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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 U 720/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 5
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Eine Vermittlungsgebühr zugunsten einer Personal-Service-Agentur fällt nicht an, wenn ein Arbeitnehmer an eine zwar namentlich von dem Vermittler abweichende, persönlich oder wirtschaftlich aber identische Person vermittelt wird.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES Endurteil

Geschäftsnummer: 2 U 720/06

Verkündet am 12. Juli 2007

In dem Rechtsstreit

hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, die Richterin am Oberlandesgericht Au und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Reinert auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz als Einzelrichter vom 12 April 2006 wird unter Aufhebung des Vorbehaltsurteils des Senats vom 21. Dezember 2006 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Urkundenprozesses.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die Klägerin hat mit der beklagten Bundesanstalt für Arbeit einen Vertrag über die Errichtung und den Betrieb einer Personal-Service-Agentur (PSA) geschlossen. Unter Ziffer 1 Abs. 4 des Vertrages ist ausgeführt:

"Vorrangig überlässt die PSA die eingestellten Arbeitnehmer an Arbeitgeber. Ziel ist die Übernahme beim Entleiher oder die Vermittlung durch die PSA zu einem anderen Arbeitgeber und damit das möglichst rasche Überwechseln der bei der PSA eingestellten Arbeitnehmer in ein anderes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis."

Die Klägerin hat aufgrund des Vertrages im Wege des Urkundenverfahrens die in Nr. 9 des Vertrages vorgesehene Integrations-/Vermittlungsprämie für mehrere Arbeitnehmer im näher dargelegten Umfang geltend gemacht. Es wurde jeweils eine Übernahmebestätigung/Vermittlungsbestätigung von der M... mbH vorgelegt. Die Parteien streiten darüber, in welchem Umfang diese Gesellschaft mit der Klägerin, die denselben Sitz hat, verflochten ist.

Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.

Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Berufung gewandt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt und beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.971,20 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. November 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beide Parteien haben sich zu der Frage geäußert, ob es sich wegen der engen persönlichen und wirtschaftlichen Verflechtung um einen neuen Arbeitgeber im Sinne des Vertrages gehandelt hat. Durch Vorbehaltsurteil vom 21.12.2006 hat der Senat der Klage im Urkundenprozess stattgegeben und der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte vorbehalten.

Mit Schriftsatz vom 21. März 2007 hat die Beklagte beantragt,

den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das Landgericht Koblenz zurückzuverweisen.

Sie beantragt,

das Vorbehaltsurteil des Senats vom 21.12. 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie meint, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Sache in entsprechender Anwendung von § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO an die erste Instanz zurückzuverweisen. Außerdem trägt sie unter Vorlage umfassender Unterlagen weiter dazu vor, dass im Hinblick auf die wirtschaftliche und persönliche Konstellation zwischen den beiden fraglichen Gesellschaften keine Vermittlungsleistung der Klägerin im Sinne des vorbezeichneten Vertrages vorliege, und dass die Geltendmachung der Vermittlungsgebühr treuwidrig sei.

Die Klägerin beantragt,

das Vorbehaltsurteil aufrechtzuerhalten.

Sie betont, von einer Umgehung der vertraglichen Voraussetzungen könne keine Rede sein; das eigene Verhalten der Beklagten bestätige, dass sie mit den interaktiven Tätigkeiten der Klägerin einerseits und der Beklagten andererseits einverstanden gewesen sei.

II. Das Vorbehaltsurteil ist aufgrund des Vortrags im Nachverfahren aufzuheben. Die Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen.

1. Eine Zurückverweisung kommt vorliegend nicht in Betracht. Aus der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ergibt sich eindeutig, dass die Zurückverweisung auch in der vorliegenden Fallgestaltung eines Antrags bedarf. Ein solcher Antrag muss grundsätzlich vor der mündlichen Verhandlung gestellt sein (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, § 538 ZPO Rdnr. 4). Da das Nachverfahren die Fortsetzung des Vorbehaltsverfahrens ist und mit diesem eine Einheit bildet, hätte ein solcher Antrag bereits früher erfolgen müssen.

Im Übrigen ist ungeachtet dessen im Hinblick auf die Entscheidungsreife die Entscheidung durch den Senat geboten. Die Klage wurde im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

2. Nach dem Vortrag der Beklagten im Nachverfahren zu den Zusammenhängen zwischen den beiden fraglichen Gesellschaften, wie sie von der Beklagten vorgetragen und von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt werden, liegt keine Vermittlungsleistung der Klägerin im Sinne von § 9 des Vertrages vor.

Der Senat hat in seinem Vorbehaltsurteil bereits ausgeführt, dass nach der Auslegung des Vertrages der Anfall einer Gebühr nicht gerechtfertigt ist, wenn nicht an einen anderen, sondern an eine wirtschaftlich oder persönlich identische Person mit einem anderen Namen vermittelt wird. Die Forderung nach einer Vermittlungsgebühr wäre, wie in diesem Urteil dargestellt, unter solchen Umständen auch treuwidrig, da keine Vermittlungsleistung erbracht und letztlich die Voraussetzungen des Vertrages umgangen würden. Auf der Grundlage der bis zum Erlass des Vorbehaltsurteils vorgetragenen Umstände und vorgelegten Registerauszüge vermochte der Senat, wie weiter dargestellt, nicht festzustellen, dass Personenidentität zwischen den gesetzlichen Vertretern oder aber die Willensbildung der Gesellschaft bestimmenden Personen vorgelegen hätte, dass es sich um dieselben Gesellschafter gehandelt hätte oder aber, dass Beteiligungsverhältnisse bestanden hätten, die den Schluss auf eine wirtschaftliche Identität beider Gesellschaften gerechtfertigt hätten. Der Beklagten wurden insofern die Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Im Nachverfahren hat sie nunmehr vorgetragen und durch das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 11. Januar 2006 belegt, dass die Klägerin zur Zeit der behaupteten Vermittlungsleistung alleinige Gesellschafterin der M... mbH war. Der darauf beruhende wirtschaftliche Einfluss hat zur Folge, dass wirtschaftliche Identität im Sinne der vorstehenden Ausführungen anzunehmen ist, die eine Vermittlungsleistung von einer Gesellschaft an die andere ausschließt.

Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich darauf, die Beklagte sei mit der interaktiven Tätigkeit der beiden fraglichen Gesellschaften einverstanden gewesen. Entscheidungserheblich ist in diesem Zusammenhang allein, ob die Beklagten die Umstände kannte und billigte, die zur Annahme der wirtschaftlichen Identität führen. Hierzu hält die Klägerin jedoch keinen konkreten Vortrag, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat. Dass die Gesellschaften denselben Sitz haben und dass dieselben Personen wechselnd in beiden Gesellschaften aktiv wurden, ließ für die Beklagte keinen zuverlässigen Schluss auf die maßgeblichen Gesellschaftsverhältnisse zu, die dazu führen, dass nicht von einer Vermittlungsleistung auszugehen ist. Darauf hat der Senat bereits in dem Vorbehaltsurteil hingewiesen. Die tatsächliche Durchführung des Vertrages auf diesem Hintergrund bedeutet deshalb auch keine Billigung der Vergütungspflicht in Kenntnis der für den Ausschluss maßgeblichen Umstände.

Die Berufung der Klägerin ist deshalb unter Aufhebung des Vorbehaltsurteils zurückzuweisen, mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen von § 574 ZPO nicht vorliegen.

Den Streitwert für die Berufungsinstanz hat der Senat auf 11.971,20 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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