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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 24.06.2002
Aktenzeichen: 2 Ss 124/02
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 74 II
OWiG § 74 III
OWiG § 73
Die unterbliebene oder unzulängliche Belehrung i.S.d. § 74 Abs. 3 OWiG sperrt die Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 2 Ss 124/02 2030 Js 42597/01 - 34 OWi 955/01 - StA Koblenz

In der Bußgeldsache

wegen Ordnungswidrigkeit nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) hier: Rechtsbeschwerden der Betroffenen

hat der 2. Strafsenat - Senat für Bußgeldsachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid sowie die Richter am Oberlandesgericht Pott und Henrich

am 24. Juni 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts K. vom 7. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts K. zurückverwiesen.

Gründe:

Die Bundesanstalt für Arbeit - Arbeitsamt K. - verhängte gegen die Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 19. Oktober 2000 wegen Nichtgewährung des Mindestlohns an Arbeitnehmer nach dem AEntG eine Geldbuße in Höhe von jeweils 16.263,94 DM. Die dagegen eingelegten Einsprüche hat das Amtsgericht K. mit Urteil vom 7. November 2001 verworfen, nachdem die Betroffenen in der auf diesen Tag anberaumten Hauptverhandlung ausgeblieben waren (§ 74 Abs. 2 OWiG). Gegen die Entscheidung haben die Betroffenen jeweils unter dem 14. November 2001 über ihre Verfahrensbevollmächtigten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie "auf Zulassung der Rechtsbeschwerde" gestellt. Die vorrangig zu bescheidenden Wiedereinsetzungsanträge sind zwischenzeitlich rechtskräftig zurückgewiesen worden.

Die richtigerweise als Rechtsbeschwerde anzusehenden Zulassungsanträge, mit denen eine unwirksame Zustellung der Ladungen zum Hauptverhandlungstermin am 7. November 2001 sowie eine fehlerhafte Belehrung betreffend das Ausbleiben der Betroffenen in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden, sind zulässig gestellt und auch in der Sache begründet. Nach § 74 Abs. 2 OWiG darf das Gericht den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ohne Verhandlung zur Sache nur verwerfen, wenn der Betroffene ordnungsgemäß zur Hauptverhandlung geladen wurde, in der Ladung über die §§ 73 und 74 Abs. 1 und 2 OWiG belehrt wurde und der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist (vgl. Senge in Karlsruher Kommentar, OWiG, 2. Auflage, § 74 Rdn. 23; Göhler, OWiG, 12. Auflage, § 74 Rdn. 10, 20, 39 - 41). Ob die Terminsladungen den Betroffenen wirksam zugestellt worden sind, kann für die Entscheidung des Senats letztlich dahinstehen. Jedenfalls enthielten sie keine zutreffende Belehrung über die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 OWiG sowie über das Verfahren in Abwesenheit gemäß § 74 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG, wie sie in § 74 Abs. 3 OWiG vorgeschrieben ist. Wie dem zu den Akten gelangten und von dem Amtsgericht K. auch hier verwendeten Ladungsmuster (Bl. 127 d.A.) zu entnehmen ist, stellt dieses sowohl hinsichtlich der Folgen unentschuldigten Ausbleibens als auch hinsichtlich des Umfangs der Belehrungspflicht nach § 74 Abs. 3 OWiG immer noch auf die frühere, bereits durch das "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und anderer Gesetze" vom 26. Januar 1998 mit Wirkung zum 1. März 1998 (!) geänderte Gesetzeslage ab. Damit wird aber der Zweck der Belehrung verfehlt, sicherzustellen, dass der Betroffene angemessene Zeit vor dem Termin Kenntnis von den aktuell bestehenden Verfahrensmöglichkeiten erhält und sein Verhalten entsprechend einrichten kann (vgl. Senge, a.a.O. Rdn. 27). Aus diesem Grunde sperrt die unterbliebene bzw. unzulängliche Belehrung über die §§ 73, 74 Abs. 1 und 2 OWiG die Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG (vgl. Senge, a.a.O., Rdn. 28). Auf der fehlerhaften Belehrung beruht das Urteil, da der Senat nicht auszuschließen vermag, dass die Betroffenen - wie in der Rechtsbeschwerdebegründung behauptet - anderenfalls zum Termin erschienen wären.

Gemäß § 79 Abs. 6 OWiG hat der Senat die Sache zur erneuten Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts K. zurückverwiesen.

Ende der Entscheidung

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