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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 2 U 1191/08
Rechtsgebiete: BestG, Friedhofsordnung, GWB
Vorschriften:
BestG § 6 Abs. 2 | |
Friedhofsordnung einer Jüdischen Gemeinde und Körperschaft des Öffentlichen Rechts | |
GWB § 19 | |
GWB § 20 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 2 U 1191/08
Verkündet am 28. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eck, den Richter am Oberlandesgericht Künzel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2009
für Recht erkannt: Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts M. - Einzelrichter - vom 26.08.2008 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Rechte und Pflichten aus einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung über Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung von Begräbnissen auf jüdischen Friedhöfen.
Die Beklagte ist Eigentümerin der jüdischen Friedhöfe in ihrem Bezirk, insbesondere der jüdischen Friedhöfe in M. und W.. Der Kläger ist eine gemeinnützige Beerdigungsbruderschaft, die durch die Beklagte gegründet und am 06.02.2004 als selbständige Organisation in das Vereinsregister M. eingetragen wurde.
Ausweislich der Satzung der Beklagten sind alle Juden, die im Bezirk der Beklagten ihren Wohnsitz haben, Mitglieder der Beklagten. Gemäß § 4 ihrer Satzung obliegen der Beklagten u.a. das Bestattungswesen und die Erhaltung ihrer Friedhöfe. Die Mitglieder der Beklagten sind berechtigt, sich nach ihrem Tod auf den Friedhöfen der Beklagten bestatten zu lassen. Dabei steht es den Mitgliedern frei, von welchem Bestattungsunternehmen sie sich bestatten lassen.
Gemäß dem Wortlaut einer zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung vom 15. Juli 2003 übertrug die Beklagte dem Kläger insbesondere die Durchführung von Begräbnissen im Geltungsbereich der Beklagten sowie alle Aufgaben im Zusammenhang mit Begräbnissen bzw. Todesfällen innerhalb der Beklagten. Weiterhin sollte der Kläger den Verkauf, die Bearbeitung und Aufstellung aller Grabsteine und sukzessiv die Kontrolle und Verwaltung aller Jüdischen Friedhöfe im Geltungsbereich der Beklagten übernehmen. Außerdem vereinbarten die Parteien eine Haftung der Beklagten für einen von dem Kläger aufzunehmenden Kredit in Höhe von 30.000,- €, der zur Aufnahme der Arbeiten notwendig sei.
Die Vereinbarung wurde für zehn Jahre geschlossen. Zudem verpflichtete sich die Beklagte, innerhalb dieses Zeitraums keine anderen Unternehmen mit der Durchführung von Begräbnissen zu beauftragen. Im Falle des Verstoßes gegen diese Verpflichtung sollte die Beklagte an den Kläger einen Ausgleich in Höhe der drei letzten Jahresumsätze abzüglich der fixen Betriebskosten, jedoch zuzüglich dann noch bestehender Raten für den Kapitaldienst (Zins und Tilgung des Bankkredits) zahlen. Der Kläger verpflichtete sich zu einer ordnungs- und gesetzmäßigen Arbeitsweise und der Anmietung von Arbeitsräumen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf die Anlage K 2 (BI. 11 f. GA) verwiesen.
In einer Zusatzvereinbarung, geschlossen am 26. August 2003, wurde zwischen den Parteien vereinbart, dass, solange die notwendigen Mittel für die Finanzierung der Tätigkeit der Friedhofsverwaltung in Höhe von 1.600,- € im Haushaltsplan der Beklagten noch nicht vorgesehen seien, die Einnahmen aus der Erteilung von Genehmigungen für die Grabsteinaufstellung, aus der Reservierung des Grabplatzes und aus staatlichen Zuschüssen zugunsten des Klägers gehen sollten. Zudem sollte der Kläger so lange auch Büroräume auf dem Gelände des Friedhofs unentgeltlich nutzen können. Sollte eine oder mehrere dem Kläger zugedachte Einnahmequellen aus irgendeinem Grund ausfallen, verpflichtete sich die Beklagte, die ausgefallenen Einnahmen zu ersetzen, allerdings bis zur Höhe von 1.600,- € monatlich. Bezüglich des weiteren Inhalts der Zusatzvereinbarung sei auf die Anlage K 5 (BI. 30 GA) verwiesen.
Ursprünglich sollte entsprechend der übertragenen Aufgaben Vereinszweck des Klägers auch der Ankauf, die Bearbeitung und Weiterveräußerung von Grabsteinen sein. Nachdem dieser Zweck vom Vereinsregister des Amtsgerichts M. im Oktober 2003 beanstandet worden war, legte der Kläger durch Änderung ihrer Satzung Anfang 2004 als neuen Vereinszweck diesbezüglich die "Hilfe bei der Suche nach Grabsteinen sowie Hilfe bei dem Ankauf..." fest.
Bis Mai 2004 führte der Kläger alle Begräbnisse auf den Friedhöfen aus und finanzierte sich über die entsprechend der Friedhofs- und Bestattungsgebührenordnung der Beklagten vorgesehenen Gebühren. Im Mai 2004 wurde ein neuer Vorstand der Beklagten gewählt. In der Folge verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den handelnden Personen der Parteien. Bestattungen wurden zunehmend nicht mehr von dem Kläger, sondern von Herrn S. aus B. ausgeführt, der auch die entsprechenden Gebühren von den Angehörigen erhielt. In gelegentlichen Fällen allerdings führte bis zu einem nicht genau bezeichneten Zeitpunkt auch der Kläger noch Bestattungen aus, für die er von der Beklagten auch Gebühren erhielt.
Nachdem die Beklagte die Friedhofsordnung im Anschluss an die Gründung des Klägers dahin geändert hatte, dass dort der Kläger als die für die Bestattungen zuständige Organisation bezeichnet wurde, wurde dieser Passus mit Wirkung vom 01.01.2005 dahin geändert, dass der Kläger nicht mehr in der Friedhofsordnung benannt wurde. Hinsichtlich des genauen Inhalts der vorherigen Friedhofsordnung wird auf die Anlage K 4 (BI. 14 ff. GA), hinsichtlich der geänderten Friedhofsordnung auf Anlage K 8 (BI. 61 f. GA) verwiesen.
Im Zuge der Tätigkeit des Klägers lagerte dieser auf dem jüdischen Friedhof M. unbeschriftete Grabsteine und Grabeinfassungssteine. Das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der unentgeltlich dem Kläger zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten in der Trauerhalle kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 08.09.2006. Durch einen Austausch der Schlüssel sowohl des Friedhofstores als auch der bezeichneten Räumlichkeiten durch die Beklagte konnte der Kläger seine Tätigkeit auf dem Friedhof ab Oktober 2007 nicht mehr ausüben.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2008 kündigte die Beklagte auch die beiden Vereinbarungen vom 15.07. und 26.08.2003 mit der Begründung, das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Kläger sei durch die Vorfälle zerstört.
Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte habe sich nicht an die Vereinbarung vom 15. Juli 2003 gehalten. Sie habe vielmehr wiederholt einen Privatmann, Herrn S., mit der Durchführung der Begräbnisse betraut und diesen auch Interessenten direkt empfohlen. Mittlerweile informiere die Beklagte den Kläger bewusst überhaupt nicht mehr über Todesfälle in der Gemeinde, um gezielt ein Tätigwerden des Klägers zu verhindern. Durch die fehlende Beauftragung seien ihm Gebühren für insgesamt elf Begräbnisse und Waschungen in Höhe von mindestens 4.686,- € entgangen. Hinsichtlich der Aufstellung über die behauptet nicht beauftragten Begräbnisse wird auf Anlage K 6 (BI. 31 GA) verwiesen. Dabei sei von einem Mindestauftragswert von 1.800,-- € auszugehen, so dass entsprechend der vorgesehenen Regelung in § 6 Nr. 1 der Friedhofs- und Bestattungsgebührenordnung in elf Fällen von einem Verlust von jeweils 12 % des Auftragswertes, folglich von 11 x 216,-- € = 2.370,-- € auszugehen sei. Abzüglich der in diesen elf Fällen von der Beklagten an den Kläger jeweils gezahlten 50,-- € für die Genehmigung der Grabsteinaufstellung sei daher insoweit ein Einnahmeausfall von 1.870,-- € geltend zu machen. Hinsichtlich der elf rituellen Waschungen beliefen sich die entgangenen Einnahmen auf insgesamt 2.816,--€. In jedem Fall würde den Angehörigen ein Betrag von 580,-- € in Rechnung gestellt, von dem allerdings hier wegen Nichtdurchführung jeweils 8 x 30,-- € = 240,-- € als Kosten für 3 Hilfskräfte sowie jeweils 80,-- € Allgemeinkosten abzuziehen seien, so dass pro Waschung 256,-- € an Einnahmen entgangen seien.
Hilfsweise stütze er die Schadensersatzforderung auf die Zusatzvereinbarung vom 26.08.2003, nach der er von der Beklagten die Erstattung von Einnahmeausfällen bis zu einem monatlichen Betrag von 1.600,-- € verlangen könne. Weiterhin fordere er hilfsweise einen Betrag in Höhe von 18.000,-- € von der Beklagten, den diese in vier jährlichen Zahlungen zu je 4.500,-- € von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier für die Kontrolle, Überwachung und Pflege der jüdischen Friedhöfe im Geltungsbereich der Beklagten erhalten und an Herrn S. abgeführt habe.
Die Erhebung von Gebühren stehe auch nicht im Widerspruch zur Gemeinnützigkeit des Vereins, diene sie doch lediglich der Eigenfinanzierung. Auch fordere er kein rechtlich unmögliches Verhalten von der Beklagten. Diese sei durch die Ausübung des Hausrechts und die Schlüsselgewalt über den Friedhof sehr wohl in der Lage, anderen Bestattungsunternehmen den Zutritt zu verwehren.
Die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen seien auch wirksam. Wettbewerbsrechtliche Vorschriften seien nicht verletzt, da ihre Anwendbarkeit aufgrund der Gemeinnützigkeit beider Parteien schon nicht gegeben sei. Zudem handele es sich lediglich um die Ausgliederung einer Tätigkeit von der Beklagten auf den Kläger. Eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten sei nicht gegeben. Auch seien die Vereinbarungen wirksam zustande gekommen, Vertretungs- und Formfehler lägen nicht vor. Zudem habe sie nie gegen Gesetze verstoßen. Von einer Enteignung der Beklagten durch einen Kontrollverlust über die Tätigkeiten auf dem Friedhof könne man ebenfalls nicht sprechen. Durch die weitere Zahlung von Gebühren, wenn auch in verminderter Höhe, habe die Beklagte die Vereinbarungen zudem weiterhin anerkannt.
Dass das Amtsgericht M. durch das Vereinsregister ihre Satzung in Bezug auf den Verkauf von Grabsteinen kritisiert habe, schade der getroffenen Vereinbarung ebenfalls nicht. Zum einen habe er seine Satzung entsprechend geändert, zum anderen sei ihm eine untergeordnete wirtschaftliche Tätigkeit gestattet, so dass er in der Lage sei, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Alleine der Erwerb von Grabsteinen schade nicht; es bestehe schließlich kein Kaufzwang bei den Interessierten, die von ihm beraten würden.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle anstehenden Begräbnisse auf den jüdischen Friedhöfen im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinde M. und W. einschließlich aller im Zusammenhang mit diesen Begräbnissen durchzuführenden Maßnahmen, wie Erteilung von Genehmigungen der Grabmale, Durchführung ritueller Waschungen sowie Ausübung der Friedhofsverwaltung ausschließlich dem Kläger zu überlassen und nicht zuzulassen, dass Dritte die Durchführung dieser Aufgaben wahrnehmen,
2. an ihn Schadensersatz in Höhe von 4.686,- € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
der Kläger verlange von ihr ein unmögliches Verhalten. Sie könne ihre Mitglieder nicht zwingen, alleine die Dienste des Klägers in Anspruch zu nehmen. Vielmehr seien die Mitglieder bei der Auswahl frei, solange es sich um ein Unternehmen handele, das eine ordnungsgemäße jüdische Bestattung durchführen könne. Sie habe allerdings Interessenten nie eine konkrete Empfehlung für ein Unternehmen gegeben oder gar Herrn S. selbst beauftragt.
Sie ist außerdem der Ansicht, dass die getroffenen Vereinbarungen unwirksam seien. Sie behauptet, dass die Geschäftsgrundlage entfallen sei, weil der Kläger aufgrund seiner Gemeinnützigkeit nicht in der Lage sei, Grabsteine zu verkaufen. Dies sei aber Bestandteil der Vereinbarung vom 15. Juli 2003 und der Haftungszusage für den Kredit gewesen. Der Kläger könne daher seine Tätigkeit gar nicht nach den Gesichtspunkten eines ordentlichen Kaufmanns ausüben, so dass der gesamte Vertrag nichtig sei und von dem Kläger gar nicht erfüllt werden könne. Jedenfalls sei die Verpflichtung zur Zahlung von 1.600,-- € monatlich hinfällig, da der Kläger den überwiegenden Teil der diesbezüglichen Gegenleistung aufgrund seiner eingeschränkten Tätigkeitsfelder gar nicht ausüben dürfe.
Außerdem liege ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften vor. Die Beklagte habe auf dem Gebiet des jüdischen Bestattungswesens in ihrem Bezirk eine Monopolstellung und könne einen solchen exklusiven Vertrag mit dem Kläger gar nicht abschließen. Weiterhin sei der Vertrag sittenwidrig. Sie werde durch einen Kontrollverlust bezüglich des Geschehens auf dem Friedhof enteignet. Zudem sei aufgrund einer Satzungsänderung für den Abschluss der Vereinbarung vom 15. Juli 2003 eine Entscheidung der Mitgliederversammlung nötig gewesen. Die Vereinbarung vom 26. August 2003 sei formnichtig mangels von der Satzung der Beklagten geforderter schriftlicher Unterzeichnung vom Vorsitzenden, einem Stellvertreter und zwei weiteren Mitgliedern des Vorstandes unter Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienststempels.
Der seitens des Klägers behauptete Einnahmeausfall könne gar nicht kausal auf einem Verhalten der Beklagten beruhen, da die Beklagte rechtlich nicht in der Lage sei, den Familien ihrer verstorbenen Mitglieder ein bestimmtes Beerdigungsunternehmen vorzuschreiben. Zudem sei der behauptete Betrag nicht hinreichend nachvollziehbar dargelegt. Die Beklagte habe von der ADD keine Zahlung für die Kontrolle, Überwachung und Pflege erhalten. Diese Zahlungen leiste die ADD direkt an Herrn S..
Mit der Widerklage hat die Beklagte gegen den Kläger einen Unterlassungs- und einen Räumungsanspruch geltend gemacht.
Hierzu hat die Beklagte vorgetragen,
die Lagerung der Grabsteine sei nicht gestattet worden und auch in keiner Weise Bestandteil der geschlossenen Vereinbarungen. Selbst wenn die Vereinbarung vom 15.07.2003 wirksam sei, so stehe dem Kläger kein Recht zur Lagerung zu. Vielmehr habe er sich danach verpflichtet, geeignete Räumlichkeiten für Ausstellungen und Arbeiten anzumieten. Sie habe den Kläger bereits zur Entfernung aufgefordert. Dem sei der Kläger aber nicht nachgekommen. Der Zugang zum Friedhof sei dem Kläger innerhalb der generellen Öffnungszeiten nicht verwehrt. Zudem beeinträchtige die Lagerung der Steine die Sanierungsarbeiten an der Trauerhalle und schade der Würde und dem Wert des Friedhofs.
Aufgrund der Nichtigkeit der Vereinbarung vom 26. August 2003 stehe dem Kläger auch kein Nutzungsrecht an den Büroräumen zu. Zudem handele es sich um ein unbefristetes Leihverhältnis, das jederzeit kündbar sei. Kündigungsgrund sei auch hier die Beeinträchtigung der Sanierungsarbeiten.
Die Beklagte hat beantragt,
1. den Kläger zu verurteilen, es bei Meidung eines Zwangsgeldes von 250.000,--€, hilfsweise einer an seinem Vorsitzenden zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, auf dem jüdischen Friedhof M., unbeschriftete Grabsteinrohlinge und Grabeinfassungssteine zu lagern,
2. den Kläger zu verurteilen, die von ihm innegehaltenen Büroräume im linken Flügel der Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof M., bestehend aus 2 Zimmern, 1 Dusche, 1 WC und 1 Flur zu räumen und an die Beklagte und Widerklägerin herauszugeben.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Kläger hat vorgetragen,
die Lagerung der Grabsteine sei ihm gestattet worden. Zudem sei sie erforderlich, um Interessierten direkt vor Ort die Steine zeigen zu können und auch einen Vorrat an diesen speziellen Steinen zu haben. Die Nutzung der Büroräume sei ihm für zehn Jahre gestattet, folglich sei eine Rückgabe jetzt noch nicht erforderlich. Außerdem seien auch noch keine Haushaltsmittel bereitgestellt worden, so dass sich auch dadurch ein Recht zur Nutzung ergebe. Eine Behinderung der Sanierungsarbeiten habe nicht vorgelegen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Kläger verurteilt, es bei Meidung eines Zwangsgeldes von 250.000,--€, hilfsweise einer an ihrem Vorsitzenden zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, auf dem jüdischen Friedhof M., unbeschriftete Grabsteinrohlinge und Grabsteineinfassungen zu lagern. Im Übrigen ist die Widerklage abgewiesen worden.
Die Klage sei zwar nicht mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Der Kläger könne aus § 1 der Vereinbarung vom 15.07.2003 nicht den von ihr geforderten Feststellungsausspruch ableiten. Die Vereinbarung sei wirksam. Der Beklagten sei es auch nicht unmöglich, kein anderes Unternehmen mit der Durchführung von Bestattungen und rituellen Waschungen zu beauftragen. Dieser Verpflichtung könne sie nachkommen, indem sie nicht selbst aktiv auf andere Bestattungen zugehe und diesen Aufträge erteile. Nicht erfasst von der Vertragsklausel sei der Fall, dass die Hinterbliebenen ein anderes Unternehmen als den Kläger beauftragten und die Beklagte dies nicht verhindern könne. Der Vertrag sei weder sittenwidrig (§ 138 BGB) noch wegen Wettbewerbsgefährdung gemäß §§ 19, 20 GWB nichtig. Die Vereinbarung sei auch nicht deshalb nichtig, weil die Vereinbarung den Verkauf von Grabsteinen vorsehe, der Kläger aber als Idealverein keine solche Tätigkeit ausüben dürfe. Der Kläger habe diesem Umstand durch Änderung seiner Satzung, wonach er bezüglich der Grabsteine nur noch "Hilfe" zu leisten habe, Rechnung getragen. Es liege weder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor noch stelle die Vereinbarung zum Nachteil der Beklagten eine Enteignung dar. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Vereinbarung wegen eines wichtigen Grundes zu kündigen. Der Kläger fordere von der Beklagten jedoch ein rechtlich unmögliches Verhalten. Der Beklagten stehe es nicht zu, Dritte daran zu hindern, Bestattungen auf dem jüdischen Friedhof M. vorzunehmen, wenn sie von den Hinterbliebenen beauftragt werden und die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße jüdische Bestattung erfüllen können. Das Hausrecht der Beklagten erfasse nicht das Recht, alle jüdischen Bestattungsunternehmen mit Ausnahme des Klägers des Friedhofs zu verweisen.
Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Der Kläger habe den Schaden, Verlust von 4.686,--€ nicht schlüssig dargetan. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Ersatz des behaupteten Einnahmeausfalls aus der Zusatzvereinbarung vom 26.8.2003. Es bestehe weder ein Anspruch auf Zahlung von 1.600,--€ noch auf Erstattung von 18.000,--€, die die ADD an Herrn S. für die Verwaltung und Pflege der jüdischen Friedhöfe zahle.
Der Widerklageantrag zu 1) habe Erfolg. Die Beklagte habe gegen den Kläger einen Unterlassungsanspruch. Die Lagerung von Grabsteinen und Grabsteineinfassungen auf dem Grundstück der Beklagten stelle einen Eingriff in die tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers und damit eine Störung dar. Der Widerklageantrag zu 2) habe keinen Erfolg. Die Beklagte habe gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Büroräume. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass etwaige Kündigungsgründe zu einer berechtigten Beendigung des Leihverhältnisses geführt hätten. Der Kläger und die Beklagte wenden sich mit ihren jeweiligen Berufungen gegen das Urteil des Landgerichts.
Der Kläger trägt mit seine Berufung vor,
das Landgericht habe zu Unrecht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Vereinbarung, wonach ausschließlich der Kläger die Bestattungen auf dem jüdischen Friedhof vornehmen dürfe, beinhalte ein rechtlich unmögliches Verhalten der Beklagten. Der Beklagten stehe es kraft ihrem Hausrecht zu, auf der Grundlage der von ihr erlassenen Friedhofsordnung nur solche Bestattungsunternehmen zuzulassen, denen die Bestattungen vertraglich zugesichert worden seien und die die Gewähr dafür böten, dass die Bestattungen zwingend nach jüdischem Ritus vorgenommen werden. Der Kläger könne die ausschließlich ihm übertragenen Aufgaben der Friedhofsverwaltung nur wahrnehmen, wenn er alle Bestattungen durchführe, um aus der Gesamtheit der hieraus erzielten Einnahmen auch die anderen Verwaltungsaufgaben mit zu finanzieren. Die Beklagte habe sich verpflichtet, bis zu 1.600,--€ monatlich zu zahlen, falls die Einnahmen aus den Bestattungen nicht ausreichten, um die Aufgaben wahrzunehmen. Die Beklagte habe durch eine entsprechende Mitteilung an die ADD dafür gesorgt, dass jährliche Zuschüsse nicht an ihn, sondern an den Bestatter S. gezahlt werden. Für die Jahre 2004 bis 2007 sei ihm ein Schaden von 18.000,--€ entstanden. Die Widerklage sei unbegründet. Die Beklagte könne nicht verlangen, das Lagern von unbeschrifteten Grabsteinrohlingen und Grabsteineinfassungen zu unterlassen. Hinsichtlich der Büroräume habe die Beklagte sich zwischenzeitlich wieder in den Besitz der Räumlichkeiten gesetzt (unstreitig). Der Kläger beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle anstehenden Begräbnisse auf den jüdischen Friedhöfen im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinden M. und W. einschließlich aller im Zusammenhang mit diesen Begräbnissen durchzuführenden Maßnahmen, wie Erteilung von Genehmigungen der Grabmale, Durchführung ritueller Waschungen, sowie Ausübung der Friedhofsverwaltung ausschließlich dem Kläger zu überlassen und nicht zuzulassen, dass Dritte die Durchführung dieser Aufgaben wahrnehmen,
2) die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 4.686,00 € zu zahlen, 3) an den Kläger die von ihm früher innegehaltenen beiden Büroräume in der Trauerhalle des Jüdischen Friedhofes in M., bestehend aus zwei Räumen, Dusche, WC und dazugehörigem Flur herauszugeben,
4) im Übrigen die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen. Mit ihrer eigenen Berufung hat sie angekündigt zu beantragen, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Kläger auf die Widerklage weiter zu verurteilen, die von ihm innegehaltenen Büroräume im linken Flügel der Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof M., bestehend aus zwei Zimmern, einer Dusche, einem WC und einem Flur zu räumen und an die Berufungsklägerin herauszugeben.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 26.2.2009 (GA 270) den ursprünglich erstinstanzlich gestellten Widerklageantrag zu 2) und jetzigen Berufungswiderklageantrag übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Kläger erklärt hat, keinen Zutritt zu den ehemaligen Büro- und Verwaltungsräumen auf dem Friedhof mehr zu haben.
Die Beklagte trägt vor,
das Landgericht habe zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise entsprochen. Die Vereinbarungen vom 15.07 und 26.08. 2003 seien wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen (§§ 19, 20 GWB) und § 134 BGB nichtig. Die Vereinbarung verschaffe der Jüdischen Gemeinde, die eine marktbeherrschende Stellung auf den Jüdischen Friedhöfen habe, eine Monopolstellung. Damit würden andere jüdische und nicht jüdische Bestattungsunternehmen im Bezirk vollständig vom Wettbewerb ausgeschlossen. Es sei ihr, der Beklagten, nach dem kartellrechtlichen Diskriminierungs- und Behinderungsverbot untersagt, einen exklusiven Vertrag abzuschließen, der andere jüdischen Bestattungsunternehmen von der Tätigkeit auf den jüdischen Friedhöfen ausschließe. Die Vereinbarung vom 15.07.2003 sei auch deshalb nichtig, weil sie entgegen § 7 Abs. 1 Ziffer 1 der Satzung der Beklagten nicht von der Mitgliederversammlung beschlossen worden sei. Damit sei es gemäß § 4 Abs. 1 c) der Satzung der Beklagten nicht mehr möglich, ihren Mitgliedern in eigener Zuständigkeit eine Bestattung so zu garantieren, wie es die Satzung vorschreibe. Die Übernahme der totalen Kontrolle des jüdischen Friedhofs für 10 Jahre gleiche einer Enteignung. Die Vereinbarung vom 15.07.2003 sei unwirksam, da ihre Erfüllung anfänglich unmöglich sei. Dem Kläger sei es nicht gestattet, eine wirtschaftliche, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit auszuüben. Bei der Zusatzvereinbarung vom 26.08.2003 handele es sich um eine unzulässige Verpflichtungsermächtigung. Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch zu. Die weitere Benutzung der Räumlichkeiten in der Trauerhalle sei dem Kläger untersagt, da das Leihverhältnis infolge der fristlosen Kündigung beendet sei.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. 1) Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle anstehenden Begräbnisse auf den jüdischen Friedhöfen im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinden M. und W. einschließlich aller im Zusammenhang mit diesen Begräbnissen durchzuführenden Maßnahmen, wie die Erteilung von Genehmigungen der Grabmale, Durchführung ritueller Waschungen sowie Ausübung der Friedhofsverwaltung ausschließlich dem Kläger zu überlassen und nicht zuzulassen, dass Dritte die Durchführung dieser Aufgaben übernehmen, ist teilweise nicht zulässig, soweit es den Kernbereich religiöser Angelegenheiten betrifft, teilweise, soweit es allgemeine Fragen der Friedhofsverwaltung und vor allem wirtschaftliche Aspekte betrifft, unbegründet.
a) Die Parteien streiten maßgebend über den Inhalt und die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 15.7.2003 (K 2, GA 11) und der Zusatzvereinbarung vom 26.08.2003 (K 5, GA 30). Diese Vereinbarungen müssen zunächst im Zusammenhang mit dem Bestattungsgesetz von Rheinland-Pfalz vom 4.3.1983 (BestG) GVBL: 1983, 69 und der Friedhofsordnung der Jüdischen Gemeinde M. K.d.öR. (K 4, GA 14) gesehen werden. § 6 Abs. 2 BestG räumt den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften das Recht ein, bei Bestattungen und Totengedenkfeiern entsprechend ihren Ordnungen und Bräuchen zu verfahren. Soweit es um Vorgänge im Zusammenhang der ordnungsrechtlichen Totensorge handelt, nimmt die jüdische Gemeinde staatliche Aufgaben wahr. Hingegen ist der staatliche Rechtskreis nicht berührt, soweit die Jüdische Gemeinde in ihrer Friedhofsordnung Angelegenheiten regelt, die in ihren von der Verfassung (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV) gewährleisteten Autonomiebereich als Religionsgemeinschaft fallen. Das gilt neben der Glaubenslehre und der Seelsorge auch für die Ausstattung von Gottesdiensten als Bestandteil des religiösen Ritus. In diesen Bereichen kommt den Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie ihren zur örtlichen Rechtssetzung befugten Gliederungen die ausschließliche Regelungskompetenz zu. Einer Rechtskontrolle der auf dieser Grundlage entstandenen Normen oder einer Einzelprüfung durch staatliche Gerichte, steht die verfassungsrechtlich gewährleistete kirchliche Autonomie entgegen (Niedersächsisches OVG, Urteil 09.01.1997, 8 K 4934/95 m.w.N; BVerwG Beschluss 31.05.1990, 7 CB 31/89). Zu diesem Bereich gehören vor allem alle Fragen, die sich mit rituellen Gebräuchen der jüdischen Gemeinde befassen, wie die Verwendung der Totenkleider (Tachrichim), die rituellen Waschungen, die Gestaltung der Grabsteine mit einer vorgegebenen Mindestzahl hebräischer Schriftzeichen oder der Anwendung jüdischer Religionsgesetze (Halacha). Soweit der Feststellungsantrag beinhaltet, dem Kläger ausschließlich die rituelle Waschung zu überlassen, obliegt dies nicht der Überprüfung staatlicher Gerichte, sondern bleibt dem Autonomiebereich der jüdischen Gemeinde vorbehalten.
b) Die Vereinbarung vom 15.07.2003 sieht in Ziffer 1 a) vor, dass die Beklagte die Durchführung aller anstehender Begräbnisse im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinde M. sowie alle Aufgaben im Zusammenhang mit Begräbnissen bzw. Todesfällen innerhalb der Jüdischen Gemeinde M. der klagenden Bruderschaft überträgt, dies unter religiöser Aufsicht einer religiösen Autorität der Jüdischen Gemeinde (Rabbiner, Kantor). Letzteres unterliegt nicht der Kontrolle staatlicher Gerichte, da dies in den Autonomiebereich der Religionsgemeinschaft fällt. Ziffer 1 b) der Vereinbarung betrifft Verkauf, Bearbeitung und Aufstellung aller Grabsteine und sonstigen Monumente auf den Gräbern der jüdischen Friedhöfe in M. und W., Ziffer 1 c) die sukzessive Übernahme der Kontrolle und Verwaltung aller jüdischen Friedhöfe im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinde M.. Diese Bestimmungen weisen keine rein kirchlichen oder religionsgemeinschaftsrechtlichen Aspekte auf und unterliegen der staatlichen Gerichtsbarkeit. In Ziffer 4 der Vereinbarung verpflichtet sich die Beklagte, innerhalb des 10 Jahreszeitraums keine weiteren Unternehmen, Gruppierungen oder sonstigen Vereinigungen mit vorgenannten Aufgaben zu beauftragen. Im Fall der Zuwiderhandlung ist eine Vertragsstrafe vorgesehen. Dieser Bereich berührt zum Teil den verfassungsrechtlich geschützten Autonomiebereich der Religionsgemeinschaft, soweit es die religiösen Gebräuche betrifft.
c) Der Senat hält entgegen der Auffassung des Landgerichts die Vereinbarung vom 15.07.2003 (K 2, GA 11) für nicht wirksam.
Zwar ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Vereinbarung nicht wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen nach §§ 19, 20 GWB unwirksam ist. § 19 GWB betrifft die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen. Ein Unternehmen ist gemäß § 19 Abs. 2 GWB marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Diese Voraussetzungen treffen weder auf die Jüdische Gemeinde noch auf die klagende Bruderschaft zu.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und nicht um ein Unternehmen im Sinne von § 1 GWB. Die Jüdische Gemeinde verfügt nur über etwa 1.000 Mitglieder und hat als alleinige Eigentümerin der jüdischen Friedhöfe im Bezirk M./W. keine marktbeherrschende Stellung. Bei der klagenden Beerdigungsbruderschaft handelt es sich ebenfalls nicht um ein Unternehmen im Sinne von § 1 des GWB, sondern um einen gemeinnützigen Verein. Der klagende Verein darf als Idealverein nicht in einem größeren Umfange gewerblich tätig sein und seine Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung ausrichten. Ein nicht wirtschaftlicher oder Idealverein darf zwar auch einen Geschäftsbetrieb unterhalten, allerdings nur soweit, als damit lediglich ein Nebenzweck verfolgt wird (z.B. Buchverlag eines religiösen Vereins, Palandt-Ellenberger, BGB, 68. Aufl. § 21 Rn. 5; BGHZ 85, 84, 93; OLG Hamm NJW-RR 2008, 350).
Gemäß § 1 der Satzung der klagenden gemeinnützigen Beerdigungsbruderschaft der Jüdischen Gemeinde M. K.d.ö.R. ist der Verein aktiv in der Wohlfahrtspflege in der Gemeinde tätig und zuständig für alle Angelegenheiten auf den Jüdischen Friedhöfen der Jüdischen Gemeinde M. k.d.ö.R und W. unter Einhaltung der rituellen Vorschriften. Zweck des Vereins ist u.a. die Betreuung Kranker und Sterbender, Stellung eines Minjan bei Begräbnissen, Übernahme der Waschung der Toten (Tahara), gesamte Durchführung aller Aufgaben nach rituellen Vorschriften, Organisation der Bestattung gemäß Friedhofsordnung der Jüdischen Gemeinde M. sowie der jüdischen Religionsordnung (Halacha), Organisation der Begräbnisse für mittellose Mitglieder der Jüdischen Gemeinde M. nach rituellen Vorschriften, Hilfe bei der Suche nach den Grabsteinen sowie Hilfe bei dem Ankauf der kostengünstigen Grabsteine für die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde. Die klagende Beerdigungsbruderschaft verfolgt ideelle Zielsetzungen, die wirtschaftliche Tätigkeit ist nur ein dieser Zielsetzung unschädlicher Nebenzweck. Von einer marktbeherrschenden Stellung kann auch angesichts des beschränkten Tätigkeitskreises nicht ausgegangen werden.
d) Die Vereinbarung vom 15.07.2003 ist allerdings deshalb unwirksam, weil die Durchführung aller anstehenden Begräbnisse sowie alle Aufgaben im Zusammenhang mit Begräbnissen bzw. Todesfällen innerhalb der Jüdischen Gemeinde M., der Verkauf, Bearbeitung und Aufstellung aller Grabsteine und sonstigen Monumente auf den Gräbern der jüdischen Friedhöfe M. und W. auf die klagende Bruderschaft ausschließlich übertragen werden und dadurch anderen Bestattern, Steinmetzen die Möglichkeit genommen wird, ebenfalls eine entsprechende Tätigkeit auszuüben. Entsprechendes gilt insbesondere für die in Ziffer 4 der Vereinbarung enthaltene Verpflichtung der Beklagten, innerhalb des 10 Jahre langen Vertragszeitraums keine weiteren Unternehmen, Gruppierungen oder sonstige Vereinigungen mit den unter Ziffer 1) der Vereinbarung beschriebenen Aufgaben zu beauftragen.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die auch bei der Wahrnehmung fiskalischer Angelegenheiten die Grundrechte anderer mit zu beachten hat. Diese Verpflichtung folgt aus der mittelbaren Grundrechtswirkung, die bei der Überprüfung der Wirksamkeit der privatrechtlichen Vereinbarung mit der klagenden Bruderschaft nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beachten ist. Dabei sieht der Senat durchaus, dass beiden Parteien ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht, insbesondere, soweit es um die Wahrung religiöser Belange der jüdischen Religionsgemeinschaft geht, die nicht fiskalische Belange berühren und der Überprüfung durch die staatlichen Gerichte entzogen sind. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beerdigungsbruderschaft um eine Organisation handelt, die aus Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde entstanden ist, um die Beklagte hinsichtlich der Organisation der rituellen Beerdigungen zu entlasten.
Die Beklagte selbst hat in ihrer Friedhofsordnung vom 01.08.2003 diesen Erfordernissen Rechnung getragen, indem sie in § 5 der Friedhofsordnung gewerbliche Arbeiten an Grabstätten und sonstige gewerbliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Friedhöfen durch Gewerbetreibende erlaubt, wenn sie von der Friedhofsverwaltung hierzu zugelassen sind. Die Zulassung kann aus wichtigem Grund versagt oder widerrufen werden. Die Aufgaben des klagenden Vereins, die ritueller Art sind, sind in § 9 der Friedhofsordnung speziell geregelt. Diese Regelungen sind nicht zu beanstanden und entsprechen auch den Anforderungen, die an kommunale Friedhofssatzungen gestellt werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.04.2007 - 7 C 10027/07 - DÖV 2007, 708). Bei der Regelung der Zulassung hat der Friedhofsträger vor allem den Gleichheitsgrundsatz zu beachten. Zwar kann der Friedhofsträger die Zulassung von einer Überprüfung der Sachkunde, der Eignung und der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abhängig machen. Beschränkungen der gewerblichen Tätigkeit auf Friedhöfen sind lediglich als Berufsausübungsvorschriften im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG zulässig, die ihre Rechtfertigung in den Gründen des Gemeinwohls haben müssen (OVG Rheinland-Pfalz, ebd.).
Die Vereinbarung vom 15.07.2003 berührt jedoch in mehrfacher Hinsicht die Grundrechte anderer. So werden andere Bestatter, die ebenfalls die Zulassungsbedingungen hinsichtlich ihrer Sachkunde, Eignung und Zuverlässigkeit, erfüllen, in ihrer Berufsausübungsfreiheit, wenn nicht sogar in ihrer Berufswahlfreiheit beschränkt. Es wäre ihnen gänzlich versagt, auf den jüdischen Friedhöfen in M. und W. und auch weiteren Friedhöfen im Geltungsbereich der Jüdischen Gemeinde M. ihren Beruf auszuüben. Es ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar, wenn ein anderer Bestatter, der ebenfalls das Anforderungsprofil hinsichtlich der rituellen Gebräuche, wie in § 9 der Friedhofsordnung beschrieben, erfüllt, von dem Zugang zu dem Friedhof gänzlich ausgeschlossen würde. Soweit die Vereinbarung dem klagenden Verein ausschließlich das Recht zuweist, Grabsteine und sonstige Monumente auf den Gräbern der jüdischen Friedhöfe M. und W. und weiteren im Geltungsbereich der Beklagten zu verkaufen, bearbeiten und aufzustellen, berührt dies die Grundrechte auf Gleichbehandlung und Berufsfreiheit anderer Steinmetze. Schließlich weist die Beklagte auch zu Recht darauf hin, dass die Angehörigen und ggf. auch die Verstorbenen frei sind, welchen Bestatter sie wünschen. Hier werden die Grundrechtsbelange der Glaubensfreiheit aus Art. 4 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG anderer Grundrechtsträger betroffen. Die Beklagte hat als Körperschaft des Öffentlichen Rechts sämtlichen Belangen der Grundrechtsträger Rechnung zu tragen, deren Interessen mit einander kollidieren können.
Es mag hier offen bleiben, ob die Vereinbarung eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der klagenden Bruderschaft hergibt, nicht zuzulassen, dass Dritte mit der Durchführung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Begräbnissen beauftragt werden. Aus Ziffer 4 der Vereinbarung lässt sich eine derartige Verpflichtung jedenfalls nicht herleiten. Diese beinhaltet nur die Verpflichtung, nicht selbst andere Unternehmen, Gruppierungen und sonstige Vereinigungen mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu beauftragen. Ziffer 1) der Vereinbarung mit der Formulierung "Durchführung aller Begräbnisse" ist zwar weitergehender, verhält sich aber nicht ausdrücklich darüber, wie zu verfahren ist, wenn die Angehörigen einen anderen Bestatter wählen oder der Verstorbene zu Lebzeiten eine diesbezügliche Verfügung getroffen hat. Das Pietätsempfinden der Hinterbliebenen ist zu wahren. Es macht aus der Sicht des Senats auch einen Unterschied, ob die Beklagte als Körperschaft des Öffentlichen Rechts im Schwerpunkt mit einem Bestatter ihrer Wahl zusammenarbeitet oder ob von vornherein die Gemeinde sich verpflichtet, andere Unternehmen, Gruppierungen oder sonstige Vereinigungen auszuschließen und sich im Falle der Zuwiderhandlung einer Vertragsstrafe unterwirft (Ziffer 4 Satz 2 der Vereinbarung).
Das Hausrecht der Beklagten gestattet es nicht, nur ausschließlich den Kläger mit den Aufgaben der Durchführung der Begräbnisse, Verkauf bzw. Hilfe beim Verkauf , Bearbeitung und Aufstellung aller Grabsteine und Monumente, Friedhofsverwaltung, Pflege und Überwachung der Friedhöfe zu beauftragen.
Die Vereinbarung vom 15.07.2003 ist in ihren maßgeblichen Punkten daher unwirksam und gemäß § 134 BGB insgesamt nichtig.
2) Das Landgericht hat auch zu Recht einen Schadensersatzanspruch verneint.
Dem Kläger steht aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 1, 4 der Vereinbarung vom 15.07.2003 kein Schadensersatzanspruch zu, weil die Vereinbarung unwirksam ist. Selbst wenn man eine Pflichtverletzung darin sehen wollte, dass die Beklagte den Kläger nicht mehr für Bestattungen den Hinterbliebenen empfohlen hat, hat der Kläger einen Schaden kausal nicht nachgewiesen. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird diesbezüglich verwiesen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz des behaupteten Einnahmeausfalls aus der Zusatzvereinbarung vom 26.08.2003. Ist der Hauptvertrag unwirksam, so ist der Zusatzvereinbarung der Boden entzogen. Die Vereinbarung vom 15.7.2003 war wesentliche Geschäftsgrundlage für die Zusatzvereinbarung vom 26.08.2003 (K 5, GA 30). Mit der Nichtigkeit der Hauptvereinbarung, ist hinsichtlich der Zusatzvereinbarung von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen, so dass sich hieraus keine Zahlungsansprüche mehr ergeben können.
Das Landgericht hat auch in der Sache zu Recht einen Schadensersatzanspruch verneint.
In formeller Hinsicht ist die Zusatzvereinbarung allerdings wirksam zustande gekommen. Es handelt sich hierbei um eine Verpflichtungsermächtigung, die nach § 17 der Satzung der Beklagten nur rechtsverbindlich ist, wenn sie vom Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter und zwei weiteren Mitgliedern des Vorstandes unter Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienststempels (nicht Dienstsiegels) unterzeichnet worden ist. Dies ist der Fall, wie die zu den Akten gereichte Kopie der Vereinbarung ausweist. Nach der Zusatzvereinbarung sollen die Einnahmen aus der Erteilung der Genehmigung für die Grabsteineinaufstellung gemäß der Friedhofsordnung, der Reservierung des Grabplatzes, der staatlichen Zuschüsse wie z.B. der ADD in T. an den klagenden Verein gehen, solange die notwendigen Mittel für die Finanzierung der Tätigkeit der Friedhofsverwaltung in Höhe von monatlich 1.600 € im Haushaltsplan der Beklagten noch nicht vorgesehen sind. Die Beklagte hat sich im Falle des Einnahmeausfalls verpflichtet, die ausgefallenen Einnahmen des Klägers zu ersetzen.
Zutreffend stellt das Landgericht darauf ab, dass die Zusatzvereinbarung voraussetzt, dass der klagende Verein die Tätigkeit der Friedhofsverwaltung auch tatsächlich ausführt. Dies ist nicht der Fall. Der Kläger hat keine Einnahmen verloren. Auch ist nicht ersichtlich, wie der Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, monatlich bis zu 1.600,--€ zu zahlen, den geltend gemachten Schadensersatz hilfsweise ausfüllen soll. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Kläger tatsächlich vereinzelt noch Bestattungen vorgenommen habe. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.
Hinsichtlich der 18.000,--€, die die ADD an Herrn S. gezahlt hat, sind diese Beträge für die Pflege der verwaisten und verlassenen jüdischen Friedhöfe gezahlt worden. Zum Bezirk der Jüdischen Gemeinde gehören etwa 60 Friedhöfe. Diese Tätigkeit hat Herr S. und nicht die klagende Bruderschaft ausgeführt. Eine Pflichtverletzung dahingehend, dass die Beklagte nicht den klagenden Verein als berechtigten Empfänger des Zuschusses gegenüber der ADD angegeben hat, kann nicht gesehen werden.
3) Der klagenden Bruderschaft steht kein Anspruch auf Herausgabe der Büroräume in der Trauerhalle des Jüdischen Friedhofs zu. Die Beklagte ist zwischenzeitlich wieder in Besitz der Wohnung in der Trauerhalle des Friedhofs, bestehend aus zwei Büroräumen, Dusche, WC und Flur. Mit der Unwirksamkeit der Zusatzvereinbarung ist das Leihverhältnis untergegangen.
4) Die Berufung des Klägers greift schließlich ohne Erfolg den vom Landgericht zugesprochenen Widerklageantrag zu 1) an. Die Beklagte ist als Eigentümerin berechtigt, eine Unterlassung zu fordern. Die Lagerung von Grabsteinen und Grabsteineinfassungssteinen auf dem Grundstück der Beklagten stellt einen Eingriff in die tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers und damit eine Störung im Sinne des § 1004 BGB dar. Der Umstand, dass die Beklagte über einen längeren Zeitraum die Lagerung möglicherweise geduldet hat, gewährt kein dauerhaftes Lagerungsrecht des Klägers.
5) Nachdem die Parteien den mit der Berufung der Beklagten verfolgten Widerklageantrag hinsichtlich der Herausgabe der Büroräume übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Berufung der Beklagten nicht mehr zu entscheiden. Die Kostenentscheidung folgt aus 97 Abs. 1, 91 a ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,-- € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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