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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 26.06.2009
Aktenzeichen: 2 U 212/09
Rechtsgebiete: VO Nr. 44/2001


Vorschriften:

VO Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO, Brüssel - I -VO, Art. 66 Abs. 2 lit. A)
1) Auf eine im Jahre 2004 in Dänemark eingereichte Klage findet noch nicht die Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO, Brüssel - I -VO, Art. 66 Abs. 2 lit. A) Anwendung, sondern noch das Europäische Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ). Die EuGVVO vom 22.12.2000 ist erst durch das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19.10.2005 (Amtsblatt der Europäischen Union vom 16.11.2005, Nr. L 299/62 und vom 04.04.2007, Nr. L 94/70) am 01.07.2007 für und im Verhältnis zu Dänemark in Kraft getreten.

2) Die Übergangsbestimmung des Art. 9 Abs. 2 a) des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.11.2005 greift nur für Konstellationen, in denen Klagen im Ursprungsmitgliedstaat vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens erhoben worden sind, und nach diesem Zeitpunkt, d.h. nach dem 01.07.2007, erlassene Urteile gemäß dem Abkommen jedoch anerkannt und vollstreckt werden sollen (vgl. Senatsbeschluss vom 14.06.2007 - 2 U 219/07 - OLGR 2007, 797).


Oberlandesgericht Koblenz Beschluss

Aktenzeichen: 2 U 212/09

In dem Verfahren

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eck, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert am 26.06.2009 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 29. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat die Vollstreckbarkeitserklärung des Urteils des Gerichts zu Svendborg (Dänemark) vom 04.04.2007 (BS 37-88/2004) beantragt. Der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat dem Antrag durch Beschluss vom 29.01.2009 (GA 50) entsprochen und angeordnet, dass das vorbezeichnete Urteil, das am 10.11.2008 zugestellt wurde (GA 36) mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am 20.02.2009 zugestellt worden (GA 55).

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer am 26.02.2009 bei Gericht eingegangen sofortigen Beschwerde vom gleichen Tag.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Im Verhältnis zu Dänemark bestimmen sich die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeitserklärung einer in Dänemark ergangenen Entscheidung nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens (EuGVÜ).

Auf das vorliegende Verfahren findet - entgegen der Auffassung des Antragstellers - noch nicht die Verordnung Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO, Brüssel - I -VO, Art. 66 Abs. 2 lit. A) Anwendung. In Dänemark galt zur Zeit der Klageeinreichung am 13.02.2004 noch das Europäische Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ). Denn die EuGVVO vom 22.12.2000 ist erst durch das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19.10.2005 (Amtsblatt der Europäischen Union vom 16.11.2005, Nr. L 299/62 und vom 04.04.2007, Nr. L 94/70 am 01.07.2007 für und im Verhältnis zu Dänemark) in Kraft getreten (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., Anh. I zu Art. 1 EuGVVO Rn. 1). Die von der Antragstellerin in Bezug genommene Übergangsbestimmung des Art. 9 Abs. 2 a) des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.11.2005 greift vorliegend nicht, da dort Konstellationen behandelt werden, in denen die Klagen im Ursprungsmitgliedstaat vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens erhoben worden sind, und nach diesem Zeitpunkt, d.h. nach dem 01.07.2007, erlassene Urteile gemäß dem Abkommen jedoch anerkannt und vollstreckt werden sollen. Vorliegend ist das Versäumnisurteil aber bereits im April 2007, d.h. vor dem Inkrafttreten des Abkommens, ergangen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14.06.2007 - 2 U 219/07 - OLGR 2007, 797)

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß Art. 36 Abs. 1, 37 EuGVÜ, § 11 Abs. 1, 3 AVAG statthaft und im Übrigen zulässig erhoben worden.

Der Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu einem im Vertragsstaat ergangenen Urteil kann nur aus einem der in den Art. 27 und 28 EuGVÜ angeführten Gründe abgelehnt werden. Auch das Fehlen der nach Art. 33 Abs. 3, 46, 47 EuGVÜ vorzulegenden Urkunden ist ein Ablehnungsgrund.

Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ verlangt bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, dass das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist. Nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ i.V.m. Art. 34 S. 2 EuGVÜ ist der Antrag abzulehnen, wenn dem Antragsgegner das das Verfahren einleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt werden ist, dass er sich verteidigen konnte.

Ausweislich des Vermerks des Gerichts zu Svendborg vom 15.01.2008 (BS 37-1-88/2004) ist die Klageschrift der Antragsgegnerin zugestellt worden. Aus dem Vermerk ergibt sich, dass das Urteil in Dänemark vollstreckbar ist. Das Gericht zu Svendborg hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Klageschrift ursprünglich durch das Amtsgericht Alzey am 24.08.2004, richtigerweise 18.08.2004 (GA 110, B 11), zur Hauptverhandlung am 03.08.2004 zugestellt worden sei. Die Klageschrift sei ursprünglich nicht rechtzeitig zugestellt worden. Nachträglich sei Rechtsanwalt S. mit Büro in Wörrstadt durch gewöhnlichen Brief vom 12.09.2006 eine Frist bis zum 11.10.2006 im Hinblick auf die Klageerwiderung eingeräumt worden, mit Hinweis, dass eine Fristversäumung dazu führen kann, dass der Beklagte gemäß der "Klageerwiderung" (müsse Klageschrift heißen) verurteilt werden könne. Da innerhalb der festgesetzten Frist nicht erwidert worden sei, habe das Gericht am 04.04.2007 ein Versäumnisurteil verkündet.

Eine ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift ist vorliegend erfolgt. Der Umstand, dass die Zustellung der Klageschrift erst nach dem Hauptverhandlungstermin erfolgte, ist unschädlich. Denn das Versäumnisurteil gegen die Antragsgegnerin ist nicht auf Versäumung des Termins zur Hauptverhandlung gestützt worden, sondern darauf, dass die Antragsgegnerin auf die gesetzte Klageerwiderungsfrist bis zum 11.10.2006 nicht erwidert hat. Erst am 04.04.2007 ist das Versäumnisurteil ergangen. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin, Rechtsanwalt S. , hatte nach Erhalt des Schreibens vom 12.09.2006 Gelegenheit, auf die Klageschrift, die bereits am 18.08.2004 zugestellt worden war, zu erwidern bzw. einen Prozessbevollmächtigten in Dänemark zu bestellen.

Das verfahrenseinleitende Schriftstück ist auch ordnungsgemäß zugestellt worden. Maßgeblich für die Zustellung ist im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Dänemark das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965.

Der Antragsgegnerin ist das verfahrenseinleitende Schriftstück in Einklang mit Art. 5 HZÜ, § 4 des Gesetzes vom 22.12.1977 (BGBL. I. S. 3105) zur Ausführung des Haager Übereinkommens zugestellt worden. Das zuzustellende Schriftstück war auch in deutscher Sprache abgefasst, wie es § 3 des Ausführungsgesetzes zum HZÜ i.V.m. § 3 der deutsch-dänischen Vereinbarung vom 15.06.1910 (vgl. Abdruck in der maßgeblichen Fassung bei Schlosser Art. 24 HZÜ, Senatsbeschluss vom 14.06.2007, OLGR 2007, 797) verlangen.

Die Antragstellerin hat verschiedene Anlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Klageschrift und die Ladung zur Verhandlung am 03.08.2004 von einem amtlich vereidigten Übersetzer übersetzt und vom Gewerbe- und Gesellschaftsamt und dem Dänischen Ministerium des Äußeren legalisiert worden waren (B 1 bis B 4). Die Antragstellerin hat ferner das Schreiben des Gerichts Rudkobing an die Antragsgegnerin vom 20.04.2004 mit Ladung zur Verhandlung sowie der Klageschrift mit Anlagen auf dänisch und in beglaubigter Übersetzung in deutscher Sprache zur Akte gereicht. Die Antragsgegnerin wurde zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 18.08.2004 bereits von Rechtsanwalt S. vertreten. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin wandte sich darauf an den Klägervertreter, Rechtsanwalt K., (Anlage B 6) und hat dort die Zuständigkeit des dänischen Gerichts bestritten. Dieser Zeitpunkt lag 2 1/2 Jahre vor Erlass des dänischen Versäumnisurteils am 04.04.2007. Er behauptete, dass die an die Antragsgegnerin gelieferten Steuerungsgeräte nicht kompatibel seien und schlug eine Vergleichslösung vor. Es erfolgte anschließend eine weitere Korrespondenz zwischen den Parteien (B 7 bis B 9). Nachdem eine vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits nicht erfolgt war, hat das dänische Gericht eine Frist bis 11.10.2006 zur Einreichung einer Klageerwiderung unter Hinweis auf eine ansonsten drohende antragsgemäße Verurteilung, gesetzt. Unstreitig hat der Bevollmächtige der Antragsgegnerin das Schriftstück erhalten, das er in der Beschwerdeschrift selbst anführt (GA 63).

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie das Schriftstück des dänischen Gerichts mit der Fristsetzung zur Klageerwiderung nur in dänisch, ohne deutsche Übersetzung, erhalten habe. Maßgebend ist, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück in deutscher Übersetzung vorgelegen hat. Damit hatte die Antragsgegnerin Kenntnis von dem Verfahren und konnte einen dänischen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen. Sie hatte die Möglichkeit, sich auf die Klage zu verteidigen.

Sonstige Gründe nach Art. 27 und 28 EuGVÜ, die dem Antrag auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO

Der Streitwert wird auf 7.067,--€ festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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