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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 15.11.2007
Aktenzeichen: 2 U 1521/05 (1)
Rechtsgebiete: HGB, CMR


Vorschriften:

HGB § 431
HGB § 435
CMR Art. 23
CMR Art. 29
1. Im kaufmännischen Verkehr kann aus Handelsrechnung bzw. dem einer unverschlossenen Sendung beigefügten Lieferschein der Anscheinsbeweis hergeleitet werden, dass sich die auf dem Lieferschein bzw. in der Handelsrechnung aufgeführten Gegenstände auch in der Sendung befunden haben. Es obliegt dem Transporteur, diesen Anscheinsbeweis zu entkräften (so Teil-, Grund- und Endurteil vom 30.11.2006, 2 U 1521/05 - rechtskräftig -).

2. Zu den beweistechnischen Methoden der Wertermittlung der beim Transport untergegangenen Aquamarine.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Schlussurteil

Geschäftsnummer: 2 U 1521/05

Verkündet am 15. November 2007

in dem Rechtsstreit

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach - Kammer für Handelssachen - vom 22. September 2005 bezüglich des Schadensfalls 1 (1 Paket Aquamarine) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.993,34 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.03.2004 zu zahlen.

Auf die Klageerweiterung wird die Beklagte darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin 3.759,46 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.10.2007.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin 56/100, die Beklagte 44/100. Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Klägerin zu 36/100, die Beklagte zu 64/100.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht als Transportversicherer der R. AG mit Sitz in I. aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen des Verlustes einer Transportsendung von Aquamarinen geltend. Die Beklagte hat vorprozessual an die R. AG 510,--€ bezahlt. Das Landgericht hat der Klage bezüglich des Schadensfalls 1 antragsgemäß entsprochen. Der Senat hat auf die Berufung der Beklagten mit Teil-, Grund- und Endurteil vom 30.11.2006 die Klage bezüglich des Schadensfalls 1 (1 Paket Aquamarine) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, mit der Maßgabe, dass der Klägerin 1/3 Mitverschulden anzurechnen ist. Auf das Senatsurteil wird Bezug genommen (GA 360). Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom gleichen Tage (GA 376) Beweis darüber erhoben, ob die im Lieferschein vom 11.04.2003 (Anlage K 3, GA 10) enthaltenen Aquamarine einen Wert von 10.894,21 € haben. Dieser Beschluss ist mit Beschlüssen vom 21.03.2007 (GA 393) und 06.06.2007 (GA 415) ergänzt worden. Auf die Beweiserhebung in der Sitzung vom 25.10.2007 wird Bezug genommen (GA 429).

II.

Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klagerweiterung hat Erfolg.

Der Zeuge K. hat in der Beweisaufnahme bestätigt, dass die in der Rechnung der Fa. R. vom 11.04.2003 (KD-Nr. 32055, Beleg Nr. 212010) aufgeführten Aquamarine die dort ausgewiesenen Karat-Gewichte gehabt haben und diese in Größe, Gewicht, Farbintensität vergleichbar mit den von ihm zur Beweisaufnahme mitgebrachten Aquamarinen waren. Der Zeuge bekundete, dass er diese Sendung für die Fa. L. zusammengestellt habe. Der Zeuge bekundete, dass er heute noch aus seiner Erinnerung wisse, dass es sich bei dieser Sendung um facettierte Steine gehandelt habe. Herr L. habe achteckige, santamariafarbene Steine für Colliers zur Ansicht gewünscht. Es handele sich um sehr dunkle Steine. Da diese Steine heute nicht mehr auf dem Markt seien, habe er Steine in einer Farbintensität ausgesucht, die an diese Farbe möglichst nahe heranreichten. Der Zeuge hat sodann dem Senat und dem Sachverständigen von M. mitgebrachte Aquamarine in unterschiedlicher Farbqualität vorgelegt. Er hat dargelegt, dass der dunkle Stein von der Fa. R. stamme und in Farbe und Qualität dem teuersten Stein, der an die Firma L. geliefert worden sei, entspreche. Die anderen beiden Steine habe er sich von Konkurrenzunternehmen beschafft. Diese waren nach Feststellung des Senats etwas heller. Der Zeuge erklärte, dass der von ihm vorgelegte mittlere und etwas kleinere Stein den etwas preiswerteren Steinen auf dem Lieferschein (GA 10) entspreche. Bei diesen handele es sich um die ersten drei Positionen auf dem Lieferschein. Diese Steine hätten einen Preis von etwa 120 € pro Karat. Der vierte Steine habe etwa einen Preis von 180 € pro Karat.

Der Sachverständige von M. sah sich angesichts der Äußerung und Vorführung der Steine durch den Zeugen, in der Lage ein Gutachten zu erstatten. Der Senat hatte keinen Anlass an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen und dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Der Sachverständige hat zunächst eine Vergleichsreihe von mitgebrachten Aquamarinen, die sich nach Farben unterschieden, vorgelegt. Er hat die in dem Lieferschein Bl. 10 enthaltenen drei preisgünstigeren Aquamarine nach Farbintensität einem Stein seiner Versuchsreihe zugeordnet. Er hat erklärt, dass ein Stein dieser Farbintensität heute 127,82 € pro Karat netto kosten würde. Hiervon sei zunächst ein Abzug zu machen in Höhe von 20 %, da die Aquamarine zum Zeitpunkt der Lieferung im Jahr 2003 preisgünstiger als heute gewesen seien. Allerdings sei auf den dann errechneten Preis ein Aufschlag von 10 % zu machen, da es sich um relativ große Steine handele. Danach ergebe sich ein Betrag von 112,48 € netto pro Karat. Die Fa. R. hat für die erste Position (Art.-Nr. 00097027) einen Preis von 112,50 netto, bei der zweiten Position (Art.-Nr. 00166300) einen Preis von 120,03 €, für die dritte Position (Art. Nr. 00164659) einen Preis von netto 150,02 €, jeweils ohne Sonderrabatt von 20 % in Ansatz gebracht. Hinsichtlich des auf dem Lieferschein unter Nr. 4 enthaltenen Aquamarins handelt es sich nach Angaben des Sachverständigen um einen noch dunkleren Stein, der wertvoller als die drei anderen sei. Steine dieser Art würde man heute zu einem Preis von 250 bis 350 € kaufen können. Auch hier sei dann der geschilderte Abzug von 20 % zu machen, um den Preis im Jahre 2003 zu ermitteln. Hiervon wären wieder 10 % aufzuschlagen, da der Stein besonders groß sei. Danach beliefe sich der Preis netto zwischen 220,--€ und 308,--€ ohne Sonderrabatt. Die Firma R. hat für den unter der Art.-Nr. 00166271 enthaltenen Aquamarin einen Preis von netto ohne Sonderrabatt von nur 200,--€ in Ansatz gebracht. Aufgrund der Angaben des Sachverständigen stellen sich die in dem Lieferschein (K 3) in Ansatz gebrachten Einzelpreise im Jahre 2003 als angemessen und nicht überzogen dar.

Die Klägerin hat damit den Nachweis erbracht, dass die von der Fa. R. gelieferten Steine den im Lieferschein ausgewiesenen Gesamtwert von 10.894,21 € hatten.

Die Klägerin hat in erster Instanz und zunächst auch im Berufungsverfahren für diese Schadensposition nach Abzug einer Teilzahlung von 510,-- einen Betrag von 4.490,--€ geltend gemacht. Unter Berücksichtigung einer 1/3 Mitverschuldensquote ergibt sich danach ein Betrag von 2.993,34 €. Das angefochtene Urteil war entsprechend abzuändern.

Die Klägerin hat im Anschluss an die Beweisaufnahme aufgrund der im Berufungsverfahren erfolgten Abtretungserklärung vom 19.08.2003 (BB 1, GA 240) die Klage erweitert und beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin insgesamt 6.752,80 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Dabei handelt es sich zum Teil um eine Klageerweiterung, die zulässig ist (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl. § 533 Rn. 3 i.V.m. § 264 Nr. 2). Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückweisen, soweit nicht bereits durch Senatsurteil vom 30.11.2006 darüber entschieden worden ist, und im Übrigen die Klageerweiterung abzuweisen.

Ausgehend von dem Gesamtschadensbetrag von 10.894,21 € ergibt sich unter Berücksichtigung eines der Klägerin anzurechnenden Mitverschuldens der Klägerin von 1/3 und Abzug des geleisteten Betrages von 510,--€ ein Gesamtbetrag von 6.752,80 €, der insgesamt zu zahlen wäre. Im Hinblick darauf, dass ein Teilbetrag von 2.993,34 € die ursprüngliche Klageforderung betrifft, ist darüber hinaus im Rahmen der Klageerweiterung der Differenzbetrag zwischen 6.752,80 € und 2.993,34 €, mithin 3.759,46 €, nebst Zinsen ab Klageerweiterung zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.843,--€, ab 25.10.2007 auf 6.752,80 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

Ende der Entscheidung

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