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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 06.03.2008
Aktenzeichen: 2 U 1582/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 87 | |
ZPO § 172 | |
ZPO § 517 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Beschluss
(gemäß § 522 Abs. 1 ZPO)
Geschäftsnummer: 2 U 1582/07
in dem Rechtsstreit
Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, den Richter am Oberlandesgericht Künzel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert
am 6. März 2008
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 9. November 2007 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe:
Die Berufung ist wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unzulässig.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 9.11.2007 (GA121) abgewiesen. Das Urteil ist an den im ersten Rechtszug für die Klägerin auftretenden Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt K. am 15.11.2007 (GA 189) zugestellt worden. Die Zustellung ist gemäß Verfügung des Gerichts vom 9.11.2007 (GA 180) veranlasst worden. Der Abvermerk datiert gleichfalls vom 09.11.2007 (GA 180). Mit Schriftsatz vom 8.11.2007, bei Gericht eingegangen am 12.11.2007 (GA 187), hat der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwalt Z., angezeigt, dass er die Klägerin nunmehr vertrete und das Mandat des früheren Prozessbevollmächtigten aufgekündigt worden sei. Die Berufung ist am Montag, den 17.12.2007 (GA196) beim Berufungsgericht eingegangen, die Berufungsbegründung am 17.01.2008 (GA 204).
Das Urteil ist der Klägerin wirksam am 15.11.2007 (GA 189) zugestellt worden. Die Berufung hiergegen ist rechtzeitig innerhalb der Berufungseinlegungsfrist am Montag, den 17.12.2007, eingelegt worden (§ 517 ZPO). Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht eingehalten worden, da nicht spätestens 2 Monate nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils die Berufung begründet wurde. Die Berufungsbegründung hätte spätestens bis zum 15.1.2008 eingehen müssen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin im Schriftsatz vom 23.01.2008 (GA 212) lief die Berufungsbegründungsfrist nicht erst am 19.11.2007 ab, weil der Anwaltswechsel mit Schreiben vom 8.11.2007 dem Gericht mitgeteilt und der jetzige Prozessbevollmächtigte erst mit Eingang des Schreibens des früheren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt K., am 19.11.2007 Kenntnis von der Zustellung des Urteils an den früheren Prozessbevollmächtigten erhalten hat. Zu dem Zeitpunkt, als das Gericht die Zustellung an den früheren Prozessbevollmächtigten, RA K., verfügte (9.11.2007) lag die Mitteilung über die Löschung des bisherigen Mandats vom 8.11.2007 noch nicht vor. Diese ist erst am 12.11.2007 (GA 187) beim Landgericht eingegangen.
Gemäß § 87 ZPO erlangt in Anwaltsprozessen die Kündigung des Vollmachtvertrages dem Gegner gegenüber erst durch die Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Der Widerruf der Vollmacht liegt noch nicht in der bloßen Bestellung eines neuen anderen Prozessbevollmächtigten (BGH NJW 1980, 2309; BSG NJW 2001, 1598). Der Widerruf wird dem Gericht und dem Gegner im Anwaltsprozess gegenüber wirksam ab formloser Anzeige der Bestellung eines anderen zugelassenen Rechtsanwalts anstelle des bisherigen (Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 87 Rn. 5). Bis zum Erlöschen können Prozessgegner und Gericht dem bisherigen Prozessbevollmächtigten gegenüber wirksam handeln (vgl. auch BGH NJW 2008, 234; NJW 2007, 2124) Insbesondere muss an ihn zugestellt werden (§ 172 ZPO). Erst nachdem sich ein anderer Prozessbevollmächtigter bestellt hat, kann an den bisherigen Prozessbevollmächtigten nicht mehr wirksam zugestellt werden (OLG Hamm, NJW 1982, 1887). Der frühere Prozessbevollmächtigte kann bis zum Erlöschen der Prozessvollmacht seinerseits noch wirksam Prozesshandlungen für die Partei, die die Vollmacht widerrufen hat, vornehmen (BGHZ 43, 135; BAG NJW 1982, 2519). Die vor dem Erlöschen der Vollmacht dem Vertreter gegenüber vorgenommenen Prozesshandlungen bleiben wirksam. Eine Wiederholung ist nicht geboten (Zöller, ZPO; 26. Aufl., § 87 Rn .4).
Das Landgericht war nach Kenntnis von der Mitteilung des Widerrufs der bisherigen Vollmacht und Mandatierung des neuen Prozessbevollmächtigten nicht gehalten, die bereits wirksam verfügte Zustellung zu wiederholen. Der bisherige Prozessbevollmächtigte war zu diesem Zeitpunkt in Wahrnehmung der Rechte seiner bisherigen Mandantschaft auch noch zustellungsbevollmächtigt. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 ZPO zielt darauf ab, dass in dem Schwebezustand, der bei einem Anwaltswechsel bei Erlöschen der Vollmacht entsteht, sichergestellt ist, dass die Rechte der Partei gewahrt bleiben und für das Gericht die Möglichkeit besteht, wirksam Zustellungen vorzunehmen.
Der Klägerin ist durch die Zustellung an ihren früheren Prozessbevollmächtigten auch kein prozessualer Nachteil entstanden. Die Berufung ist durch den neuen Prozessbevollmächtigten rechtzeitig eingelegt worden, die Fristversäumung zur Einlegung der Berufungsbegründung beruhte möglicherweise auf einer Falschberechnung der Berufungsbegründungsfrist. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die rechtswirksame Zustellung des Urteils selbst nicht in Abrede gestellt. Ihm hätte es offen gestanden, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. Erhält der neue Prozessbevollmächtigte überhaupt keine Kenntnis von einer Zustellung oder ggf. erst so spät, dass er gesetzte Berufungsfristen nicht mehr einhalten kann, besteht zudem die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Einen solchen Antrag hat er nicht gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.143,37 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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