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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 26.01.2000
Aktenzeichen: 2 Ss 10/00
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 17 III
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Geschäftsnummer: 2 Ss 10/00 2040 Js 44097/99 - 34 OWi 653/99 - StA Koblenz

In der Bußgeldsache

gegen

F. S. G., geboren am 9. August 19.. in B.,

- Verteidiger: Rechtsanwälte H., wegen Ordnungswidrigkeit nach der Straßenverkehrsordnung

hier: Rechtsbeschwerde des Betroffenen

hat der 2. Strafsenat - Senat für Bußgeldsachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Vonnahme sowie die Richter am Oberlandesgericht Pott und Mertens am 26. Januar 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 17. November 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Koblenz verhängte gegen den Betroffenen mit Urteil vom 17. November 1999 wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 200 DM. Daneben ordnete es ein Fahrverbot von einem Monat an. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 24. April 1999 gegen 11.40 Uhr mit einem PKW der Marke Opel die Bundesstraße 9, Römerstraße, in Koblenz. Obgleich in diesem Bereich die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch deutlich sichtbare, beiderseits der Richtungsfahrbahn aufgestellte Schilder auf 70 km/h beschränkt war, betrug die Geschwindigkeit des Betroffenen mindestens 111 km/h. Gegen das Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Das in zulässiger Weise eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache - wenn auch aus einem anderen als von der Verteidigung angeführten Grund - jedenfalls einen vorläufigen Erfolg. Die von dem Amtsgericht zu der von dem Beschwerdeführer gefahrenen Geschwindigkeit getroffenen Feststellungen sind lükkenhaft. In der polizeilichen Praxis werden zur Geschwindigkeitsmessung zahlreiche unterschiedliche Verfahren angewandt. Da deren Zuverlässigkeit und deren vom Tatrichter zu beurteilender Beweiswert naturgemäß voneinander abweichen, kann es bei einer Verurteilung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung grundsätzlich nicht mit der bloßen Wiedergabe der als erwiesen erachteten Geschwindigkeit sein Bewenden haben. Vielmehr muss der Tatrichter, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, darüber hinaus sowohl das angewandte Messverfahren als auch den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen. Dessen bedarf es nur dann nicht, wenn der Betroffene die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung uneingeschränkt und glaubhaft einräumt (vgl. BGH in NZV 1993, 485, 487). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil, in welchem lediglich die als erwiesen angesehene Geschwindigkeit des die Fahrereigenschaft bestreitenden Betroffenen mitgeteilt wird, nicht gerecht. Der in den Gründen enthaltene Hinweis auf "das Messprotokoll (Bl. 3 d.A.)" reicht insoweit nicht aus, da dessen Inhalt nicht wiedergegeben wird und dem Rechtsbeschwerdegericht im Fall der Sachrüge die Einsicht in die Verfahrensakten versagt ist. Das Urteil war danach - dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entsprechend - aufzuheben und die Sache gemäß § 79 Abs. 6 OWiG zu neuer Verhandlung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückzuverweisen.

Für die erneute Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:

Gelangt der Tatrichter zu der Überzeugung, dass der Betroffene und die auf dem bei der Geschwindigkeitsmessung gefertigten Beweisfoto als Fahrer abgebildete Person identisch sind, lässt sich dieser Umstand in den Urteilsgründen - ohne dass es hierzu noch näherer Ausführungen bedarf - schon durch einen ausdrücklichen Verweis gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Foto darstellen (vgl. hierzu im Einzelnen BGH in NZV 1996, 157).

Soweit das Amtsgericht von vorsätzlicher Begehungsweise ausgegangen ist, ist anzumerken, dass sich eine solche auch nach der Rechtsprechung des Senats aufdrängt, wenn ein Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit derart massiv (hier um 41 km/h) überschreitet (vgl. Beschlüsse des Senats vom 6. April 1999 - 2 Ss 64/99 - und vom 11. Februar 1999 - 2 Ss 4/99 -; ferner Beschluss des 1. Strafsenats vom 5. Juli 1996 - 1 Ss 95/96 - und BGH in DAR 1997, 497).

Zu den Ausführungen des Amtsgerichts zu § 17 Abs. 3 OWiG (Seite 5 UA) ist anzumerken, dass der Senat der Auffassung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken, wonach die Wertgrenze für die "geringfügige Ordnungswidrigkeit" im Sinne von § 17 Abs. 3 OWiG in Anpassung an die Neuregelung der Wertgrenzen für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in den §§ 79 und 80 OWiG nunmehr bei 500 DM anzusetzen sei (vgl. Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken in DAR 1999, 181), in der Sache zustimmt. Im Übrigen kann von einer näheren Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betroffenen speziell dann abgesehen werden, wenn sie erkennbar nicht vom Durchschnitt abweichen und der Tatrichter eine Geldbuße festsetzt, die einem für Verfehlungen der abgeurteilten Art aufgestellten Bußgeldkatalog entspricht (vgl. OLG Hamm in VRS 92, 40, 43 m.w.N.).

Wenngleich das Verschlechterungsverbot aus den §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 358 Abs. 2 Satz 1 StPO einer künftigen Erhöhung der Geldbuße entgegensteht, ist ergänzend noch darauf hinzuweisen, dass der im Bußgeldkatalog bestimmte Betrag von 200 DM, den das Amtsgericht als "in der BKatV vorgesehene Mindestgeldbuße" bezeichnet hat (S. 5 UA), einen Regelsatz darstellt, der von lediglich fahrlässiger Begehung ausgeht (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BKatV).

Ende der Entscheidung

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