Unterhaltsausschlusses nach dieser Vorschrift im vorliegenden Fall als gegeben an.
Hierbei mag dahinstehen, ob der Vater des Klägers -worauf dieser sich in der Berufung über das erstinstanzliche Vorbringen hinaus beruft- durch sittliches Verschulden bedürftig gemacht hat. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob in den der Scheidung der Eltern des Klägers im Jahre 1949 vorausgegangenen Vorkommnissen schwere Verfehlungen des Vaters gegen den Kläger oder einen nahen Angehörigen zu sehen sind. Denn der Vater des Klägers hat jedenfalls seine eigene Unterhaltspflicht diesem gegenüber gröblich vernachlässigt und sich zudem einer schweren Verfehlung gegenüber dem Kläger dadurch schuldig gemacht, dass er sich seit Trennung von dessen Mutter im Jahr 1947 nicht mehr um ihn gekümmert hat.
Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Anwaltsschreiben vom 15. Januar und 09. Mai 1951 (Bl. 17 und 19 d.A.) ergibt, hat der Vater sich jedenfalls von Januar 1950 bis Anfang Mai 1951 -somit fast eineinhalb Jahre- seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kläger entzogen, wobei er nicht einmal davor zurückschreckte, im Rahmen der gegen ihn betriebenen Zwangsvollstreckung am 04. Juli 1950 unter Eid den Umfang seines Grundbesitzes zu verschleiern. Soweit der Beklagte im vorbehaltenen Schriftsatz vom 22. Februar 2000 behauptet, er sei nur vorübergehend in Geldnot gewesen und habe den aufgelaufenen Rückstand aus dem Verkaufserlös eines Grundstückes ausgeglichen, ist dies unerheblich. Im Hinblick darauf, dass der Vater zunächst versucht hatte, seinen Grundbesitz zu verschleiern, um eine Vollstreckung hierein zu verhindern, dies nach dem Inhalt des Schreibens vom 09. Mai 1951 (Bl. 19 d.A.) jedoch aufgedeckt worden war, ist nämlich davon auszugehen, dass der Ausgleich des Unterhaltsrückstandes allenfalls zur Abwendung einer ansonsten drohenden Zwangsvollstreckung erfolgte. Dies lässt die vorangegangene Verletzung der Unterhaltspflicht nicht in einem milderen Licht erscheinen. Ob der Vater darüberhinaus -was zwischen den Parteien streitig ist- auch in der Zeit vor Januar 1950 und nach Mai 1951 seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kläger verletzt hat, bedarf keiner Entscheidung.
Denn dem Vater ist eine anderweitige vorsätzliche Verfehlung gegenüber dem Kläger vorzuwerfen, deren Schwere in Verbindung mit der festgestellten vorübergehenden Unterhaltspflichtverletzung die Annahme grober Unbilligkeit einer Inanspruchnahme des Klägers auf Unterhaltszahlungen für den Vater rechtfertigt. Bereits in erster Instanz hatte der Kläger vorgetragen, der Vater habe sich "nie" um ihn gekümmert (S. 4 der Klageschrift) und ausgeführt, der Entscheidung des LG Hannover (FamRZ 1991, 1094) habe ein "fast identischer Fall" zugrundegelegen, in welchem der Vater "die Familie verlassen und sich fortan um die noch minderjährigen Kinder nicht mehr gekümmert" habe. In der Berufung hat er sodann klargestellt, dass es zwischen ihm und seinem Vater in der Zeit zwischen der Trennung der Eltern und Beginn der Ausbildung keinerlei Kontakt gegeben habe Dies wird vom Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 22. Februar 2000 nicht in Abrede gestellt. Soweit dieser sich darauf beruft, es entspreche der Lebenserfahrung, dass dem Vater nach einer streitigen Scheidung durch die Mutter der Umgang mit dem Kind erschwert oder verweigert werde, insbesondere wenn das Kind noch so klein sei, wie der Kläger damals war, so sei es auch bei den Parteien gewesen, bedarf es der zu dieser Behauptung angebotenen Vernehmung des Vaters als Zeugen nicht. Hierauf könnte es nämlich nur ankommen, wenn der Vater versucht hätte, mit seinem Sohn Kontakt aufzunehmen. Das aber behauptet auch der Beklagte nicht, zumal eine Umgangsverweigerung durch die Mutter im Kleinkindalter es nicht ausschließt, dass der Vater sich zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreich um einen Annäherung gegenüber dem heranwachsenden Kind hätte bemühen können.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Vater sich, nachdem der Kläger den Haushalt seiner Mutter verlassen hatte, um einen Kontakt zu diesem bemüht hat. Entgegen der vom Beklagten geäußerten Meinung hat der Kläger dies nicht durch die Formulierung "zwischen ihm und seinem Vater gab es in der Zeit zwischen der Trennung der Eltern und Beginn der Ausbildung des Klägers keinerlei Kontakt" im Schriftsatz vom 01. Februar 2000 zugestanden. Diese Formulierung beruht auf der Auflage des Senates vom 24. Januar 2000, darzulegen, ob in der Zeit zwischen Trennung der Eltern und Beginn der Ausbildung Kontakte stattgefunden haben. Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen vorträgt, während der Ausbildung des Klägers hätten sich "sporadische" Kontakte ergeben, erscheint dies unsubstantiiert, zumal die in Bezug genommene Formulierung "... ergab sich sporadischer Kontakt, auch über eine Tante des Klägers zu einem weiteren Kontakt mit dem Cousin des Klägers" (S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 53 d.A.) offenlässt, ob hiermit persönliche Kontakte zwischen dem Kläger und seinem Vater angesprochen sein sollten. Die Klarstellung im Schriftsatz vom 22. Februar 2000, der Vater sei regelmäßig drei- bis viermal im Jahr nach S bzw. nach E zu seinem Neffen gereist, in dessen Haushalt der Kläger lebte, dort habe er regelmäßig Kontakt auch mit dem Kläger gehabt, ist von dem gewährten Schriftsatzvorbehalt nicht gedeckt, weil die Schriftsätze des Klägers vom 01. Februar 2000 und 22. Februar 2000 insoweit kein neues tatsächliches Vorbringen enthielten. Zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) besteht kein Anlass, weil ein vom Vater nicht gezielt herbeigeführtes sondern zufälliges Zusammentreffen nicht dazu geeignet ist, dessen Bemühungen um eine Kontaktaufnahme zum Kläger darzulegen, zumal diese Frage vom Beginn des Prozesses an zwischen den Parteien streitig war und nicht ersichtlich ist, weshalb der Beklagte diesen Vortrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz in das Verfahren einführt. Soweit der Beklagte weiter behauptet, es sei den Bemühungen des Vaters zuzurechnen, dass der Kläger eine Ausbildungsstelle gefunden habe, und Versuche des Vaters, während der Ausbildungszeit "mäßigend auf den Kläger einzuwirken", seien gescheitert, ist auch dies ohne Angabe näherer Umstände nicht hinreichend substantiiert, um davon ausgehen zu können, dass der Vater um das Wohlergehen seines Sohnes bemüht war. Allerdings weist das Familiengericht zutreffend darauf hin, dass nicht der Beklagte sondern der Kläger für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 BGB als Ausnahmevorschrift darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. Staudinger/Kappe/Engler, BGB, 13. Bearb. 1997, § 1611 Rdn. 57). Indes enthebt dies den Beklagten nicht der Verpflichtung, substantiiert vorzutragen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, diesen Vortrag zu entkräften. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass dem Kläger der Nachweis negativer Tatsachen abverlangt wird, was zu einer sekundären Behauptungslast der Gegenpartei führt (zum insoweit vergleichbaren Fall des Fehlens eines Rechtsgrundes bei einem Anspruch aus § 812 BGB vgl. BGH NJW-RR 1996, 1211; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 812 Rdn. 11 m.w.N.).
Dass der Vater den Einladungen des Klägers zur Kommunion der Tochter und zur Silberhochzeit im Jahr 1991 Folge leistete, kann nicht als Kontaktaufnahme seinerseits gewertet werden. Abgesehen davon, dass die Initiative hierzu vom Kläger ausging, verliefen diese Familienfeiern nach eigenem Vorbringen des Beklagten in einer "eisigen" Atmosphäre und führten auch nicht dazu, dass der Vater in der Folgezeit weitere Kontakte zu seinem Sohn suchte.
Hiernach ist davon auszugehen, dass der Vater des Klägers mit der Trennung von seiner Ehefrau im Jahr 1947 auch seine Verbindung zum Kläger abgebrochen und fortan, mithin über einen Zeitraum von über fünfzig Jahren, keinen persönlichen Kontakt mehr zu diesem gesucht hat. Dies stellt ein Verhalten dar, das einen groben Mangel an elterlicher Gesinnung und menschlicher Rücksichtnahme verrät und ist deshalb als schwere Verfehlung gegenüber dem Kläger anzusehen. Der Vater hat die Auseinandersetzung mit der Mutter des Klägers zum Anlass genommen, auch jegliche Beziehung zu seinem Kind abzubrechen und hat diese auch später, nachdem der Kläger aus der Wohnung der Mutter ausgezogen war, nicht wieder aufgenommen. Der Kläger war bei Trennung der Eltern gerade zwei Jahre alt und musste, was sehr schwer wiegt, aufgrund dieses Verhaltens ohne Vater aufwachsen. Auch seinen weiteren Lebensweg musste er ohne väterliche Unterstützung finden, ebenso wie er damit leben musste, dass der Vater -von sich aus- keinerlei Interesse an der vom Kläger gegründeten Familie zeigte.
Dieses -mangels entgegenstehender Anhaltspunkte- als vorsätzlich anzusehende Fehlverhalten des Vaters wiegt nicht deshalb weniger schwer, weil auch der Kläger lange Zeit keinen Kontakt zu ihm suchte. Nachdem dieser seine gesamte bewusst erlebte Kindheit ohne Vater aufwachsen musste, konnte der Vater nicht von seinem Sohn erwarten, dass dieser auf ihn zugehe.
Die Berufung des Klägers auf § 1611 BGB scheitert nicht daran, dass er seinem Vater verziehen hat. Allerdings endet die Verwirkung nach allgemeiner Meinung mit der Verzeihung der Verfehlung durch den Unterhaltspflichtigen (Staudinger/Kappe/Engler, a.a.O., Rdn. 33 m.w.N.). Jedoch bringen weder die Einladungen zu den Familienfesten im Jahr 1991, noch die zweimaligen Besuche im Pflegeheim zum Ausdruck, dass der Kläger seinem Vater verziehen hat. Zwar war bei Zugang der Einladungen für den Vater nicht erkennbar, dass diese nur auf Wunsch der Kinder des Klägers erfolgten, weil diese ihren Großvater kennenlernen wollten. Indes konnten die Einladungen auch aus der insoweit maßgebenden Sicht des Vaters im Hinblick darauf, dass der Kläger diesen kaum persönlich kannte, allenfalls als Versuch einer Annäherung verstanden werden. Wie an der distanzierten Atmosphäre der beiden Zusammentreffen und daran zu sehen ist, dass der Kontakt anschließend wieder abbrach, sind dieser Versuche gescheitert und wurden auch tatsächlich weder vom Kläger noch vom Vater als Verzeihung empfunden. Die Besuche im Pflegeheim schließlich waren nicht aus Interesse am Wohlergehen des Vaters motiviert sondern beruhten für diesen erkennbar darauf, dass der Kläger auf Unterhalt für seinen Vater in Anspruch genommen worden war. Daher ist auch aus diesen Besuchen keine Verzeihung abzulesen.
Unter diesen Umständen erscheint die Inanspruchnahme des Klägers auf Unterhaltszahlungen für seinen Vater grob unbillig. Allerdings sind an die Annahme grober Unbilligkeit strenge Anforderungen zu stellen; sie setzt voraus, dass selbst die Leistung eines geringfügigen Beitrags der Gerechtigkeit in unerträglicher Weise widerspräche (Staudinger/Kappe/Engler, a.a.O., Rdn. 43 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist indes nach Beurteilung des Senates im vorliegenden Fall gegeben (so auch bei einem ähnlichen Sachverhalt LG Hannover FamRZ 1991, 1094; zustimmend: Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl. Rdn. 1053 b; Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 4. Aufl., § 2 Rdn. 626; Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1611 Rdn. 5; Staudinger/Kappe/Engler, a.a.O, Rdn. 29; vgl. auch AG Leipzig FamRZ 1997, 965). Der Vater hat sich nicht nur seiner moralischen Elternverantwortung gegenüber dem Kläger ab Beginn dessen dritten Lebensjahres auf Dauer entzogen und hierdurch verhindert, dass sich zwischen beiden eine Vater-Kind-Beziehung entwickeln konnte sondern auch versucht, der finanziellen Verpflichtung dem Kläger gegenüber auszuweichen, was ihm zumindest für ca. eineinhalb Jahre gelungen ist. Den Kläger unter diesen Umständen auf Unterhalt für den Vater in Anspruch zu nehmen, widerspräche nicht nur aus Sicht des Klägers sondern auch bei objektiver Betrachtung in hohem Maße jedem Gerechtigkeitsgefühl. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger in relativ guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen lebt und wegen des bereits hohen Alters des pflegebedürftigen Vaters von 87 Jahren nicht mit einer langandauernden Inanspruchnahme zu rechnen ist. Wer sich in einer Weise wie der Vater des Klägers auf Dauer von seinem Kind abwendet und zudem versucht, sich seiner Unterhaltspflicht diesem gegenüber zu entziehen, kann nicht damit rechnen, im Alter von diesem unterhalten zu werden. Hieran ändert es nichts, dass nicht der Vater selbst sondern der Sozialhilfeträger aus übergegangenem Recht den Kläger in Anspruch nimmt, weil der Rechtsübergang dem Zessionar keine weitergehenden Rechte verleihen kann, als sie dem ursprünglichen Gläubiger zustehen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.180,00 DM festgesetzt (12 x 1.265,00).
Ende der Entscheidung
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